Dass sich Leopold von Sacher-Masoch, der neben dem Marquis de Sade als „Vater einer Perversion“ ungewollte Berühmtheit erlangte und stets auf sein damit verbundenes Werk Venus im Pelz reduziert wird, Zeit seines Lebens als bekennender Philosemit und Autor zahlreicher populärer Erzählungen über das Judentum hervortat, ist erst in der jüngsten Zeit zum Gegenstand der literaturwissenschaftlichen Forschung geworden.
Auf Grundlage dieser Thematik soll die vorliegende Arbeit der Frage nachgehen, welche Rolle das galizische Judentum, in Sacher-Masochs prosaischem Werk gespielt hat und auf welche Weise es Erwähnung in seiner Prosa fand. Dazu soll zunächst anhand der Biographie Leopold von Sacher-Masochs aufgezeigt werden, wie es zur Berührung mit der Lebenswelt der osteuropäischen Juden kam und welche weiteren persönlichen Beweggründe Sacher-Masochs eine Rolle gespielt haben könnten. Im anschließenden Hauptteil dieser Arbeit wird die literarische Verarbeitung, die seine jüdischen Erzählungen prägt, anhand von drei zentralen Punkten analysiert werden: dem Kontext der Ghettoliteratur als Genreform von Sacher-Masochs literarischen Werken über die jüdische Bevölkerung, den Motiven des orthodoxen und des chassidischen Judentums sowie dem Motiv der Taufe im Zusammenhang von interreligiösen Ehen.
Diese drei Analysebereiche sollen wiederum als Grundlage des literarischen Vergleichs mit Karl Emil Franzos' Darstellung des orthodoxen Judentums Osteuropas und dem Motiv der interreligiösen Ehe als Problematik des multikonfessionellen Vielvölkerstaats Galizien dienen. Der Schlussteil der Arbeit widmet sich der Untersuchung der politisch-literarischen Arbeit Sacher-Masochs während einer Zeit des aufkeimenden Antisemitismus in Deutschland und Österreich. Dabei wird nicht nur den Beiträgen nachgegangen werden, die in der Zeitschrift Auf der Höhe zum Thema Judentum erschienen sind, sondern auch den gesellschaftlichen Ambitionen als Gegenmaßnahme zur verstärkten Diskriminierung und Diskreditierung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland, die durch den von Sacher-Masoch gegründeten Oberhessischen Verein für Volksbildung realisiert wurden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- Zu den Ursprüngen der Auseinandersetzung Leopold von Sacher-Masochs mit dem galizischen Judentum.
- 1.1 Hintergründe für die Beschäftigung mit dem Judentum.
- 2. Sacher-Masochs Erzählungen Polnische Judengeschichten und Jüdisches Leben im Kontext der deutsch-jüdischen Ghettoliteratur.
- 3. Das Ghetto und die Ghettoliteratur
- ,,Textgenres'' - Begriffsdefinitionen und Merkmale eines
- 4. Zwischen Haskala und Chassidismus – Vergleich zwischen Leopold von Sacher-Masochs und Karl Emil Franzos' literarischer Rezeption des chassidischen/orthodoxen Judentums.
- 5. Die Taufe als Prüfstein der Liebe - Das Problem der interkonfessionellen Ehe und die gesellschaftliche Wirkung in Sacher-Masochs Erzählungen.
- 6. Zur Thematisierung des Judentums und jüdischer Belange in Leopold von Sacher-Masochs Zeitschrift Auf der Höhe.
- 7. Der Oberhessische Verein für Volksbildung (OVV) und seine Parteinahme für die jüdische Bevölkerung
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Darstellung des Judentums in Leopold von Sacher-Masochs kleiner Prosa. Sie untersucht die Rolle des galizischen Judentums im Werk des Autors und analysiert die Art und Weise, wie es in seiner Prosa Erwähnung findet. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der literarischen Verarbeitung des Themas Judentum anhand von drei zentralen Punkten: dem Kontext der Ghettoliteratur, den Motiven des orthodoxen und chassidischen Judentums sowie dem Motiv der Taufe im Zusammenhang von interreligiösen Ehen.
- Die Rolle des Judentums im literarischen Werk von Sacher-Masoch
- Die Bedeutung der Ghettoliteratur als Genreform in Sacher-Masochs Werken
- Die Darstellung des orthodoxen und chassidischen Judentums in Sacher-Masochs Erzählungen
- Das Motiv der Taufe im Kontext interreligiöser Ehen
- Der Vergleich mit Karl Emil Franzos' literarischer Rezeption des Judentums
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einführung
Die Einleitung skizziert die Problematik der Forschungslandschaft, die sich in erster Linie auf Sacher-Masochs „pornographisches“ Werk konzentriert. Es wird deutlich, dass die Bedeutung seines Werkes über diese Thematik hinausgeht und seine Darstellung des Judentums einen wichtigen Platz in seinem Schaffen einnimmt.
- Kapitel 2: Sacher-Masochs Erzählungen
Dieses Kapitel widmet sich der Analyse der Erzählungen Sacher-Masochs im Kontext der deutsch-jüdischen Ghettoliteratur. Es werden die spezifischen Merkmale und Themen dieser literarischen Strömung beleuchtet.
- Kapitel 3: Das Ghetto und die Ghettoliteratur
Dieses Kapitel definiert den Begriff der Ghettoliteratur und analysiert ihre Merkmale. Es wird eine grundlegende Einordnung des Werkes Sacher-Masochs in diesen Kontext geschaffen.
- Kapitel 4: Zwischen Haskala und Chassidismus
In diesem Kapitel werden die literarischen Rezeptionen des orthodoxen und chassidischen Judentums bei Sacher-Masoch und Karl Emil Franzos verglichen. Es werden die verschiedenen Perspektiven und Darstellungstechniken beider Autoren untersucht.
- Kapitel 5: Die Taufe als Prüfstein der Liebe
Dieses Kapitel analysiert das Motiv der Taufe in Sacher-Masochs Erzählungen im Zusammenhang mit interreligiösen Ehen. Es wird die gesellschaftliche Bedeutung und Problematik dieser Thematik im multikonfessionellen Galizien beleuchtet.
- Kapitel 6: Zur Thematisierung des Judentums in Sacher-Masochs Zeitschrift „Auf der Höhe“
Dieses Kapitel untersucht die Beiträge zum Thema Judentum in Sacher-Masochs Zeitschrift „Auf der Höhe“. Es wird die politische und literarische Arbeit des Autors in einer Zeit des aufkeimenden Antisemitismus beleuchtet.
- Kapitel 7: Der Oberhessische Verein für Volksbildung
Dieses Kapitel widmet sich dem von Sacher-Masoch gegründeten Oberhessischen Verein für Volksbildung und dessen Engagement für die jüdische Bevölkerung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Judentum, Ghettoliteratur, Sacher-Masoch, Galizien, Haskala, Chassidismus, Interreligiöse Ehe, Antisemitismus, Philosemitismus, „Auf der Höhe“, Oberhessischer Verein für Volksbildung.
- Arbeit zitieren
- Bianca Weihrauch (Autor:in), 2018, Darstellung des Judentums in Leopold von Sacher-Masochs kleiner Prosa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/420572