Wunder sind, was Religionen angeht, ein heikles Thema. Denn die Möglichkeit ihrer Existenz entscheidet über die Überzeugungskraft von Offenbarungsreligionen, da diese sich auf Wunder berufen. Humes zehnter Abschnitt „Über Wunder“ aus seinem Werk „Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand“ setzt sich mit dieser Thematik auseinander. Jedoch setzt Hume sich mehr mit der Überzeugungsfrage von Wundern auseinander als mit ihrer Existenz selbst. Er versucht weitgehend apriorisch zu klären, welche Anforderungen erfüllt sein müssten, damit der Nachweis erbracht werden kann, dass sich ein Wunder tatsächlich ereignet hat. Desweiteren versucht er anhand empirischer Argumente zu beweisen, dass das bisherige Datenmaterial für den Beweis eines wundervollen Ereignisses unzureichend ist. Die Existenz von Wundern selbst leugnet Hume nicht. Er möchte lediglich „eine andauernder Schranke gegen jede Art von abergläubischer Verblendung aufrichten“ (Wiesing, 2007) Somit wäre der Titel „Inwieweit sind Wunderberichte glaubwürdig?“ (Streminger, 2015) für seinen Abschnitt treffender.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Wunder in ihrer Begrifflichkeit und möglichen Existenz
- 1. Begrifflichkeit von Wundern
- 2. Wunder als mögliche Existenz
- II. Überzeugung und Glaubhaftigkeit wunderbarer Ereignisse
- 1. Zuverlässigkeitsgrad der Erfahrung
- 2. Zuverlässigkeitsgrad wunderbarer Berichte
- 3. Der Mensch in seiner Neigung zu Wundern
- III. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung befasst sich mit David Humes zehntem Abschnitt "Über Wunder" aus seinem Werk "Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand". Ziel ist es, zu zeigen, dass aus Humes Argumenten die Möglichkeit der Existenz von Wundern abgeleitet werden kann. Darüber hinaus untersucht die Ausarbeitung die Frage, ob es möglich ist, Menschen von der Existenz von Wundern zu überzeugen und welche Anforderungen dafür erfüllt sein müssen. Sollten diese Anforderungen nicht erfüllbar sein, werden die Gründe hierfür sowie die Ursachen für die Neigung des Menschen, solchen Berichten zu glauben, untersucht.
- Der Begriff des Wunders nach Hume
- Die mögliche Existenz von Wundern
- Der Zuverlässigkeitsgrad menschlicher Erfahrung und die Glaubwürdigkeit von Wunderberichten
- Die Neigung des Menschen, an Wunderberichte zu glauben
- Die Rolle der Vernunft und des Glaubens im Kontext von Wundern und Religion
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung beleuchtet die Relevanz von Wundern im Kontext von Offenbarungsreligionen und Humes Fokus auf die Überzeugungsfrage von Wundern im zehnten Abschnitt "Über Wunder". Humes Argumentation basiert auf der apriorischen Klärung der Anforderungen für den Nachweis von Wundern und der empirischen Analyse des Datenmaterials, welches die Existenz von Wundern belegen könnte.
I. Wunder in ihrer Begrifflichkeit und möglichen Existenz
1. Begrifflichkeit von Wundern
Hume definiert Wunder als Verletzungen der Naturgesetze, die sich durch die bisherige Erfahrung nicht belegen lassen. Diese Ereignisse sind für ihn einmalig und unwiederholbar. Er diskutiert das Beispiel des indischen Prinzen, der die Existenz von gefrorenem Wasser anzweifelte, da diese Erfahrung in seiner Kultur fehlte. Dieser Bericht stellt jedoch nicht die allgemeine Erfahrung in Frage, sondern lediglich die spezifische Erfahrung des Prinzen. Für Hume ist es wichtig, dass ein Ereignis, um als Wunder zu gelten, nicht in der bisherigen Erfahrung verankert ist.
2. Wunder als mögliche Existenz
Hume stellt zwar die Unmöglichkeit von Wundern nicht in Frage, jedoch zeigt er, dass die Existenz von Wundern nicht bewiesen werden kann. Er argumentiert, dass alle Tatsachen auch nicht sein können, d.h. es besteht die Möglichkeit des Gegenteils. So ist beispielsweise die Auferstehung eines Toten denkbar, da es sich bei der Sterblichkeit des Menschen um eine empirische Tatsache handelt, nicht um eine logische Notwendigkeit.
II. Überzeugung und Glaubhaftigkeit wunderbarer Ereignisse
1. Zuverlässigkeitsgrad der Erfahrung
Hume betont die Bedeutung von Augenzeugenberichten für die Glaubwürdigkeit von Wundern, insbesondere im Kontext von Religionen. Er argumentiert jedoch, dass die eigene Sinneswahrnehmung eine stärkere Beweiskraft besitzt als Zeugenaussagen. Die Erfahrung selbst ist nicht unfehlbar, dennoch sollte der Mensch sie als den vollsten Beweis betrachten und Ausnahmen für möglich halten.
2. Zuverlässigkeitsgrad wunderbarer Berichte
Hume stellt verschiedene Faktoren heraus, die die Glaubwürdigkeit von Wunderberichten beeinflussen, wie z.B. die Übereinstimmung der Zeugen, ihre Vertrauenswürdigkeit, ihre Weltanschauung, die Art der Zeugnisabgabe, die möglichen Vorteile durch die Lüge und die Möglichkeit, dass der Zeuge betrogen wurde. Er argumentiert, dass die Wahrscheinlichkeit eines Berichts auch vom aktuellen Wissensstand abhängt. So wäre ein Bericht über einen violetten Schwan aufgrund des bisherigen Wissensstand skeptisch zu betrachten.
3. Der Mensch in seiner Neigung zu Wundern
Hume erklärt die Neigung des Menschen, an Wunderberichte zu glauben, mit seiner Vorliebe für das Außergewöhnliche. Die Affekte von Überraschung und Staunen, die durch Wunder hervorgerufen werden, erzeugen angenehme Gemütserregungen, die zu einer stärkeren Neigung zum Glauben führen. Er kritisiert die Leichtgläubigkeit und mangelnde Vernunft von Menschen, die sich von solchen Geschichten verführen lassen. Besonders kritisiert er die Religion als ein Beispiel für diese Neigung. Er argumentiert, dass die Vernunft keine plausible Grundlage für den Glauben an Wunder und Religionen bietet.
Schlüsselwörter
David Hume, Wunder, Naturgesetze, Erfahrung, Überzeugung, Glaubhaftigkeit, Zeugenaussagen, Vernunft, Glaube, Religion, Offenbarung, Skepsis, Leichtgläubigkeit.
- Arbeit zitieren
- Nikita Miller (Autor:in), 2015, Überzeugung und Glaubhaftigkeit wunderbarer Ereignisse. Theoretischer Diskurs in Bezug auf David Humes "Über Wunder", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/419031