Als Höhepunkt des höfischen Epos schafft Wolfram von Eschenbach um 1200-10 seinen Parzival, indem er die Geschichte von Parzivals Suche nach dem Gral mit der höfischen Artusgeschichte um den Ritter Gawan verknüpft. Beide „Welten“, sowohl die der Tafelrunde als auch die der Gralsgemeinde leiden unter einem sukzessiven Machtverlust, hervorgerufen durch die Sorge um die Nachfolge. Die Artuswelt steht für die weltliche Herrschaft, die der Gralsgesellschaft für die Transzendente. Beide Welten verlangen nach einem Heilsbringer, der die jeweiligen Reiche führen und ihrem Verfall entgegen wirken kann. Der Weg des Heils erfolgt über verschiedene Stufen auf einem zweisträngigen Weg: Innerhalb der Gralshandlung vollzieht Parzival eine innere Entwicklung bis hin zum Gralskönig und findet einen mystischen Weg zu Gott; Gawan bildet innerhalb der Artusgeschichte Parzivals Gegenstück und bewegt sich ausschließlich auf der weltlichen Ebene.
Seinen einzigartigen Charakter erhält dieses Werk nicht zu letzt auf Grund seiner Mehrschichtigkeit: Er gleicht einer „hundertschaligen Zwiebel, der Stoff vielschichtig verpackt und unter der sicht- und lesbaren Oberfläche mit einander verquickt und verbunden.“ Diese Vernetzungen machen es schwierig eine Thematik gesondert zu behandeln: So kann zum Beispiel die Gralserzählung – im Sinne der Vernetzungsthese- als Zusammenspiel zweier Systeme gesehen werden: Zum einen das der Welt des Grals, zum anderen das der Artusgesellschaft als Kontrastierung zur Gralsgesellschaft.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Gralsthematik. Zunächst wird dargestellt werden auf welche Quellen sich Wolfram von Eschenbach berufen hat in Hinblick auf seine Gralsgeschichte, wie der Gral definiert wird, welche Eigenschaften ihm zugesprochen werden, wer der Gralsgesellschaft angehört, welche Funktion ihre Mitglieder haben und in welcher Beziehung Parzival zum Gralstum steht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Gral
- Eschenbachs Quellen
- Was ist der Gral?
- Der Gral in Eschenbachs Parzival
- Die Beschreibung des Grals
- Die Beschreibung seiner Wunderkraft
- Die Gralsgesellschaft
- Die Gralsritter
- Anfortas
- Parzival und der Gral
- Informationen über den Gral auf der Textebene
- Sigune
- Cundrîe
- Trevrizent
- Informationen über den Gral auf der Textebene
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Gralsthematik in Wolframs von Eschenbachs „Parzival“, indem sie die Quellen, Definitionen, Eigenschaften und Funktionen des Grals sowie die Beziehung zwischen Parzival und dem Gralstum beleuchtet. Die Arbeit betrachtet den Gral im Kontext der höfischen Artusgeschichte und der Gralsgesellschaft, die beide unter einem Machtverlust leiden, der durch die Sorge um die Nachfolge entsteht. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie die verschiedenen Welten nach einem Heilsbringer suchen, der ihre Reiche führen und ihrem Verfall entgegenwirken kann.
- Die Quellen und Entwicklung der Gralsthematik
- Die Definition und die Eigenschaften des Grals
- Die Rolle der Gralsgesellschaft und ihrer Mitglieder
- Parzivals Entwicklung und seine Beziehung zum Gral
- Der Kontrast zwischen der Welt des Grals und der Artusgesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über das Werk „Parzival“ und seinen Kontext sowie die Zielsetzung der Arbeit. Kapitel 3.1 untersucht die Quellen, auf die sich Eschenbach für seine Gralsgeschichte beruft, insbesondere seinen Bezug zu Chrétien de Troyes und dem Provenzalen Kyot. Es wird die Glaubwürdigkeit von Eschenbachs Quellenangaben und die Rolle der Taufe bei der Entdeckung der heidnischen Gralsgeschichte diskutiert. Kapitel 3.2 beschäftigt sich mit der Definition des Grals und seinen Eigenschaften, während Kapitel 3.3 die Gralsgesellschaft und ihre Mitglieder beleuchtet, darunter Anfortas, der Gralskönig. Kapitel 4 konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Parzival und dem Gralstum und beleuchtet die Rolle von Figuren wie Sigune, Cundrîe und Trevrizent.
Schlüsselwörter
Wolfram von Eschenbach, Parzival, Gral, Gralsgesellschaft, Artusgeschichte, Chrétien de Troyes, Kyot, heidnische Welt, christliche Konnotation, Heilsbringer, Machtverlust, Nachfolge, Transzendenz, Weltliche Herrschaft.
- Quote paper
- Miriam Tilger (Author), 2005, Die Gralsthematik in Wolfram von Eschenbachs Parzival, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41881