„Inklusion bremst doch die Regelschüler aus!“ ist ein Argument, das in der andauernden Debatte um Inklusion des Öfteren zu hören ist. Handelt es sich dabei um eine bodenlose Vermutung oder gibt es empirische Ergebnisse, die Hinweise auf solch einen negativen Einfluss geben? Sollte dies tatsächlich nachweisbar sein, wäre die Inklusion „politisch nicht vertretbar“ (Sermier-Dessemontet et al. 2011).
In dieser Hausarbeit wird folgender Forschungsfrage nachgegangen: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Inklusion von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) an Sekundarschulen und der Schulleistungen ihrer Mitschüler? Für die Beantwortung der Forschungsfrage werden die Studien von Rouse & Florian (2006), Farrell et al. (2007), Ruij et al. (2010), Kalambouka et al. (2007) und Sermier-Dessemontet et al. (2011) verglichen und disktutiert.
Zunächst werden dem Leser sehr gebündelt einige Hintergrundinformationen zu Inklusion und ihrer Umsetzung, zur Debatte über die Inklusion, über sonderpädagogischen Förderbedarf und über Leistung bereitgestellt. Danach werden Kriterien aufgeführt, mit denen später die fünf Studien verglichen werden. Neben allgemeinen Kriterien wie z.B. der Größe der Stichproben liegt der Schwerpunkt auf Kriterien, die der Forschungsfrage immanent sind, also unter anderem die Art und der Schweregrad des SPF, die Umsetzung der Inklusion und die Unterteilung der Regelschüler. Bei der anschließenden kritischen Vorstellung der fünf Studien werden zwischen Ergebnissen zur Inklusion und Leistung und weiteren Ergebnissen, die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind, unterschieden. Im folgenden Kapitel werden die aufgeführten Ergebnisse diskutiert und miteinander verglichen. Außerdem werden auf Einschränkungen bei der Interpretation der Ergebnisse hingewiesen.
Die in der Arbeit präsentierten Ergebnisse reichen nicht aus, um die Forschungsfrage gesichert zu beantworten. Dennoch kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Inklusion von Schülern mit SPF und den Leistungen der Regelschüler an Sekundarschulen geben könnte. Nach Betrachtung der Studien hält es der Autor für möglich, dass es unter gewissen Umständen auch einen negativen Zusammenhang geben könnte.
Inhalt
1. Einleitung
2. Theoretischer Hintergrund – Inklusion und Leistung
3. Analyse des Forschungsstandes
3.1 Vergleichbarkeit von Studien
3.2. Kritische Vorstellung von fünf Studien
3.2.1 Inklusion und Leistung
3.2.2 Sonstige relevante Erkenntnisse
4. Diskussion
5. Fazit und Ausblick
6. Literatur
I. Anhang
I.I E-Mail von Frau Sermier-Dessemontet
I.II Tabelle
1. Einleitung
„Inklusion bremst doch die Regelschüler aus!“ ist ein Argument, das in der andauernden Debatte um Inklusion des Öfteren zu hören ist (vgl. Sermier-Sermier-Dessemontet et al. 2011: 293; Textor 2015: 67). Handelt es sich dabei um eine bodenlose Vermutung oder gibt es empirische Ergebnisse, die Hinweise auf solch einen negativen Einfluss geben? Sollte dies tatsächlich nachweisbar sein, wäre die Inklusion „politisch nicht vertretbar“ (Sermier-Dessemontet et al. 2011: 304).
In dieser Hausarbeit wird folgender Forschungsfrage nachgegangen: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Inklusion von Schülern[1] mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) an Sekundarschulen und der Schulleistungen ihrer Mitschüler? Ich spreche bewusst nicht von Mitschülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf, da es durchaus sein kann, dass einige dieser Regelschüler einen SPF haben, der allerdings (noch) nicht diagnostiziert ist (vgl. Ruijs et al. 2010a: 360, 386; Ruijs et al. 2010b: 26).
Zunächst werde ich dem Leser sehr gebündelt einige Hintergrundinformationen zu Inklusion und ihrer Umsetzung, zur Debatte über die Inklusion, über sonderpädagogischen Förderbedarf und über Leistung bereitstellen. Danach werde ich Kriterien aufführen, mit denen ich später fünf Studien vergleichen werde.[2] Neben allgemeinen Kriterien wie z.B. der Größe der Stichproben liegt der Schwerpunkt auf Kriterien, die der Forschungsfrage immanent sind, also unter anderem die Art und der Schweregrad des SPF, die Umsetzung der Inklusion und die Unterteilung der Regelschüler. Bei der anschließenden kritischen Vorstellung von fünf Studien werde ich zwischen Ergebnissen zur Inklusion und Leistung und weiteren Ergebnissen,
die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind, unterscheiden.
Im vierten Kapitel werde ich die aufgeführten Ergebnisse diskutieren und miteinander vergleichen. Außerdem werde ich auf Einschränkungen bei der Interpre-tation der Ergebnisse hinweisen. Die Hausarbeit werde ich mit einem Fazit und einem Ausblick beenden.
2. Theoretischer Hintergrund – Inklusion und Leistung
Seitdem im Jahr 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention von Deutschland unterzeichnet wurde (vgl. Hopf & Kronauer 2016: 14), haben alle Menschen in Deutschland das Recht auf Inklusion. Dieses Recht meint nicht nur Menschen mit einem SPF bzw. einer Behinderung, obwohl diese Personengruppe häufig im Vordergrund der Diskussion steht (vgl. ebd.: 15). Inklusion umfasst alle Heterogeni-tätsdimensionen (vgl. Textor 2015: 27).
In dieser Hausarbeit werde ich die engere Definition des Begriffes der Inklusion an Schulen verwenden, also das Integrieren von Kindern mit SPF an Regelschulen, da diese Definition in den meisten Studien verwendet wurde (siehe z.B. Ruijs et al. 2010a: 352; Farrell et al. 2007: 132, 135), auf die ich im dritten Kapitel eingehen werde.[3] Die Autoren erklären dies häufig damit, dass sie durch die ihnen zur Verfügung stehenden Daten eingeschränkt seien (vgl. z.B. Farrell et al. 2007: 135). Rouse & Florian (vgl. 2006: 483) weisen kritisch darauf hin, dass eine Schule mit einem hohen Anteil an Schülern mit einem SPF nicht automatisch eine inklusive Schule sei. Die Umsetzung von Inklusion an Schulen kann sehr unterschiedlich aussehen (vgl. Kalambouka 2007: 378; Ruijs et al. 2010a: 387; Textor 2015: 40) und ist ein sehr komplexes und umstrittenes Thema (vgl. Kalambouka 2007: 366). Kalambouka (2007: 377) berichtet davon, dass der Begriff der Inklusion in Studien häufig in einem „slightly loose or uncertain way“ benutzt werde. So verstehen manche Autoren unter Inklusion bereits die Teilnahme von Schülern mit SPF an einigen ausgewählten Unterrichtsstunden, während andere von einer Vollzeit-Integration in einer Regelklasse sprechen (vgl. ebd.: 378). Selbst dann stellt sich allerdings die Frage, ob die Schüler am regulären Unterricht teilnehmen, oder lediglich körperlich präsent sind aber andere Aufgaben erfüllen müssen.
Trotz der rechtlich klar geregelten Situation gibt es immer wieder heftige Debatten über die Inklusion an Schulen, in denen häufig der Fokus auf der Auswirkung der Inklusion auf die Regelschüler liegt (vgl. Ruijs et al. 2010a: 352; Farrell et al. 2007: 132). Bedenken werden zum Bespiel darüber geäußert, dass die integrierten Kinder die Leistung der Regelschüler negativ beeinflussen und den generellen Standard mindern könnten (vgl. Sermier-Dessemontet et al. 2011: 293; Farrell et al. 2007: 132; Kalambouka 2007: 366; Rouse & Florian 2006: 482; Ruijs et al. 2010a: 353; Textor 2015: 67).[4] Besonders besorgt sind manche Schulen über die Inklusion von Schülern mit emotionalen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten (vgl. Kalambouka et al. 2007: 379). Die genannten Bedenken gilt es zu erforschen, denn “[e]ine Brems-wirkung auf die Regelschüler und somit auch auf die besten Schülerinnen und Schüler wäre verständlicherweise politisch nicht vertretbar.“ (Sermier-Dessemontet et al. 2011: 304). Andererseits werden auch positive sozio-emotionale und akademische Effekte vermutet; letzteres mit der Begründung, dass der Unterrichtsstil adaptiver und individueller wird und mehr personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden (vgl. Ruijs et al. 2010a: 352f.). Der Gehirnforscher Gerald Hüther vertritt sogar die These „Integration macht schlau!“ (zitiert in Demmer-Dieckmann 2010: 1). Zwar spricht er von Integration, allerdings soll dies kein Problem sein, da ich in dieser Hausarbeit wie oben beschrieben die enge Definition von Inklusion an Schulen verwende. Mit Blick auf die Schüler mit SPF wird in Frage gestellt, ob Regelschulen wirklich die Bedarfe aller Schüler decken können (vgl. Rouse & Florian 2006: 482).
In Deutschland wird durch die Kultusministerkonferenz (KMK) zwischen neun Arten von SPF unterschieden: emotionale und soziale Entwicklung, Lernen, Sprache, Sehen, Hören, Unterricht kranker Schülerinnen und Schüler, körperliche und motorische Entwicklung, geistige Entwicklung und Erziehung und Unterricht von Kindern mit autistischem Verhalten (IQSH 2016: 18-31). In anderen Ländern werden allerdings andere Unterteilungen vorgenommen (vgl. Kalambouka et al. 2007: 369).[5]
Schüler mit einem SPF erbringen in der Regel schlechtere schulische Leistung, als Regelschüler (vgl. Ruijs et al. 2010b: 9). Außerdem fanden Ruijs et al. (ebd.: 25) heraus, dass Schüler mit SPF durchschnittlich ein schlechteres Benehmen zeigen.
Laut Rabenstein et al. (vgl. 2015: 242) herrscht immer stärker werdende Unklarheit darüber, was unter Leistung verstanden wird oder werden kann. Bräu & Fuhrmann (2015: 49) definieren sie in einem Artikel als „[…] das, was durch Lehrer*innen positive Rückmeldungen bzw. Bewertungen erhält“. Die Schulleistung wird in der Regel als die Zusammensetzung der Kenntnisse und Fähigkeiten und der Anstrengungsbereitschaft eines Schülers definiert, wobei diese Formel auch kritisiert wird (vgl. Topsch 2011: 134). In der Praxis sollte zwischen dem Messen und Beurteilen von Leistung unterschieden werden (vgl. ebd.: 135). Bei der Beurteilung können verschiedene Bezugssysteme verwendet werden, wie zum Beispiel die Sozialnorm, Sachnorm oder Individualnorm (vgl. ebd.: 140-143; Rheinberg 2001: 61-68). Forschungsergebnisse zeigen, dass Schulleistung nicht einfach vorhanden ist, sondern sozial konstruiert wird (vgl. Bräu & Fuhrmann 2015; Gellert & Hümmer 2008; Rabenstein et al. 2015: 243-246). Wer als leistungsschwach oder -stark gilt, wird durch soziale Praktiken von Lehrern und Schülern nicht nur konstruiert, sondern auch reproduziert und immer wieder verfestigt (vgl. Bräu & Fuhrmann 2015: 49).
3. Analyse des Forschungsstandes
Die Mehrheit der Studien zur Inklusion konzentriert sich auf die Auswirkung der Inklusion auf Schüler mit SPF (vgl. Farrell et al. 2007: 133; Kalambouka et al. 2007: 367). Laut Kalambouka et al. (vgl. 2007: 377) gibt es sogar eine Tendenz, die Wichtigkeit der Auswirkung der Inklusion auf die Mitschüler an den Regelschulen nur als sekundär zu betrachten. Selbstverständlich gibt es zu diesem Thema aber auch Studien. In vielen Übersichten zu empirischen Ergebnissen wird überwiegend von keinem oder einem positiven Zusammenhang zwischen Inklusion und der Leistung der Mitschüler in Regelklassen berichtet (s. Sermier-Dessemontet et al. 2011: 293f.; Demmer-Dieckmann 2010: 1; Farrell et al. 2007: 133f.; Gebhardt 2015: 43; Kalambouka 2007: 367f.; Ruijs et al. 2010a: 352f.; Textor 2015: 69). Dies ist allerdings der Versuch, die übergreifenden Schlussfolgerungen teils sehr unterschied-licher Studien zusammenzufassen. Demnach ist es lohnenswert, den Aufbau und die Ergebnisse einiger Studien genauer zu betrachten und zu hinterfragen.
3.1 Vergleichbarkeit von Studien
Zunächst möchte ich dem Leser einen Überblick über die Komplexität dieser Unterschiede geben. Wie im theoretischen Teil berichtet, wird Inklusion nicht an jeder Schule gleich umgesetzt. Demnach erscheint es nachvollziehbar, dass Inklusion auch in verschiedenen Ländern unterschiedlich realisiert wird und Prozentzahlen der integrierten Kinder stark variieren (vgl. Textor 2015: 40f.). Da Studien in verschiedenen Ländern und damit unterschiedlichen Kontexten durchgeführt werden, muss dies bei einem Vergleich bedacht werden. Ferner unterscheiden sich Studien in ihrer Dauer und der Anzahl der Messungen und der Größe ihrer Stichproben.
So kann beispielsweise eine fünfjährige Studie potentiell zuverlässigere Aussagen treffen über die Auswirkung von Inklusion als eine dreimonatige Studie. Entscheidend ist außerdem das Alter der untersuchten Schüler bzw. deren Klassen-stufe; unter anderem deshalb, da sich der Unterricht in der Grundschule teils stark von dem Fachunterricht in der Sekundarschule unterscheidet. Außerdem unterschei-den sich die Studien darin, ob Hintergrundvariablen berücksichtigt wurden und ob mit einer Kontrollgruppe gearbeitet wurde.
Neben den bereits erwähnten, eher allgemeinen Eigenschaften der Studien, gibt es noch Aspekte, die spezifisch auf die Forschungsfrage zutreffen. Demnach muss sich bei dem Vergleich der Studien die Frage gestellt werden, wie die Schulleistung erhoben wurde und ob die verschiedenen Arten des SPF[6], die Anzahl der Schüler mit SPF pro Klasse und der Schweregrad des SPF berücksichtigt wurden. Letzter Punkt wird beispielsweise von Ruijs et al. (vgl. 2010a: 387) und Ruijs et al. (vgl. 2010b: 26) als Schwachpunkt ihrer Studie gesehen. Einhergehend mit letzterem Kriterium ist die Frage, ob in dem Untersuchungsgebiet noch Sonderschulen bzw. Förderschulen existieren. Falls ja, dann könnte nämlich angenommen werden, dass die Schüler mit besonders ausgeprägtem SPF nicht die Regelschulen besuchen (vgl. Ruij et al. 2010a: 386). Ich halte die Annahme von Ruijs et al. (vgl. 2010b: 26), dass die Inklusion von Schülern mit unterschiedlich ausgeprägtem SPF eine sehr unterschied-liche Auswirkung auf die Regelschüler haben kann, für sehr plausibel. Die Studien unterscheiden sich außerdem dadurch, ob sie Informationen über die Umsetzung der Inklusion geben, die, wie oben erwähnt sehr unterschiedlich gestaltet sein kann und ob sie eine Unterteilung der Regelschüler vornehmen. Kalambouka et al. (vgl. 2007: 378) halten es für wahrscheinlicher, dass die Inklusion von Schülern mit BESD[7] eine Auswirkung auf die Leistung ihrer Mitschüler hat, wenn diese den ganzen Schultag über in einer Regelklasse inkludiert werden, als wenn dies nur zum Teil geschieht und sie den Rest der Zeit in einem separaten Projekt auf dem Schulgelände verbringen. Daher sind Informationen über die Umsetzung der Inklusion bei der Auswertung einer Studie und dem Vergleich der Ergebnisse relevant. Hinter der Unterteilung der Regelschüler steht die Hypothese, dass sich die Inklusion vielleicht auf verschiedene Regelschüler unterschiedlich auswirken könnte. Eine Nichtbeach-tung dieses Kriteriums wurde von Ruijs et al. (vgl. 2010a: 353) kritisiert.
3.2. Kritische Vorstellung von fünf Studien
In diesem Abschnitt werde ich fünf Studien vorstellen und miteinander in Beziehung setzen. Zunächst werde ich Ergebnisse zu Inklusion und Leistung präsentieren und anschließend in einem deutlich kürzeren Abschnitt weitere Ergebnisse präsentieren, die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind.
3.2.1 Inklusion und Leistung
In empirischen Übersichtstexten wird die allgemeine Aussage, dass zwischen Inklusion und der Leistung der Mitschüler kein Zusammenhang gefunden wurde, häufig mit der Studie von Sermier-Dessemontet et al. (2011) belegt (siehe zum Beispiel Textor 2015: 70 oder Gebhardt 2015: 43). Bei genauerer Betrachtung der Studie aus der Schweiz fällt allerdings auf, dass sich in den untersuchten Klassen jeweils nur ein Kind mit einer Art von SPF, nämlich geistiger Behinderung, befand (s. Sermier-Dessemontet et al. 2011: 299). Über den Schweregrad der geistigen Behinderung wird keine Information gegeben. Die relativ kleine Stichprobe von 280 Schülern in Regelschul-klassen mit Integration spricht zusätzlich gegen einen übergreifenden Aussagewert der Studie. Erst nach einem Schriftkontakt mit einer der Autorinnen erfuhr ich, dass die untersuchten Schüler während der achtmonatigen Untersuchung zwischen sieben und acht Jahre alt waren (vgl. Sermier-Dessemontet 2017). Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass die Lernentwicklung der Schüler in Mathe und Sprache nicht negativ von den Schülern mit geistiger Behinderung beeinflusst wurden; sie konnten keine signifikanten Unterschiede feststellen (vgl. Sermier-Dessemontet et al. 2011: 299, 304).
In ihrer Untersuchung berücksichtigten sie – im Gegenteil zu vielen anderen Studien – das unterschiedliche Leistungsniveau der Regelschüler (vgl. ebd.: 299). Im Fazit sprechen sie sich für eine integrative Beschulung der Schüler mit geistiger Behinderung aus (vgl. ebd.: 304).
Eine weitere Studie mit einer relativ kleinen Stichprobe ist die von Rouse & Florian (2006) in England, in der sie für ihre Fallstudie die Leistung von Schülern in drei Schulen mit einem hohen Anteil an Schülern mit SPF untersuchen und mit drei Schulen vergleichen, die von weniger Schülern mit SPF besucht werden.
Der Untersuchungszeitraum war mit fünf Jahren deutlich länger und die Schüler mit 11 bis 16 Jahren älter als in der Studie von Sermier-Dessemontet et al. Weder die Art des SPF der Schüler, die Anzahl der Schüler mit SPF pro Klasse, noch das Leistungsniveau der Regelschüler wurden berücksichtigt. Die Autoren merken an, dass im Untersuchungsgebiet lediglich 0.1% der Schüler mit SPF eine Sonderschule besuchen (vgl. Rouse & Florian 2006: 484), weshalb davon ausgegangen werden kann, dass in der Studie alle Schweregrade vertreten sind. Allerdings weisen sie darauf hin, dass weniger als 4% der Schüler, unter ihnen auch Schüler mit einem SPF, nicht in der Studie eingeschlossen waren, unter anderem aufgrund zu niedriger Leistungen (vgl. ebd.: 490).
In der Studie stellte sich heraus, dass die Leistungen der Schüler der Fallstudie-Schulen im Durchschnitt höher waren, als die der Vergleichsschulen und vergleichbar mit anderen Schulen des Untersuchungsgebiets (ebd.: 485). In der detaillierten Betrachtung ergab sich, dass die Schüler in der Schule D mit dem höchsten Anteil von Schülern mit SPF (42.8%) im Vergleich signifikant schlechtere Leistungen zeigten und die Schüler in der Schule A mit dem zweithöchsten Anteil an Schülern mit SPF (30.6%) signifikant höhere und somit die besten Leistungen zeigten (vgl. ebd.: 486). Besonders interessant wird das Ergebnis, wenn man andere Variablen der Schulen betrachtet: An der Schule A sind rund die Hälfte der Schüler berechtigt, ein kostenloses Mittagessen in der Schule zu erhalten[8], für 62.3% der Schüler ist Englisch nicht die Erstsprache und nur 19.7% der Schüler gehören der Ethnizität der weißen Briten an. Die Schule wird von vielen Kindern aus ökonomisch- und sozialschwachen Familien besucht (vgl. ebd.: 487). An Schule D hingegen sind nur 26.4% der Schüler für ein Mittagessen berechtigt, für nur 24.5% der Schüler ist Englisch nicht die Erstsprache und mit 65.6% wird die Schule von mehr als dreimal so vielen weißen britischen Kindern besucht; überwiegend aus der Arbeiterklasse (vgl. ebd.: 486f.). Rouse & Florian (vgl. 2006: 489,491) schließen aus den Ergebnissen der Studie, dass die große Anzahl von Schülern mit SPF in den untersuchten Schulen keinen negativen Einfluss auf die Leistung ihrer Mitschüler hat. Gegenteilig sehen viele Mitarbeiter an den besonders inklusiven Schulen sogar einen Hinweis für einen positiven Zusammenhang, für den laut Rouse & Florian auch einige empirische Ergebnisse sprechen (vgl. 2006: 491). Den vergleichsweise schlechten Leistungsdurchschnitt der Schule D scheinen Rouse & Florian an anderer Stelle damit zu begründen, dass es selbstverständlich sei, dass eine hohe Zahl an Schülern mit SPF den Durchschnitt einer Schule negativ beeinflussen, da diese schlechtere Leistungen als ihre Mitschüler zeigen (vgl. 2006: 489-491). Rouse & Florian erheben nicht den Anspruch, eine endgültige Antwort auf die Frage des Zusammenhangs der Inklusion und der Leistung der Mitschüler gefunden zu haben. Sie schreiben: „There are no easy answers to the question of whether or how the proportion of pupils identified as having SEN in a school affects the performance of others” (ebd.: 490).
Die ebenfalls britische Studie von Dyson et al. (2004) wird in der Literatur auch häufig zitiert. Die Forschungsergebnisse sind in einem Bericht von Farrell et al. (2007) zusammengefasst, auf den ich mich hier beziehen werde. Die Studie hebt sich durch die Größe der Stichprobe mit mehr als 2 Millionen Schülern und zusätzlich 16 Fallstudien-Schulen ab. Dafür ist es keine Längsschnittstudie und sie besteht nicht aus zwei Untersuchungsgruppen. Bezüglich des Schweregrades des SPF merken die Autoren an, dass der Grad der Inklusion einer Schule daran gemessen wurde, wie viele Schüler mit SPF mit besonders hohen Bedürfnissen[9] unterstützt werden
(vgl. Farrell et al. 2007: 137). Leider werden weder das Leistungsniveau der Regelschüler, noch die Arten des SPF und die Umsetzung der Inklusion berück-sichtigt. Die letzten zwei Punkte werden von den Autoren selbst als Schwäche gesehen (vgl. ebd.: 135, 139). Dyson et al. (2004, paraphrasiert in Kalambouka et al. 2007: 369) vermuten, dass die Inklusion von Schülern mit BESD eine negativere Auswirkung auf die Regelschüler haben könnte.
Farrell et al. (vgl. 2007: 137f.) fanden heraus, dass eine marginal kleine, allerdings statistisch signifikant negative Beziehung zwischen dem Grad der Inklusion einer Schule und der individuellen Leistung der Regelschüler besteht, die auch dann bestehen bleibt, wenn die Hintergrund-Variablen einbezogen werden. Dieser Effekt fällt in der Sekundarstufe etwas stärker aus und scheint unabhängig von der Anzahl der Schüler mit SPF zu sein (vgl. ebd.: 137f.). Auf dem Level der Schule konnten sie ebenfalls feststellen, dass die durchschnittliche Leistung der Schüler in einem negativen Verhältnis zu dem Grad der Inklusion der Schule steht (vgl. ebd.: 139). Von letzterem Ergebnis sind die Autoren der Studie allerdings wenig überrascht, da sie annehmen, dass Schulen mit einer hohen Anzahl an Schülern mit SPF ebenfalls mehr benachteiligte und demnach leistungsschwächere Schüler zählen (vgl. ebd.). Gleichzeit weisen Farrell et al. (vgl. 2007: 139) auf eine große Variation der Verhältnisse von Inklusion und Leistung hin und berichten, dass es durchaus auch sehr inklusive Schulen mit guten Schülern gibt. Sie kommen zu der Schluss-folgerung, dass es noch andere Faktoren geben muss, die stark genug sind, um sich über einen möglichen „inclusion effect“ hinwegzusetzen (vgl. ebd.) und demnach entscheidend dafür sind, ob die Schule gute oder schlechte Schülerleistungen produziert (vgl. ebd.: 141f.). Dies sind „Merkmale[] der Schule und der Unterrichtsgestaltung, wie etwa personalen Ressourcen und Klassengröße“ (vgl. Dyson et al. 2004, paraphrasiert in Kocaj et al. 2014: 184)[10].
Farrell et al. (vgl. 2007: 141-143) kommen trotz des marginal kleinen Zusammen-hangs auf Schülerlevel und trotz des oben gefundenen Zusammenhangs zwischen Inklusionsgrad einer Schule und der Leistung der Schüler zu dem Fazit, dass Inklusion und Leistung größtenteils unabhängig voneinander sind und dass die Bedenken nicht mehr nötig seien. Dies bedeutet allerdings auch, dass ein positiver Zusammenhang unwahrscheinlich ist (vgl. ebd.: 142). Allerdings ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass nicht bewiesen wurde, dass der statistische Zusammenhang zwischen Inklusion und Regelschülerleistung kausal ist (vgl. ebd.: 138). Trotz neutralen Gesamtergebnissen schreiben die Autoren in den letzten Zeilen ihrer Studie, dass sie es nicht komplett ausschließen können, dass die Inklusion von Schülern mit SPF nicht doch unter bestimmten Umstände in einigen Schulen oder Klassen einen negativen Einfluss auf die Leistungen der Regelschüler haben könnte (vgl. ebd.: 142f.). Außerdem weisen sie darauf hin, dass die „‘ecology‘ of inclusion“ zwar an den meisten Schulen zu funktionieren scheint, aber es vielleicht wenig bräuchte, um diese Ökologie aus dem Gleichgewicht zu bringen (ebd.: 142).
In einem Vergleich der Inklusionsstudien darf die niederländische Studie von Ruij et al. (2010a) nicht unerwähnt bleiben. Besondere Wichtigkeit kommt ihr nicht nur wegen der großen Stichprobe von 420 Schulen zu, sondern vielmehr, weil sie Faktoren berücksichtigt, die an den bisher genannten Studien bemängelt werden können. So unterscheidet sie zwischen drei Arten von SPF[11], der Anzahl der Schüler mit SPF pro Klasse und dem Leistungsniveau der Regelschüler (gemessen am IQ)[12] und gibt eine Einschätzung über die Umsetzung der Inklusion. In den Niederlanden gibt es an Regelschulen nämlich keine Spezialklassen, sondern Schüler werden stets in Regelklassen inkludiert (vgl. ebd.: 356). Das kann bei den anderen Studien nicht als selbstverständlich betrachtet werden. Leider waren die untersuchten Regelschüler im Alter von sieben bis zwölf (bzw. in der Untersuchung bezüglich der Arten des SPF sogar fünf bis zwölf) Jahre alt, was bedeutet, dass rund die Hälfte der Kinder nach dem deutschen System die Grundschule besuchen würden. Der Unterricht in der Primarstufe unterscheidet sich allerdings stark von dem Fachunterricht in der Sekundarstufe, was die Ergebnisse nur sehr bedingt übertragbar macht.[13]
Die Studie ergab, dass die Anzahl von Schülern mit SPF in einer Klasse keinen Einfluss auf die Leistungen der Regelschüler im Bereich der Sprache und Mathematik hat (vgl. ebd.: 363, 385). Dieses Ergebnis könnte dadurch zustande kommen, dass sich die inklusive Beschulung auf unterschiedlich intelligente Regel-schüler verschieden auswirkt und das Gesamtergebnis dadurch neutralisiert wird (vgl. ebd.: 385). Laut Ruijs et al. (vgl. ebd.: 366, 385, 387) sei deshalb die wichtigere Erkenntnis der Studie, dass kein Zusammenhang zwischen der Inklusion und der Leistung weniger und mehr intelligenter Regelschüler gefunden werden und die Hypothese des neutralisierenden Effekts nicht bestätigt werden konnte. Darüber hinaus stellten Ruijs et al. (vgl. 2010a: 377, 386) fest, dass sich auch die Art des SPF nicht unterschiedlich auf die Leistungen der Regelschüler auswirkt.[14] Gleichzeitig referieren sie allerdings die Ergebnisse einer Studie von Gandhi (2007), in der durchaus unterschiedliche Effekte der Arten des SPF gefunden wurden (vgl. ebd.: 354).
Die letzte Studie, die ich an dieser Stelle vorstellen möchte, ist die Meta-Studie von Kalambouka et al. (2007), die die Ergebnisse von 26 unterschiedlichen, größtenteils US-Amerikanischen Studien zusammenfasst, wodurch ihr eine potentiell sehr hohe Aussagekraft zukommt. Diese wird allerdings dadurch relativiert, dass sich 21 der 26 Studien beziehungsweise 61 der 71 Erkenntnisse auf die Primarstufe beziehen (vgl. Kalambouka et al. 2007: 370, 376). Kalambouka et al. (vgl. ebd.: 369) folgen außerdem nach eigener Aussage der Empfehlung von Dyson et al. und unterscheiden zwischen vier Arten von SPF.
Von den drei Studien, die sich mit dem Zusammenhang der Inklusion von Schülern mit SPF mit kognitiven Problemen und Lernproblemen auf die Schulleis-tung von Regelschüler an Sekundarschulen befassten, fand eine Studie einen neutralen, eine Studie einen neutral und negativen und eine Studie einen negativen Zusammenhang (vgl. ebd.: 374f.). Die integrierten Kinder in der Studie von Cawley et al. (2002) hatten allerdings zusätzlich BESD (vgl. Kalambouka 2007: 375). Cawley et al. (2002) entdeckten auch für die besagten Schüler mit BESD einen negativen Zusammenhang mit der Leistung der Regelschüler (vgl. Kalambouka et al. 2007: 374). Es gab lediglich eine weitere Studie, die dies ebenfalls untersuchte und keinen Zusammenhang fand (vgl. ebd.).[15] Eine Aussage bezüglich Schülern mit BESD wird noch ungewisser, wenn man die Studie von Brown (1998) bedenkt, in der Brown einen negativen Zusammenhang zwischen der Integration von Schülern mit BESD und der akademischen und sozialen Komponente von Regelschülern an Grundschulen feststellte und diese Schüler als vergleichbar schwieriger zu inkludieren einstufte (vgl. ebd.: 375, 377). Mit einem möglichen Zusammenhang von Schülern mit Problemen im Bereich der „ sensory and/or physical needs“ und „communication interaction “[16] auf die Leistung von Regelschülern an Sekundar-schulen hat sich gar keine Studie befasst (vgl. ebd.: 376). Bei einer Grundschul-Studie, die von einem negativen Zusammenhang berichtet, halten die Autoren die zusätzlichen stark ausgeprägten Lernprobleme und BESD der inkludierten Schüler für eine wahrscheinlichere Erklärung für den gefundenen Zusammenhang (vgl. ebd.).
Da insgesamt 81% der Studien einen positiven oder neutralen Zusammenhang fanden, kommen die Autoren der Meta-Studie zu dem Ergebnis, dass es unwahr-scheinlich sei, dass die Inklusion von Schülern mit SPF an Regelschulen einen signifikanten Einfluss auf die akademischen[17] und sozialen Entwicklungen der Regelschüler habe (vgl. ebd.: 376, 379).[18] Kalambouka et al. weisen allerdings auf den Unterschied hin, dass im Sekundarbereich drei von zehn Ergebnissen und im Vergleich in der Grundschule nur vier von 61 Ergebnissen negativ ausfielen (vgl. ebd.: 377). Nach einer Aufzählung von Einschränkungen der Studie empfehlen sie dem Leser außerdem Vorsicht bei der übergreifenden Schlussfolgerung aus den Ergebnissen (vgl. ebd.: 378).
3.2.2 Sonstige relevante Erkenntnisse
In den Studien wurde teils von weiteren Erkenntnissen berichtet, die nicht direkt mit der Leistung der Regelschüler zusammenhängen, welche aber die Leistung beeinflussen könnten. So fanden Sermier-Dessemontet et al. (vgl. 2011: 304) beispielsweise heraus, dass die Bereitschaft der Lehrer, Schüler mit SPF zu integrieren, von der Art deren SPF abhängt. Die Lehrer sind vergleichsweise am geringsten bereit, Schüler mit Verhaltensstörungen zu integrieren (vgl. ebd.). Darüber hinaus berichten Sermier-Dessemontet et al. (2011: 304): „Die Einstellungen der Lehrpersonen zur Integration werden insbesondere vom Gefühl, für das Unterrichten kompetent zu sein, […] beeinflusst“. Zuletzt sollte noch darauf hingewiesen werden, dass Ruijs et al. (vgl. 2010a: 387) es für möglich halten, dass Lehrer inklusiven Unterricht als mehr belastend empfinden.
Ruijs et al. (vgl. 2010a: 371) fanden heraus, dass Regelschüler in Klassen mit mehr als 10% Schülern mit SPF ein höheres selbstberichtetes Selbstvertrauen haben, als Regelschüler in nicht-inklusiven Klassen. Dies könnte daran liegen, dass sie sich mit den meist leistungsschwächeren Schülern mit SPF vergleichen (vgl. ebd.: 385). Aufgrund der geringen Effektstärke ist die praktische Relevanz dieser Erkenntnis allerdings ungewiss (vgl. ebd.). Das Selbstvertrauen von Schülern korreliert wiederum mit ihrer schulischen Leistung (vgl. Möller 2013: 32). Erfreulich ist ebenfalls, dass sich laut der Lehrer die Anwesenheit von Schülern mit SPF nicht negativ auf die Bemühungen[19] der Regelschüler mit einem hohen IQ auswirkt und die Bemühungen sogar höher sind, als bei durchschnittlich intelligenten Regelschü-lern in nicht-inklusiven Klassen (vgl. Ruijs et al. 2010a: 366). Ruijs et al. (vgl. 2010a: 377) kommen zu dem allgemeinen Ergebnis, dass Schüler mit unter-schiedlichem SPF keinen Einfluss auf das Selbstbewusstsein, das Lehrer-Schüler-Verhältnis, die Bemühungen, die Beliebtheit, das Wohlbefinden und das Verhalten der Regelschüler haben. Erwähnt werden sollte aber trotzdem ein Teilergebnis, dessen praktische Relevanz zwar aufgrund der geringen Effektstärke von den Autoren als unklar eingestuft wurde, aber das für die Beantwortung der Forschungsfrage nicht unwichtig ist: Regelschüler fühlten sich in Klassen mit bis zu 5% Schülern mit Verhaltensproblemen[20] oder mehr als 5% Kindern mit „anderen Problemen“ weniger wohl, als in Schulklassen ohne solchen Schülern (vgl. ebd.: 385f.).
4. Diskussion
Betrachtet man nur die Fazits der Autoren der Studien, dann fällt es leicht zu schlussfolgern, dass die Inklusion von Schülern mit SPF generell in keinem Zusammenhang zu den Leistungen aller Regelschüler steht. Nach detaillierter Betrachtung der Studien kann solch eine Aussage aber mindestens für die Regelschüler an Sekundarschulen kritisch gesehen werden. Im Folgenden werde ich die Hauptgründe dafür aufführen.
Zunächst einmal wurde in einigen Studien komplett oder teilweise der Einfluss der Inklusion auf Schüler im Grundschulalter untersucht. Diese Ergebnisse sind nur sehr bedingt übertragbar auf die Sekundarschule. Schließlich unterscheiden sich die Kontextbedingungen der beiden Schulstufen für gemeinsamen Unterricht stark (vgl. Preuss-Lausitz 2009: 466f.). Darüber hinaus arbeiteten Rouse & Florian (2006) und besonders Sermier-Dessemontet et al. (2011) mit einer vergleichsweise kleinen Stichprobe. Laut Ruijs et al. (vgl. 2010a: 387) sind kleine Stichproben nicht ausreichend, wenn feine Unterschiede untersucht werden sollen, wie es häufig in der Bildungsforschung der Fall ist.
Die Art des SPF wurde nur von Ruij et al. (2010a), Kalambouka et al. (2007) und Sermier-Dessemontet et al. (2011) berücksichtigt, wobei sich letzere nur auf Schüler mit einer geistigen Behinderung bezogen. Obwohl Ruij et al. (vgl. 2010a: 377, 386) selbst keinen Zusammenhang fanden, lassen die von ihnen erwähnte Studie (vgl. ebd.: 354) von Gandhi (2007) und die von Kalambouka et al. (vgl. 2007: 374f., 377) untersuchten Studien von Cawley et al. (2002) und Brown (1998) einen Zusammen-hang vermuten, der bei BESD in gewissen Situationen sogar negativ sein könnte.[21] Darüber hinaus habe ich oben erwähnt, dass Schüler mit Verhaltens-problemen einen negativen Einfluss auf das Wohlbefinden der Regelschüler haben können (vgl. Ruijs et al. 2010a: 385f.), dass Lehrer weniger bereit sind, diese Schüler zu integrieren (vgl. Sermier-Dessemontet et al. 2011: 304) und dass diese Schüler von Brown als schwieriger zu inkludieren eingestuft wurden (vgl. 1998, paraphrasiert bei Kalambouka et al. 2007: 377). Diese drei Faktoren könnten sich langfristig ebenfalls indirekt negativ auf die Leistungen der Regelschüler auswirken. Die Bereitschaft der Lehrer, Schüler mit SPF zu integrieren, hängt ebenfalls von ihrem eigenen Kompetenzempfinden ab (vgl. Sermier-Dessemontet et al. 2011: 304). Es könnte vermutet werden, dass sich das Sozialverhalten von Schülern mit SPF durch eine nicht ausreichende Integration in einer Regelklasse verschlechtern und somit die Unterrichtsatmosphäre und das Wohlbefinden der Regelschüler negativ beeinflussen könnte. Dies könnte einen Einfluss auf die Leistungen der Regelschüler haben. Interessant wäre deshalb die Betrachtung von Untersuchungen zum Kompetenz-Gefühl von Lehrkräften und besonders von Berufseinsteigern.
Von allen fünf Studien untersuchten Ruij et al. (2010a) als einziges die Relevanz der Anzahl der Schüler mit SPF in einer Klasse. In der Studie von Sermier-Dessemontet et al. (2011) wurde lediglich ein Kind mit SPF inkludiert, was zumindest nach meinen Beobachtungen in Praktika und Unterhaltungen mit Lehrern stark von der Realität in der Schule abweicht. Empirisch untersucht wurde von keiner der genannten Studien der Zusammenhang zwischen dem Schweregrad des SPF und der Leistung der Regelschüler.
Ebenfalls offen bleibt die Frage, wie die Umsetzung der Inklusion an den untersuchten Schulen aussah. Lediglich Ruij et al. (vgl. 2010a: 356) geben an, dass es in den Niederlanden keine speziellen Klassen an Regelschulen gibt. Daraus lässt sich allerdings noch nicht schließen, ob die Schüler nach dem sogenannten Pull-Out-System (siehe Textor 2015: 103-105) in einigen Unterrichtsstunden aus dem Klassenverband genommen wurden, inwiefern sie im Unterricht die gleichen Aufgaben bearbeiteten, wie ihre Mitschüler, und welche konkreten personellen Ressourcen zur Verfügung standen. Zwar liegen bezüglich des Zusammenhangs der Inklusion von Schülern mit SPF und der Leistung von Regelschülern mit unter-schiedlichen Leistungsniveaus nur zwei Studien vor, allerdings sind die jeweils neutralen Ergebnisse (vgl. Sermier-Dessemontet et al. 2011: 299; Ruijs et al. 2010a: 366, 385, 387) sehr einheitlich, weshalb diese mit mehr Zuversicht betrachtet werden können als zum Beispiel die Erkenntnisse bezüglich der Art des SPF.
Das übergreifende Ergebnis von Farrell et al. (vgl. 2007: 141-143), es bestehe größtenteils kein Zusammenhang zwischen Inklusion und der Leistung der Mitschüler, sehe ich etwas kritisch, da der Zusammenhang zwischen dem Grad der Inklusion und der individuellen Schülerleistung zwar marginal negativ, allerdings dennoch signifikant ausfiel. Die Schülerleistungen könnten sich vielleicht unter bestimmten Bedingungen noch weiter verschlechtern. Das Fazit von Kalambouka et al. (vgl. 2007: 376, 379), dass es unwahrscheinlich sei, dass die Inklusion von Schülern mit SPF an Regelschulen einen signifikanten Einfluss auf die akademischen und sozialen Entwicklungen der Regelschüler habe, kann bei den von ihnen vorgelegten Ergebnissen ebenfalls kritisch gesehen werden, da sie es schulartun-abhängig formuliert haben.
Bei der Interpretation der Studien muss außerdem bedacht werden, dass es unter den untersuchten Regelschülern auch Schüler geben kann, die einen SPF haben, der allerdings (noch) nicht diagnostizier wurde (vgl. Ruijs et al. 2010a: 360, 386; Ruijs et al. 2010b: 26). Gegenteilig dazu ist es zumindest für die Niederlande denkbar, dass Schulen bei der Diagnose von SPF eher großzügig sind, da die Beschulung von Schülern mit einem SPF mit einer finanziellen Unterstützung einhergeht (vgl. Ruijs et al. 2010a: 386).
Sowohl Farrell et al. (vgl. 2007: 138), als auch Ruijs et al. (vgl. 2010a: 386) erinnern ihre Leser daran, dass von einem statistischen Zusammenhang nicht automatisch auf einen kausalen Zusammenhang geschlossen werden kann. Kalambouka et al. (vgl. 2007: 378) fügen dem hinzu, dass auch andere Faktoren zu beobachteten Veränderungen der Leistungen geführt haben könnten. Diese Aussagen gelten für alle hier vorgestellten Studien. Außerdem kann auch die Zuverlässigkeit der Instrumente, mit denen die Leistung gemessen wurde, in Frage gestellt werden, wie es zum Beispiel bei der National Pupil Database von einigen Wissenschaftlern getan wird (vgl. Rouse & Florian 2006: 490). Eine treffende und für die Analyse der Studien repräsentative Aussage wurde von Rouse & Florian (2006: 492) getroffen: “There are many stories about inclusion that lie behind the numbers”.
5. Fazit und Ausblick
Die in dieser Arbeit präsentierten Ergebnisse reichen nicht aus, um die Forschungs-frage gesichert zu beantworten. Die Betrachtung und ggf. sogar die Durchführung weiterer Studien wären dafür notwendig. Nach momentanem Kenntnisstand kann ich nicht ausschließen, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Inklusion von Schülern mit SPF und den Leistungen der Regelschüler an Sekundarschulen geben könnte. In der Einleitung habe ich geschrieben, dass immer wieder Bedenken darüber geäußert werden, dass Inklusion die Leistung der Regelschüler negativ beeinflusst. In der Tat halte ich es nach der Betrachtung der Studien für möglich, dass dies unter gewissen Umständen passieren könnte.
Ein hypothetisches Extrembeispiel für eine Situation, die ich als ungünstig einstufen würde, wäre die Vollzeit-Inklusion von einer hohen Anzahl von Schülern mit stark ausgeprägtem BESD in einer Regelklasse an einer Schule mit wenig personellen Ressourcen, Lehrern, die sich nicht kompetent fühlen, und zusätzlich einer schlechten Kooperation mit Sonderpädagogen. Außerdem sei an die Metapher der Ökologie der Inklusion von Farrell et al. erinnert, die vielleicht leicht aus der Balance gebracht werden könnte.
Andererseits gibt es einige wenige Anzeichen dafür, dass der Zusammenhang positiv sein könnte. Für den Wahrheitswert von Hüthers These, Integration mache schlau, konnten allerdings lediglich Rouse & Florian (vgl. 2006: 491) einige Hinweise finden. Es ist nicht eindeutig, ob Hüther von Wissen oder Intelligenz spricht, jedenfalls können beide Begriffe nicht mit Schulleistung gleichgesetzt werden.
In keiner der hier besprochenen Studien wurde in der Untersuchung der Schweregrad der Schüler mit SPF oder die konkrete Art der Umsetzung der Inklusion berücksichtigt. Zusätzlich wurde nur in wenigen Studien zwischen den Arten des SPF, der Anzahl der Schüler mit SPF pro Klasse und dem Leistungsniveau der Regelschüler unterschieden. Weitere Studien, die diese Kriterien erfüllen und auf Schüler an Sekundarschulen zugeschnitten sind, könnten der Bildungsforschung wertvolle Erkenntnisse liefern.
Diese Hausarbeit möchte ich mit einem Zitat aus dem Fazit von Farrell et al. (2007: 143) beenden, da ich meine, dass die Aussage auch auf meine Untersuchung der fünf Studien zutrifft:
“Although we could find no systematic relationship between inclusion and achievement at either systemic or institutional level, the fact that 'inclusive' schools are very different from each other means that we cannot rule out the possibility that, in particular schools and classrooms, such a relationship exists. Under these circumstances, it would be foolhardy to assert that inclusion is never associated with lower levels of overall attainment.”
6. Literatur
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Sermier-Dessemontet, Rachel (2017) Re: Frage Studie ‚Schulische Integration von Kindern mit einer geistigen Behinderung‘.[E-Mail; siehe Anhang].
Textor, Anette (2015) Einführung in die Inklusionspädagogik. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Topsch, Wilhelm (20116) „Leistung messen und bewerten“. In: Kiper, Hanna & Meyer, Hilbert & Topsch, Wilhelm. Einführung in die Schulpädagogik. Berlin: Cornelsen, 134-146.
I. Anhang
I.I E-Mail von Frau Sermier-Dessemontet
Gesendet: Mittwoch, 05. April 2017 um 14:03 Uhr
Von:"Rachel Sermier-Dessemontet" <rachel.sermier@hepl.ch>
An:"Dennis King" <dennis.king@studierende.uni-flensburg.de>
Betreff: Re: Frage Studie "Schulische Integration von Kindern mit einer geistigen Behinderung"
Sehr geehrter Herr King, Ich danke Ihnen für Ihr Interesse. Die Kinder ohne Behinderung waren in dem zweiten Primarschuljahr (7-8 Jahre alt, M = 7.9) am Beginn des Schuljahres. Ich schicke Ihnen beilegend zwei ausführlichere Artikel zu den Ergebnissen des Projekts.
Freundliche Grüße,
Rachel Sermier
__________________________________
Rachel Sermier Dessemontet, PhD.
Professeure
Haute Ecole Pédagogique du Canton de Vaud
UER Pédagogie spécialisée
Av. de Cour 33
1014 Lausanne
Suisse
Tél : 021 316 92 82
rachel.sermier@hepl.ch
-------------
De : Dennis King <dennis.king@studierende.uni-flensburg.de>
A : <rachel.sermier@hepl.ch>
Envoyé : 04/04/2017 13:48
Objet : Frage Studie "Schulische Integration von Kindern mit einer geistigen Behinderung"
Sehr geehrte Frau Dessemontet,
ich studiere Lehramt an der Universität Flensburg und habe mit großem Interesse Ihren Artikel "Schulische Integration von Kindern mit einer geistigen Behinderung" gelesen. Ihre zweite Forschungsfrage bezüglich der Mitschüler(innnen) finde ich besonders spannend. Leider geht aus dem Artikel nicht hervor, in welcher Klasse bzw. in welchem Alter die Kinder waren? Wären Sie so nett und könnten mir diese entscheidende Information zur bereitstellen?
Vielen Dank und freundliche Grüße,
Dennis King
I.II Tabelle
(siehe separate Excel-Datei)
[1] Hier und auch in der gesamten Arbeit sind stets alle Geschlechter gemeint. Aus Gründen der Leserfreundlichkeit erlaube ich mir jedoch, im Text nur eine Form zu verwenden. Damit ist keine Wertung verbunden.
[2] Eine Übersicht über die Unterschiede der Studien befindet sich als Tabelle im Anhang.
[3] Bezüglich Schüler mit SPF sei diese Definition laut Kalambouka (vgl. 2007: 366) die Regel. An dieser Stelle darf der weite Inklusionsbegriff, der alle Menschen einschließt (vgl. Farrell et al. 2007: 135), die potentiell marginalisiert sind, nicht unerwähnt bleiben.
[4] Die Bedenken werden zum Beispiel damit begründet, dass es denkbar ist, dass die Schüler mit SPF mehr Zeit des Lehrers in Anspruch nehmen und somit die Regelschüler weniger Aufmerksamkeit erhalten (vgl. Dumont et al. 2015: 89; Ruijs et al. 2010a: 352). Argumentiert wird auch, dass die generellen Lernziele in der Klasse nach unten angepasst werden oder dass die Regelschüler von den Schülern mit SPF abgelenkt werden könnten und dass sie ggf. deren unerwünschtes Verhalten übernehmen (ebd.).
[5] In England wird zum Beispiel nach dem Code of Practice in die vier Gruppen „Cognition and learning“, „Behavioural, emotional and social difficulties (BESD)“ und „Sensory and/or physical needs“ und „Communication and interaction“ unterteilt (vgl. Kalambouka et al. 2007: 369).
[6] Eine Betrachtung der Art des SPF erscheint aufgrund einiger Forschungsergebnisse von Kalambouka et al. (vgl. 2007: 369, 375-378) und Ruijs et al. (vgl. 2010a: 385f.) sinnvoll. Eine Nichtberück-sichtigung wird auch von Farrell et al. (vgl. 2007: 139) und Rouse & Florian (vgl. 2006: 489) als Einschränkung der Aussagekraft einer Studie gesehen. Laut Textor (vgl. 2015: 42) ist die Leistungsdifferenz der Schüler mit SPF zu ihren Mitschülern von der Art ihres SPF abhängig. Auch dies würde für solch eine Berücksichtigung in einer Studie sprechen.
[7] BESD steht für „Behavioural, emotional and social difficulties“ (vgl. Kalambouka 2007: 369).
[8] Dadurch kann auf den sozio-ökonomischen Status der Eltern geschlossen werden.
[9] Dies sind Schüler, die durch das Programm School Action Plus unterstützt werden (vgl. Farrell et al. 2007: 137).
[10] Als gewinnbringend haben sich Strategien gezeigt, die generell darauf abzielen, die Leistung aller Schüler der Schule zu steigern (vgl. Farrell et al. 2007: 140).
[11] Ruij et al. (2010a: 360) unterscheiden zwischen „cognitive problems“, „behavioural problems“ and „other problems“.
[12] In einer Voruntersuchung bestätigten sie ihre Vermutung, dass Schüler mit einem hohen IQ auch bessere Leistungen in Mathematik und Sprache zeigen (vgl. Ruijs et al. 2010a: 366).
[13] Mehr dazu in der Diskussion weiter unten.
[14] Ruijs et al. (vgl. 2010a: 360) weisen allerdings darauf hin, dass sich ihre drei Gruppen nicht gegenseitig ausschließen, beziehungsweise dass manche Schüler mehr als einer der Gruppen angehören.
[15] An anderer Stelle fassen die Autoren der Studie allerdings die Ergebnisse als „neutral or positive“ und nicht als neutral oder negativ zusammen (Kalambouka et al. 2007: 375). Ich kann nur vermuten, dass es sich hierbei um einen Fehler handelt.
[16] Zur Einteilung der vier Gruppen siehe Kalambouka et al. (2007: 369).
[17] Bei 21 der 26 Studien lag der Fokus auf den akademischen Entwicklungen der Regelschüler (vgl. Kalambouka et al. 2007: 370).
[18] Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich 50 der 71 Teilergebnisse auf die Leistung und nicht die soziale Entwicklung der Regelschüler bezogen und die Mehrheit dieser Ergebnisse einen neutralen bzw. keinen Zusammenhang fand (vgl. Kalambouka et al. 2007).
[19] Im Originaltext wird das Wort „effort“ verwendet (siehe zum Beispiel Ruijs et al. 2010a: 366).
[20] Bei einem Anteil von mehr als 5% Schülern mit Verhaltensproblemen in einer Klasse wurde allerdings kein signifikanter Zusammenhang festgestellt (vgl. Ruijs et al. 2010a: 384).
[21] Wie oben erwähnt, äußern die Autoren selbst bei der Interpretation einer Studie, dass sie davon ausgehen, dass BESD einen größeren Einfluss auf die Leistung der Regelschüler hat, als eine körperliche Behinderung und Kommunikationsprobleme (vgl. Kalambouka et al. 2007: 376).
- Arbeit zitieren
- Dennis King (Autor:in), 2017, Inklusion und Leistung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/418841