Einleitung
Das Grundinteresse dieser Arbeit ist eine psychologische Annäherung an autoritäre Religionen: Wie entstehen autoritäre Religionen, wie stellen sich ihre psychischen Mechanismen, die psychologischen Funktionsbedingungen autoritärer Konzepte dar?
Hierbei sollen vordringlich die psychologischen bzw. charakterstrukturellen Charakteristika autoritärer Religionen herausgearbeitet werden.
Darüberhinaus soll zumindest skizzenhaft die Frage behandelt werden: Wie werden autoritäre Konzepte massenkompatibel? Was sind die psychologischen Voraussetzungen für die Entstehung und den Bestand autoritärer Religionen, auch als Gesellschaftssysteme?
Einer skizzenhaften Annäherung an den Begriff der Religion folgt eine Erörterung der individuellen charakterlichen wie sozialpsychologischen Basis autoritärer Religionen: Welche für die Konstruktion autoritärer Religionen relevanten psychischen Verhaltensmuster sowie individuellen charalterlichen Grunddispositionen sind zu bennenen? Wie funktionieren diese?
Darüber hinaus sollen die psychischen Mechanismen zur Konstruktion autoritärer Konzepte analysiert werden: Wie kommt es von diesen psychischen Grundlagen aus individuell zu einer autoritären Religiosität? Hier wird weiterhin auf autoritäre Religiosität als kollektives Phänomen einzugehen sein, die Frage nach den Funktionsbedingungen und sozialpsychologischen Mechanismen autoritärer Konzepte im sozialen Kontext.
Im zweiten Teil geht es dann um eine analytische Annäherung an autoritäre Religionen im speziellen. Was macht den autoritären Charakter von Religionen aus? Welches sind die autoritären Spezifika? Wie funktionieren diese psychologisch? Und nicht zuletzt: Was macht die ungeheure Anziehungskraft solcherart autoritärer Konzepte aus? Im Zentrum dieser Betrachtungen steht die Charakterisierung autoritärer Religionen als individuelle wie gesellschaftliche Phänomene, deren Substanz in der Korrelation von Unterwerfung auf der einen und Herrschaft auf der anderen Seite besteht. Dabei wird herauszuarbeiten sein, inwiefern autoritäre Religionen sich als dynamische Systeme darstellen, in denen die antagonistischen Pole von Unterwürfigkeit, Demut, Verlußt der individuellen Autonomie (gegenüber der Autorität) und Herrschaft, Macht, Unterdrückung ineinandergreifen - und wie dieses individuell wie kollektiv psychologisch funktioniert.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die psychologische Basis autoritärer Religionen - charakterliche Dispositionen und psychische Mechanismen
- Der Begriff der Religion
- Charakterliche Dispositionen
- Die Prägung autoritärer Verhaltensmuster - Autoritätsfixierung
- Die emotionale Basis autoritärer Orientierung - der Begriff des Selbstwerts
- Psychische Mechanismen. Die Konstruktion autoritär-religiöser Projektionssysteme - die Begriffe Projektion und Rationalisation
- Der kollektive Charakter autoritärer Religionen
- Analyse der autoritären Substanz von Religionen
- Unterscheidung zwischen autoritären und humanistischen Religionen
- Unterwerfung und Herrschaft
- Die Unterwerfung als substantielle Basis autoritärer Religionen
- Die paradoxe Kehrseite der Unterwerfung: Die Herrschaft
- Das Zusammenwirken von Unterwerfung und Herrschaft - autoritäre Religionen als sado-masochistische Systeme
- Psychotische Formen autoritärer Religionen - Paranoia und Größenwahn
- Paranoia und Größenwahn und ihr Zusammenhang mit Apokalypsevorstellungen
- Unterschiedliche Apokalypse-Vorstellungen in politischen und theistischen autoritären Religionen und ihre theoretisch-praktischen Konsequenzen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit einer psychologischen Annäherung an autoritäre Religionen. Ziel ist es, die Entstehung und Funktionsweise dieser Religionen zu untersuchen, insbesondere die charakterstrukturellen Besonderheiten und die psychischen Mechanismen aufzudecken. Darüber hinaus wird die Frage behandelt, wie autoritäre Konzepte massenkompatibel werden und welche psychologischen Voraussetzungen für ihre Entstehung und Persistenz in Gesellschaften notwendig sind.
- Charakterliche Dispositionen und psychische Mechanismen, die die Konstruktion autoritärer Religionen begünstigen
- Der kollektive Charakter autoritärer Religionen und die Rolle sozialer Mechanismen
- Die autoritäre Substanz von Religionen: Unterscheidung zwischen autoritären und humanistischen Religionen, Unterwerfung und Herrschaft als zentrale Elemente
- Psychotische Formen autoritärer Religionen: Paranoia, Größenwahn und Apokalypsevorstellungen
- Die Funktion und Bedeutung von Unterwerfung und Herrschaft in autoritären Religionen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die das Grundinteresse an einer psychologischen Annäherung an autoritäre Religionen erläutert. Es werden die zentralen Fragestellungen der Arbeit vorgestellt, die sich auf die Entstehung und Funktionsweise dieser Religionen, die charakterstrukturellen Besonderheiten, die psychischen Mechanismen und die Voraussetzungen für ihre Massenkompatibilität konzentrieren. Es wird zudem ein kurzer Überblick über die Gliederung der Arbeit gegeben.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den psychologischen Grundlagen autoritärer Religionen. Zunächst wird der Begriff der Religion definiert, bevor die charakterlichen Dispositionen und psychischen Mechanismen analysiert werden, die für die Konstruktion autoritärer Religionen relevant sind. Es werden die Prägung autoritärer Verhaltensmuster, die Bedeutung des Selbstwerts und die Konstruktion von Projektionssystemen durch die Mechanismen der Projektion und Rationalisation erörtert.
Im dritten Kapitel wird der kollektive Charakter autoritärer Religionen beleuchtet. Es wird untersucht, wie autoritäre Konzepte im sozialen Kontext funktionieren und welche sozialpsychologischen Mechanismen ihnen zugrunde liegen.
Kapitel vier befasst sich mit der Analyse der autoritären Substanz von Religionen. Es wird eine Unterscheidung zwischen autoritären und humanistischen Religionen vorgenommen, wobei das Zusammenwirken von Unterwerfung und Herrschaft als zentrales Merkmal autoritärer Religionen herausgearbeitet wird. Die Unterwerfung wird als substantielle Basis und die Herrschaft als paradoxe Kehrseite dieser Religionen betrachtet. Es wird zudem gezeigt, wie die beiden Pole in autoritären Religionen als sado-masochistische Systeme ineinandergreifen.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit psychotischen Formen autoritärer Religionen. Es werden Paranoia, Größenwahn und deren Zusammenhang mit Apokalypsevorstellungen analysiert. Darüber hinaus werden die Unterschiede in den Apokalypsevorstellungen politischer und theistischer autoritärer Religionen und ihre theoretisch-praktischen Konsequenzen untersucht.
Schlüsselwörter
Autoritäre Religionen, Psychologie, charakterliche Dispositionen, psychische Mechanismen, Projektion, Rationalisation, Unterwerfung, Herrschaft, Paranoia, Größenwahn, Apokalypsevorstellungen, Sozialpsychologie, Erich Fromm.
- Quote paper
- Stefan Grümbel (Author), 2000, Psychologie autoritärer Religionen - eine analytische Annäherung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4239