„If people have opinions and a representative’s function is to reproduce them, then everyone’s voice should be counted equally.
Legislators should resemble their constituents ideologically, not any special group.“
(ACHEN 1978: 481)
Die vornehmste Aufgabe der Abgeordneten in einer repräsentativen Demokratie ist es, die Interessen ihres Volkes zu vertreten. Ob, wie stark und über welche Kanäle dies geschieht, damit befasst sich traditionell die Responsivitätsforschung. Vernachlässigt wird in fast allen Arbeiten die Frage, ob die Abgeordneten die Interessen aller Bürger gleich vertreten, oder ob die Interessen bestimmter Gruppen stärker berücksichtigt werden als die Interessen anderer Gruppen. Dieser Frage geht diese Arbeit nach.
Die Verteilungsgerechtigkeit ist dann verletzt, wenn die Abgeordneten, die in ihrer soziodemographischen Zusammensetzung nicht der des Volkes entsprechen, auch im Amt die Interessen ihrer Bevölkerungsgruppe vertreten. Diese Arbeit untersucht darum, inwieweit die Bedürfnisse von Personen mit abweichenden soziodemographische Eigenschaften, also zumeist Jüngere, weniger Gebildete und Frauen, weniger befriedigt werden als die Bedürfnisse der Gruppen, aus denen sich die Abgeordneten rekrutieren. Untersucht wird des Weiteren,
inwieweit Partizipation, also die Beteiligung der Bürger an politischen und gesellschaftlichen Prozessen, diese Ungleichheiten verstärkt oder reduziert.
Datengrundlage zur Beantwortung dieser Frage stellt eine Fallstudie der Stadt Vaihingen an der Enz dar. Die Bürgerpräferenzen wurden mittels einer repräsentativen Bürgerbefragung ermittelt. Verglichen werden diese Präferenzen mit denen der gewählten Orts- und Gemeinderäte, die durch eine zeitgleich durchgeführte Vollerhebung dieser Gruppe ermittelt wurden.
Es ist wichtig, nicht auf der Einstellungsebene zu verharren, da Ungleichbehandlung nur dann zum Problem wird, wenn sie sich auch in den Politikergebnissen widerspiegelt. In einem zweiten Schritt wird daher untersucht, inwieweit die auf Einstellungsebene gefundenen Zusammenhänge bestätigt werden, wenn statt der Einstellungen der Räte der Haushalt der
Gemeinde als Vergleichsmaßstab herangezogen wird.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- TEIL I: THEORIE UND METHODEN
- 1. Forschungsstand
- 1.1. Was bedeutet Responsivität
- 1.2. Skizzierung des Forschungsfeldes
- 1.2.1. Das Forschungsdesign von MILLER und STOKES
- 1.2.2. Die unabhängige Variable: Bestimmung der „constitutency“
- 1.2.3. Die intervenierende Variable: Das Rollenverständnis der Abgeordneten
- 1.2.4. Die abhängige Variable: Abstimmungsverhalten vs. Einstellungen des Abgeordneten
- 1.3. Responsivität und Gerechtigkeit
- 1.3.1. Einstellungen und sozio-demographische Eigenschaften
- 1.3.2. Gerechtigkeit in der Demokratietheorie
- 1.3.3. ARZBERGER (1980): Bürger und Eliten in der Kommunalpolitik
- 1.3.4. VERBA und NIE (1987): Participation in America. Political Democracy and Social Equality
- 1.3.5. SCHUMAKER und GETTER (1977): Responsiveness Bias in 51 American Communities
- 1.4. Messung von Responsivität
- 1.4.1. Indikatoren für die öffentliche Meinung
- 1.4.2. Indikatoren für die Einstellungen der Räte und für den Policy-Output
- 1.4.3. Kollektive Responsivität
- 1.4.4. Dyadische Responsivität
- 1.4.5. Der „responsiveness bias“
- 1.5. Implikationen für die Arbeit
- 2. TEIL II: EMPIRISCHE STUDIE
- 2. Forschungsdesign und Hypothesen
- 3. Die relevanten Einheiten: Bestimmung der „constituency“
- 4. Operationalisierung und Beschreibung der abhängigen Variablen
- 4.1. Kollektive Responsivität: Mittelwertdifferenzen der Ausgabepräferenzen
- 4.2. Dyadische Responsivität
- 4.3. Die Policydifferenzen
- 5. Die unabhängigen Variablen und ihre bivariate Erklärungsleistung
- 5.1. Test der Hypothese 1: Bildungsniveau
- 5.2. Test der Hypothese 2: Schichteinstufung
- 5.3. Test der Hypothese 3: Geschlecht
- 5.4. Test der Hypothese 4: Alter
- 5.5. Test der Hypothese 6: Berufstätigkeit
- 5.6. Test der Hypothese 7: Familienstatus
- 5.7. Zusammenfassung der Tests zu den unabhängigen Variablen
- 6. Die Bedeutung der intervenierenden Variablen
- 6.1. Gesellschaftliches Engagement
- 6.2. Politische Partizipation
- 7. Das multiple Regressionsmodell
- 7.1. Ohne gesellschaftliches Engagement als intervenierende Variable
- 7.2. Mit gesellschaftlichem Engagement als intervenierender Variable
- 7.3. Zusammenfassung der multiplen Regressionsanalysen
- 8. Tatsächliche Ausgaben
- 8.1. Beschreibung der Ausgabenentwicklung
- 8.2. Überprüfung der auf der Einstellungsebene gefundenen Zusammenhänge
- 8.2.1. Bivariate Zusammenhänge
- 8.2.2. Das multiple Regressionsmodell
- 8.2.3. Die Gerechtigkeit bei der Betrachtung der Ausgaben
- TEIL III: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
- Responsivität von Gemeinderäten
- Unterschiede in der Responsivität
- Einfluß sozio-demographischer Merkmale
- Gerechtigkeit in der Kommunalpolitik
- Methoden der Responsivitätsmessung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Responsivität von Gemeinderäten gegenüber verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Sie zielt darauf ab, Unterschiede in der Responsivität zu identifizieren und zu erklären. Die Studie analysiert das Verhältnis von Gemeinderäten und Bürgern in der Stadt Vaihingen an der Enz.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema der Responsivität und beschreibt die Bedeutung des Konzepts in der politischen Theorie. Kapitel 1 beleuchtet den aktuellen Forschungsstand und definiert die Konzepte von Responsivität und Gerechtigkeit. Kapitel 2 erläutert das Forschungsdesign und die Hypothesen der Studie. Kapitel 3 beschreibt die relevanten Einheiten, die für die Analyse der Responsivität verwendet werden. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Operationalisierung und Beschreibung der abhängigen Variablen, die für die Messung der Responsivität eingesetzt werden. Kapitel 5 untersucht die unabhängigen Variablen und ihre bivariate Erklärungsleistung. Kapitel 6 befasst sich mit der Bedeutung der intervenierenden Variablen, wie z.B. gesellschaftliches Engagement und politische Partizipation. Kapitel 7 analysiert die Ergebnisse der multiplen Regressionsanalysen, die die Zusammenhänge zwischen den unabhängigen Variablen und der Responsivität der Räte untersuchen. Kapitel 8 beschäftigt sich mit der tatsächlichen Ausgabenentwicklung und überprüft die auf der Einstellungsebene gefundenen Zusammenhänge. Abschließend fasst die Arbeit die wichtigsten Ergebnisse zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Forschungsansätze.
Schlüsselwörter
Responsivität, Gerechtigkeit, Kommunalpolitik, Gemeinderäte, Bürger, sozio-demographische Merkmale, politische Partizipation, gesellschaftliches Engagement, multiple Regressionsanalyse, Ausgabepräferenzen.
- Arbeit zitieren
- Bernhard Payk (Autor:in), 2002, Studie zur Gerechtigkeit in der Kommunalpolitik Responsivitätsunterschiede der Vaihinger Räte gegenüber verschiedenen Bevölkerungsgruppen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42628