Lesestrategien bei Sachtexten

Organisationsstrategien, Elaborationsstrategien und Wiederholungsstrategien


Hausarbeit, 2018

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Begriff der Lesekompetenz und die kognitiven Prozesse beim Textverstehen

3. Bedeutung des Vorwissens

4. Strategisches Lesen
4.1 Organisationsstrategien
4.1.1 Zusammenfassen von Texten
4.1.2 Unterstreichungen am Text
4.1.3 Notizen machen
4.1.4 Vermittlung von Textsorten- bzw. -strukturwissen
4.2 Elaborationsstrategien
4.2.1 Fragen an den Text stellen
4.2.2 Selbsttests/praktische Tests
4.2.3 Vorwissensaktivierung
4.3. Wiederholungsstrategien

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den letzten Jahren, besonders nach der Veröffentlichung der PISA Ergebnisse im Jahre 2000 hinsichtlich des internationalen Vergleichs zur Lesekompetenz, sind vermehrt Ansätze zur Förderung des Leseverständnisses in der Literatur vorgestellt und thematisiert worden. Die PISA-Studie ergab, dass der Anteil der schwachen Leser/innen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern recht hoch ist und circa zehn Prozent der in Deutschland lebenden Schüler/innen nicht die Mindestanforderungen im Bereich „Informationen aus Texten ermitteln, Textbezüge untereinander herstellen und Bezüge zum Vorwissen aufbauen“ erfüllen (vgl. PISA 2000, S. 102 ff.). Von den Fachleuten wird allerdings immer wieder darauf hingewiesen, dass die Kompetenz, einen Text zu verstehen, erlernbar sei. Im PISA-Bericht werden diesbezüglich Faktoren genannt, die die Lesekompetenz beeinflussen. Dies sind die kognitive Grundfähigkeit, die Dekodierfähigkeit, die Lesesozialisation, das Vorwissen und das Lesestrategiewissen (vgl. ebd. 127 f.). Da davon auszugehen ist, dass die beiden erstgenannten Aspekte in der Schule nur in geringerem Maße aktiv beeinflusst werden können (vgl. ebd., S. 128) und es sich bei Aspekten der Lesesozialisation, damit einhergehend das Leseinteresse, die Lesemotivation sowie das Selbstkonzept eigener Lesefertigkeiten eher um den Entwicklungsverlauf und somit um nichtkognitive Einflussfaktoren handelt (vgl. Gold 2010, S. 37), erscheint eine Auseinandersetzung mit den Lesestrategien im Hinblick auf den Kontext Schule am gewinnbringendsten. Weiterer Anlass sich diesem Thema zu widmen, ist die Beobachtung an Schulen und Universitäten, dass einige Lesestrategien von besonderer Beliebtheit sind und dementsprechend besonders häufig genutzt werden, während andere Strategien kaum Anwendung finden.

In der hier vorliegenden Arbeit soll daher der Frage nachgegangen, wie effektiv die in der Literatur und im Internet kursierenden und von vielen Leser/innen angewandten Lesestrategien im Hinblick auf das Textverstehen sind. Zunächst wird hierfür der Begriff der Lesekompetenz erläutert und auf die kognitiven Prozesse des Textverstehens eingegangen (2.). Anschließend wird die Relevanz des Vorwissens beim Textverstehen thematisiert (3.). Sodann widmet sich der mit Abstand größte Teil dieser Arbeit dem Strategischen Lesen (4.). Unterschiedliche Techniken werden vorgestellt und hinsichtlich ihrer Effektivität auf den Lernerfolg analysiert. Abschließend folgt ein Fazit.

2. Der Begriff der Lesekompetenz und die kognitiven Prozesse beim Textverstehen

In diesem Abschnitt soll auf den Begriff der Lesekompetenz eingegangen und dabei eine Übersicht gegeben werden über die kognitiven Prozesse des Textverstehens. Aus kognitionspsychologischer Sicht beschreibt die Lesekompetenz vor allem eine „aktive Auseinandersetzung mit Texten“ und wird als ein komplexer Vorgang der Sinnkonstruktion verstanden. Dabei geht es um eine „Bedeutungserschließung, [die] aus mehreren Teilprozessen besteht, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielen“ (Steck 2008, S. 22). Dieser Perspektive nach wirken beim kompetenten Lesen zwei übergeordnete kognitive Prozesse - einerseits die enthaltenen Informationen des vorliegenden Textes zu entschlüsseln, beispielsweise mit Hilfe von Lesestrategien, und andererseits diese Information mit dem bereits vorhandenen Wissen zu verknüpfen. Da sich beide Prozesse durch bestimmte Maßnahmen fördern lassen (vgl. Gold 2010, S. 11), macht die Auseinandersetzung mit den Lernstrategien interessant und für den Bildungskontext relevant.

Aus kognitionspsychologischer Sicht werden Modelle vorgestellt, die den Prozess des Verstehens genauer beschreiben. Auf diese Prozesse wird deshalb näher eingegangen, da der Einsatz von Lesestrategien besonders auf die sogenannten hierarchiehöheren Prozesse positiven Einfluss nimmt (vgl. ebd. S. 18). Einen Einblick in die mentalen Abläufe des Textverstehens zu erhalten, erleichtert es zudem, die Funktion der Lesestrategien besser nachvollziehen zu können. Bei dem von Gold beschriebenen Modell, welches ursprünglich nach Kintsch (1996) entwickelt wurde, wird verstehendes und sinnentnehmendes Lesen als ein komplexes Zusammenspiel textgeleiteter (bottom-up) und schema- bzw. wissensgeleiteter (top-down) kognitiver Prozesse beschrieben (vgl. Gold 2010, S. 18). Das bedeutet, dass während des Lesens bereits vorhandene und relevante Wissensbestände aktiviert werden. Aus diesem Prozess ergibt sich, dass beim Lesenden eine subjektive Bedeutung repräsentiert wird. „Diese kognitive Repräsentation des Gelesenen“ wird häufig als mentales Modell oder Situationsmodell bezeichnet (vgl. ebd.). Dabei wird zwischen hierarchieniedrigen und hierarchiehohen Prozessen unterschieden. Erstere betreffen Prozesse der Buchstaben und Wortidentifikation, also dem Erkennen von Wortbedeutungen. Diese Prozesse können insbesondere durch Dekodierungsgeschwindigkeiten und durch den Ausbau des Wortschatzes verbessert werden (vgl. ebd., S. 22). Letztere, die sogenannten hierarchiehöheren Prozesse, setzen bei der Textbasis an und transformieren diese. Hierbei werden „semantische Verdichtungen und Erweiterungen des Gelesenen gebildet, um zu einer globalen Kohärenzbildung zu gelangen“ (vgl. ebd., S. 19 f.). Hier geht es um Verknüpfung des Textwissens mit dem Vorwissen (vgl. Hiller 2009, S. 21 f.). Die beschriebenen Prozesse der hierarchiehöheren Ebene lassen sich durch den Einsatz von Lesestrategien verbessern. Empirische Untersuchungen haben nachgewiesen, dass das Wissen über Lesestrategien sowie der Einsatz kognitiver und metakognitiver Lesestrategien die Lesekompetenz positiv beeinflussen können (vgl. Gold 2010, S. 21 f.).

3. Bedeutung des Vorwissens

„Usually […] texts are incomplete and rely on the comprehender to fill in gaps and make links to prior knowledge - domain knowledge, knowledge of the world and knowledge of the specific communicative situation. Therefore, in the general case, the situation model […] is a mixture of text-derived […] and knowledge-derived elements. […] Offen a comprehender needs a good model of the situation under discussion to make some of the bridging inferences required by the text“ (vgl. Kintsch 1998, S. 292 f.).

Anhand dieses Zitats wird deutlich, das Vorwissen verschiedenster Art unmittelbar Einfluss auf das Textverstehen nimmt. Denn damit die Inhalte des gelesenen Textes verstanden, behalten und angewendet werden können, müssen die neuen Informationen mit dem vorhandenen Wissen verknüpft werden (vgl. Krause/Stark 2006, S. 41). Der Anteil und die Art des Vorwissens fallen dabei je nach Kontext unterschiedlich stark aus. In der PISA- Studie (vgl. 2000. S. 89) wird das Wissen differenziert in Alltagswissen und Spezialwissen. Eine Zuordnung dazu kann allerdings nicht pauschal, sondern nur nach den Kenntnissen und Erfahrungen der Lese/innen stattfinden (vgl. Kintsch 1998, S. 221). Dabei ist es nicht so, dass einzelne Wissensbestände abgerufen, sondern vielmehr umfassende Wissensbestände aktiviert werden und somit dem Aufbau der mentalen Repräsentation beisteuern (vgl. ebd., S. 36 f.). Ihre Aktivierung erfolgt meistens nicht bewusst (vgl. PISA 2000, S. 72).

Als Oberbegriff der Wissensbestände wird in der Literatur der Begriff „Schemata“ verwendet, der in dieser Arbeit das ein oder andere Mal Erwähnung findet. Als mehrfach nachgewiesen gilt, dass Schemata hilfreich sind bei der Verknüpfung der Informationen des Textes mit den Informationen des Vorwissens (vgl. Kintsch 1998, S. 82). Das Abrufen der Schemata darf dabei nicht als festgelegte Informationen verstanden werden, vielmehr ermöglicht es die „Strukturierung von Informationen aus dem Text zusammen mit den Informationen des bisherigen Wissens“ (vgl. Hiller 2009, S. 27). Eine einmal gebildete Struktur wird dabei immer wieder auf einen speziellen Kontext angepasst und kann sich dadurch verändern (vgl. Kintsch 1998, S. 37). Abschließend ist festzuhalten, dass kaum ein Befund der kognitiven Psychologie so oft nachgewiesen worden ist, wie der, dass das Vorwissen die wichtigste kognitive Ressource für das Lernen ist (vgl. Krause/Stark 2006, S. 42).

4. Strategisches Lesen

Beim strategischen Lesen geht es darum, Strategien einzusetzen, die das Verstehen und Behalten eines Textinhaltes nachweislich erleichtern (vgl. Gold 2010, S. 48). Sie unterstützen die Prozesse der globalen Kohärenzbildung (hierarchiehöhere Prozesse) und erleichtern den Aufbau der mentalen Repräsentation (siehe Kapitel 2). Philipp (vgl. 2017, S. 11) versteht unter Lesestrategien „mentale Handlungspläne, die dabei helfen, lesebezogene Prozesse […] effektiv [zu] steuern“. In der PISA-Studie (vgl. PISA 2000, S. 76) wird darauf hingewiesen, „dass sich gute Leser ihrer eigenen kognitiven Fähigkeiten bewusst sind und über die Fähigkeit zum strategischen, aufgaben- und zielbezogenen Lesen verfügen“. Aus diesem Grund ist im Kontext der Bildungsinstitutionen ein Ziel, dass die Leser/innen Wissen darüber erlangen, wann und unter welchen Umständen, welche Strategien anzuwenden sind (vgl. ebd., S. 128 f.). In der Literatur wird zwischen einer Vielzahl von Strategien unterschieden. Es gibt die sogenannten kognitiven Strategien, darunter fallen die Elaborations-, Organisations- und Wiederholungsstrategien, die jeweils in weitere Strategien unterteilt werden. Weiterhin gibt es die metakognitiven Strategien (Selbstkontroll- und Selbstregulationsstrategien), die Wissensnutzungsstrategien, die Motivations- und Emotionsstrategien und die Strategien des kooperativen Lernens (Friedrich/Mandl 2006, S. 2 ff. & Philipp 2017, S. 11). In den folgenden Kapiteln wird ausschließlich auf die drei kognitiven Strategien näher eingegangen, denn diese helfen dabei, das Leseverstehen zu erleichtern und zu fördern (vgl. Philipp 2017, S. 11) und betreffen damit genau das Thema der Arbeit. Es werden dabei diejenigen kognitiven Strategien thematisiert und auf ihre Lerneffektivität hin analysiert, die unmittelbar auf das Lesen von Sachtexten angewendet werden können. Hierbei geht es also nicht um allgemeines Lernen und solche Strategien, die beispielsweise Aufschluss darüber geben, in welchen Abständen sich der Lernstoff als Vorbereitung für bestimmte Prüfungen angesehen werden sollte oder hilfreich dafür sind, bestimmtes Faktenwissen langfristig im Gedächtnis zu speichern, sondern um die konkrete Anwendung der Lesestrategien für das Textverstehen bei Sachtexten. In dieser Arbeit werden die Begriffe der Lesestrategie und der Lesetechnik verwendet und als synonym angesehen. Zum Großteil werden dabei die Ergebnisse aus den Forschungen des amerikanischen Psychologen John Dunlosky, der mit seinen Kolleg/innen verschiedene Strategien untersucht hat, herangezogen. Auf diese Studie wird deshalb der Fokus gelegt, weil sie umfangreich und überaus gründlich ist. Die Wissenschaftler/innen beziehen sich auf circa 700 Arbeiten und werten diese zusammenfassend aus. Dabei haben sie Variablen der Lernbedingungen, der Schülereigenschaften, der Materialien und der Aufgabenstellungen berücksichtigt. Die Materialen variieren von einfachen Konzepten bis hin zu komplexen wissenschaftlichen Texten. Was die Lernbedingungen betrifft, so wurden beispielsweise Aspekte der Lernumgebung und der Art des Lernens mit einbezogen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Lesestrategien bei Sachtexten
Untertitel
Organisationsstrategien, Elaborationsstrategien und Wiederholungsstrategien
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
22
Katalognummer
V424935
ISBN (eBook)
9783668703544
ISBN (Buch)
9783668703551
Dateigröße
699 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
lesestrategien, sachtexten, organisationsstrategien, elaborationsstrategien, wiederholungsstrategien
Arbeit zitieren
Hauke Harrsen (Autor:in), 2018, Lesestrategien bei Sachtexten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/424935

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