Einleitung
„Es ist schwieriger ein Volk aus der Knechtschaft zu befreien, als ein freies zu unterwerfen“1, zitierte Simón Bolívar 1815 Montesquieu in seinem berühmten „Brief aus Jamaika “. Welchen Schwierigkeiten er in den kommenden Jahren ausgesetzt sein würde, ließ sich zu diesem Zeitpunkt für ihn kaum absehen. Wie kein anderer steht der Name Simón Bolívars für den Kampf um ein unabhängiges Südamerika. Die Position, die George Washington in Nordamerika einnahm, besaß Bolívar in Südamerika. Er war ein überaus erfolgreicher Feldherr, Verfassungsgeber und Präsident verschiedener Staaten Spanisch – Amerikas. Seine eigentliche geschichtliche Bedeutung liegt in der Befreiung Südamerikas von den spanischen Kolonialherren – seine Größe zeigt sich aber in dem Versuch, durch dauerhafte Institutionen diese Freiheit aufrechtzuerhalten.2 Anstatt den Titel „Libertador“ – eine Ehrenbezeichnung, die ihm bei seinem Einzug in Caracas 1812 verliehen wurde – für persönliche Herrschaft und Bereicherung zu nutzen, war sein Handeln geprägt von den Bemühungen, Verfassungen zu erlassen, die den befreiten Ländern Stabilität gewähren würden.
Zunächst ausschließlich als Kriegsheld in Erscheinung tretend, reifte Bolívar zum weitsichtigen Staatsmann und Staatengründer. Seine Begabungen waren mannigfaltig. Angetrieben von unbändiger Energie und vielfältigsten Ideen, überstrahlte er alle seine Zeitgenossen, was er in großem Maße genoss.3 Warum aber überflügelte er die anderen Männer der Unabhängigkeitsbewegung? Was befähigte ihn dazu, als Befreier Südamerikas in die Geschichte einzugehen?
In der vorliegenden Hausarbeit steht die Frage nach Bolívars Einfluss auf die lateinamerikanische Unabhängigkeitsbewegung und die daraus resultierenden Republiken im Vordergrund. Was charakterisierte die Politik von Bolívar?
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1 Bolívar, Simón: „Brief aus Jamaika “. In: Lateinamerika - Geschichte und Gegenwart. Akademiebericht des Zentralinstituts für Lateinamerika - Studien der Katholischen Universität Eichstätt 1991. Dillingen a. d. Donau 1991. Nr. 190. S. 121.
2 Preuss, Ulrich K.: Der Feldherr als Verfassungsgeber. In: Simón Bolívar. Rede von Angostura am 15. Februar 1819. Mit einem Essay von Ullrich K. Preuss. Hamburg 1995. S.60 f.
3 Mann, Golo: Simón Bolívar. Der Befreier als Opfer und Prophet. In: Madariaga, Salvador de: Simón Bolívar: Der Befreier Spanisch – Amerikas. Mit einem einleitenden Essay von Golo Mann. Zürich 1989. S. 1.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Wurzeln des „politischen“ Bolivars
- Bolívar als Mitglied der kreolischen Oberschicht
- Die Lehrjahre Bolivars in Europa
- Der „Brief aus Jamaica“ – Manifest seiner politischen Vorstellungen
- Bolivars Rolle in der Independencia
- Die Besonderheiten der südamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung
- Bolívar als Verfassungsgeber – der Kongress von Angostura
- Die Präsidentschaft Bolivars - Vorstellungen, Ziele und Konflikte
- Auseinandersetzungen mit der kreolischen Oberschicht - Bolivar und die soziale Komponente
- Zentralismus versus Föderalismus
- Bolivar und sein Verhältnis zu San Martin - Republik oder Monarchie?
- Der Kongress von Panama – Vorstellungen eines geeinten Amerikas
- Die Religion als Stütze des Staates
- Bolivars politische Vorstellungen in der Verfassung von Bolivien
- Das Ende der republikanischen Ideen
- Bolivar und sein Verhältnis zur Diktatur
- Das Resümee des Befreiers
- Die Nutzung der Ideen Bolivars durch die Nachwelt
- Schlusswort
- Literaturverzeichnis
- Quellen
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Einfluss Simón Bolívars auf die lateinamerikanische Unabhängigkeitsbewegung und die daraus resultierenden Republiken. Es wird untersucht, welche Politik Bolívar verfolgte, welche Werte und Ideale die Grundlage seiner Politik bildeten und inwiefern er von diesen im Verlauf der Independencia abrücken musste. Die Arbeit beleuchtet auch, ob und warum Bolívar seine Vorstellungen nicht durchsetzen konnte und inwieweit seine Ideen nach seinem Tod in der Politik Lateinamerikas Berücksichtigung fanden.
- Bolivars politische Vorstellungen und deren Entwicklung im Kontext der lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung
- Die Rolle der kreolischen Oberschicht in der Independencia und deren Beziehung zu Bolívar
- Die Herausforderungen des Staatsaufbaus in Lateinamerika und Bolívars Lösungsansätze
- Die Bedeutung von Bolívars Ideen für die spätere politische Entwicklung Lateinamerikas
- Bolívars Verhältnis zur Diktatur und sein Resümee über die Unabhängigkeitskämpfe
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale Frage nach Bolívars Einfluss auf die lateinamerikanische Unabhängigkeitsbewegung und die daraus resultierenden Republiken. Sie skizziert die Bedeutung Bolívars als Feldherr, Verfassungsgeber und Präsident und stellt die Frage nach seinen politischen Vorstellungen und deren Durchsetzung.
Kapitel 2 beleuchtet die Wurzeln von Bolívars politischen Ideen, indem es seine Zugehörigkeit zur kreolischen Oberschicht, seine Lehrjahre in Europa und sein erstes wichtiges politisches Manifest, den „Brief aus Jamaika“, untersucht.
Kapitel 3 analysiert Bolívars Rolle in der Independencia. Dabei werden die Besonderheiten der südamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung, Bolívars Einfluss auf die Verfassung der Republik Großkolumbien und die Ausübung seiner Präsidentschaft untersucht. Die Konflikte mit der kreolischen Oberschicht, der kontinentale Aspekt des Befreiungskampfes und Bolívars Verhältnis zu San Martín sowie die unterschiedlichen Ansichten über die Regierungsform für Lateinamerika stehen im Fokus.
Kapitel 4 untersucht Bolívars Einstellungen zur Diktatur und sein Resümee über den Unabhängigkeitskampf. Darüber hinaus wird der Werdegang des „Mythos“ Bolívar knapp skizziert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf Simón Bolívar, die lateinamerikanische Unabhängigkeitsbewegung, die kreolische Oberschicht, die Verfassung der Republik Großkolumbien, die politische Philosophie Bolívars, Zentralismus versus Föderalismus, die Bedeutung der Religion im Staat, Bolívars Verhältnis zur Diktatur, und die Nachwirkungen von Bolívars Ideen in Lateinamerika.
- Arbeit zitieren
- Corinna Schulz (Autor:in), 2005, Simon Bolivar als Denker der südamerikanischen Unabhängigkeitsbewegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42170