Ausgehend von dem Vortrag „Funktionalismus heute“, den Adorno 1966 im Palais Pálffy in Wien hielt und der als der einzig der Architektur gewidmete Text Adornos zu bezeichnen ist, sowie seinen Ausführungen zu „Städtebau und Gesellschaftsordnung“, welche er 1949 in Anlehnung an den Wiederaufbau der zerstörten deutschen Städte vortrug, soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, eine Architekturtheorie Adornos nachzuzeichnen und, wenn möglich, Adornos Kritik am modernen beziehungsweise postnationalsozialistischen Städtebau, der sich grundlegend am Konzept des Funktionalismus orientierte, herauszuarbeiten, um so die Wechselwirkung von Gesellschaft und Architektur in der spätkapitalistischen Moderne zu erfassen.
Das Einsetzen der Moderne und der damit zusammenhängenden Verdichtung öffentlichen Lebens und der Konzentration der Standorte der Produktionsmittel, markiert auch gleichermaßen die Entwicklung einer neuen, städtebaulich-räumlichen Struktur: der Großstadt. Dabei ist das Urbane seit jeher Ausgangspunkt von Innovation und Fortschritt. Es bildet den Mittelpunkt, auf den die Peripherie ausgerichtet ist. Es ist der Raum aus dem letztlich, zu einem nicht geringen Teile, die Aufklärung hervorging; jenes Denken also, dass das „[...] Ziel verfolgt, von den Menschen die Furcht zu nehmen und sie als Herren einzusetzen.“
Die fortschreitende Entwicklung des Kapitalismus aber und der deutsche Rückfall in die Barbarei, hinterließen nicht nur Veränderungen in Form eines „falschen Bewusstseins“ , sondern schlugen sich auch im Materiellen nieder, so zum Beispiel auch im Bild der Stadt. Dabei ist der zentralste Aspekt der Großstadt, die das Zentrum des modernen Lebens mit Individuen in ihrem Kern bildet, die Architektur. Die Architektur ist das Unmittelbare, das Individuum umgebende und nimmt in der Rezeption einer „Theorie der Stadt“ einen zentralen Stellenwert ein.
Jedoch kann Architektur nicht isoliert von Gesellschaft betrachtet werden. Sie ist als ein Teil des „Ganzen“ zu fassen Die „Väter“ dieser Theorie, Theodor Wiesengrund Adorno und Max Horkheimer, gingen von der Annahme aus, dass Gesellschaft als solche von einer strukturellen Einheit geprägt ist, die sich in den mannigfaltigen Teilbereichen dieser widerspiegeln und der Ausgangspunkt einer jeden Analyse sein muss um so „[...] den Prozess [sic] der Veränderung zu beschreiben, dem unsere Welt unterworfen ist."
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Beschaffenheit der Großstadt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
- Funktionalismus – Eine Definition
- Funktionales Bauen am Beispiel Berlin
- Über Adorno - Kulturindustrie und „neues Bauen“
- Zum Funktionalismus - „Das Haus ist jedem verantwortlich“
- Zu Städtebau und Gesellschaftsordnung – Über die Herstellung der Stadt
- Ausblick - Von der Unmöglichkeit zu wohnen....
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Architekturtheorie Theodor W. Adornos im Kontext des modernen Städtebaus. Sie analysiert Adornos Kritik am Funktionalismus und dem „neuen Bauen“ als Ausdruck der Verflechtung von Architektur und Gesellschaft in der spätkapitalistischen Moderne.
- Adornos Kritik am Funktionalismus und dem „neuen Bauen“
- Die Wechselwirkung von Gesellschaft und Architektur in der spätkapitalistischen Moderne
- Die Rolle der Architektur im Kontext der Kulturindustrie und des „falschen Bewusstseins“
- Die Bedeutung des Städtebaus für die Gesellschaftsordnung
- Der Einfluss des Funktionalismus auf den Wiederaufbau deutscher Städte nach dem Zweiten Weltkrieg
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt Adornos Kritik an der modernen Großstadt im Kontext der Kulturindustrie und des „neuen Bauens“ vor. Sie skizziert die Verflechtung von Architektur und Gesellschaft und die Notwendigkeit, diese als Einheit zu betrachten.
- Die Beschaffenheit der Großstadt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Dieses Kapitel beschreibt den Einfluss des alliierten Bombenkriegs auf die deutsche Stadtlandschaft und den damit verbundenen Bedarf an neuem Wohnraum. Es stellt die Entwicklung des Funktionalismus als architekturtheoretisches Konzept vor und beleuchtet seine Auswirkungen auf den Städtebau in Deutschland.
- Funktionalismus – Eine Definition: Das Kapitel definiert den Funktionalismus als architekturtheoretischen Begriff und stellt den amerikanischen Architekten Louis Henry Sullivan und seinen Leitsatz „form follows function“ vor. Es beleuchtet den Einfluss des Funktionalismus auf das Konzept des zweckorientierten Bauens.
- Funktionales Bauen am Beispiel Berlin: Dieses Kapitel untersucht die Anwendung des Funktionalismus am Beispiel Berlins. Es analysiert die Umsetzung des Konzepts im Wiederaufbau der Stadt und die daraus resultierenden Folgen für die Architektur und Lebensweise der Berliner.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe dieser Arbeit sind: Funktionalismus, „neues Bauen“, Kulturindustrie, Architekturtheorie, Theodor W. Adorno, Gesellschaftsordnung, Städtebau, Moderne, Spätkapitalismus, Großstadt, Wiederaufbau.
- Citation du texte
- Christian Schwinge (Auteur), 2018, Verflechtung von Architektur und Gesellschaft in der modernen Metropole. Theodor W. Adorno und die Kritik der "neuen" Großstadt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/425833