Die Determinanten der Frauenarmut

Eine empirische Analyse auf Basis europäischer Daten


Bachelorarbeit, 2017

75 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definitions- und Messkonzepte der Armut
2.1.1 Absolutes und relatives Armutskonzept
2.1.2 Die Armutsgefährdungsquote
2.2 Armutsindikatoren
2.2.1 Gender Pay Gap
2.2.2 Gender Empowerment Measure

3 Aktueller Forschungsstand
3.1 Gender Pay Gap in Europa
3.2 Armutsgefährdungsquote in Europa

4 Methodik
4.1 Datengeneration
4.2 Variablenbeschreibung
4.2.1 Endogene Variable
4.2.2 Exogene Variablen
4.3 Methodisches Vorgehen

5 Gender-Unterschiede im Zusammenhang
5.1 Zusammenhänge mit der Armutsgefährdungsquote
5.1.1 Hypothesen

6 Analyse der geschätzten Zusammenhänge mit Eviews

7 Ergebniszusammenstellung

8 Schlussbetrachtung

Anhang A: Abbildungen

Anhang B: Tabellen

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Output 1

Abbildung 2:Output 2

Abbildung 3:Output 3

Abbildung 4:Armutsgefährdungsquote nach sozialen Transferleistungen V

Abbildung 5:Armutsgefährdungsquote vor sozialen Transferleistungen V

Abbildung 6:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Arbeitslosenquote VI

Abbildung 7:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der weiblichen Bevölkerung mit Kindern VI

Abbildung 8:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der weiblichen Bevölkerung ohne Kinder VII

Abbildung 9:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der in einer Partnerschaft lebenden Frauen

Abbildung 10:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der allein lebenden Frauen

Abbildung 11:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmiertes Durchschnittseinkommen der Frauen

Abbildung 12:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Frauenerwerbsquote

Abbildung 13:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Öffentliche Aushaben pro Kopf

Abbildung 14:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der Frauen mit primärem Bildungsstand X

Abbildung 15:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der Frauen mit sekundärem Bildungsstand X

Abbildung 16:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der Frauen mit tertiärem Bildungsstand XI

Abbildung 17:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Quote der Frauen mit sekundärem oder tertiärem Bildungsstand

Abbildung 18:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmiertes pro Kopf Bruttoinlandsprodukt

Abbildung 19:logarithmierte Armutsgefährdungsquote und logarithmierte Scheidungsquote

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1:Gender Pay Gaps vom statistischen Bundesamt

Tabelle 2:Gender Pay Gap, 2014

Tabelle 3:Armutsgefährdungsquoten nach sozialen Transferzahlungen, 2014 XIV

Tabelle 4:Arbeitslosenquoten, 2014

Tabelle 5:Erwerbsquote, 2014

Tabelle 6:Bruttoinlandsprodukt, 2014

Tabelle 7:Durchschnittseinkommen der 16 bis 64 Jährigen, 2014

Tabelle 8:Totale Einwohnerzahl in 1000

Tabelle 9:Zahl der Erwachsenen Männer und Frauen von 15 bis 64 Jahre in 1000

Tabelle 10:Quote der alleinstehenden Erwachsenen, 2014

Tabelle 11:Quote der in einer Partnerschaft lebenden Erwachsenen, 2014

Tabelle 12:Staatsausgaben, 2014

Tabelle 13:Quote der Bevölkerung ohne Kinder, 2014

Tabelle 14:Quote der Bevölkerung mit Kindern, 2014

Tabelle 15:Scheidungsquote, 2014

Tabelle 16:Quote der Erwachsenen mit primärem Bildungsstand, 2014

Tabelle 17:Quote der Erwachsenen mit sekundärem Bildungsstand, 2014

Tabelle 18:Quote der Erwachsenen mit tertiärem Bildungsstand, 2014

Tabelle 19:Armutsgefährdungsquote vor sozial Transferzahlungen, 2014

Tabelle 20:Übersicht über die einbezogenen Variablen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Schon im Jahr 1985 wurde erkannt, dass Frauen öfter von Armut betroffen sind als Männer und es hieß „Armut ist weiblich“ (Köppen, R., 1985). In den darauffolgenden Jahren hat sich das Bild der „Feminisierung der Armut“ (Pfaff, A.B., 1992, S.1) weiter verfestigt. Die Armutsforschung betrachtet dieses Phänomen vorwiegend aus einer sozioökonomischen Perspektive. Der wirtschaftliche Gesichtspunkt ist aber ebenfalls äußerst interessant und wichtig zu betrachten, denn eine Volkwirtschaft „untersucht die Gründe, warum manche Menschen und Länder hohe Einkommen erzielen, andere aber arm sind. Gleichzeitig zeigt sie Möglichkeiten auf, den Lebensstandard der Armen zu heben, ohne der Wirtschaft Schaden zuzufügen.“(Samuelsen & Nordhaus, 2007, S.20) Frauen können in diesem Zusammenhang als eine Gruppe der so bezeichneten Armen verstanden werden, deren Lebensstandard positiv von der Volkswirtschaft beeinflusst werden sollte. An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit an, der empirische Teil beschäftigt sich damit, aktuelle Gender-Unterschiede aufzuzeigen, zu vergleichen und die wirtschaftlichen Determinanten auf die Frauenarmut zu untersuchen. Die Einflüsse, die es zu Untersuchen gilt, werden auf Grundlage bisheriger Armutsforschungen ausgewählt die in Kapitel 3 vorgestellt werden. Grundlegende Begriffe, Messkonzepte der Armut und Gender-Indikatoren werden zunächst im theoretischen Teil genauer erläutert. Der Fokus legt sich dabei darauf Frauenarmut, wie sie in einer wirtschaftlich starken Gesellschaft auftritt, begrifflich einzugrenzen. Aufbauend auf diesen Grundlagen werden aktuelle Forschungsergebnisse vorgestellt auf die sich der weitere empirische Teil dieser Arbeit bezieht. Dieser beginnt damit Gender-Unterschiede im Jahr 2014 aufzuzeigen, zu beschreiben und zunächst die geschlechtsspezifischen mikroökonomischen und allgemeinen makroökonomischen Armutseinflüsse einzeln mit der Armutsgefährdungsquote der Frauen in Verbindung zu bringen. Später werden die Determinanten zur weiteren Überprüfung ihrer Wirkung in ein Regressionsmodell aufgenommen das die Beobachtung des Zusammenwirkens ermöglicht.[1]Das Regressionsmodell ist eine Kleinste-Quadrate Schätzung die lineare Zusammenhänge der Einflüsse mit der Armutsgefährdung der Frauen schätzt und evaluiert.[2]Das Forschungsziel dieser Arbeit liegt darin, die in der Literatur beschriebenen Einflüsse und Hypothesen anhand von Querschnittsdaten zum Jahr 2014 zu überprüfen und gegebenenfalls zu bestärken oder zu widerlegen.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Definitions- und Messkonzepte der Armut

Armut allgemeingültig zu definieren ist kein leichtes Unterfangen. Aufgrund der verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Ausprägungen ist bis heute noch keine einheitliche Armutsdefinition bekannt die alle Fassetten der Armut mit einbezieht.[3]Demnach werden je nach Definition verschiedene Armutsstrukturen und Gesellschaftsgruppen erfasst und gemessen.[4]Aufgrund der vielen Ausprägungen der Armut sind etliche Armutsbegriffe in der Literatur zu finden, die jeweils verschiedenen Fassetten der Armut beschreiben.[5]Alle Armutskonzepte zu nennen und zu erläutern ist jedoch nicht das Ziel dieser Arbeit. Die folgenden Konzepte sind die für diese Arbeit relevanten Abgrenzungen nach absoluter und relativer Armut. Die Ergebnisse dieser Arbeit beziehen sich auf die Armut, die nach dem relativen Konzept gemessen wird.

2.1.1 Absolutes und relatives Armutskonzept

Unter absoluter Armut versteht man ein Leben am Rand der Existenz, wenn Menschen nicht in der Lage sind ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen.[6]Diese Form der Armut ist in Deutschland und Europa jedoch schon weitestgehend überwunden und daher zum Vergleich der Geschlechtergruppen nach Armutsgefährdung nicht sinnvoll anwendbar. Wenn man in einem entwickelten Land von Armut spricht, dann versteht man unter Armut eine weniger sichtbare Form der materiellen und immateriellen Entbehrung.[7]

Das Konzept der relativen Armut bezieht sich auf die Frage der Verteilungsgleichheit von Armut in einer Gesellschaft.[8]So wird in diesem Konzept ausgehend vom Wohlstand des Umfeldes einer Person gemessen, ob sie vergleichsweise als arm anzusehen ist oder nicht.[9]Demnach wird in der Armutsforschung in wirtschaftlich starken Ländern nicht die absoluten Armutsgrenzen, sondern an der relativen Armutsgrenzen gemessen.[10]„In der Ökonomie ist die Messung der Armut mittels Geld vorherrschend, bedürfnisorientierte Ansätze sind (eher) in soziologischen Arbeiten zu finden“ (Döring, Holztrattner & Sedmak, 2003, S.26). So werden im relativen Armutskonzept die relativen Einkommen im Verhältnis zum Einkommen des Umfeldes einer Person betrachtet und anhand dieser Beurteilt. Im späteren empirischen Teil dieser Arbeit wird die relative Armut anhand des Äquivalenzeinkommens betrachtet. Bei Äquivalenzeinkommen handelt es sich um pro Kopf bezogene Nettoeinkommen.[11]Durch diese Berechnung werden die Einkommen von Haushalten mit unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung besser vergleichbar gemacht. Haushalte haben in der Regel dadurch Einspareffekte, dass sie beispielsweise einen Wohnraum gemeinsam nutzen.[12]Daher ist ein gemeinschaftliches Haushaltseinkommen kein befriedigender Indikator zur Messung der Armutsgefährdung. Gemessen wird das so genannte Äquivalenzeinkommen der Haushaltsmitglieder dadurch, dass die verschiedenen Mitglieder unterschiedliche Äquivalenzgewichte bekommen.[13]Bei der Berechnung wird die interne Güterverteilung im einzelnen Haushalt nicht weiter betrachtet, trotzdem gelten Äquivalenzeinkommen als repräsentatives Maß um einen Vergleich von Personen aus unterschiedlichen Haushalten mit unterschiedlichen Größen und Zusammensetzungen zu ermöglichen.[14]Die Gewichtung der Haushaltsmitglieder beruht auf der Grundlage der modifizierten Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD)- Skala.[15]Anhand dieser Äquivalenzeinkommen wird die relative Armutsgefährdung in Bevölkerungen bemessen.[16]

2.1.2 Die Armutsgefährdungsquote

Armutsgrenzen und Armutsrisiken werden nach europäischen Standards in Anlehnung an die nach der OECD-Skala berechneten Äquivalenzeinkommen festgelegt. Als Armutsgrenze gilt nach europäischen Standards die 50%- Grenze. Demnach gelten Personen, deren verfügbares Einkommen weniger als 50% relativ zum durchschnittlichen Einkommen der restlichen Bevölkerungsgruppe ist, als arm.[17]Bei der Messung von Armut unterscheidet die Armutsforschung zwischen einer Armutsgefährdungsgrenze und der eigentlichen Armutsgrenze. Den Schwellenwert der Armutsgefährdung bildet die 60%- Grenze.[18]Diese so genannte Armutsgefährdungsquote wird als Maß zur Messung von Einkommensarmut verwendet und im empirischen Teil dieser Arbeit genauer betrachtet. Bei der Berechnung der Armutsgefährdungsgrenze wird die interne Güterverteilung in einzelnen Haushalten nicht weiter betrachtet um einen Vergleich von Personen aus unterschiedlichen Haushalten mit unterschiedlichen Größen und Zusammensetzungen zu ermöglichen.[19]

2.2 Armutsindikatoren

In der Literatur sind neben mehreren Armutsbegriffen auch mehrere Indikatoren zur Messung von Gender-Ungleichheiten in der Gesellschaft zu finden. Viele davon beschäftigen sich hauptsächlich mit sozioökonomischen Themen. Der Gender Pay Gap und das Gender Empowerment Measure sind Maße, die sich im Vergleich zu anderen Indikatoren der Armutsforschung hauptsächlich dazu dienen einen wirtschaftlichen Vergleich anzustellen. Diese Indikatoren gehen im Speziellen auf die geschlechtsspezifischen Lohn- und Beschäftigungsunterschiede ein.[20]

2.2.1 Gender Pay Gap

Der Gender-Pay-Gap (GPG) stellt den prozentualen Unterschied zwischen den Durchschnittsverdiensten der Männer und Frauen, basierend auf dem Bruttoverdienst, dar.[21]Es werden die relativen Einkommensunterschiede von Frauen im Vergleich zu Männern gemessen, daher ist der GPG als ein relevanter Einfluss für die Gender-Unterschiede der auf Einkommen beruhenden Armutsgefährdungsquote zu betrachten.

Vereinfacht wird der GPG wie folgt berechnet:

(1) (vgl. Geisberger/ Gaser, 2010, S. 224)

Um den GPG (unbereinigt) zu ermitteln wird entsprechend der Formel (1) der durchschnittliche Bruttoverdienst der männlichen ( ) und weiblichen ( Beschäftigten herangezogen und der Unterschied prozentual zum durchschnittlichem Verdienst der Männer gemessen.[22]

Der GPG ist nicht nur in der Armutsforschung ein relevantes Maß, sondern ist auch oft Gegenstand der Diskussionen über Diskriminierung am Arbeitsplatz und Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern. Bei dem GPG unterscheidet man zwischen bereinigten und unbereinigten Werten.[23]Verschiedene Ergebnisse sowohl bei bereinigten als auch bei unbereinigten GPGs sind darauf zurückzuführen, dass die Berechnungen teilweise auf unterschiedlicher Datenbasis beruhen und bei den bereinigten Werten unterschiedliche Faktoren heraus gerechnet werden.[24]

In einer Statistik des statistischen Bundesamts ist zu erkennen, dass der unbereinigte Gender Pay Gap in Deutschland in den letzten 10 Jahren von 2006 bis 2016 im Durchschnitt bei 22% lag (sieheTabelle 1). Der bereinigte GPG nach den Anpassungen, von unter anderem Teilzeit und Vollzeit, liegt bei 8% und in den letzten Jahren bis 2014 auf 6% gesunken.

Der bereinigte und unbereinigte GPG unterscheidet sich dahingehend, dass der den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmerinnen im Verhältnis zu Arbeitnehmern abgebildet wird, während die Werte des bereinigten GPG den prozentualen Verdienstunterschied von Frauen und Männern mit vergleichbarer Qualifikation, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien erfasst.[25]Der Unterschied von 22% umfasst also die durchschnittliche Differenz zwischen allen erwerbstätigen Männern und Frauen, egal ob Teilzeit oder Vollzeit, unabhängig von Berufsausbildungen und anderen Qualifikationsunterschieden. Unterschiede aufgrund von Zugangschancen und eine allgemein benachteiligende Struktur können nur in beschränktem Maß aus den unbereinigten Werten entnommen werden. Der 6% Unterschied hingegen den der bereinigte GPG aufweist spricht dafür, dass es geschlechtsspezifische Ungleichbehandlungen in der Entlohnung auch in Deutschland gibt.[26]

2.2.2 Gender Empowerment Measure

Das Gender Empowerment Measure (GEM) befasst sich im Gegensatz zu anderen geschlechtsspezifischen Indikatoren nicht mit den Unterschieden des Wohlbefindens der männlichen und weiblichen Bevölkerung. Das GEM ist als ein weitgehend ökonomisches Maß zu verstehen. Neben Einkommensverhältnissen zwischen Männern und Frauen betrachtet dieser Indikator auch die politischen und wirtschaftlichen Unterschiede, die Verhältnisse von Männern und Frauen in Führungspositionen und in genderspezifischen Jobnischen.[27]Die wirtschaftliche Position wird durch Einkommen der männlichen und weiblichen Bevölkerung gemessen, die politische Position durch das Verhältnis von Männern und Frauen im Parlament an Parlamentssitzen und weiterhin wird das Geschlechterverhältnis in Jobnischen und Führungspositionen am Frauenanteil in administrativen, professionellen, leitenden und technischen Positionen gemessen.[28]

Das GEM wird oft dafür kritisiert, dass Gender Empowerment nur einseitig wirtschaftlich bemessen wird und die weiteren sozioökonomischen Dimensionen nicht weiter mit einbezogen werden die in der Armutsforschung eine große Rolle spielen.[29]

3 Aktueller Forschungsstand

3.1 Gender Pay Gap in Europa

In dem Beitrag „The Gender Pay Gap in Europe from a Legal Perspective (including 33 country reports)” beschreiben und analysieren Petra Foubert, Susanne Burri und Ann Numhauser-Henning den Gender Pay Gap in Europa im Jahr 2010. Aufgrunf der Daten der 33 europäischen, ähnlich strukturierten Länder, die in dem Beitrag betrachtet werden, vermuten die Autoren, dass sich der Gender Pay Gap im Laufe der letzten Jahre langsam reduziert hat und dass verschiedene Determinanten auf diesen Vorgang einwirken.[30]Die Autoren gehen auf folgende Einflüsse ein: Alter der Bevölkerungsgruppe, ob der öffentliche oder private Sektor betrachtet wird, die einzelnen betrachteten Branchen (frauen- oder männerdominiert), Bildung, gesellschaftliche Stellung, die geschlechtsspezifische Erwerbsquote im Land, Wirtschaftskrisen und Immigrationshintergründe der betrachteten Bevölkerung. In dem Beitrag wird erklärt, dass es sich bei den verwendeten Daten von Eurostat um weitestgehend standardisierte Datensätze handelt, jedoch treten auch bei diesen Daten aufgrund der verschieden Erhebungsbedingungen in den Ländern Probleme auf. Dennoch werden Zusammenhänge zwischen ausgeprägten GPGs in Ländern mit niedrigen Frauenerwerbsquoten, hauptsächlich frauendominierten Marktnieschen, traditionellen ausgeprägten häuslichen Verpflichtungen für die Frauen und damit zusammenhängenden längeren Auszeiten vom Job erkannt.[31]Allgemein geht aus dem Beitrag hervor, dass es in den betrachteten europäischen Ländern Unterschiede zwischen den Verdiensten von Männern und Frauen gibt.

Nach Angaben eines Berichtes des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über Verdienstunterschiede von Männern und Frauen liegt Deutschland in einem europäischen Ranking nach geschlechterspezifischen Lohnlücken im Jahr 2006 noch im hinteren Mittelfeld, hinter den Niederlanden und gefolgt von Österreich.[32]Auch in diesem Bericht wird angesprochen, dass ein länderübergreifender Vergleich teilweise problematisch ist wenn unterschiedliche Bedingungen herrschen.[33]Die geringste Entgeltungleichheit unter den betrachteten Ländern wurde in Malta gemessen. Jedoch ist dieses Ergebnis kritisch zu betrachten. Der besonders niedrige Wert in Malta könnte beispielsweise damit zusammenhängen, dass Frauen generell in schlechter bezahlten Jobs arbeiten, aber in diesen Jobs im Verhältnis zu den Männern nicht schlechter bezahlt werden.[34]

Alles in Allem ist der Gender Pay Gap sinnvoll um sich einen Überblick über die Lage der Entgeltungleichheit in Europa zu verschaffen.

3.2 Armutsgefährdungsquote in Europa

In der Kurzstudie „Wie sozial ist Europa?“ (Jörgensen & Schulz zur Wiesch, 2006) wurde unter anderem festgestellt, dass in 18 von insgesamt 21 betrachteten europäischen Ländern die Armutsgefährdungsquote der Frauen im Erhebungsjahr über der der Männer liegt.[35]Um dieses Phänomen zu erklären haben die Autoren damit vermutlich im Zusammenhang stehende Variablen untersucht. Sie betrachten zu diesem Zweck die Erwerbsquoten der Frauen und Männer, der GPG, den Bildungsstand, den Frauenanteil in Führungspositionen und die Erwerbslosigkeit der Frauen während der Mutterschaft. Durch einen Vergleich der geschlechterspezifischen Erwerbsquoten mit dem jeweiligen Gender Pay Gap ist aufgefallen, dass Länder, unter anderem Malta und Italien, die im Erhebungsjahr vergleichsweise geringe Frauenerwerbsquoten haben, dafür ein viel geringeres Lohngefälle zwischen Männern und Frauen aufweisen.[36]Deutschland schneidet in diesem Zusammenhang entsprechend schlecht ab, mit einem damaligen Lohngefälle von 23% liegt Deutschland 8% unter dem EU- Durchschnitt.[37]Die Autoren vermuten daraufhin, dass Frauen zwar überdurchschnittlich oft schlechter bezahlt werden und somit zu einer Erhöhung des GPG beitragen, doch durch ihre schlechter bezahlte Erwerbstätigkeit wahrscheinlich eine höhere Unabhängigkeit von ihren Partnern erlangen und zu einer niedrigeren Armutsgefährdungsquote beitragen.[38]Neben der GDP und der Erwerbstätigkeit werden auch der Bildungsstand und der Frauenanteil in Führungspositionen betrachtet. Frauen haben nach Angaben der betrachteten Statistiken zwar im Durchschnitt einen höheren Bildungsstand, doch in der Kurzstudie wird festgestellt, dass dies im Jahr 2003 noch nicht, wie eigentlich erwartet wurde, zu einem höheren Frauenanteil in Führungspositionen geführt hat. Den Nachholbedarf der Frauen um Führungsposition vermuten die Autoren im Zusammenhang mit der Erwerbslosigkeit vieler Frauen während der Mutterschaft oft hin bis hin zum Grundschulalter der Kinder.[39]

4 Methodik

4.1 Datengeneration

Der empirische Teil dieser Arbeit beruht auf statistischen Querschnittsdaten der Datenbank Eurostat. Die betrachteten Daten beziehen sich ausschließlich auf das Jahr 2014. In die Betrachtung und das spätere Regressionsmodell fließen Daten aus 28, zu dem Zeitpunkt Mitgliedsländern der Europäischen Union, sowie ein Datensatz der aggregierten Mitgliedsländer, (1) EU (28), ein.

Die Auswahl der Länder erfolgt nach der Ähnlichkeit in wirtschaftlichen Strukturen, der Mitgliedschaft in der Europäischen Union und ob sie in den betrachteten Merkmalen repräsentative Daten aufweisen. Folgende Länder werden betrachtet: (2)Belgien, (3)Bulgarien, (4)Tschechische Republik, (5)Dänemark, (6)Deutschland, (7)Estland, (8)Irland, (9)Griechenland, (10)Spanien, (11)Frankreich, (12)Kroatien, (13)Italien, (14)Zypern, (15)Lettland, (16)Litauen, (17)Luxemburg, (18)Ungarn, (19)Malta, (20)Niederlande, (21)Österreich, (22)Polen, (23)Portugal, (24)Rumänien, (25)Slowenien, (26)Slowakei, (27)Finnland, (28)Schweden und (29) das vereinigte Königreich England.

Daten die direkt die Bevölkerung betreffen, repräsentieren die Altersklasse zwischen 15 und 64 Jahren, in einem einzelnen Fall zwischen 16 und 64 Jahren und sind in Prozentzahlen angegeben. Aus Gründen der Vereinfachung für diese Arbeit, werden die Altersklassen nicht weiter differenziert. Da die auf Einkommen basierende Armutsgefährdungsquote untersucht wird, beziehen sich die Daten auf den Bevölkerungsanteil im erwerbsfähigen Alter ist.[40]Alle betrachteten Daten, die sich direkt auf die Bevölkerung beziehen, liegen zur Veranschaulichung von Unterschieden sowohl als Datenreihen für Frauen sowie auch für Männer vor. Die Datenreihen die makroökonomische Größen betrachten sind als Tausender- oder Millionen-Zahlen von Eurostat generiert und werden im weiteren Verlauf angepasst.

4.2 Variablenbeschreibung

Die zu erklärende Variable Armutsgefährdungsquote soll als Maß für die Einkommensarmut von Frauen untersucht werden. Die betrachteten erklärenden Variablen wurden hauptsächlich nach der, im theoretischen Teil dieser Arbeit, besprochenen Literatur ausgewählt. Ein Überblick zu den Variablenabkürzungen ist inTabelle 20zu finden. Für die späteren Auszüge aus EViews gilt, dass logarithmierte Daten mit „L_“ vor der Variablenabkürzung gekennzeichnet sind

4.2.1 Endogene Variable

Armutsgefährdungsquote: Die zu erklärende Variable ist die Armutsgefährdungsquote. Diese beschreibt die 60%- Grenze der Armutsgefährdung. Für eine genauere Erklärung siehe Kapitel 2.2. Es liegen Daten für das Jahr 2014 aus allen 28 Ländern für jeweils die Männer und Frauen vor. Um den Gender-Unterschied der Armutsgefährdung zu veranschaulichen, wurde für jedes Land von dem Prozentsatz der armutsgefährdeten Männer der Prozentsatz der armutsgefährdeten Frauen abgezogen.

4.2.2 Exogene Variablen

Bruttoinlandsprodukt

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft, es umfasst alle Güter- und Dienstleistungen, die innerhalb der Gesellschaft in einem Jahr erstellt wurden und gilt als wichtigster Indikator zur Messung des wirtschaftlichen Wohlstandes eines Landes.[41]Um eine bessere Vergleichbarkeit der Daten zu erreichen wurden die BIPs mit den Bevölkerungszahlen des jeweiligen Landes normiert. Der Rat der europäischen Union betont, dass Geschlechtergleichheit ein wichtiger Faktor für weiteres wirtschaftliches Wachstum ist.[42]Da das Bruttoinlandsprodukt ein wichtiger Indikator zu Messung der Wirtschaftsstärke ist und die OECD konkret vermutet, dass es Zusammenhänge zwischen einem hohen BIP und geringeren Gender-Unterschieden in den Erwerbsquoten gibt, ist demnach auch ein Zusammenhang mit der Armutsgefährdungsquote wahrscheinlich.[43]

Staatsausgaben

Zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, zur Beeinflussung der wirtschaftlichen Entwicklung und zur Bereitstellung öffentlicher Güter tätigt der Staat Staatsausgaben.[44]Diese Staatsausgaben werden auf unterschiedliche öffentliche Bereiche verteilt. Es gelten also nicht nur die direkten Ausgaben des Bundes, sondern auch Ausgaben der Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger als Staatsausgaben.[45]Statistisch werden Staatsausgaben durch „Vorleistungen, Bruttoinvestitionen, Arbeitnehmerentgelt, sonstige Produktionsabgaben, Subventionen, zu leistende, Vermögenseinkommen, Einkommens- und Vermögensteuern, monetäre Sozialleistungen, soziale Sachtransfers - gekaufte Marktproduktion, sonstige laufende Transfers, Zunahme betrieblicher Versorgungsansprüche, Vermögenstransfers, zu leistende und Nettozugang an nicht produzierten Vermögensgütern“ (Eurostat, 2017) kategorisiert. Die verwendete Datenreihe wurde durch die jeweilige Anzahl der Bevölkerung geteilt, so dass pro Kopf Staatsausgaben betrachtet werden. Die Effekte der staatlichen Einnahmen- und Ausgabenverteilung haben vermutlich einen direkten und indirekten Einfluss auf die Gleichstellung der Geschlechter und sind somit als Einflussfaktoren in die nachfolgenden Betrachtungen der Armutsgefährdungsquote der Frauen mit aufzunehmen.[46]

Arbeitslosenquote

Die Arbeitslosenquote betrachtet den Anteil der Erwerbsbevölkerung ohne eine derzeitige Arbeit. Als arbeitslos gelten alle Personen die eigentlich für eine Beschäftigung verfügbar wären, aber derzeit keiner solche nachgehen.[47]Es werden auch diejenigen dazu gezählt, die zwar eine sichere Beschäftigung in Aussicht haben, diese jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten.[48]Die Arbeitslosenquote liegt für alle betrachteten Länder in Prozentangaben vor.

Durchschnittseinkommen der Frauen

Das Durchschnittseinkommen der Frauen beschreibt das durchschnittliche Einkommen der Frauen zwischen 16 und 64 Jahren. Da die Armutsgefährdungsquote ein Maß ist, das am Einkommen der gesamten Bevölkerung gemessen wird, hat das durchschnittliche Einkommen vermutlich einen direkten Einfluss auf die relative Grenze von der auch Armutsgefährdung gemessen wird.[49]

Erwerbsquote

Als Erwerbspersonen gelten alle Personen die erwerbstätig oder erwerbslos sind. Die daraus entstehende Quote, die den Teil der Erwerbspersonen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung darstellt, umfasst also alle Personen zwischen 15 und 64 Jahren die mindestens eine Stunde die Woche gegen Entgelt arbeiten, selbstständig sind oder als Familienangehörige auch ohne Entgelt in einem Betrieb mitarbeiten und zuletzt auch die Personen die aktiv auf der Suche nach einem Job sind.[50]Die Datenreihe ist in Prozentzahlen angegeben.

Bildung

Unterschieden werden die verschiedenen Bildungsstände nach primärem, sekundärem und tertiärem Bildungsstand. Die Bevölkerung wird nach ihrem jeweilig höchsten erworbenem Bildungsabschluss zugeordnet.[51]Nach den internationalen Standardklassifikationen des Bildungswesens enthält der primäre Bildungsstand alle vergleichbaren erworbenen Abschlüsse bis zur 10. Klasse im deutschen Schulsystem. Der sekundäre Bildungsstand umfasst in Deutschland alle Abschlüsse nach der 10. Klasse bis zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung und der tertiäre Bereich beinhaltet alle Abschlüsse von einem Hochschulabschluss bis hin zur Habilitation.[52]Die von Eurostat bezogenen Prozentdaten sind nicht zusätzlich normiert.

Scheidung

Die Variable Scheidung bemisst die Scheidungsquote, die die in 2014 geschiedene Bevölkerung im Verhältnis zur kompletten Bevölkerung darstellt.[53]Sie wird um die in dem Kapitel 3 vermutete Abhängigkeit vom Partner darzustellen mit in das Modell aufgenommen.

Haushaltszusammensetzung

Die Datenreihen der Haushaltszusammensetzung messen prozentual die Zusammensetzung der männlichen und weiblichen Bevölkerung nach Geschlecht, Familienstand und Altersgruppe.[54]Die 15-64 jährige Bevölkerung wird danach betrachtet, ob sie alleinstehend ist, mit einem festen Partner zusammen oder in einer anderen Art von Wohngemeinschaft leben. Um die ursprünglichen Datensätze zu vergleichbaren Prozentzahlen zu normieren, sind die von Eurostat generierten Daten der Männer und Frauen jeweils durch die absolute Zahl der männlichen und weiblichen Bevölkerung der Länder im Jahr 2014 geteilt. Die sich daraus ergeben Variablen beschreiben die prozentualen Anteile der Gesamtbevölkerung nach den dargelegten Ausprägungen. Diese Variable wird ebenfalls zur Kontrolle der in Kapitel 3 vermuteten Abhängigkeit vom Partner mit in das Modell aufgenommen.

Kinder

Die Bevölkerung wird zuletzt danach unterschieden, ob sie Kinder hat oder nicht. Die ursprüngliche Datenreihe von Eurostat liegt in absoluten Tausenderzahlen vor und wurde um sie vergleichbarer zu machen, wie auch die Daten der Haushaltszusammensetzung, angepasst. Betrachtet wird somit die Quote der Frauen mit Kindern und ohne Kinder. Diese Variable prüft den in Kapitel 3 genannten Einfluss von Mutterschaft auf die Erwerbstätigkeit und Armutsgefährdung.

4.3 Methodisches Vorgehen

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden bisher Forschungsstände vorgestellt, die eine höhere Frauenarmutsgefährdung im Vergleich zu der der Männer und eine Ungleichbehandlung der Frauen anhand des Gender Pay Gap in Europa untersuchen. Aufbauend auf den Ergebnissen und vermuteten Umwelteinflüssen wird im empirischen Teil dieser Arbeit die Armutsgefährdungsquote der Frauen untersucht und die sich herausstellenden Ergebnisse versucht zu interpretieren.

Für die Untersuchung der vorher dargestellten Problemstellung hat sich wegen der spärlichen Datenlage keine Analyse auf Grundlage von Längsschnittsdaten angeboten, die Analyse wird daher im Rahmen eines Querschnitts zum Jahr 2014 vorgenommen. Zunächst werden die Datenreihen der Einflüsse einzeln betrachtet und Auffälligkeiten anhand der Daten herausgestellt. Weiter werden die Einflüsse zunächst einzeln mit der Armutsgefährdungsquote in Koordinatensystemen abgebildet, die mit Hilfe des Tabellenkalkulationsprogramms Microsoft Excel erstellt werden. Daraufhin werden Vermutungen über die Wirkung der Determinanten in Form von Hypothesen aufgestellt, die dann mit Hilfe einer vereinfachten Regressionsanalyse weitestgehend überprüft werden.

Die Regressionsanalyse wird mittels einer KQ-Schätzung, auch Kleinste-Quadrate Schätzung genannt, durchgeführt.[55]Das Modell der Kleinsten-Quadrate-Methode ist durch die Minimierung aller Residuen ein besonders erwartungstreuer Schätzer.[56]Es wird mit einer multiplen linearen Regressionsanalyse des statistischen Programms EViews8 nach einer Gleichung gesucht, die den bestmöglichen Zusammenhang zwischen der abhängigen und den unabhängigen Variablen abbildet.[57]Das Grundmodell lässt sich formal wie folgt darstellen:

. (Fahrmeir et al., 2009 ,S.59)

Für die Störgröße gelten die gleichen Annahmen wie bei einer einfachen linearen Regression.[58]

Die -Parameter sind die sogenannten Koeffizienten die die Steigung, den Zusammenhang, zwischen der X- und der Y-Achse beschreiben.[59]Im Fall dieser Arbeit den Zusammenhang zwischen der logarithmierten abhängigen Variable, der Armutsgefährdungsquote, und den verschiedenen logarithmierten unabhängigen Variablen. Die erklärenden Variablen werden durch das Logarithmieren der Datenreihen transformiert. Diese Transformation hilft dabei eine vermutlich multiplikative Beziehung in eine additive zu überführen.[60]So werden unter anderem die Varianzen homogenisiert und stabilisiert. Dieses Verfahren wird deshalb auch oft als varianzstabilisierende Transformation der Variablen verstanden.[61]„Durch die Transformation werden heteroskedastische [...] Fehlvarianzen stabilisiert“ (Fahrmeir, 2016, S. 459). Die Daten werden in das statistische Programm EViews 8 eingelesen, logarithmiert und durch den Befehl „Equation“ wird ihr Zusammenhang mit der logarithmierten Armutsgefährdungsquote der Frauen geschätzt. Die Ergebnisse dieser Schätzung werden im weiteren Verlauf der Arbeit auf ihre statistische Signifikanz und Zusammenhänge untersucht. Wobei zu beachten ist, dass es sich bei statistischer Signifikanz zwar um einen mathematischen Zusammenhang handeln kann, jedoch dies keine hinreichende Aussage über den wahren Zusammenhang zweier ökonomischer Variablen bietet.[62]Bei derartigen Aussagen muss darauf geachtet werden, dass der geschätzte Koeffizient eine ausreichende Größe aufweist um einen merklichen Einfluss auf die abhängige Variable auszuüben. Dies bedeutet, dass die statistische Signifikanz, die durch beispielsweise einen T-Test angegeben wird, nicht immer auch Relevanz zu bedeuten hat.[63]Ebenfalls ist es wichtig, dass das Konfidenzintervall (1- um den geschätzten Koeffizienten groß genug ist, um festzustellen ob eine eindeutige Bestimmung des Effekts auf die abhängige Variable festgelegt werden kann.[64]

5 Gender-Unterschiede im Zusammenhang

Um das Ausmaß der Armutsgefährdungsquote der Frauen zu erklären, werden in diesem Kapitel die Datenreihen der Umwelteinflüsse in Zusammenhang mit den Daten der Frauenarmutsgefährdungsquote betrachtet. Die einzelnen logarithmierten exogenen Variablen werden im folgenden Kapitel 5.1 anhand der graphischen Zusammenhänge erstmals interpretiert. Alle nachfolgenden Daten sind aus der Datenbank Eurostat entnommen.

Eine Bestätigung, dass die Armutsgefährdungsquote der weiblichen Bevölkerung im Durchschnitt über der der männlichen liegt, geht aus den Datenreihen zur Armutsgefährdungsquote 2014 hervor (Tabelle 2). Die rechte Spalte stellt den Gender-Unterschied der Armutsgefährdungsquote dar. Im EU-Durschnitt liegt die Frauenarmutsgefährdungsquote nach sozialen Transferleistungen um 0.5% über der der Männer und vor sozialen Transferleistungen sogar um 1% (Tabelle 19). Für weitere Betrachtungen wird die Datenreihe nach sozialem Transfer verwendet. Durch Veranschaulichung der Armutsgefährdungsquoten für Männer und Frauen als Histogramm (Abbildung 4) fällt auf, dass die Länder (2) Belgien (1,6%), (4) Tschechien (2,2%) (5) Italien (1,5%) und (11) Frankreich (2%) besonders schlecht abschneiden, da sie alle mindestens um 1.5% über der Armutsgefährdungsquote der Männer liegen. Hingegen liegen (7) Estland um 1,9%, (24) Rumänien um 1,9%, (27) Finnland um 1,9% und (28) Schweden um 1,4% unter der Armutsgefährdungsquote der Männer. (6) Deutschland liegt in diesem Vergleich mit einer positiven Abweichung von 0,7% im Mittelfeld und ist damit knapp über dem EU-Durchschnitt.

Die Strukturen der Erwerbsquoten in der EU weisen ebenfalls erhebliche Gender-Unterschiede auf. Die durchschnittliche Frauenerwerbsquote der EU ist im Jahr 2014 um 10,5% Prozent geringer als die der Männer (Tabelle 4). Die rechte Spalte der Tabelle bestätigt, dass in allen betrachteten Ländern Frauen eine niedrigere Erwebsquote haben als die Männer. Der größte Unterschied zwischen der männlichen und weiblichen Bevölkerung hinsichtlich der Erwebsquote ist in (19)Malta. 2014 waren 25,4% weniger Frauen als Männer erwebstätig, der Wert liegt 14,9% über dem EU-Durchschnitt. Weiterhin sind auffällig positive Abweichungen von dem durchschnittlichen Gender-Erwebsunterschied in den Ländern (13) Italien, (9) Griechenland und (4) Tschechien zu sehen, mit einem jeweiligen Unterschied von mindestens 16%. Die geringsten Gender-Erwerbsunterschiede sind in (27) Finnland mit 1,5%, und (16) Litauen mit 1,6% zu erkennen, gefolgt von (28) Schweden und (15) Lettland, die beide ebenfalls einen geringeren Unterschied als 5% aufweisen. (6)Deutschland liegt mit 8,6% leicht unter dem EU-Durchschnitt.

Auffällig ist, dass sowohl (13) Italien als auch (4) Tschechien nicht nur einen besonders großen Gender-Unterschied in den Erwerbsquoten, sondern auch in den Armutsgefährdungsquoten aufweisen und in beiden Fällen nicht zu Gunsten der weiblichen Bevölkerung. Auch (19) Malta, mit dem größten Gender-Unterschied in der Erwebsquote, hat einen verhältnismäßig hohen Unterschied in der Armutsgefährdungsquote, 1,3%. Bei den Ländern (27) Finnland und (28) Schweden ist ein Zusammenhang zwischen den niedrigen Gender-Unterschieden der Erwerbsquoten und denen der Armutsgefährdungsquote zu vermuten.

Diese Vermutungen sind kritisch zu betrachten, da auch gegensätzliche Zusammenhänge zu beobachten sind, z.B. weist (24) Rumänien einen Gender-Erwerbsunterschied von 15,4%, aber es gelten 1,9% weniger Frauen als Männer als armutsgefährdet. Jedoch wurden in diesen Zusammenhang noch keine anderen erklärenden Variablen mit einbezogen die vermutlich ebenfalls auf die Armutsgefährdungsquote einwirken und abweichende Daten wie z.B. Rumänien erklären könnten.

Werden in diesen Zusammenhang die Daten der Lohnlücken betrachtet, scheinen sich die diesbezüglichen Vermutungen der Literatur aus Kapitel 3.1 zu bestätigen (sieheTabelle 2). In den Ländern (13)Italien 6,1%, (19)Malta 10,6% und (24)Rumänien 4,5%, die besonders hohe Erwerbsunterschiede aufweisen, lassen sich dafür besonders geringe Gender Pay Gaps erkennen. (29)England 20,9%, (27)Finnland 18,4% und (15)Lettland 17,3% hingegen, bei denen geringe Erwerbsunterschiede festgestellt wurden, weisen dementsprechend besonders hohe Gender Pay Gaps auf. Auch in (22)Österreich ist ein so gearteter Zusammenhang zu erkennen: der Erwerbsunterschied liegt mit 8,3% unter dem Durchschnitt der EU, doch der Gender Pay Gap hat mit 22,5% einen der höchsten Werte. (7)Estland hat den höchste Gender Pay Gap im Ländervergleich, liegt jedoch die Erwerbsquote und die Armutsgefährdungsquote betreffend jeweils deutlich unter dem Durchschnitt der EU. Mit diesen Erkenntnissen werden erste Vermutungen der Literatur aus Kapitel 3 bestätigt. Es wird vorerst angenommen, dass ein hoher Erwerbsunterschied die Armutsgefährdungsquote der Frauen positiv beeinflusst und mit dem Gender Pay Gap in einem negativen Zusammenhang steht.

5.1 Zusammenhänge mit der Armutsgefährdungsquote

In diesem Teil der Bachelorarbeit wird zunächst, unabhängig von der Armutsgefährdungsquote der Männer, die Armutsgefährdungsquote der Frauen im Einzelnen betrachtet um mögliche Zusammenhänge mit den erklärenden Variablen zu erkennen. Hierzu werden die logarithmierten Datensätze verwendet, da diese auch im folgem Kapitel wieder aufgegriffen werden. Die mit Excel erstellten Koordinatensysteme enthalten einen ebenfalls durch Excel geschätzten Vektor, der eine erste Schätzung des linearen Zusammenhangs zwischen den exogenen Variablen und der Armutsgefährdungsquote der Frauen darstellt.

Da die Gender-Unterschiede der Erwerbsquote in einem positiven Zusammenhang mit den Gender-Unterschieden der Armutsgefährdungsquote zu stehen scheinen, ist zu vermuten, dass die absolute Frauenerwerbsquote in einem negativen Zusammenhang mit der Armutsgefährdungsquote steht. Abbildung 12unterstützt diese Vermutung. Abgesehen von ein paar Ausreißern, ist ein negativer Zusammenhang wahrscheinlich. Dies lässt vermuten, dass je mehr Frauen in einem Land erwerbstätig sind, desto geringer ist die Armutsgefährdungsquote. Der schon in Kapitel 3.2 von Jörgensen vermutete Zusammenhang wird somit weiter bestärkt: Frauen scheinen durch ihre Erwerbstätigkeit weniger wahrscheinlich von Armut betroffen zu sein.

Der inAbbildung 6dargestellte Zusammenhang zwischen der Arbeitslosenquote und der Armutsgefährdungsquote scheint positiv zu sein. Mit höheren Arbeitslosenquoten der Frauen steigt auch die Armutsgefährdungsquote. Es wird vermutet, dass je mehr Frauen arbeitslos sind, desto mehr Frauen sind von Armut betroffen. Diese Vermutung bestärkt die Annahme von Jörgensen und Schulz zur Wiesch aus Kapitel 3.2. Frauen ohne Aussicht auf Arbeit seien wahrscheinlich öfter abhängig von ihren Partnern oder anderen und öfter von Armut betroffen.

Abbildung 9undAbbildung 10veranschaulichen die Zusammenhänge zwischen den Armutsgefährdungsquoten und den Quoten der in einer festen Partnerschaft lebenden und der allein lebenden Frauen. Zwar hat das Programm Exel einen negativen linearen Zusammenhang zwischen der Armutsgefährdungsquote und der Quote alleinlebenden Frauen geschätzt, doch ist diese Schätzung nicht sonderlich genau. Aufgrund der großen Streuung im Diagramm ist ein negativer Zusammenhang nicht eindeutig zu erkennen. InAbbildung 9lässt sich hingegen ein negativer Zusammenhang zwischen der Armutsgefährdungsquote und der Quote der in einer Partnerschaft lebenden Frauen vermuten. Die Streuung um den geschätzten Vektor ist zwar ebenfalls gegeben, jedoch ist zu erkennen, dass mit höheren Werten der logarithmierten Quote der in einer festen Partnerschaft lebenden Frauen die logarithmierte Armutsgefährdungsquote der Frauen sinkt. Es ist zu vermuten, dass je mehr Frauen in einer festen Partnerschaft leben, desto geringer ist die Armutsgefährdungsquote der Frauen.

Abbildung 14, Abbildung 15, Abbildung 16undAbbildung 17stellen die Zusammenhänge zwischen der Armutsgefährdungsquote und den Bildungsständen der weiblichen Bevölkerung dar. Excel zeichnet aufgrund der Koordinatensysteme für den primären Bildungsstand einen positiven Zusammenhang, für den sekundären Bildungsstand einen negativen Zusammenhang, für den tertiären Bildungsstand einen negativen Zusammenhang und für die Summe aus sekundärem und tertiärem Bildungsstand ebenfalls einen negativen linearen Zusammenhang ein. Diese Schätzungen sind aufgrund der hohen Abweichungen vom geschätzten Vektor jedoch in allen 4 Abbildungen nicht eindeutig zu verifizieren. Aufgrund der Abbildungen wird vorerst kein genauer Effekt der Bildung vermutet.

[...]


[1]Vgl. Kuckartz et al., 2013, S. 207f, S. 259f

[2]Vgl. Kuckartz et al., 2013, S. 267

[3]Vgl. Grösch/ Freundenthal, 2004

[4]Vgl. Isengard, 2002, S. 8f

[5]Vgl. Grösch/Freundenthal, 2004

[6]Vgl. Isengard, 2002, S. 9

[7]Vgl. Pförtner, 2015, S. 100

[8]Vgl. Dietz, 1997, S. 87

[9]Vgl. Piachaud, 1992, S. 65

[10]Vgl. Isengard, 2002, S. 9

[11]Vgl. Isengard, 2002, S. 9

[12]Vgl. Stauder/ Hüning, 2004, S. 6

[13]Vgl. Stauder/ Hüning, 2004, S. 30f

[14]Vgl. Pförtner, 2012, S. 163

[15]Vgl. Eurostat, 2017

[16]Vgl. Statistisches Bundesamt, 2016, S. 179

[17]Vgl. Kohl, 2002, S. 165

[18]Vgl. Krentz, 2011, S. 16

[19]Vgl. Pförtner, 2012, S. 163

[20]Vgl. Moser, 2007, S. 37f

[21]Vgl. Eurostat, 2017

[22]Vgl. Foubert et al., 2010, S. 4

[23]Vgl. Foubert et al., 2010, S. 4

[24]Vgl. Eicker, 2017

[25]Vgl. Das statistische Bundesamt, 2017

[26]Vgl. Anger & Schmidt, 2010, S. 2

[27]Vgl. Klasen, 2007, S. 185f

[28]Vgl. Gaye, 2010, S. 3f

[29]Vgl. Moser, 2007, S. 5

[30]Vgl. Foubert et al., 2010, S. 2ff

[31]Vgl. Foubert et al., 2010, S. 246

[32]Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2009, S. 9

[33]Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2009, S. 35f

[34]Vgl. Foubert et al., 2010, S. 179

[35]Vgl. Jörgensen/ Schulz zur Wiesch, 2006, S. 14

[36]Vgl. Jörgensen/ Schulz zur Wiesch, 2006, S. 39f

[37]Vgl. Jörgensen/ Schulz zur Wiesch, 2006, S. 39f

[38]Vgl. Jörgensen/ Schulz zur Wiesch, 2006, S. 39f

[39]Vgl. Jörgensen/ Schulz zur Wiesch, 2006, S. 40

[40]Vgl. Eurostat, 2016

[41]Vgl. Wildmann/ Lothar, 2010, S. 41

[42]Vgl. Coucil of the European Union, 2014

[43]Vgl. OECD, 2013, S. 30

[44]Vgl. Bontrup, 2004, S. 633

[45]Vgl. Stache et al ,2007 , S. 1181f

[46]Vgl. Mayrhuber, 2007, S. 47f

[47]Vgl. Franz, 2001, S. 11f

[48]Vgl. Eurostat, 2017

[49]Vgl. Eurostat, 2014

[50]Vgl. Statistisches Bundesamt, 2017

[51]Vgl. Eurostat., 2017

[52]Vgl. OECD, 1999, S. 84f

[53]Vgl. Eurostat, 2017

[54]Vgl. Eurostat, 2017

[55]Vgl. Mittag, 2017, S. 253

[56]Vgl. Komlos/ Süssmuth, 2010, S. 59

[57]Vgl. Stahel & ETH Zürich, 2008, S. 18

[58]Vgl. Fahrmeir et al., 2009 ,S. 59f

[59]Vgl. Stahel/ ETH Zürich, 2008, S.18

[60]Vgl. Fahrmeir, 2016, S. 453

[61]Vgl. Fahrmeir, 2016, S. 453

[62]Vgl. Komlos/ Süssmuth, 2010, S. 79f

[63]Vgl. Komlos/ Süssmuth 2010, S. 79f

[64]Vgl. Komlos/ Süssmuth, 2010, S. 79f

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Die Determinanten der Frauenarmut
Untertitel
Eine empirische Analyse auf Basis europäischer Daten
Hochschule
Universität Osnabrück
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
75
Katalognummer
V419915
ISBN (eBook)
9783668684492
ISBN (Buch)
9783668684508
Dateigröße
1064 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frauenarmut, Gender Pay Gap, Armutsgefährdungsquote, Europa, Gender-Unterschiede, Armutsindikatoren, EViews
Arbeit zitieren
Anna Kollmann (Autor:in), 2017, Die Determinanten der Frauenarmut, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/419915

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