Komposition als Verfahren der Wortbildung im Französischen mit anschließender Korpusanalyse


Hausarbeit, 2015

40 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeine Grundlagen
2.1Wortbildung
2.2Wort und Wortschatz

3. Wortbildungsverfahren
3.1 Derivation
3.1.1 Prafigierung
3.1.2Suffigierung
3.1.3Parasynthese
3.2Konversion
3.2.1 Konversion ohne Flexion
3.2.1 Konversion mit Flexion
3.3 Komposition
3.3.1 Definition
3.3.2Kompositionsformen
3.3.3 Morphologische Komposita und syntaktische Wortgruppen
3.3.4 Endozentrische und exozentrische Komposita
3.3.5 Determinativ- und Kopulativkomposita
3.3.6Kompositionstypen
3.3.7Gelehrte Bildung

4. Problematik
4.1Wasist ein Prafix?
4.1 Abgrenzung der Prafigierung gegenuber der Komposition
4.1.1 Wortbildungen mit griechischen und lateinischen Elementen
4.2.2 Wortbildungen mit Proposition
4.2.3 Wortbildungen mit Adverbien
4.2.3 Wortbildungen mit non-

5. Korpusanalyse
5.1 Le Petit Prince
5.2 Les voyages en train

6. Fazit

7. Literatur- und Quellenverzeichnis

8. Anhang
8.1 Anlage 1: Grand Corps Malade - Les voyages en train
8.2 Anlage 2: Antoine de Saint-Exupery - Le Petit Prince

1. Einleitung

Sprachwandel und Wortschatzwachstum sind sowohl bedeutungsvolle als auch unumgangliche Phanomene, die ausschlaggebend fur die (Weiter-) Entwicklung aller Sprachen der Welt - und somit auch des Franzosischen - sind. Der genetisch- historischen Klassifikation zufolge, wird das Franzosische als ein Reprasentant der romanischen Sprachen angesehen, die sich aus dem Vulgarlatein1 entwickelten, und gehort folglich zur indoeuropaischen Sprachfamilie2. Mit ca. 131 Mio. Sprechem (davon 76 Mio. Primarsprachler und 55 Mio. Zweitsprachler3 ) in uber 3 Kontinenten (darunter Europa, Afrika und Nordamerika) und einer Sprachgeschichte, die sich uber mehrere Jahrhunderte streckt, ist das Franzosische in der Lage, einen immensen Sprachwandel sowie auch einen enormen Wortschatzwachstum vorzuweisen. Wird die Entwicklung der franzosischen Sprache naher in Betracht gezogen, so lassen sich drei Epochen herauskristallisieren, von denen die erste das Altfranzosische war, das auf das 9. Jh. bis 1350 datiert wird. Im Laufe des 9. Jahrhunderts nahm die Geschichte des Franzosischen durch die Zunahme von Texten in der langue d’o'il4., wie zum Beispiel die Eulalia Sequenz5 (880), seinen Anfang. Die zweite Phase bildete die Epoche des Mittelfranzosischen, dessen Beginn auf 1350 und Ende ca. auf das 15./16. Jh. festgelegt ist. Diese Periode war vor allem durch das Verschwinden der meisten germanischen Worter, die Bereicherung der Sprache aus Dialekten und anderen Sprachen und die Zunahme von Latinismen gekennzeichnet6.

Ab dem 14. Jh. haufen sich die Ubersetzungen aus dem Lateinischen in die Volkssprache, und vielfach werden die Worter lateinischen Ursprungs auch dann bevorzugt, wenn bereits Ausdrucksmittel zur Verfugung stehen. (Stein 2010:118)

Dies fuhrte weitgehend dazu, dass eine Reihe von altfranzosischen Wortern aus dem Sprachgebrauch verschwanden {mire > medecin, accuseur > accusateur). Mit dem Ende des 15. und dem Anfang des 16. Jahrhunderts begann nun schliesslich die Epoche des Neufranzosischen. Infolge der Italienfeldzuge (ab 1494) der franzosischen Konige lernten die Franzosen die italienische Kultur und somit auch die Renaissance kennen.

Dieses Ereignis trug dazu bei, dass zahlreiche Italianismen {balcon, arcade, escorte etc.) sukzessiv in den Wortschatz eindrangen7. Somit blieb das Italienische bis ca. 1950 diejenige Sprache, die den groBten Einfluss auf das Franzosische hatte, bis das Englische zur fuhrenden Spendersprache fur das Franzosische avancierte8. Die sogenannte „Italomanie“, die den Wortschatz der franzosischen Sprache lange Jahre dirigierte, bestandjedoch nur bis 1560 fort, da die Politik und Hofhaltung Katharina von Medicis9 dazu beitrug, dass sie durch die „Italophobie“ ersetz wurde und somit das Italienische gegenuber dem Franzosischen seinen Einfluss verlor10.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 QuellenvonEntlehnungen

Zur Emanzipation der franzosischen Sprache trugen im Wesentlichen die Dichter der Pleaide11 bei, in deren Mittelpunkt die bedeutendsten franzosischen Lyriker Pierre de Ronsard und Joachim du Bellay standen. Letzterer forderte in seinem Manifest La Deffence et illustration de la langue franqoyse (1542), dass das Franzosische zu einer Sprache gemacht wird, die dem Lateinischen oder Italienischen ebenburtig ist12. Um die Konkurrenzfahigkeit des Franzosischen zu starken, sollte ihr Glanz und Klarheit verliehen werden, das nur durch die Bereicherung des Wortschatzes bewirkt werden konnte. Als Verfahren hierfur schlug du Bellay sowohl die Bildung von Neologismen als auch die Verwendung von Archaismen und Wortern aus Fachwortschatzen vor. Pierre de Ronsard erweiterte die lexikalische Bereicherung des Wortschatzes um folgende Verfahren: „Entlehnungen aus den Dialekten Frankreichs, Bildung von Komposita nach lateinischem und vor allem griechischem Modell sowie Wortbildung durch Sufftgierung“ (Geckeler/Dietrich 2012:233). Die von Joachim du Bellay und Pierre de Ronsard empfohlenen Verfahren zur Bereicherung des Wortschatzes wurden jedoch im Zuge der Purismus13 (17. Jh.) wieder beseitigt. Letztendlich erlangte die franzosische Sprache im Laufe des 18. Jahrhunderts ein groBes Ansehen, sodass sie im 19. Jahrhundert zur Sprache der Diplomatic wurde und sich wahrend der kolonialen Expansion weltweit verbreitete.

Nach zwei Jahrhunderten, in denen das Franzosische als „langue universelle“ angesehen wurde, ist es im 20. Jh. durch das Englische aus dieser Rolle verdrangt worden. Trotzdem genieht es auch heute noch ein hohes intemationales Prestige: Es ist eine der offiziellen Sprachen und Arbeitssprachen der grohen internationalen Organisationen [...]. (Geckeler/Dietrich 2012:32)

In der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit soil aber nicht die Sprachgeschichte des Franzosischen, sondern vielmehr ihre Wortschatzbereicherung durch bestimmte Verfahren ausgearbeitet werden. Aus diesem Grunde ist das Thema dieser Arbeit die Wortbildung mit dem Schwerpunkt Komposition.

Als Einstieg soil die Teildisziplin „Morphologie“ naher erlautert und die Begriffe 'Wort' und 'Wortschatz' definiert werden, um somit eine allgemeine Grundlage verschaffen zu konnen. Hierauf werden die unterschiedlichen Verfahren der Wortbildung, die zur Bereicherung des franzosischen Wortschatzes dienlich sind kurz eingefuhrt und erklart. Der Hauptteil wird der Komposition gewidmet. Dieser Abschnitt der Arbeit visiert vor allem die Analyse und die Veranschaulichung der Kompositionsformen und Kompositionstypen, die im Franzosischen gebrauchlich sind an. Daraufhin soil die Problematik, die bei der Einteilung von zusammengesetzten Wortern entsteht vorgefuhrt werden. Um die neu gewonnenen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen, wird eine Korpusanalyse erstellt. Schliesslich sollen die gewonnenen Kenntnisse und die Korpusanalyse dazu dienen auf die in der Problematik aufgeworfenen Fragen zu antworten.

2. Allgemeine Grundlagen

2.1 Wortbildung

Die Morphologie befasst sich mir der Struktur der Worter und wird prinzipiell in die beiden Teilgebiete Formenlehre (Flexionslehre) und Wortbildung (frz. formation des mots) unterteilt14. Der Gegenstand der Formenlehre ist die Bildung von unterschiedlichen Formen des ein und desselben Wortes15. Folglich wird durch die Verknupfung einer Flexionsbasis mit unterschiedlichen Flexionsmorphemen kein neues Lexem, sondern nur Wortformen eines bestimmten Wortes gewonnen. Die Wortbildung dahingegen befasst sich damit, wie anhand bereits existierender Worter jeweils neue gebildet werden konnen. Aus diesem Grund wird diejenige sprachwissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Wortbildung auseinander setzt, Wortbildungslehre genannt. Ihre primare Aufgabe besteht darin, die Mittel herauszuarbeiten, durch die der Wortschatz bereichert werden kann16. Die Stellung, die die Wortbildung im Gesamtsystem der Sprache einnimmt ist jedoch sehr umstritten, da sie im Hinblick auf die Produkte, die sie hervorbringt unter Lexik und angesichts der Verfahren, anhand derer Neologismen17 gewonnen werden, unter Morphologie subsummiert werden kann. Zuzuglich wird auch die Auffassung anerkannt, dass die Wortbildung genau so wie die Morphologie, Grammatik und Syntax ein eigenstandiger und unabhangiger Bereich der Sprache ist, die lediglich „ihre Produkte der Lexik zur Verfugung stellt“ (Geckeler/Dietrich 2012:109). Wortbildungsprozesse verkorpern also synchrone18 grammatische Verfahren, deren Produkte in den Wortschatz aufgenommen werden. Die Bildung von neuen Wortem geschieht allerdings keineswegs willkurlich. Sie ist bestimmten Kombinationsregeln ausgesetzt, die Wortbildungsregeln genannt werden. Die Wortbildung stellt neben den Entlehnungen aus Fremdsprachen, dem Bedeutungswandel und der Bildung von phraseologischen Wortverbindungen ein Hauptverfahren dar, das erheblich zur Erweiterung des Wortschatzes der franzosischen Sprache beitragt19.

2.2 Wort und Wortschatz

Wie schon in der Einleitung angedeutet, wird ein groBer Wert darauf gelegt, dass zu Beginn der Begriff'Wort' naher erlautert wird, zumal eine wissenschaftliche Arbeit uber die Wortbildung notwendigerweise eine Definition des 'Wortes' nach sich zieht20. Obwohl das 'Wort' auf den ersten Blick relativ simpel erlautem zu sein scheint, fallt bei naherer Betrachtung auf, dass eine explizite Begriffsbestimmung nicht ganz unproblematisch und unter Umstanden sogar umstritten ist21. Daher soil im Folgenden, wenn auch nicht eine profunde, so zumindest eine hilfreiche Erlauterung zu dem Begriff 'Wort' gegeben werden. Die Erkenntnis, dass eine allgemein gultige Definition des 'Wortes' angesichts einzelsprachlicher Verschiedenheiten nicht prazise genug sein kann, fuhrte zu dem Entschluss, in der Linguistik den Wortbegriff zu vermeiden. Stattdessen wurde vorgezogen, sich auf den Terminus 'Morphem' festzulegen. Grundelemente, anhand derer die Worter geformt werden konnen, werden 'Morpheme' genannt; folglich sind 'Morpheme' also die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten der Sprache22. Der amerikanischen Sprachwissenschaft zufolge, werden je nach Funktion zwischen lexikalischen und grammatischen Morphemen unterschieden, die wiederum nach ihrer Distribution, in freie und gebundene Morpheme klassifiziert werden23. Als grammatische Morpheme werden alle Elemente eines Satzes verstanden, wohingegen ein lexikalisches Morphem als ein Element des Wortschatzes betrachtet wird. Wahrend die Menge der grammatischen Morpheme {mots grammaticaux/vides) - hierzu zahlen Prapositionen, Pronomina, Konjunktionen und Artikel - in der Regel konstant bleibt, ist die Menge der lexikalischen Morpheme {mots lexicaux/pleins), die auch als 'Lexeme' bezeichnet werden, - hierzu zahlen Substantive, Verben, Adjektive und Adverbien - recht variabel24. Der Unterschied zwischen einem freien und einem gebundenen Morphem besteht darin, dass freie Morpheme autonom erscheinen konnen, gebundene dahingegen nicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2 Typen von Morphemen

Unter 'Wortschatz' wird die Gesamtheit aller Worter, die in einer Sprache enthalten sind verstanden25. Derzeitig wird angenommen, dass der Gesamtwortschatz der franzosischen Sprache ungefahr 200.000 Worter beinhaltet, wobei Eigennamen und Fachterminologien nicht mit einkalkuliert werden, da diese einen Umfang von mehreren hunderttausend Wortern haben26. Es ist erkennbar, dass der Wortschatz des Franzosischen durch die zahlreiche Neu- und gelehrte Bildungen, die Aufnahme von Substandartwortschatz, Regionalwortschatz und Entlehnungen aus modernen Sprachen (vor allem aus dem Englischen) sowie durch Abkurzungen kontinuierlich bereichert wird27. Die einzelnen Verfahren der Wortschatzerweiterung werden im Laufe der nachsten Seiten vorgefuhrt.

3. Wortbildungsverfahren

Nachdem auf den vorigen Seiten das Fundament der Wortbildung gelegt worden ist, sollen nun in den folgenden Punkten die verschiedenen Verfahren der Wortbildung dargestellt werden. Es sei im Vorhinein vermerkt, dass gewisse Unstimmigkeiten zwischen mehreren Sprachwissenschaftlern weitgehend dazu fuhrte, dass die grundlegenden Wortbildungsverfahren der franzosischen Gegenwartssprache von Literatur zu Literatur variieren.

3.1 Derivation

Die Derivation (auch Ableitung) wird prinzipiell von alien Sprachwissenschaftlerin als ein Verfahren der Wortbildung anerkannt. Hierbei wird durch das Anfugen eines Affixes an die Derivationsbasis ein neues Wort gebildet. Die Resultate werden als 'Derivate' bezeichnet. Je nach ihrer Position im Wort, wird zwischen den folgenden Affixen unterschieden: Prafixe, Suffixe, Circumfixe, Infixe, Interfixe, Transfixe und Suprafixe. Da bei der Derivation im Franzosischen nur Prafixe, Suffixe und Circumfixe eine Rolle spielen, werden alle anderen Affixe nicht naher erlautert.

3.1.1 Prafigierung

Bei der Prafigierung wird die Derivationsbasis mit einem Prafix, das heisst einem Affix, das vor dem Basislexem steht versehen. Durch die Prafigierung wird die Wortklasse nicht verandert. Das bedeutet, dass ein prafigiertes Verb weiterhin ein Verb und ein prafigiertes Substantiv weiterhin ein Substantiv bleibt. Das Derivat gehort immer der gleichen Wortart an wie das Grundwort. Der Ubergang in eine andere Wortart ist grundsatzlich ausgeschlossen28.

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Typische Prafixe, die im Franzosischen zur Bildung einer Negation bzw. eines Antonyms verwendet werden, sind a - {politique > apolitique), de-29 {favorable > defavorable), me - {content > mecontent) und in-30 {accessibility > inaccessibility), wobei angemerkt werden muss, dass nicht alle mit in- prafigierten Lexeme auch zwangslaufig eine Verneinung ausdrucken {different / indifferent, offensif / inoffensif)31. Iterative Vorgange konnen durch das Anfugen des Prefixes re- {demander > redemander) wiedergegeben werden. Das Besondere an diesem Prafix ist, dass es nahezu unbeschrankt und an alien Wortarten (V: rejouer, N : retransmission, A: reconstructible) angewendet werden kann.

Angesichts der Latinisierung zur Zeit der Renaissance, wurden diverse Prafixe aus dem Lateinischen ins Franzosische ubemommen. Zu diesen Prafixen konnen folgende gezahlt werden: Durch das Prafix co- {directeur > codirecteur, exister > coexister) kann eine Simultanitat oder Einheit gekennzeichnet werden. Das Prafix bi- {bisexuel, bilingue, bipolaire) wird eingesetzt, um eine Doppelheit/Zweiheit auszudrucken. Die ungemein fruchtbarsten lateinischen Prafixe sind anti- {antichristianisme, antiroi) und ex- {ex-ministre, ex-depute).

Eine Untergruppe zu den Prafixen bilden die sogenannten Prafixoide. Prafixoide sind - in dem selben MaBe wie die Prafixe - Wortbildungsmittel, die uberwiegend aus dem Griechischen und Lateinischen ubernommen wurden. Sie sind keine autonomen

Worter und werden folglich nur in Verbindung mit franzosischen Basislexemen gebraucht. Eine Ausnahme bildenjedoch die Kurzungen auto, cine, micro, etc.32.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1.2 Suffigierung

Bei der Suffigierung wird die Derivationsbasis mit einem Suffix, das heisst einem Affix, das nach dem Basislexem steht versehen. Im Gegensatz zur Prafigierung, liegt bei der Suffigierung eine Veranderung der Wortklasse durchaus im Rahmen des Moglichen. Dies bedeutet, dass das neugebildete Wort sowohl einer anderen als auch der gleichen Wortart angehoren kann33. In der Regel ist letzteres seltener der Fall.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei dem ersten Beispiel handelt es sich um eine deverbale Derivation durch Suffigierung zum Substantiv und bei dem zweiten um eine deverbale Derivation durch Suffigierung zum Adjektiv.

Suffixe konnen insgesamt in 4 Gruppen eingeteilt werden. Die erste Gruppe bilden die Nominalsuffixe, die hauptsachlich die Bildung von Substantiven und Adjektiven ermoglichen. Da eine Auflistung aller Nominalsuffixe uber mehrere Seiten hinausgehen wurde, wird nachfolgend nur ein geringer Teil aufgezahlt34. Zur Bezeichnung einer Handlung und/oder des Resultats einer Handlung, konnen unter anderem die Suffixe -ion {realiser > realisation), -ment {bombarder > bombardement) und -age {secher > sechage) zur Verfugung stehen. Fur die Bildung von Kollektiva (feuitte > feuillage) und Nomina actionis {cambrioler > cambriolage) wird von dem Suffix -age Gebrauch gemacht. Das Suffix -eur {danser > danseur, servir > serveur) dient zur Bezeichnung des Handlungstragers, wohingegen durch das Suffix -euse {danseuse, serveuse) feminine Nomina agentis erzeugt werden konnen35. Mithilfe des Suffixes -ade konnen zum einen Kollektiva {colonnade, barricade), zum anderen Bezeichnungen fur Getranke {limonade, citronnade) und Handlungen {promenade) gewonnen werden. Des Weiteren kann durch das Suffix -ade, die uberwiegend in dem registre familiaire und registre populaire kursiert, eine pejorativ konnotierte Ableitung erhalten werden {braillard, demerdard, crevard). Anhand des Suffixes -able kann entweder ein Adjektiv gebildet werden, das eine passivische Bedeutung (faisable) hat, oder das eine Moglichkeit {imaginable), beziehungsweise eine Eigenschaft {aimable) ausdruckt. Adjektiv-ableitungen konnen mit dem Suffix -atre {bleuatre, jaunatre) erzielt werden. Die Funktion des Suffixes -et bzw. -ette (maisonnette, jillette) ist die Diminution von Substantiven. Jedoch haben suffigierende Affixe, „die affektive Nuancen ausdrucken (VergroBerung, Verkleinerung, Liebkosung, [...]), in der gehobenen aber auch in der normalen Sprache kaum noch Vitalitat [...]“ (Haensch/Lallemand 1972 : 23).Wahrend das Verfahren der Diminutiv- und Augmentativbildung, auf dessen Gebrauch Ronsard besonders bestand, im Altfranzosischen noch lebendig war, wurde es beim Ubergang zum Neufranzosischen weitgehend abgelehnt. Im Laufe der Zeit wurde die suffixale Diminution und Augmentation von Substantiven, die bis auf im Franzosischen in alien romanischen Sprachen groBtenteils erhalten blieb, durch petit/petit + Substantiv bzw. grand/grande + Substantiv weitgehend abgelost36. Das in der Regel der Diminution dienende Suffix -etl- ette kann fur die Bezeichnung von Instrumenten {soufflet, sifflet, allumette, lorgnette) angewendet werden, die kleinere Handgerate darstellen37.

Die zweite Gruppe bilden die Verbalsuffixe. Durch das Anhangen der Affixe -er und -ir an ein Lexem konnen Verben abgeleitet werden.

[...]


1 „ Umgangssprachliche Form der lateinischen Sprache (aus der sich die romanischen Sprachen entwickelten) Stichwort <Vulgarlatein> in Duden [online]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Vulgaerlatein (letzter Zugriff am 20. Juni 2015).

2 vgl. Geckeler, H. / Dietrich, W. 2012, S. 22.

3 vgl. Geckeler, H. / Dietrich, W. 2012, S. 23.

4 Gruppe romanischer Sprachen (bzw. Dialekte), die in Nordfrankreich gesprochen wurden.

5 „Der erste erhaltene literarische franzosische Text“ (Geckeler/Dietrich2012:22).

6 vgl. Stein, A. 2010, S.112.

7 vgl. Stein, A. 2010, S.119.

8 vgl. Geckeler, H. / Dietrich, W. 2012, S. 230.

9 Katharina von Medici entstammte einer florentinischen Familie und wurde durch ihre Ehe zu Heinrich II. ab 1547 zuKoniginvonFrankreich.

10 vgl. Geckeler, H. / Dietrich, W. 2012, S. 230.

11 „Kreis von siebenfranzosischen Dichtern im 16. Jahrhundert, die eine Reinigung und Bereicherung der Dichtung und der dichterischen Sprache nach klassischem Vorbild erstrebten“. Stichwort <Pleaide> in Duden [online]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Pleiade (letzter Zugriff am 21. Juni 2015).

12 vgl. Stein, A. 2010, S.119.

13 „ Oft ubertriebenes Bestreben, eine Nationalsprache besonders von Fremdwortern rein zu halten“. Stichwort <Purismus> inDuden [online]. URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Purismus (letzter Zugriff am 21. Juni 2015).

14 vgl. Stein, A. 2010, S. 31.

15 Formveranderung von Substantiven durch Deklination, von Verben durch Konjugation und von AdjektivendurchDeklinationundKomparation(s. Stein, A. 2010, S. 35).

16 vgl. Meyer-Lubke, W. 1972, S.390.

17 Unter Neologismen werden sowohl neue Wortformen als auch neue Wortbedeutungen verstanden.

18 Synchronie: Beschreibung eines Sprachzustandes zu einer gewissenZeit Diachronie: Beschreibung des Sprachzustandes zu unterschiedlichen Zeitpunkten

19 Die Erweiterung des Wortschatzes einer Sprache dient als Grundlage fuhr ihre Bereicherung und Emeuerung (s.Haensch, G. /Lallemand, A. 1972, S. 9).

20 vgl.Rohrer,C. 1977, S. 11.

21 vgl. Wolf, B. 1990, S. 17.

22 vgl. Wandruszka, U. 1976, S. 1.

23 vgl. Geckeler, H. / Dietrich, W. 2012, S. 88.

24 vgl. Lehman, A. / Martin-Berthet, F. 2008, S. 21.

25 vgl. Lehman, A. / Martin-Berthet, F. 2008, S. 22.

26 vgl. Stein, A. 2010, S. 134.

27 vgl. Geckeler, H. / Dietrich, W. 2012, S. 258.

28 vgl. Schpak-Dolt, N. 2010, S. 118.

29 Die Prafixe des- (agreable > desagreable) und dis- (proportion > disproportion) sind Allomorphe.

30 Die Prafixe im- (moral > immoral), il- (lisible > illisible) und ir- (respect > irrespect) sind Allomorphe.

31 vgl. Lehmann, A.,/Martin-Berthet, F. 2008, S. 207.

32 vgl Haensch, G. /Lallemand, A. 1972, S. 54.

33 vgl. Schpak-Dolt, N. 2010, S. 87

34 Naheres in Staib, B. 1988 S. 128-220.

35 Das Suffix -eur wird ebenfalls fur die Ableitung der Nomina instrumenti (aspirateur) gebraucht.

36 vgl. Ludtke, J. 2005, S. 333.

37 vgl. Wandruszka, U. 1976, S. 61.

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Komposition als Verfahren der Wortbildung im Französischen mit anschließender Korpusanalyse
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
40
Katalognummer
V426478
ISBN (eBook)
9783668709997
ISBN (Buch)
9783668710009
Dateigröße
775 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
komposition, verfahren, wortbildung, französischen, korpusanalyse
Arbeit zitieren
M.o.A. Fatma Betül Akcora (Autor:in), 2015, Komposition als Verfahren der Wortbildung im Französischen mit anschließender Korpusanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/426478

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