Das spanische Komplementierersystem. Die CP-Struktur in Haupt- und Nebensätzen

Überlegungen zu "Force and finiteness in the Spanish complementizer system"


Hausarbeit, 2016

15 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Forceund Finitheit im Spanischen Komplementierer- System

Violeta Demonte und Olga Fernández-Soriano

Im Folgenden wird der Inhalt des Artikels Force and finiteness in the Spanish complementizer system von Violeta Demonte und Olga Fernández-Soriano aus dem Jahr 2009 zusammengefasst und anschließend einige Überlegungen dazu angeführt.

Violeta Demonte und Olga Fernández-Soriano beschäftigen sich in ihrem Ansatz mit dem spanischen Komplementierersystem und wollen aufzeigen, dass die CP Struktur im Spanischen, sowohl in Hauptsätzen als auch in Nebensätzen, sehr viel komplexer ist, als von vielen Autoren angenommen. Sie gehen davon aus, dass sowohl Haupt- als auch Nebensätze über mehr als nur eine Komplementiererinstanz verfügen können. Um diese Annahme zu untermauern, haben sie fünf verschiedene Typen von grammatischen Konstruktionen untersucht, die bislang aus dem Großteil der bereits vorhandenen grammatischen Studien ausgeklammert wurden. Da das Spanische eine sehr varianten- und dialektreiche Sprache ist, ist es wichtig anzumerken, dass die fünf untersuchten grammatischen Konstruktionen in allen Dialekten Spaniens zum Tragen kommen.

Im Fokus der Untersuchungen von Demonte und Fernández-Sotiano steht der spanische Komplementierer que („dass“ im Deutschen). Sie behaupten, dass es im Spanischen zwei verschiedene Instanzen von que gibt, die sie als que1 und que2 bezeichnen. Ihre Annahmen basieren auf der Studie zur linken Satzperipherie von Rizzi (1997). Demnach besteht das Komplementierersystem aus verschiedenen funktionalen Köpfen und deren Projektionen. Die Theorie von Rizzi geht von einer feste Komponente aus, die aus den funktionalen Köpfe ForceP, der das System nach oben hin abschließt, und FinP, der das System nach unten hin abschließt, besteht, als auch von einer Zusatzkomponente, die aus TopP und FocP besteht. Letztere werden allerdings nur dann aktiviert, wenn Bedarf besteht. Die Struktur der CP sieht demnach wie folgt aus:

(1) ForceP > TopP > FocP > FinP > TP…

ForceP unterscheidet zwischen verschiedenen Satztypen, wie Deklarativsatz, Interrogativsatz, Exklamativsatz, Relativsatz, Adverbialsatz etc., während FinP zwischen finiten und nicht-finiten Sätzen unterscheidet. Wie bereits erwähnt gehen Demonte und Fernández-Sotiano davon aus, dass es zwei verschiedene Instanzen von que gibt, wobei que1 in der ForceP generiert wird und que2 in der FinP. Es soll ihrer Meinung nach sogar einen dritten Fall von que geben, eine Art Verstärkung von que, die dann in einer verdoppelten ForceP generiert wird, die sich zwischen TopP und FocP befindet. Die strukturelle Positionierung der italienischen Komplementierer che („ dass“) und di („von ) in der CP, ähnelt der Positionierung von que1 und que2. Che besetzt die ForceP, während di die FinP besetzt. Das bedeutet, dass che der TopP vorangeht, während di ihr folgen muss. Diese unterschiedliche strukturelle Positionierung lässt sich in den folgenden Beispielen beobachten:

(2) a. Ho pensato che a Gianni glielo abbiamo detto.

I have thought that to Gianni we have told

‘I thought we have told that to Gianni`

b. Credo, a Gianni, di non averlo detto.

I think to Gianni of not have told

I believe not to have told that to Gianni

Auch auf die in Suriname gesprochene Kreolsprache Saramaccan, die Demonte und Fernández- Sotiano als Orientierung für ihren eigenen Ansatz dient, lässt sich die vorgeschlagene Struktur in (1) anwenden. In dieser Sprache gibt es den Komplementierer táa („dass“), der in der ForceP generiert wird, und es gibt den Partikel fu, dem, ähnlich wie dem que im Spanischen, eine doppelte Bedeutung inhärent ist. Daher wird fu ebenfalls in fu1 und fu2 unterteilt. Fu1 realisiert den Modus des Irrealis und wird in der ForceP generiert, während fu2 die deiktische Modalität kodiert und in der FinP realisiert wird. Da sowohl fu1 als auch táa in der ForceP generiert werden, sind sie nicht kompatibel, da sie um dieselbe Position konkurrieren. Fu1 kann sowohl vor der TopP als auch vor der FocP stehen, während fu2 diesen nur nachgestellt sein kann. Fu2 und táa hingegen sind kompatibel, da sie in unterschiedlichen Positionen realisiert werden. Ihre Kompatibilität kann man im folgenden Beispiel beobachten:

(3) a. I taki tàa fu a naki di daga.

you said that he hits dog

‘You told/asked him to hit the dog.’

b. [ForceP tàa [TopP... [FocP...[FinP fu [TP a naki di daga ]]]]]

Wie bereits erwähnt, scheint das spanische Partikelsystem auf den ersten Blick sehr beschränkt. Es besteht aus dem Partikel que, der Deklarativsätze einleitet, und dem Partikel si, der untergeordnete Interrogativsätze einleitet. Es gibt einige Dialekte, bei denen subordinierte Sätze mit der Präposition de und der darauffolgenden Konjunktion que eingeleitet werden. Diese Dialekte nennt man auch dequeísta. Im Standardspanischen tritt jedoch in der Regel nur der Komplementierer que auf, der sowohl Modusmerkmale, als auch Evidentialitäten kodiert.

Nähern wir uns nun jedoch der Hauptannahme von Demonte und Fernández-Sotiano und zwar, dass es verschiedene Instanzen von que gibt. Im Folgenden wird gezeigt, dass in einem Satz mehrere Elemente vorkommen können, die ihn steuern.

(4) a. Preguntaste [ que quién había llegado a las tres de la manana]

you asked that who had arrived at the three of the morning

‘You asked who had arrived at 3 o’clock in the morning.’

b. ¡Qué rico (que) está!

what good that is

‘How good this is!’

c. Que se calle Juan / Juan que se calle.

that keeps.quiet Juan/ Juan that keeps quiet

‘Let John keep quiet.’

d . Ojalá (que) { llueva / *llueve } café

that rainssubj/ rainsind coffee

‘May it rain coffee.’

e. Dice mamá [ que a tu hermana (que) no la dejes salir

says mom that to your sister that not you let go out

‘Mom says that you should not let your sister go out.’

Im ersten Fall (4a) können wir einen doppelt befüllte Komplementiererposition beobachten, da der Komplementierer que vor dem Wh- Element quién („wer“) auftritt. Dieses Phänomen kann in allen gesprochenen und geschriebenen Varietäten des Spanischen auftreten. In (4b) können wir sehen, dass ein optionales que nach einem Wh-Element auftreten kann, in diesem Fall in einer exklamativen Phrase. Diese Konstruktion tritt allerdings eher in der gesprochenen Sprache auf. In (4c) und (4d) handelt es sich um Hauptsätze, die vom Komplementierer que angeführt werden. In (4d) gibt es eine Besonderheit und zwar kann der Komplementierer que in dieser Konstruktion nur in Verbindung mit dem Subjuntivo auftreten. Der Subjuntivo drückt im Spanischen immer einen Wunsch oder ein Gefühl aus oder dient dazu, die eigene Meinung oder Zweifel zu äußern. In (4e) können wir ein Phänomen beobachten, das auch als recomplementation bezeichnet wird, da in einem einzigen Satz zwei homophone Komplementierer auftreten können, wenn zwischen ihnen ein disloziertes Element (a tu hermana) steht. Das Auftreten dieses Phänomens ist allerdings auf die gesprochene Sprache beschränkt. Mit diesen Beispielen wollen Demonte und Fernandez-Soriano aufzeigen, dass das Komplementierersystem im Spanischen sehr viel komplexer ist, als wie man auf den ersten Blick erahnen kann.

Die erste grammatische Konstruktion mit der sich die beiden Linguistinnen beschäftigen sind die sogenannten Wh-Fragen (indirekte Fragen), die im eigentlichen Sinne keine richtigen Fragen sind, sondern eher Äußerungen, die eine indirekte Frage enthalten. Diese Sätze enthalten eine komplexe Sequenz, die aus dem Komplementierer que und einer ihm folgenden Wh-Phrase besteht. Wie in dem Beispiel (4a) handelt es sich hier also um eine doppelt befüllte Komplementiererposition (doubly filled Comp), die sowohl von dem Komplementierer que als auch von dem Wh-Element (por qué, qué) besetzt ist.

(5) a. Me preguntó que qué había comprado

Asked that what i had bought

‘S/He asked me what I had bought’

b. { Dijo / gritó / susurró / musitó } que por qué éramos tan duros

{said / shouted / whispered / murmured} that why we were so tough

‘S/He {said/shouted/whispered/murmured} why should we be so tough.’

Diese Art von subordinierten Sätze, die über eine doubly filled Comp. verfügen, funktioniert allerdings nur mit Verben, die eine direkte Rede einleiten können (6a), nicht jedoch mit reported speech Verben (6b):

(6) a. Me preguntó: ¿qué quieres? / Me preguntó que qué quería.

‘He asked me: “what do you want?”’

b. * Explicó/confesó:“¿ Qué pasa?” / *Explicó/confesó que qué pasaba.

‘He explained/confessed: “What happens?”’

In den Sätzen in (5) konnten wir beobachten, dass zugleich ein interrogatives (qué, por qué) als auch ein assertives/deklaratives Merkmal (que) realisiert wird. Es könnte sich in diesem Fall um eine Art rekursiven Komplementierer handeln. In diesem Fall wird ein interrogativer Komplementierer (qué, por qué) von einem höher stehenden assertiven/deklarativen Komplementierer que selektiert. Die Struktur würde dann wie folgt aussehen:

(7) [CompP [ComP que [CompP qué / por qué [C [IP ...

Demonte und Fernández-Sotiano gehen jedoch von einer einfacheren Struktur aus, in der das deklarative que in der ForceP realisiert wird und somit den interrogativen Phrasen vorangestellt ist. Die Wh-Elemente werden demnach in der FocP realisiert, also in einer niedrigeren funktionalen Phrase:

(8) [ForceP [ que [Top… [FocP qué/por qué [... [FinP...

Für diese Annahme spricht, dass einige Verben, die solche indirekten Fragen selegieren, keine einfache CompP Projektion akzeptieren, wie im Fall von preguntar („fragen“):

(9) a. *Me preguntó que lo hizo / que dijera algo

s/he asked that he did that/ that I said something

Ein weiterer Aspekt, der diese Annahme untermauert ist, dass interrogative Sätze in double Comp. -Konstruktionen nicht infinitivisch sein können.

(10) a. *Preguntó/ dijo que adónde ir

s/he asked/ said where go

b. Preguntó/ dijo adónde ir.

s/he asked/ said where go

Die Sätze in (5) haben dieselbe Struktur, die in (8) vorgeschlagen wird, das heisst es gibt einen Force -Knoten, in dem das deklarative que generiert wird. Da dieses Element nur in finiten Sätzen realisiert werden kann, ist der Infinitiv in solchen Konstruktionen nicht zugelassen.

Dasselbe Phänomen der doppelt befüllten Komplementiererposition lässt sich in der zweiten Konstruktion beobachten, die Demonte und Fernández-Sotiano untersuchen, nämlich in den Ja/Nein- Fragen, in denen der interrogative Komplementierer si („ob“) auftritt. In diesem Fall handelt es sich wie zuvor um eine Äußerung, die eine indirekte Frage beinhaltet.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das spanische Komplementierersystem. Die CP-Struktur in Haupt- und Nebensätzen
Untertitel
Überlegungen zu "Force and finiteness in the Spanish complementizer system"
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
2,0
Jahr
2016
Seiten
15
Katalognummer
V424023
ISBN (eBook)
9783668697256
ISBN (Buch)
9783668697263
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
komplementierersystem, cp-struktur, haupt-, nebensätzen, überlegungen, force, spanish
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Das spanische Komplementierersystem. Die CP-Struktur in Haupt- und Nebensätzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/424023

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