Einleitung
Leben Gundlings, das ist kein historisches Theaterstück, das die Vergangenheit glorifizieren will. Im Gegenteil: das Bühnenwerk Heiner Müllers (1929-1995) bedient sich oft einer nackten Gewalt und Brutalität, es brüskiert, es rüttelt wach. Es scheint kein gutes Haar an der deutschen Vergangenheit lassen zu wollen. Doch dahinter steht der Versuch, die Gegenwart zu erklären, Parallelen aufzuweisen, Fehler zu entlarven.
Es ist meist erst der Blick aufs Detail, der die oft versteckten Anspielungen, die Ironie provokant auffälliger Zusammenhänge, die psychologischen Untiefen der Protagonisten zu erkennen gibt. Wie verhält es sich mit Leben Gundlings? Was verbindet die Szenen miteinander und mit der Gegenwart der 70er Jahre? Eine Zugangsmöglichkeit bietet sich, wenn man sich zu verdeutlichen versucht, wogegen Müller angehen will: es ist dies erstens die unkritische Annahme, der Rationalismus der Aufklärung habe nur positive Wirkungen gehabt, und zweitens die „Gewaltbereitschaft, Betonung der Staatsräson und Produktionsfetischismus – Unterwerfung der äußeren wie der inneren, menschlichen Natur – Charakteristika aller sog. zivilisierten patriarchalischen Gesellschaften“1.
Nach Emmerich ist es Müller dabei weniger wichtig, eine falsche Sichtweise des Vergangenen zu revidieren, als hinter unser „gesellschaftliches Handeln“2 zu schauen und herauszufinden, wo es gründet. Ähnlich geht auch Michel Foucault (1926-1984) an die Geschichtsschreibung heran: fast erscheint sie als ein Mittel zum höheren Zwecke der Erkenntnis. Auch er zeichnet Vergangenheit nach, auf wissenschaftliche Art, und genauso mit der Gegenwart als Thema3.
Sowohl Müller als auch Foucault thematisieren staatliche Macht seit der Aufklärung und die Rolle des Einzelnen. Es wird zu zeigen sein, wie sehr das Theoriegebäude Foucaults den Grundzügen des Müllerschen Stückes ähnelt, wenngleich sich diese Analyse auf einzelne Ausschnitte der Werke zu beschränken haben wird.
----------
1 Emmerich 1982: S.154.
2 Ebd.: S. 155.
3 „Nun, ich habe nicht vor, die Geschichte der Vergangenheit in die Begriffe der Gegenwart zu fassen. Wohl aber ist es meine Absicht, die Geschichte der Gegenwart zu schreiben.“ ÜS: S. 43
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Michel Foucault
- 1.1 Überwachen und Strafen
- 1.2 Drei Figuren der Bestrafung
- 1.3 Der Körper als Objekt der Disziplinarmacht
- 2. Heiner Müller
- 2.1 Geschichtsphilosophie
- 2.2 Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei
- Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit Heiner Müllers Theaterstück „Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei“ und untersucht dessen Bezug zur Foucaultschen Machtanalyse. Dabei wird der Körper als Objekt der Macht im Mittelpunkt stehen. Die Arbeit strebt danach, Parallelen zwischen Müllers Werk und den theoretischen Ansätzen Foucaults aufzuzeigen und die Rolle des Einzelnen im Kontext staatlicher Macht zu beleuchten.
- Der Körper als Objekt der Macht im Theater Heiner Müllers
- Die Rolle der Disziplinarmacht in der Gesellschaft
- Die Verbindung von Geschichtsphilosophie und Machtanalyse
- Die Auswirkungen der Aufklärung auf die moderne Gesellschaft
- Die Bedeutung des individuellen Widerstands gegen staatliche Macht
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt das Stück „Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei“ als ein Werk vor, das die deutsche Vergangenheit kritisch hinterfragt und Parallelen zur Gegenwart der 70er Jahre aufzeigt. Es wird betont, dass Müller die unkritische Annahme der positiven Auswirkungen der Aufklärung und die Gewaltbereitschaft der patriarchalischen Gesellschaften thematisiert. Die Arbeit stellt den Bezug zur Machtanalyse Michel Foucaults her und kündigt eine vergleichende Analyse beider Denker an.
1. Michel Foucault
1.1 Überwachen und Strafen
Dieser Abschnitt beleuchtet Foucaults Werk „Überwachen und Strafen“ und seine Auseinandersetzung mit der Institution Gefängnis. Er erläutert, wie Foucault die Entwicklung des Strafjustizsystems und die Machtbeziehungen zwischen Machthaber und Verurteiltem analysiert. Die Bedeutung der Aufklärung und deren scheinbare Humanisierung werden hinterfragt.
1.2 Die drei Figuren der Bestrafung
Hier werden die drei historischen Bestrafungstypen dargestellt: peinliche Strafe, öffentliche Arbeit und das Gefängnis. Foucault stellt heraus, wie sich die Machttechnologie des Strafens im Laufe der Zeit entwickelte und welche unterschiedlichen Ziele die jeweiligen Bestrafungstypen verfolgten.
1.3 Der Körper als Objekt der Disziplinarmacht
Dieser Abschnitt untersucht das Gefängnis als ein System, das den Körper als Zielobjekt der Macht setzt. Die Bedeutung des Gefängnisses als Institution zur Formierung von Gehorsamssubjekten wird analysiert. Foucault erläutert die Ursachen für den Aufstieg des Gefängnisses als dominantes Strafsystem im Vergleich zu anderen Formen der Bestrafung.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Hausarbeit sind: Heiner Müller, Leben Gundlings Friedrich von Preußen Lessings Schlaf Traum Schrei, Michel Foucault, Überwachen und Strafen, Disziplinarmacht, Körper, Macht, Gewalt, Geschichte, Aufklärung, Gesellschaft, Strafjustiz, Gefängnis.
- Arbeit zitieren
- Diane Trentinian (Autor:in), 2004, Der Körper im Blickfeld der Macht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41963