„Nun hatten wir das Gas und auch den Vorgang entdeckt.“
– mit diesen Worten kommentierte Rudolf Höß, Kommandant von Auschwitz bis 1943, die Vergasung von etwa 900 sowjetischen Kriegsgefangenen in Auschwitz im September 1941. Wenngleich dies nicht die erste dortige Vergasung in einem größeren Maßstab war, gelten diese Worte ebenso für das Szenario, das auf den folgenden Seiten mit seinem Vorlauf sowie seinen Auswirkungen auf das Lager und seine Struktur betrachtet werden soll: Die erste Vergasung von etwa 600 sowjetischen Kriegsgefangenen und 250 Häftlinge aus dem Krankenbau im Keller des Block 11 im September 1941. Insbesondere die Entdeckung des tödlichen Gases Zyklon B und des Tötungsvorgangs besiegelte das Schicksal vieler Menschen und mündete schließlich in einen Genozid, der in der Geschichte unvergleichbar ist – und hoffentlich auch bleibt.
Die Frage, inwiefern diese erste Vergasung bereits auf die Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten zielte, soll einer der Hauptpunkte der folgenden Betrachtung sein. Das erste Kapitel wird sich auf die Situation der sowjetischen Kriegsgefangenen beschränken und auch die Rolle Auschwitz’, im „rückwärtigen Heeresgebiet“ gelegen, in dieser Frage beleuchten.
Der zweite Teil dieser Arbeit konzentriert sich im Wesentlichen auf eine sachliche Darstellung dieser ersten Vergasung, deren Opfer zu 70% sowjetische Kriegsgefangene waren. Die Selektion der Opfer und die Frage, ob dabei überhaupt eine Systematik zu Grunde lag, der genaue Ablauf der Vergasung, die aus mehreren Gründen von der späteren fabrikmäßigen Tötung noch weit entfernt war, und schließlich der auch schon hier erfolgende Einsatz eines aus Häftlingen bestehenden Sonderkommandos: All diese Schritte kennzeichneten auch später noch den Ablauf der Tötung von Menschenmassen. Diesen Schritt von der ersten zu weiteren Vergasungen liefert der dritte und abschließende Teil der Betrachtung.
Die Perfektionierung des Tötungsvorgangs, die Konsequenzen, die man aus der ersten Vergasung zog, stehen dabei im Mittelpunkt. Dabei ist der Einsatz des Giftgases Zyklon B besonders erklärungsbedürftig, diesem Thema ist daher ein eigenes Unterkapitel gewidmet. Der Ausbau des Konzentrationslagers Auschwitz zum Vernichtungslager, in dem mehr als eine Million Menschen den Tod fanden, bildet den Abschluss dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Lage an der Ostfront im Spätsommer 1941
- Im Krieg mit der Sowjetunion – der Kommissarbefehl und seine Folgen
- Das KL Auschwitz im Sommer 1941
- Ablauf der ersten Vergasung
- Selektion der Opfer
- Die Prozedur des Tötens - ein Provisorium?
- Beseitigung der Spuren: das Aufräumkommando
- „Nun hatten wir das Gas und auch den Vorgang entdeckt.\" (Rudolf Höß)
- Lernen aus der ersten Vergasung: die Perfektion des Tötens
- Zyklon B als probates Tötungsinstrument
- Der Ausbau des KL Auschwitz zum Vernichtungslager
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die erste Vergasung im Konzentrationslager Auschwitz im September 1941. Sie befasst sich mit dem Vorlauf des Geschehens, dem Ablauf der Vergasung und den daraus resultierenden Konsequenzen für das Lager und seine Struktur. Dabei steht die Frage im Zentrum, inwieweit diese erste Vergasung bereits auf die Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten zielte.
- Die Lage an der Ostfront im Spätsommer 1941 und die Rolle des Kommissarbefehls
- Der Ablauf der ersten Vergasung: Selektion der Opfer, die Prozedur des Tötens und die Beseitigung der Spuren
- Die Entdeckung des Zyklon B als Tötungsinstrument und die Perfektionierung des Tötungsvorgangs
- Der Ausbau des Konzentrationslagers Auschwitz zum Vernichtungslager
- Die Frage nach der Intention und der ideologiegeschichtlichen Einordnung der ersten Vergasung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext der ersten Vergasung in Auschwitz im September 1941 beschreibt und die zentrale Forschungsfrage formuliert. Das erste Kapitel beleuchtet die Lage an der Ostfront im Spätsommer 1941, insbesondere den gerade begonnenen Krieg mit der Sowjetunion und die Erteilung des Kommissarbefehls am 6. Juni 1941. Das zweite Kapitel widmet sich der sachlichen Darstellung der ersten Vergasung, wobei die Selektion der Opfer, der Ablauf der Vergasung und der Einsatz eines Sonderkommandos zur Beseitigung der Spuren im Fokus stehen. Das dritte Kapitel schließlich analysiert die Konsequenzen der ersten Vergasung, insbesondere die Perfektionierung des Tötungsvorgangs, die Einführung des Zyklon B als Tötungsinstrument und den Ausbau des KL Auschwitz zum Vernichtungslager.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themenbereiche der Arbeit sind: Auschwitz, erste Vergasung, Kommissarbefehl, sowjetische Kriegsgefangene, Zyklon B, Vernichtungslager, Nationalsozialismus, Judenvernichtung, Intentionalismus, Funktionalismus.
- Arbeit zitieren
- Sandra Holtermann (Autor:in), 2005, Die erste Vergasung in Auschwitz im September 1941, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42600