Einleitung
Der Fall der französischen Schauspielerin Marie Trintignant, die im August 2003 an den Folgen der Verletzungen, die ihr von ihrem Freund Bertrand Cantat zugefügt wurden, starb, sorgte in den Medien für großes Aufsehen. Auch die Öffentlichkeit war betroffen. In dem Prozess im März 2004 gestand Cantat, seiner Freundin mindestens vier schwere Ohrfeigen verpasst zu haben, weil er wegen „totaler Intensität der Liebe“ die Beherrschung verloren habe. Er und Marie seien jedoch „in einem extremen Zustand“ gewesen, und er könne sich nicht mehr an alles erinnern. Es gab Gerüchte, wonach sowohl Cantat als auch Trintignant unter starkem Alkoholeinfluss standen. Diese wurden jedoch weder von der Anklage, noch von Zeugen bestätigt. Cantat wurde zu acht Jahren Haft verurteilt. Trotzdem bleibt die Frage offen, wie es passieren konnte, dass „ein Linker wie Bertrand Cantat, Frankreichs stolze Stimme der Moral, immer auf der Seite der Unterdrückten“ (stern.de 18.3.2004), dessen Lieder vom Kampf gegen Gewalt handeln (TAZ 02.08.2003), die Frau, die er vorgibt zu lieben, so sehr misshandelte, dass sie an den Folgen der Misshandlung starb und ob die Tat möglicher weise hätte verhindert werden können.
Dieser relativ spektakuläre Fall enthält viele Parallelen zu anderen Fällen, die nicht so Aufsehen erregend, aber dennoch nicht minder schlimm sind. Ein Mann liebt eine Frau, misshandelt sie – für alle unverständlich, weil er doch eigentlich ein Gegner von Gewalt ist – Alkohol spielt evtl. auch eine Rolle, zumindest ein Teil der Schuld schiebt er auf das Opfer (sie seien in einem „extremen Zustand“ gewesen) und er gibt an, dass er sich nicht mehr an alles erinnern kann.
Gewalt in Beziehungen war lange Jahre ein Thema, das als Privatsache galt oder als etwas, das nur in den unteren Schichten vorkommt. Der Frauenbewegung ist es zu verdanken, dass dieses Thema ab den 70er Jahren zunehmend öffentlich diskutiert wurde. Im Laufe der Jahre entstand dadurch ein vielfältiges Hilfsangebot für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen. Nach einiger Zeit wurde jedoch erkannt, dass diese Angebote alleine nicht ausreichen, um männliche Gewalt gegen Frauen zu verringern. Andere Strategien wurden diskutiert, zu denen v. a. auch der gesellschaftliche Umgang mit männlicher Gewalt gehörte...
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung
- Teil 1: Gewalttheorien, Interventionsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden und Handlungsmöglichkeiten für Betroffene
- Begriffserläuterung
- Aggression und Gewalt
- Aggression
- Gewalt
- Täter und Opfer
- Aggression und Gewalt
- Ist Gewalt ein männliches Phänomen?
- Warum werden Männer gewalttätig?
- Die historische Entwicklung männlicher Gewalt in der westlichen Gesellschaft
- Psychologische Theorien
- Die psychoanalytische Triebtheorie
- Die Psychopathologie
- Die sozialpsychologischen Lerntheorien
- Die männliche Sozialisation
- Familie
- Peer-Group
- Medien
- Biologische Ursachen
- Alkoholmissbrauch
- Sozioökonomische Faktoren
- Kurzfristige Einflüsse
- Täter-Opfer-Beziehung
- Gibt es Parallelen zwischen gewaltbesetzten Partnerschaften?
- Die Gewaltspirale
- Interventions- und Handlungsmöglichkeiten
- Exkurs: Aktuelle Gesetzeslage
- 33. Strafrechtsänderungsgesetz
- Die Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes in Fällen häuslicher Gewalt
- Das Gewaltschutzgesetz
- Änderung von § 1361b BGB und § 14 LpartG
- Weitere Änderungen
- Das Platzverweisverfahren
- Interventionen der Strafverfolgungsbehörden
- Handlungsmöglichkeiten für betroffene Frauen
- Handlungsmöglichkeiten für betroffene Männer
- Exkurs: Aktuelle Gesetzeslage
- Begriffserläuterung
- Teil 2: Anti-Gewalt-Projekte für Männer, die in ihrer Beziehung Gewalt ausüben
- Entstehung in Deutschland
- EuGeT
- Was ist EuGeT?
- Eine Hotline für häusliche Gewalttäter
- Erste Erfahrungen und Ergebnisse
- Täterberatung und Anti-Gewalt-Training
- ProMann
- Vorläufige Ergebnisse einer Evaluation sozialer Trainingskurse für Täter häuslicher Gewalt
- JederMann e.V.
- Der Verein
- Die Adressaten
- Ziele des Vereins
- Das Anti-Gewalt-Training
- Auswertung der Fragebögen
- Beschreibung, Durchführung und Zielsetzung der Befragung
- Beschreibung
- Durchführung
- Zielsetzung
- Auswertungsmethode
- Ergebnisse
- Allgemein
- Kontaktaufnahme zu Jedermann e.V.
- Die Motivation
- Die Beurteilung aus Teilnehmersicht
- Der Lerneffekt
- Verbesserungsvorschläge
- Fazit
- Kritik
- Beschreibung, Durchführung und Zielsetzung der Befragung
- Resümee
- Literaturverzeichnis
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der häuslichen Gewalt und untersucht die Ursachen, Hintergründe und Interventionsmöglichkeiten. Ziel ist es, die Problematik der häuslichen Gewalt in ihren vielfältigen Facetten zu beleuchten und die Wirksamkeit von Anti-Gewalt-Projekten für Männer, die in ihrer Beziehung Gewalt ausüben, zu evaluieren.
- Definition und Abgrenzung von Aggression und Gewalt
- Analyse psychologischer und sozialer Faktoren, die zu männlicher Gewalt führen
- Untersuchung der Interventions- und Handlungsmöglichkeiten für Betroffene und Strafverfolgungsbehörden
- Bewertung der Wirksamkeit von Anti-Gewalt-Projekten für Täter häuslicher Gewalt
- Auswertung von Fragebögen zur Erfassung der Erfahrungen und Perspektiven von Teilnehmern an Anti-Gewalt-Trainingsprogrammen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet den Begriff der Gewalt und setzt sich mit der Frage auseinander, ob Gewalt ein männliches Phänomen ist. Es werden verschiedene Theorien zur Entstehung von Gewalt und die Rolle von Faktoren wie männlicher Sozialisation, biologischen Ursachen und sozioökonomischen Einflüssen untersucht.
Kapitel 2 widmet sich der Rolle der Strafverfolgungsbehörden im Kontext der häuslichen Gewalt und analysiert aktuelle Gesetzeslage und Interventionsmöglichkeiten für Betroffene. Es werden verschiedene Handlungsmöglichkeiten für Frauen und Männer, die Gewalt in ihrer Beziehung erleben, vorgestellt.
Kapitel 3 untersucht die Entstehung und Entwicklung von Anti-Gewalt-Projekten für Männer in Deutschland. Es werden verschiedene Projekte und Interventionsprogramme, wie EuGeT, ProMann und JederMann e.V., vorgestellt und deren Zielsetzung und Vorgehensweise erläutert.
Schlüsselwörter
Häusliche Gewalt, Aggression, Gewalt gegen Frauen, Männergewalt, Anti-Gewalt-Projekte, Täterberatung, Tätertherapie, Präventionsarbeit, Sozialisation, Psychologische Theorien, Interventionsmöglichkeiten, Strafverfolgungsbehörden, Gesetzeslage, Gewaltschutzgesetz, Evaluation, Fragebögen, Erfahrungsberichte, Teilnehmerperspektiven, Lerneffekt.
- Quote paper
- Nicole Haßdenteufel (Author), 2004, Versprechen allein? Nein! Theorien zur häuslichen Gewalt und Darstellung von Anti-Gewalt-Projekten für Männer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42473