Kann man tatsächlich von einem (post-)modernen Dandyismus in Zeiten der Jahrtausendwende sprechen, der seinen Vorbildern aus dem 18. und 19. Jahrhundert gerecht wird?
Eine Antwort auf diese Frage zu geben, ist das oberste Ziel dieser Arbeit. Anhand des Romans Faserland (1995) von Christian Kracht als Paradebeispiel für die Popliteratur soll untersucht werden, ob man tatsächlich von einer ‚Wiedergeburt‘ des Dandys innerhalb dieser Literaturgattung und auch innerhalb dieser Epoche sprechen kann. Für einen direkten Vergleich mit der fin de siècle-Literatur ist der Roman The Picture of Dorian Gray (1890) von Oscar Wilde zweifelsohne geeignet, da er ein Exempel für seine literaturhistorische Umgebung und insbesondere für das literarische Dandytum statuiert. Methodisch basiert die Arbeit auf einer stoff- und motivgeschichtlichen Analyse des Dandy-Phänomens.
Das Zeitalter, in dem wir uns befinden, bietet jedem Individuum vermeintlich unbegrenzte Entfaltungsmöglichkeiten. Gleichzeitig aber werden die Vorstellungen vom Leben zunehmend auf Normen, Bilder und Stereotypen, die uns alltäglich durch die Medien vermittelt werden, reduziert. Dies führt dazu, dass unsere individuellen Bedürfnisse immer mehr nach dem vorherrschenden Mainstream ausgerichtet werden. Doch wie kann man seine Individualität gegen den Mainstream in Stellung bringen? Im 18. und insbesondere 19. Jahrhundert ist es der Dandy, der den Archetypus des Exzentrikers verkörpert. Ist das in dieser Radikalität auch in heutigen Zeiten des Massenkonsums noch denkbar? Diese Fragestellung formuliert die US-amerikanische Schriftstellerin Susan Sontag in ihrem 1964 erschienenen Essay Notes on „Camp“: „How to be a dandy in the age of mass culture.”
Etwa dreißig Jahre später scheinen auch die deutschen Pop-Autoren der 1990er Jahre eine Lösung auf die Frage zu liefern, wie man im Zeitalter der Massenkultur als Dandy auftreten kann. Diese Haltung schlägt sich auch in den Texten dieser Zeit nieder. Insbesondere Christian Kracht, aber auch einige seiner Zeitgenossen werden spätestens seit Veröffentlichung des Manifests Tristesse Royale in zahlreichen Feuilletons als moderne Dandys bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Dandytum – die Entstehung des Begriffs
- Vorreiter des Dandytums
- Beau Brummel als Urbild des Dandys
- Der Dandy im fin de siècle
- Dandyismus bei Oscar Wilde und Christian Kracht
- Oscar Wilde
- Kunstverständnis
- Selbstinszenierung
- Christian Kracht
- Popkultur und Popliteratur
- Intermediale Inszenierungen in der Popkultur
- Vergleich: Dandy-Figuren in The Picture of Dorian Gray und Faserland
- Ästhetizismus
- Hedonismus und Müßiggang
- Zynismus und Provokation
- Kälte und Affektkontrolle
- Fazit und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Frage zu untersuchen, ob es im Zeitalter der Jahrtausendwende einen (post-)modernen Dandyismus gibt, der seinen Vorbildern aus dem 18. und 19. Jahrhundert gerecht wird. Dies geschieht anhand einer Analyse des Romans Faserland (1995) von Christian Kracht als Paradebeispiel für die Popliteratur. Der Roman wird mit The Picture of Dorian Gray (1890) von Oscar Wilde verglichen, um die Adaption oder Modifikation des fin de siècle-Dandys in der Popliteratur zu beleuchten.
- Die historische Entwicklung des Dandytums von seinen Ursprüngen bis zur Popliteratur
- Die Besonderheiten des Dandy im fin de siècle
- Die Bedeutung von Kunstverständnis und Selbstinszenierung bei Oscar Wilde
- Der Einfluss von Popkultur und Intermedialen Inszenierungen auf die Popliteratur
- Der Vergleich von The Picture of Dorian Gray und Faserland in Bezug auf Dandy-Motive wie Ästhetizismus, Hedonismus und Zynismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den theoretischen Rahmen der Arbeit vor. Kapitel 2 beleuchtet die historische Entwicklung des Dandytums, angefangen bei seinen Vorreitern bis zu Beau Brummel als Urbild des Dandys im Regency-Zeitalter und seiner Weiterentwicklung im fin de siècle. Kapitel 3 befasst sich mit den Schriftstellern Oscar Wilde und Christian Kracht und ihren jeweiligen Bezügen zum Dandyismus. Im Fokus stehen Wildes Kunstverständnis und seine Selbstinszenierung sowie Krachts Rolle in der Popliteratur und seine Verwendung intermedialer Inszenierungstechniken. Kapitel 4 analysiert und vergleicht die Romane The Picture of Dorian Gray und Faserland in Hinblick auf zentrale Dandy-Motive.
Schlüsselwörter
Dandyismus, Popliteratur, fin de siècle, Oscar Wilde, Christian Kracht, The Picture of Dorian Gray, Faserland, Ästhetizismus, Hedonismus, Zynismus, Selbstinszenierung, Intermedialität
- Arbeit zitieren
- Simona Dunsche (Autor:in), 2014, Die Wiedergeburt des Dandys in der Popliteratur? Über Oscar Wildes "The Picture of Dorian Gray" und Christian Krachts "Faserland", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/421403