Warum ist „Harry Potter“ populär? Wie J.K. Rowling lesefaule Kinder erreicht

Mit Ideen für eine Unterrichtsreihe


Term Paper (Advanced seminar), 2003

42 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Definition von „Popular Literature“ und literarische
Zuordnung der „Harry Potter“ Romane

III. Fakten und Hintergründe
III.1. Verkaufszahlen und biographische Hintergründe
J. K. Rowlings
III.2. Mögliche Gründe für den Erfolg

IV. Unterrichtsthemen in „Harry Potter and the
Philosopher´s Stone“
IV.1. Harry Potters Leben in der Mugglewelt
IV.2. Harry Potters Selbstzweifel
IV.3. Die Außenseiter
IV.4. Diskriminierung in der Welt der Zauberer
IV.5. Rivalität und Gewalt in Hogwarts
IV.6. Lehrer – Schüler Verhältnis
IV.7. Landeskundliche Elemente – Das Schulwesen

V. Exemplarische Doppelstunde
V.1. Einführung neuer Vokabeln
V.2. Lernspiele zur Festigung
V.3. Mögliche Kritik
V.4. Fächerübergreifende Unterrichtsmöglichkeiten

VI. Schluss

VII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung:

He`ll be famous – a legend – […] there will be books written about Harry – every child in our world will know his name.[1]

Dass dies auch einmal auf die reale Mugglewelt zutreffen würde, hätte wohl auch Professor McGonagall nie gedacht, als sie diese Aussage über Harry Potter`s Popularität in der fiktiven Zaubererwelt zu Beginn des ersten Bandes traf.

Die bisher erschienenen vier Bände der Autorin Joanne K. Rowling rund um den Zauberer Harry Potter kann man zweifelsohne als Phänomen bezeichnen, als etwas, das ungewöhnlich und auffällig erscheint.[2] Doch in diesem Fall sind nicht etwa die Inhalte ungewöhnlich und auffällig, denn es handelt sich hierbei eigentlich um ein relativ „normales“ Kinderbuch, das man in das literarische Feld der fantastischen Kinder- und Jugendliteratur einordnen kann.[3] Als Phänomen ist in diesem Fall vielmehr der weltweit gigantische Erfolg dieser Buchserie zu nennen, denn es gibt wohl kaum ein anderes Kinderbuch, das in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurde[4], und kaum ein Kind im lesefähigen Alter, das die Bücher nicht „verschlungen“ und sich nicht vom „Potter-Fieber“ hat anstecken lassen. Die Journalistin und Literaturwissenschaftlerin Susanne Gaschke schrieb dazu in der Wochenzeitung Die Zeit:

Keine andere literarische Figur hat Kinder auf der ganzen Welt in den vergangenen Jahren mehr beschäftigt als Harry Potter.[5]

Laut einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung ist Harry Potter in Großbritannien tatsächlich bekannter als jede andere literarische Figur, einschließlich Sherlock Holmes, James Bond und Miss Marple.[6]

Aber nicht nur Millionen Kinder weltweit, sondern auch immer mehr Erwachsenen lieben und lesen die Abenteuer rund um den jungen Zauberer.

Doch warum ist „Harry Potter“ so populär?

Wie schafft es Joanne K. Rowling nicht nur die lesefaulen Kinder der Fernseh- und Computer-Ära sondern auch ihre Eltern wieder zum Bücherlesen zu animieren?

Die vorliegende Hausarbeit wird sich unter Einbeziehung einiger wichtiger Informationen über die Lebensgeschichte der Autorin, die Entstehung und die Verkaufszahlen der Bücher um Harry Potter mit möglichen Antworten auf diese grundlegenden Fragen beschäftigen.

Um sich in diesem Zusammenhang näher mit dem Bezug zur „Popular Literature“ befassen zu können, muss zunächst auch die Bedeutung dieses Terminus geklärt werden. Daher wird in diesem einführenden ersten Teil der Arbeit auch eine ausführliche Definition angeführt und der Versuch einer literarischen Zuordnung der „Harry Potter“ Romane unternommen.

Danach werden wir zeigen, inwieweit und in welch vielfältiger Weise die „Harry Potter“-Bücher im Schulunterricht eingesetzt werden können.

Anschließend werden wir eine selbst konzipierte Doppelschulstunde aus einer Unterrichtsreihe zum Thema „Harry Potter“ vorstellen und näher erläutern. Hierbei werden wir vor allem auf die Einführung und Festigung neuer Vokabeln eingehen, die grundlegend für das Verständnis und die weitere Lektüre der Bücher sind. An dieser Stelle soll auch eine mögliche Kritik an unserer Unterrichtskonzeption und Vorgehensweise aufgegriffen und kurz diskutiert werden.

Bevor wir abschließend die essentiellen Kernaussagen der Arbeit noch einmal in einer kurzen Zusammenfassung wiederholen und zusätzlich eigene Erfahrungen und Meinungen anführen werden, geben wir einige Anregungen für Möglichkeiten zu einem fächerübergreifenden Unterricht.

II. Definition von „Popular Literature“ und literarische Zuordnung der „Harry Potter“-Romane:

Wenn in der Einleitung dieser Hausarbeit von „Popular Literature“ die Rede ist, sollte anfangs dargelegt werden, was darunter zu verstehen ist. Um eine Antwort auf diese grundlegende Frage geben zu können, werde ich im Folgenden eine ausführliche Definition angeben und im Anschluss daran den Zusammenhang zum vorliegenden Buch herausarbeiten.

Popular Literature:

Literature of widespread appeal. Generally, such literature encapsulates fundamentally simple emotional and intellectual content in a basic mythological structure. The result may be simple, or quite complex. Building on ARCHETYPES, popular literature transmutes them into the literary coin of a particular time and place, providing a good index to views widely shared within a society during the period of popularity.

In primitive societies, popular literature emerges as FOLK TALE and FOLK SONG, […]

This popularity may be immediate, widespread, and ephemeral; it may arise slowly, but continue long; or it may be both immediate and long-lived.

In common usage, the term popular literature has sometimes signified literature immediately popular, widely read and quickly forgotten. […]

A number of GENRES may be identified, each with its own FORMULA that stretches the simple emotional and intellectual content of all popular literature on an essentially mythological framework suitable to the interests of the intended audience. […]

In a less common but equally important usage, popular literature is literature widely read over a long period of time. In contrast to much popular literature of the ephemeral kind, this type is often very sophisticated, building elaborate structures on simple foundations. […][7]

Meiner Meinung nach ist es anhand dieser nicht nur ausführlichen, sondern auch sehr deutlich formulierten Definition möglich, die „Harry Potter“ Bände eindeutig in die Kategorie der „Popular Literature“ einzuordnen.

Joanne K. Rowling hat mit ihrem Buch ein weltweites Interesse in breiten Leserschichten hervorgerufen und dadurch in kürzester Zeit Auflagen und Verkaufszahlen in Rekordhöhe erreicht.

Weiterhin kann man sagen, dass die Grundstruktur von „Harry Potter“ zum größten Teil aus tiefenpsychologisch wirksamen, einfach zu verstehenden und nachzuvollziehenden, ebenso wie emotional ansprechenden Grundmustern der Fantasiebildung besteht, mit denen sorgfältig ausgearbeitete und genauestens durchdachte Aspekte verwoben sind, die dem Gesamtwerk mehr Komplexität verleihen und es auch für Erwachsenen interessant und spannend macht.

In der Tradition von Sigmund Freud, Alfred Adler und Wolfgang Schmidbauer ist vor allem das Wechselspiel von Minderwertigkeitsgefühl und Grandiositätsfantasie hinzuweisen.[8]

Auf dieses Minderwertigkeitsgefühl, mit dem sich der Leser leicht identifizieren kann und infolge dessen er kompensatorisch Fantasien der Allmacht und der Unbesiegbarkeit entwickelt, wird an späterer Stelle noch genauer eingegangen.

Die Autorin hat nicht nur auf Themen und Vorbilder der aktuellen oder älteren fantastischen Kinder- und Jugendliteratur zurückgegriffen, wie etwa die Existenz von zwei verschiedenen Welten, die neben- oder hintereinander bestehen[9], in diesem Fall die Muggle- und die Zaubererwelt. „Immer wieder stößt man auch auf Beziehungen zur antiken Mythologie“[10], auf Götter- und Heldensagen aus der Zeit der Griechen und Römer. Rowling hat einige Namen und „magische Geschöpfe“ verwendet, die auf die antike Mythologie zurückgehen.[11] Es lassen sich hinter den Namen Charaktereigenschaften der Träger finden, die bewusst von der Autorin gewählt wurden und die beim Leser bewusst oder unbewusst Vorstellungen über das Wesen der Person auslösen. So ist beispielsweise Minerva nicht nur der Vorname von Professor McGonagall, der strebsamen und strengen Lehrerin und Konrektorin in der Zauberschule Hogwarts, sondern auch der Name der römischen Göttin für Weisheit und Bildung. Auf die näheren Zusammenhänge soll hier nicht näher eingegangen werden.

Ebenso ist Fluffy, ein riesiger dreiköpfiger Hund, der im ersten Band den Zugang zum Stein der Weisen bewacht, angelehnt an ein eben solches Geschöpf aus der griechischen Mythologie, das den Eingang zur Unterwelt bewacht.[12] Damit entspricht der hier nur kurz angerissene mythologische Aspekt ebenfalls der laut Definition typischen Struktur der „Popular Literature“.

Zum heutigen Zeitpunkt ist es schwer zu sagen, ob die „Harry Potter“-Bücher der eher als normal angesehenen und allgemein verbreiteten Definition der „Popular Literature“ zuzuordnen sind, d.h. ob sie nach einem schnellen Erfolg ebenso schnell wieder vergessen sein werden, oder aber zum weniger verbreiteten Typus dieser Kategorie zu zählen sind und es schaffen über mehrere Jahre, ja sogar Jahrzehnte hinweg, das Lesepublikum anzusprechen. Es wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bevor man definitiv beurteilen kann, ob diese Buchserie vielleicht sogar ein sogenannter Klassiker der Weltliteratur wird, das bedeutet, dass wir, als gegenwärtige Leser, eines Tages unseren Enkeln genau diese Geschichten um den jungen Zauberer immernoch vorlesen werden.

Ich bin überzeugt davon, dass dies irgendwann einmal genauso eintreffen wird.

III. Fakten und Hintergründe:

Im Folgenden werde ich zunächst einige Angaben zu den Verkaufszahlen der „Harry Potter“-Bücher machen, sowie einige wichtige, unter anderem für den Erfolg relevanten Informationen zur Biographie der Autorin Joanne K. Rowling anführen. Anschließend werde ich versuchen Antworten auf die vieldiskutierte Frage zu finden, warum die Buchserie ein derartig großes, weltweites Interesse geweckt hat und bei Jung und Alt gleichermaßen beliebt ist.

III.1. Verkaufszahlen und biographische Hintergründe J. K. Rowlings :

Der phänomenale Erfolg der „Harry Potter“-Bücher stellt ein scheinbar magisches Rätsel dar und äußert sich vor allem in den immensen Verkaufszahlen, die in kürzester Zeit erzielt werden konnten. Dazu gehört auch der Verkauf von Lizenzen und Rechten für Ausgaben in anderen Sprachen und Ländern.[13]

Der enorme Erfolg von „Harry Potter“ war alles andere als vorhersehbar.

Joanne K. Rowling, die an der Universität von Exeter Französisch und klassische Philologie studiert und 1986 dieses Studium mit gutem Erfolg abgeschlossen hatte, begann bereits 1990 in London mit den ersten Arbeiten zu „Harry Potter“. Knapp ein Jahr später ging sie als Englischlehrerin nach Portugal, lernte dort den Fernsehjournalisten Jorge Arantes kennen und lieben und nach der Hochzeit im Oktober 1992 kam 1993 die gemeinsame Tochter Jessica zur Welt. Doch schon Ende 1993 zerbrach die Ehe und Joanne Rowling kehrte nach Großbritannien zurück, zunächst wieder nach London, kurze Zeit später nach Edinburgh. Da sie hier nicht nur ihre bereits angefangene Geschichte über den jungen Zauberer Harry Potter sondern auch ihre pädagogische Ausbildung beenden wollte, konnte sie zunächst keinen Job annehmen und war einige Zeit auf Sozialhilfe angewiesen, was sich als nicht einfach und äußerst belastend herausstellte. Ohne die Unterstützung und Hilfe einiger Freunde und ihrer Schwester hätte sie die damalige Situation wohl nicht gemeistert, denn hinzu kam noch, dass sie als alleinerziehende Mutter diskriminiert und benachteiligt wurde. Joanne K. Rowling schaffte es dennoch trotz dieser schwierigen Umstände ihre Lehrerausbildung abzuschließen und „Harry Potter and the Philosopher`s Stone“ zuende zu schreiben.

Auf dieser recht ausweglosen Situation, in der sich die Autorin damals befand, baut auch die Werbe- und Marketingstrategie des späteren Verlages der „Harry Potter“-Bände auf:

In der Verlagswerbung und auch in vielen Presseberichten heißt es, dass Joanne Rowling den ersten Band von „Harry Potter“ als allein erziehende und auf Sozialhilfe angewiesene Mutter „in a café in Edinburgh“ geschrieben habe. Sie schob ihren Kinderwagen so lange im Regen durch Edinburgh, bis das Kind einschlief. Da wusste J.K. Rowling, dass sie nun anderthalb Stunden Zeit haben würde, stürzte ins nächste Café, bestellte einen Espresso und ein Glas Wasser und schrieb fieberhaft.[14]

Diese aschenputtelähnliche, „rührende“ und „mitreißende“ Geschichte gehört zu den beliebten Legenden, die um Joanne Rowling entstanden sind und die nicht nur in Deutschland sondern weltweit die Neugierde schürte. Rowling selbst unterstreicht aber immer wieder, „unter diesen erschwerten Bedingungen lediglich den ersten Band von „Harry Potter“ beendet zu haben.“[15]

1995 schloss Joanne Rowling ihre Arbeit an ihrem ersten Roman „Harry Potter and the Philosopher`s Stone“ ab und bat ihn mehreren Verlagen zur Veröffentlichung an. Nachdem sie zunächst einige Absagen bekommen hatte, in denen vor allem der Umfang des Buches als zu viel für ein Kinderbuch bemängelt wurde, schaffte es ihr Literaturagent 1996 schließlich, „das Manuskript beim damals eher kleinen […] Verlag Bloomsbury unterzubringen, wo es im Juni 1997 erschien“[16]. Als Erstlingswerk der damals noch völlig unbekannten Autorin Joanne K. Rowling, dem kein großer Erfolg prognostiziert wurde, wurde das Buch mit einer Erstauflage von nur 500 Exemplaren publiziert.

Als jedoch nach kurzer Zeit der New Yorker Verlag „Scholastic“ im Rahmen einer Auktion die Rechte für die amerikanische Ausgabe von „Harry Potter and the Philosopher`s Stone“ für mehr als £ 100.000 erwarb, begann die unglaubliche Erfolgsgeschichte des heutigen Bestsellers.

Sowohl durch Verkäufe weiterer Lizenzen, als auch Übersetzungen in mehr als 40 Sprachen, sowie der Film- und Merchandisingrechte an die Firma Time Warner Entertainment, gehört die ehemalige Sozialhilfeempfängerin Joanne K. Rowling inzwischen zu den wohlhabendsten Frauen Großbritanniens.

Es ist so gut wie unmöglich die weltweite Auflage ihrer bisher veröffentlichten vier „Harry Potter“-Bände mit einer genauen Verkaufszahl zu benennen, denn es werden täglich mehrere zehntausend Exemplare verkauft, was den Büchern nicht nur die vorderen Plätze der Bestsellerlisten, sondern auch zahlreiche Literaturpreise und Berichterstattungen einbrachte.

In Großbritannien, den USA und Deutschland wurde der 4. Band von „Harry Potter“ mit der höchsten jemals gedruckten Erstauflage eines Buches veröffentlicht – ein Fall für das Guiness Buch der Rekorde.[17]

Abzuwarten ist, ob der am 21. Juni 2003 erscheinende 5. Band der Serie mit dem Titel „Harry Potter and the Order of the Phoenix“ diesen bisherigen „Mammuterfolg“ sogar noch überbieten kann, denn schon jetzt, vor der offiziellen Veröffentlichung, belegt das Buch dank der Möglichkeit der Vorbestellung durch den Internetbuchanbieter Amazon, einen der vorderen Ränge der Bestsellerliste.[18]

Abschließend kann man sagen, dass, obwohl Joanne K. Rowling Engländerin ist, sie ein hervorragendes Beispiel für den beliebten und bekannten Leitspruch des „American Dream“ - vom Tellerwäscher zum Millionär - ist. Denn sie hat es von weit unten bis ganz nach oben geschafft.

III.2. Mögliche Gründe für den Erfolg:

„Hey, habt ihr auch schon den neuen Band von „Harry Potter“ gekauft?“, das ist einer der Sätze bzw. Fragen, die ich bis heute in meinem Gedächtnis behalten habe. Meine Freundin fragte mich dies auf dem Weg zur Aerobicstunde am Abend des 14. Oktober 2000, dem Erscheinungstermin von „Harry Potter und der Feuerkelch“, dem 4. Band der „Harry Potter“-Serie. „Ich hab ihn heute morgen von Amazon geliefert bekommen und direkt angefangen zu lesen. Konnte es ja auch kaum mehr abwarten. Wollte eigentlich auch gar nicht zur Aerobic kommen, weil es gerade so spannend war, aber ... ich kann ja gleich noch weiterlesen.“

Das war im Prinzip meine erste konkrete Begegnung mit „Harry Potter“. Vorher hatte ich zwar schon mal den Namen gehört und dass es ein Kinderbuch sei, konnte mir bis zu diesem Zeitpunkt aber keine genauen Vorstellungen darüber machen.

Daher fragte ich sie erstaunt: „Du liest ein Kinderbuch?“, woraufhin sie mir fast ebenso überrascht entgegnete: „Wie, du etwa nicht?“.

Genau dieser Moment war im wahrsten Sinne des Wortes der Auslöser für meine heutige „Harry Potter“-Begeisterung. Einen Tag später lieh ich mir von meiner Freundin den ersten Band „Harry Potter und der Stein der Weisen“ aus, und, obwohl ich mich bis dahin als absoluten und bekennenden „Lesemuffel“ bezeichnet hatte, las ich die knapp 350 Seiten innerhalb von 3 Tagen komplett durch, was man für meine Verhältnisse durchaus als einen dem Weltrekord nahekommenden Erfolg bewerten kann. Kurz darauf wendete ich mich auch den übrigen 3 Bänden zu, und vernachlässigte aus diesem Grund sogar die Vorbereitungen auf eine damals bevorstehende, recht wichtige Sprachprüfung in Spanisch.

Der kleine Zauberer Harry Potter hat es tatsächlich geschafft, nicht nur mich, sondern Millionen Leser auf der ganzen Welt für sich zu begeistern.

Doch was ist das Geheimnis dieses grandiosen Erfolges? Und warum findet es nicht nur bei Kindern, sondern auch bei vielen Erwachsenen Anklang?

Bisher hat es kaum ein anderes Kinderbuch geschafft, auf die vorderen Plätze der Bestsellerlisten zu kommen.

Verantwortlich ist zunächst der Charakter der Texte, die als Mischung aus Internats-,

Abenteuer-, Fantasy- und anrührender Familiengeschichte die vielfältigsten Leserbedürfnisse befriedigen – ganz ähnlich, wie wir es heute von Vorabendserien oder Fernsehspielen der Prime Time kennen: Bloß nicht nur eine Zielgruppe ansprechen, damit nicht all die anderen womöglich abschalten.[19]

Eben dieses Interesse in breiten Leserschichten kann man wohl als die Grundlage des so beschriebenen literarischen Phänomens mit dem Namen „Harry Potter“ betrachten.

Harry Potter ist mehr als nur ein relativ „einfacher“ Zauberer, der hier und da ein bisschen rumhext, magische Zaubersprüche aufsagt und auf einem Besen reitet. Und ebenso sind die Geschichten um ihn nicht nur bloße, abenteuerliche Erlebnisse, die, zugegebenermaßen, auch recht spannend sind.

[…] zwar sind die Figuren moralisch eindeutig schwarz-weiß gezeichnet, sie bleiben aber dennoch nicht einfache Typen, sondern wirken in weiten Passagen psychologisch durchaus glaubwürdig. „Harry Potter“ ist das Werk einer kompetenten Autorin, die […] Passagen voller Wortwitz und Ironie mit solchen voller Spannung und Dramatik zu einer komplexen Handlung verknüpft, […].[20]

Durch die gleichberechtigte Koexistenz der Zauberwelt und der Mugglewelt, den fließenden Übergang vom Fiktiven in das Reale und somit das Aufheben der trennenden Grenzen, erscheinen uns die magischen Elemente realistischer und verständlicher als eine utopische Welt in vielen Science Fiction Romanen, die zu fremd und abstrakt wirkt und keinerlei Gemeinsamkeiten mit der Wirklichkeit aufweist. Diese zwei Welten werden bei „Harry Potter“ gekonnt miteinander verbunden, z.B. durch den Londoner Bahnhof King`s Cross, wo der Hogwarts Express vom mysteriösen Gleis neundreiviertel in die Zauberwelt abfährt. Dadurch kann man sich als Leser besser in das gesamte Geschehen hineindenken, man fühlt sich an manchen Stellen schon so sehr integriert, dass man zuweilen den Wunsch verspürt, selbst Teil der Handlung zu sein. Wer träumt denn nicht davon, einmal zaubern zu können und auf einem Besen durch die Lüfte zu fliegen?

Durch den personalen Erzählstil, kann man sich während des Lesens ganz einfach mit der Figur des „Harry Potter“ identifizieren. Harry wird nicht wie eine Art „Übermensch“ bzw. –zauberer dargestellt. Er ist weder besonders attraktiv, noch besitzt er eine herausregende Intelligenz. Harry verkörpert den inneren Kampf, der in jedem von uns stattfindet, primär auf dem Weg vom Kindsein zum Erwachsenwerden, nämlich die Suche nach dem, was und wer wir wirklich sind und was die Welt um uns herum zu bedeuten hat.

[...]


[1] Rowling, J. K.: Harry Potter and the Philosopher`s Stone. London, 1997: S. 20

[2] Vgl.: Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 48

[3] Vgl.: Gerhard Haas: „Harry Potter“ im Kontext der fantastischen Kinder- und Jugendliteratur in Knobloch, Jörg (Hrsg.): “Harry Potter“ in der Schule: Didaktische Annäherung an ein Phänomen. Mühlheim an der Ruhr, 2001: S. 15ff.

[4] Vgl.: Knobloch, Jörg, Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 49

[5] Bürvenich, Paul: Der Zauber des Harry Potter, Frankfurt am Main. 2001: S. 11

[6] Vgl.: Odendahl, Ursula: Introduction to Children`s Literature.

Internetseite: http://www.hausarbeiten.de, aufgerufen am15.03.2003

[7] Frye, Northrop: The Harper Handbook of Literature. New York, 1985

[8] Spinner, Kaspar H.: Minderwertigkeitsgefühl und Grandiositätsfantasie – Wie „Harry Potter“ seine Leser verzaubert in Knobloch, Jörg (Hrsg.): “Harry Potter“ in der Schule: Didaktische Annäherung an ein Phänomen. Mühlheim an der Ruhr, 2001: S. 113

[9] Vgl.: Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 72

[10] Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 85

[11] Vgl.: Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 86

[12] Vgl.: Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 86

[13] Vgl: Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: Kapitel 2 und 3

[14] Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 31

[15] Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 31

[16] Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 31

[17] Knobloch, Jörg: Die Zauberwelt der J.K. Rowling: Hintergründe & Facts zu “Harry Potter“. Mühlheim an der Ruhr, 2000: S. 50

[18] Bürvenich, Paul: Der Zauber des Harry Potter, Frankfurt am Main, 2001: S. 25/26

[19] Boie, Kirsten: Anmerkungen zum Phänomen „Harry Potter“ in Knobloch, Jörg (Hrsg.): “Harry Potter“ in der Schule: Didaktische Annäherung an ein Phänomen. Mühlheim an der Ruhr, 2001: S. 83

[20] Boie, Kirsten: Anmerkungen zum Phänomen „Harry Potter“ in Knobloch, Jörg (Hrsg.): “Harry Potter“ in der Schule: Didaktische Annäherung an ein Phänomen. Mühlheim an der Ruhr, 2001: S. 83

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Details

Title
Warum ist „Harry Potter“ populär? Wie J.K. Rowling lesefaule Kinder erreicht
Subtitle
Mit Ideen für eine Unterrichtsreihe
College
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"  (Anglistisches Institut)
Course
Popular Literatur
Grade
2,3
Authors
Year
2003
Pages
42
Catalog Number
V41911
ISBN (eBook)
9783638400718
File size
812 KB
Language
German
Notes
Im Anhang der Arbeit befanden sich noch einige Kreuzworträtsel sowie ein selbstentworfenes "Harry Potter Tabu Spiel" und ein selbstentworfenes "Harry Potter Brettspiel", die jedoch nicht mitgeschickt werden konnten, da sie teilweise per Hand gezeichnet wurden.
Keywords
Harry, Potter, Popular, Literatur
Quote paper
Melanie Janet Göbel (Author)Silke Hoffmann (Author), 2003, Warum ist „Harry Potter“ populär? Wie J.K. Rowling lesefaule Kinder erreicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41911

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