Jeder Mensch kann zeichnen. Zumindest tut es jeder als Kind; und das von sich aus. Denn das frühe Zeichnen gehört zur „wahrnehmende[n], empfindende[n] und handelnde[n] Auseinandersetzung mit der Umwelt“ (Peez 2015). Dabei geht es zu-nächst nicht hauptsächlich um die Verarbeitung rein visueller Reize, geschweige denn um deren Abbildung, sondern um das Sammeln ästhetischer Erfahrungen. Unter ästhetischer Wahrnehmung wird nach griechischer Ableitung das sinnliche Wahrnehmen, d.h. das Erleben mit allen Sinnen, verstanden. „Wahrnehmen ist ein breit angelegter, innerer Verarbeitungsprozeß, an dem die Sinnesorgane, der Körper, Gefühle, Denken und Erinnerung beteiligt sind“ (Schäfer 1999). Somit ist diese Art der Auseinandersetzung mit der Umwelt Grundlage für ein frühstes Lernen durch Erfahrung, die „bildnerisch, beispielsweise durch Schmieren, Sudeln, Kritzeln, Zeichnen oder Malen sowie durch weitere bildnerische Verfahren wie Konstruieren, Bauen oder Formen mit Lehm und Erde“ (Peez 2015) vollzogen wird. Später entwickelt sich die bildnerische Tätigkeit zu einem ersten Kommunikationsmittel vor dem Schriftspracherwerb, welcher auf den durch das Zeichnen entwickelte Fähigkeiten aufbaut. Im Laufe der Entwicklung verschiebt sich die verarbeitende und ‚denkende‘ Funktion des bildnerischen Arbeitens hin zu einer rein abbildenden Verwendung. Die meisten Menschen verlieren dadurch in der Jugendphase das Interesse an den bildnerischen Tätigkeiten und behaupten weiterhin sie könnten gar nicht gut malen und zeichnen, da das Ergebnis nicht ihrer naturalistischen inneren Vorstellung entspricht. Dieses Phänomen und wie es durch den Kunstunterricht vermieden werden kann, soll Thema dieser Arbeit sein. Im ersten Teil wird eine Übersicht über die Entwicklungsphasen der Kinderzeichnung gegeben, da dieses Wissen die Grundlage für die Auseinandersetzung im zweiten Teil ist. In diesem wird sich mit dem bildnerischen Arbeiten nach Vorbildern und Vorlagen und der Arbeitsweise des Nachahmens auseinandergesetzt. Dabei wird auf den Einfluss in früheren Stadien der Entwicklung der Kinderzeichnung und auf mit dieser Arbeitsweise zusammenhängenden Weiterentwicklung von Kognition und Kompetenzen eingegangen. Abschließend werden Überlegungen angestellt, wie diese Eigenschaften positiv auf den Erhalt des bildnerischen Interesses bei Kindern und Jugendlichen wirken kann.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Entwicklung der Kinderzeichnung
- 2.1 Das Schmieren
- 2.2 Die Kritzelphase
- 2.3 Das sinnunterlegte Kritzeln
- 2.4 Die Konzeptkritzel der Vorschemaphase
- 2.5 Die frühe Schemaphase
- 2.6 Die mittlere Schemaphase
- 2.7 Die späte Schemaphase und Jugendphase
- 3. Das bildnerische Arbeiten nach Vorbildern und Vorlagen - Die Arbeitsweise des Nachahmens
- 3.1 Das Nachmachen in Malbüchern
- 3.2 Das Nachahmen beim Zeichnen nach einem Motiv
- 3.3 Das Nachahmen als Mimesis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, die Entwicklung des bildnerischen Arbeitens von Kindern und Jugendlichen im Kontext des Nachahmens zu untersuchen. Dabei soll der Einfluss des Nachahmens auf die frühe Entwicklung der Kinderzeichnung und die damit verbundene Weiterentwicklung von Kognition und Kompetenzen erörtert werden.
- Entwicklungsphasen der Kinderzeichnung
- Das bildnerische Arbeiten nach Vorbildern und Vorlagen
- Die Arbeitsweise des Nachahmens
- Der Einfluss des Nachahmens auf die Entwicklung von Kognition und Kompetenzen
- Die Rolle des Kunstunterrichts bei der Förderung des bildnerischen Interesses
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung erläutert die Bedeutung der bildnerischen Tätigkeit als Ausdruck der Auseinandersetzung mit der Umwelt und als frühe Form der Kommunikation. Kapitel 2 bietet einen Überblick über die Entwicklungsphasen der Kinderzeichnung, von den ersten Schmierbewegungen bis zur späten Schemaphase. Kapitel 3 widmet sich dem bildnerischen Arbeiten nach Vorbildern und Vorlagen, untersucht die Arbeitsweise des Nachahmens und analysiert dessen Einfluss auf die Entwicklung von Kognition und Kompetenzen.
Schlüsselwörter
Kinderzeichnung, Entwicklungsphasen, Nachahmen, Mimesis, Vorbilder, Vorlagen, Bildnerisches Arbeiten, Kognition, Kompetenzen, Kunstunterricht, ästhetisches Verhalten.
- Arbeit zitieren
- Teresa Wolf (Autor:in), 2017, Das bildnerische Arbeiten nach Vorbildern und Vorlagen. Die Arbeitsweise des Nachahmens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/424060