Die Bedutung des Todes für Käufer und Konsumenten und deren Verhalten


Seminararbeit, 2005

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Einflussarten des Todes auf das Konsumverhalten
2.1 Der Tod – Eine Begriffsbestimmung
2.2 Der Tod als Konsequenz missbräuchlichen Konsums
2.3 Der Tod als Konsumereignis
2.4 Der Tod als Einflussfaktor auf das Konsumverhalten

3 Terror Management Theorie
3.1 Mortalitätssalienz und die Verteidigung der Weltanschauung
3.2 Mortalitätssalienz und das Streben nach Selbstwert
3.3 Spezifität der Mortalitätssalienz und der kognitive Prozess

4 Bedeutung des Todes für das Konsumverhalten
4.1 Mortalitätssalienz und Konsumverhalten
4.2 Mortalitätssalienz und Materialismus
4.3 Mortalitätssalienz und Ethnozentrismus

5 Fazit

1 Einleitung

Es ist kaum möglich, fern zu schauen, die Tageszeitung zu durchblättern oder andere Medien zu nutzen ohne mit Nachrichten über tödliche Unfälle, Katastrophen, Terror, Mord, Krieg oder ähnlichem konfrontiert zu werden. Besonders Ereignisse wie der 11. September 2001 haben den Menschen gezeigt, wie schnell das eigene Leben unwiderruflich ohne eigenes Verschulden sein Ende im Tod finden kann. Noch viel stärker als der Tod anderer Menschen verursacht allerdings die Erinnerung an das sichere Ereignis des eigenen Todes bei den meisten Menschen Gefühle wie Angst und Schrecken. Nun stellt sich die Frage, ob das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit und die damit verbundene immanente Angst das Verhalten im Allgemeinen und im Rahmen dieser Arbeit insbesondere das Konsumverhalten der Menschen beeinflussen kann. Ein Argument dafür liefert Becker, der in dem Schrecken vor dem Tod eines der Hauptmotive für das menschliche Verhalten sieht (Becker 1973, S. 11). Der Zusammenhang zwischen Tod und Konsum im Speziellen wurde bis auf wenige Ausnahmen bisher jedoch kaum von Konsumforschern untersucht und findet erst seit kurzer Zeit verstärkt Beachtung in der Literatur. Da die Menschen verschiedene Mechanismen zur Angstbewältigung entwickelt haben, die immer dann aktiviert werden, wenn man ihnen ihre Sterblichkeit bewusst macht wird angenommen, dass diese Mechanismen wahrscheinlich auch in der Lage sind, das Konsumverhalten der Menschen zu beeinflussen (Maheswaran 2004, S. 213). Ziel dieser Arbeit ist es, aus der Perspektive der so genannten Terror Management Theorie zu untersuchen, welche Auswirkungen das Bewusstwerden der Lebensendlichkeit und die Mechanismen zur Bewältigung der daraus folgenden potenziellen Angst vor dem Tod auf das Verhalten von Kunden und Konsumenten haben.

Zu diesem Zweck werden zunächst mögliche Einflussarten des Todes auf das Konsumverhalten unterschieden (Abschnitt 2). Der Hauptteil dieser Arbeit beschäftigt sich anschließend mit der Terror Management Theorie (Abschnitt 3) und ihrer Bedeutung für das Konsumverhalten (Abschnitt 4).

2 Einflussarten des Todes auf das Konsumverhalten

2.1 Der Tod – Eine Begriffsbestimmung

Grundsätzlich ist der Tod das Ende des Lebens und ist durch das Aussetzen der körperlichen und geistigen Funktionen gekennzeichnet. Eine einheitliche Definition des Todes zu finden, ist kaum möglich, da sich die Ansichten in unterschiedlichen Kulturen, zeitlichen Epochen und wissenschaftlichen Fachgebieten stark unterscheiden. Der Brockhaus definiert den Tod als Zustand nach dem irreversiblen Ausfall der Lebensfunktionen, dem der Mensch von Geburt an unterworfen ist und am Ende eines Alterungsprozesses steht. In der abendländischen Kultur galt das Aussetzten der Atmung als Todeszeichen, da dies als der Zeitpunkt interpretiert wurde, zu dem die Seele den Körper verlassen hatte. In heutiger Zeit hatte sich in der Medizin zunächst das Aussetzten der lebenswichtigen Funktionen wie Atmung oder Herzschlag als Todeszeitpunkt durchgesetzt, doch da diese Funktionen inzwischen auch von Maschinen übernommen werden können, gilt nun der Hirntod als irreversibler Zeitpunkt des Todes. Die Philosophie sieht den Tod nur als das Ende des individuellen organischen Lebens. Dies ist jedoch nicht mit dem Ende der geistigen Funktionen verbunden, denn diese bleiben durch das Weiterleben der Seele erhalten. Gerade in den verschiedenen Religionen gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Dabei ist der Tod nur selten ein die Existenz auslöschendes Ereignis, denn es überwiegt der Glaube an ein Weiterleben nach dem Tod in veränderter Form.

Seale (1998) bezeichnet den Tod in modernen westlichen Kulturen als das „material end of the body and the social self” (S. 34). Das Wissen, dass man eines Tages stirbt, unterscheidet den Menschen von allen übrigen Lebewesen und sorgt bei den meisten Menschen für ein Gefühl der Angst. Die Menschen versuchen oft, die Angst vor dem Tod zu bewältigen, indem sie versuchen, durch das Konsumieren bestimmter Güter eine Art „Secular Immortality“ zu erreichen (Hirschman 1990).

Trotz der starken Präsenz des Todes bzw. des Sterbens im Alltag und insbesondere in den Medien, gilt das Thema Tod in den westlichen Kulturkreisen als eines der letzten Tabuthemen. Gespräche in der Öffentlichkeit über den Tod sind selten und wenn sie auftreten, werden sie missbilligt und stark von sozio-kulturellen Normen bestimmt (Bonsu et al. 2003). Aus diesem Grund haben sich in den meisten Sprachen auch euphemistische Ausdrücke gebildet, die den Tod mit weniger endgültig klingendem Charakter umschreiben und eher den Übergang in ein Jenseits zulassen und somit ein Weiterleben ermöglichen. Im Deutschen sind dies z.B. Wörter wie Entschlafen, Verlassen oder Dahinscheiden.

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Einflussarten des Todes auf das Konsumverhalten erläutert.

2.2 Der Tod als Konsequenz missbräuchlichen Konsums

Der Tod kann als Konsequenz vieler unterschiedlicher Ereignisse oder Verhaltensweisen eintreten. Das Konsumverhalten zu Lebzeiten kann dabei eine wichtige Determinante für den Zeitpunkt des Todes sein. Jeder weiss, dass ungesunde, übertriebene oder falsche Ernährung über lange Zeit eine Vielzahl von Krankheiten verursachen kann und sogar Einfluss auf die Länge des Lebens nehmen kann. Auch der Konsum von Alkohol oder Tabakprodukten kann Krankheiten verursachen oder für einen früheren Todeszeitpunkt verantwortlich sein. Noch extremer sind die Auswirkungen des Drogenkonsums, die im schlimmsten Fall einer Überdosis den Tod direkt herbeiführen können.

2.3 Der Tod als Konsumereignis

Die meisten Menschen werden früher oder später mit der Situation konfrontiert, dass sie für jemanden, den sie liebten eine Beerdigung „kaufen“ müssen. Für viele Konsumenten stellt dabei die Höhe der Ausgaben, die für Bestattungen gemacht werden den dritthöchsten Posten all ihrer Ausgaben, hinter Eigenheimen und Autos (Lino 1990; Schwartz et al. 1986). Man sollte demnach annehmen, dass der Konsument dementsprechend viel Zeit und Aufwand betreibt, um sich zu informieren, Preise zu vergleichen und ähnliches. In dieser extremen Kaufsituation ist aber eher ein irrationales Verhalten der Konsumenten beobachtbar. Nach Schwartz (et al. 1986) ist der Konsument mit folgenden Gegebenheiten konfrontiert: Der Konsument hat keine Erfahrung mit dem Produkt und hat sich nie zuvor für Beerdigungen und damit zusammenhängende Produkte interessiert. Es wird also eine Entscheidung getroffen mit wenig Informationen über Anforderungen, Kosten oder Alternativen. Zusätzlich stehen die hinterbliebenen Konsumenten unter einem enormen Zeitdruck, was wiederum eine schnelle Abwicklung der Entscheidungsfindung verlangt und keine Zeit lässt „to shop around for the best deal“ (Schwartz et al. 1986, S. 41). Als der wichtigste Grund irrationalen Verhaltens ist aber der gestörte emotionale Zustand zu nennen, in dem sich die hinterbliebenen Konsumenten aufgrund ihrer Trauer befinden.

2.4 Der Tod als Einflussfaktor auf das Konsumverhalten

Darunter kann man sich vorstellen, dass der Tod oder der Grund des Todes einer geliebten oder bekannten Person (Partner, Kind, Freund etc.) zu einer Veränderung des Konsumverhaltens führt. Es kann zu einer Verschiebung der zuvor eingenommenen Konsumrollen innerhalb eines Haushaltes kommen, da z.B. die Konsumrolle der verstorbenen Mutter, die für den Einkauf von Lebensmitteln und Kleidung verantwortlich war, nun durch andere Haushaltsmitglieder ersetzt werden muss (Gentry et al., 1995). Aber es kann auch zu einer generellen Umstellung im Konsumverhalten oder Vermeidung bestimmter Konsumgüter kommen, da der Tod eines geliebten Menschen beispielsweise eine Umstellung der Ernährung verursachen kann.

Zum anderen kann man sich denken, dass fortgeschrittenes Lebensalter und damit das Näherrücken des Todes oder eine unheilbare Krankheit eine Veränderung des Konsumverhaltens herbeiführen können, da man z.B. versucht, den Zeitpunkt des Todes durch den Konsum ausschließlich gesunder Güter aufzuschieben.

Im Folgenden geht es jedoch vielmehr um die Frage, ob das Bewusstwerden, dass man eines Tages sterben wird, das alltägliche Konsumverhalten beeinflussen kann. Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich die Terror Management Theorie, die den Kern dieser Arbeit bildet.

3 Terror Management Theorie

Die Terror Management Theorie basiert überwiegend auf den Arbeiten von Ernest Becker, insbesondere „The Birth and Death of Meaning“ (1962) und „The Denial of Death“ (1973). Becker untersuchte Beiträge aus unterschiedlichen sozialwissenschaftlichen Disziplinen von beispielsweise Freud, Nietzsche und Darwin mit dem Ziel, eine allgemeingültige Theorie über die Motivation des menschlichen Verhaltens aufzustellen. Dabei fiel ihm die besondere Stellung des menschlichen Selbstwertgefühls in seinem Sozialverhalten auf. Becker behauptete, dass das Streben der Menschen nach Selbstwert einzigartig unter den Lebewesen ist und auf seinen ebenfalls einzigartigen komplexen kognitiven Fähigkeiten beruht. Diese Fähigkeiten schaffen nicht nur die Voraussetzung für symbolisches, zeitliches und selbst-reflektierendes Denken (Becker zit. nach Greenberg et al. 1986), sondern sie ermöglichen dem Menschen auch, den Grund des Lebens zu hinterfragen und machen ihm somit das unausweichliche Ende seiner Existenz in Form des Wissens über die eigene Sterblichkeit klar. In den 1980er Jahren wurde die Terror Management Theorie von den amerikanischen Sozialpsychologen Jeff Greenberg, Tom Pyszczynski und Sheldom Solomon entwickelt. Die Theorie basiert auf den Arbeiten Beckers und liefert eine Erklärung, warum die Menschen ein Selbstwertgefühl und den Glauben an ein Konzept der Realität brauchen und wie diese psychologischen Konstrukte in der Lage sind, sein Denken und sein Verhalten zu beeinflussen. Weiter besagt die Theorie, dass ein Konflikt besteht zwischen dem biologischen Instinkt der Selbsterhaltung und den hoch entwickelten intellektuellen Fähigkeiten des Menschen, die ihm das Bewusstsein seiner physischen Verletzbarkeit und ultimativ der eigenen Sterblichkeit verschaffen und dass dieser Konflikt ein Potenzial für paralysierende Angst vor dem Tod mit sich bringt (Greenberg et al. 1995, S. 1222). Um diese Angst zu bewältigen, haben sich im Laufe der Evolution gleichzeitig mit den kognitiven Fähigkeiten auch (unterschiedliche) Kulturen entwickelt (Greenberg et al. 1994; 1995). Eine Funktion von Kulturen ist es, einen Angstpuffer zu schaffen, indem sie den Menschen Wege liefern, ihre existenzielle Angst zu kontrollieren und aus dem alltäglichen Bewusstsein zu vertreiben. Arndt et al. (2004a) definieren in diesem Zusammenhang Kultur als Annahmen über das Funktionieren der Realität, welche sich innerhalb von Gruppen überwiegend unbewusst entwickelt haben. Kulturelle Weltanschauungen versprechen den Menschen Bedeutung, Ordnung, Stabilität und Permanenz, indem sie eine Struktur darüber vorgeben, wie die Welt entstanden ist, wie man ein bedeutendes Mitglied dieser Kultur wird und sogar reale und/oder symbolische Unsterblichkeit erlangen kann. Kulturen haben Religionen hervorgebracht, die den Glauben an Wiedergeburt, das Weiterleben im Himmel oder Ähnliches geschaffen haben (reale Unsterblichkeit). Symbolische Unsterblichkeit kann z.B. erreicht werden durch das Erlangen einer besonderen Stellung, durch das Gründen einer Familie, durch den Konsum besonderer Güter oder das Vollbringen sonstiger Taten oder Leistungen, die als wertvoll in der Kultur angesehen werden (Greenberg et al 1997). Eine Kultur bzw. die Weltanschauung, die sie liefert, hilft somit die Angst vor dem Tod zu mindern, da sie ihren Mitgliedern Regeln für ein „gutes“ Leben vorgibt und die Möglichkeit der Unsterblichkeit zulässt.

Der Glaube der Menschen an eine kulturelle Weltanschauung ist also notwendig, aber allein nicht ausreichend, um die potenzielle Angst vor dem Tod zu bewältigen (Arndt et al. 2004a). Zusätzlich brauchen die Menschen das Gefühl, ein wichtiges Mitglied dieser Kultur zu sein, das heißt, sie brauchen Selbstwert. Selbstwert erhalten sie, indem sie die Normen und Standards der kulturellen Weltanschauung konsequent einhalten und die damit verbundenen sozialen Rollen annehmen. Nach der Terror Management Theorie ist der Selbstwert ausschließlich durch die Kultur bestimmt und kann demnach auch nur innerhalb des jeweiligen kulturellen Kontextes erworben und gestärkt werden. Instabilität der kulturellen Weltanschauung oder die Nichterfüllung ihrer vorgegebenen Struktur führen folglich zu einer direkten Schwächung des Selbstwertgefühls. Darüber hinaus wird es auch geschwächt, wenn dem Menschen seine eigene Sterblichkeit bewusst wird (Ochsmann 1993, S. 153).

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Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Bedutung des Todes für Käufer und Konsumenten und deren Verhalten
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
24
Katalognummer
V42477
ISBN (eBook)
9783638404976
Dateigröße
620 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bedutung, Todes, Käufer, Konsumenten, Verhalten
Arbeit zitieren
Florian Müller-Seewald (Autor:in), 2005, Die Bedutung des Todes für Käufer und Konsumenten und deren Verhalten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42477

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