E. T. A. Hoffmanns "Klein Zaches genannt Zinnober": Verwandlungen der Wirklichkeit

Feenreich - Aufklärung - "Entzauberung":


Seminararbeit, 2001

11 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Gliederung

I. Vorwort

II. Hauptteil
A. Feenreich
1. Rosabelverde
2. Prosper Alpanus
3. Ironisierung der Feengestalten
B. Aufklärung: Ihre Einführung
1. Mosch Terpin
2. Weitere Vertreter der Aufklärung
C. „Entzauberung“ – Verwandlungen der Wirklichkeit
1. Verzauberung von Klein Zaches und ihre Wirkungen
2. Entzauberung des Zinnober und deren Wirkungen

III. Nachwort

Literaturverzeichnis

I. Vorwort

Das Thema der vorliegenden Arbeit ist identisch mit dem Thema des ebenfalls vom Bearbeiter gehaltenen Referats vom 5. und 12.06.2001. Naturgemäß ist die Hausarbeit umfangreicher ausgefallen; die Schwerpunkte sind jedoch im wesentlichen gleich gewichtet worden. Bei beiden Prüfungsteilen wurden dieselben Quellen verwendet; allerdings hat der Bearbeiter bei der Zitierung von Sekundärliteratur versucht, eine ideologische Überfrachtung der Arbeit zu vermeiden.

Der Bearbeiter wünscht viel Vergnügen bei der Lektüre.

II. Hauptteil

Grundsätzlich ist das Feenreich in „Klein Zaches genannt Zinnober“ im dualistischen Gegensatz zur Realität konzipiert, was Prosper Alpanus so umschreibt, dass er „nach dem Urteil aller vernünftigen Leute (sei), die nur im Märchen auftreten (dürfe)“[1]. Der Dualismus zwischen rationalistischer und romantischer Weltanschauung in der nachaufklärerischen Phase[2] findet bei Hoffmann seine Entsprechung in der Behandlung des Typenpaares Bürger - Künstler[3]. Dabei steht der Bürger wie etwa Professor Mosch Terpin für wissenschaftlichen Rationalismus und gesellschaftlichen Pragmatismus, während der Künstler in Gestalt des Balthasar die Dimensionen von Poesie und Fantasie vertritt.

A. Feenreich

Im vorliegenden Märchen agieren als dritte Personengruppe Figuren aus einem imaginären Feenreich: Der Magier Prosper Alpanus unterstützt den „Künstler“ Balthasar bei dessen Brautwerbung, während die Fee Rosabelverde mit der Verwandlung des missratenen Klein Zaches in den politischen Karrieristen Zinnober und die hiermit korrespondierende Verwirrung des Bürgertums das eigentliche Movens der Handlung setzt.

1. Rosabelverde

Rosabelverde stammt ursprünglich aus dem Märchenreich Dschinnistan, wo sie „als das hoffnungsvollste Mädchen“[4] galt. Sie ist nicht nur im Feenreich heimisch, sondern hat auch als Stiftsfräulein von Rosenschön eine bürgerliche Existenz.[5] Der Erzähler schildert ihre Erscheinung mit durchgehend positiven Attributen: Sie ist groß, selbstsicher und hat einen huldvollen Blick;[6] trotz eines mutmaßlich sehr hohen Alters scheint nach Erreichen vollendeter Schönheit der Alterungsprozess selbst unterbrochen worden zu sein, so dass sie ewige Jugend und Schönheit ausstrahlt[7]. Ihre Affinität zur Flora und vor allem ihre Fähigkeit zur Kommunikation mit Bäumen, Bächen oder Vögeln[8] indizieren ebenso ihre Feengabe wie gewisse, mit dem Kausalitätsgesetz nicht zu vereinbarende Fähigkeiten wie etwa das Ungenießbarmachen von Milch durch bloßes Niesen[9] oder auch die im Duell mit Prosper Alpanus stattfindenden Metamorphosen zu einem Trauermantel, einem Mäuschen oder einem Kolibri[10]. Dagegen sind gelegentlich Rheumatismus[11] und die Vorliebe für Kaffee[12] Merkmale ihres zweiten, des menschlichen Antlitzes.

2. Prosper Alpanus

Gegenspieler der Rosabelverde innerhalb des Feenreichs ist der Magier Prosper Alpanus: Auch dieser erscheint seiner Umwelt als Arzt im Ruhestand[13] in durchaus konventioneller Manier. Körperlich eher unauffällig verfügt er über eine Art zweites Gesicht.[14] Sein Alter muss über 2000 Jahre betragen;[15] vor seiner Promotion hat er wie die Normalsterblichen studieren müssen[16]. Die Einführung der Aufklärung unter Fürst Paphnutius überstand Prosper durch bis zum Opportunismus ausartende Anpassung an die neuen Verhältnisse.[17]

Wohnhaft ist der Magier auf einem Landgut, welches durch Verzauberung eine enorme ökonomische Qualitätssteigerung erfahren hat[18] und dessen Garten von weiteren Fabelwesen wie beispielsweise Einhörnern oder Fröschen, die zu Gärtnern mutieren können, bevölkert wird[19].

Im Landhaus selbst befindet sich eine Bibliothek mit Folianten voller – bei Bedarf zum Leben erweckbarer – Fantasiegestalten.[20] Als zusätzliches magisches Inventar enthält das Haus einen Spiegel, in dem mittels Gedankenkonzentration weit entfernte Menschen und Vorgänge abgebildet werden können.[21] Außerhalb seines Domizils kündigt sich ein Auftritt Prospers mit Musik an;[22] begleitet wird er regelmäßig von diversen Fabeltieren wie Einhörnern, Silberfasan oder Goldkäfer[23]. Dabei pflegt er einzufliegen[24] und ein magisches Rohr mitzuführen[25]: Letzteres verwendet er sowohl zur Motivation von Balthasar[26] als auch zur vorübergehenden Verwandlung von Rosabelverde[27]. Nichtsdestotrotz unterliegt Prosper typisch menschlichen Affekten: So ist er zu Liebe, Frustration und Aggression fähig;[28] Anteilnahme am Schicksal anderer kommt in seinem Angebot zur ärztlichen Hilfe für die Stiftsdamen zum Ausdruck[29].

Besondere Sympathie hegt er für seinen Schützling Balthasar als dem Vertreter des eingangs[30]

erwähnten Künstlertypus.[31] Nicht nur unterstützt Prosper diesen bei der Werbung um Candida, sondern er erzielt mittels des magischen Rohrs oder der Berührung mit einem einfachen Blumenstrauß[32] bei Balthasar geradezu psychotherapeutische Effekte.

Wie auch Rosabelverde legt Prosper beim Auftritt in der bürgerlichen Realität alles Mysteriös-Irritierende ab.[33]

[...]


[1] S. 86, Z. 34 f.

[2] Vgl. Heinz Puknus, „ Dualismus und versuchte Versöhnung – Hoffmanns zwei Welten vom ‚Goldenen Topf‘ bis ‚Meister Floh“ in: Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.): E. T. A. Hoffmann, München 1992, S. 53.

[3] Vgl. Puknus S. 57.

[4] S. 77, Z. 24.

[5] Vgl. S. 14, Z. 2 f.

[6] Vgl. S. 11, Z. 4 ff.

[7] Vgl. S. 11, Z. 16 ff.

[8] Vgl. S. 11, Z. 33 ff.

[9] Vgl. S. 12, Z. 35 ff.

[10] Vgl. S. 76, Z. 16 ff.

[11] Vgl. S. 75, Z. 3.

[12] Vgl. S. 75, Z. 6 ff.

[13] Vgl. S. 74, Z. 35 f.

[14] Vgl. S. 60, Z. 10 ff.

[15] Vgl. S. 84, Z. 8 ff.

[16] Vgl. S. 77, Z. 23 ff.

[17] Vgl. S. 77, Z. 34 ff.

[18] Vgl. S. 87, Z. 23 ff.

[19] Vgl. S. 59, Z. 6 ff.

[20] Vgl. S. 61, Z. 15 ff.

[21] Vgl. S. 63, Z. 21 ff.

[22] Vgl. S. 52, Z. 27 ff.

[23] Vgl. S. 53, Z. 3 ff.

[24] Vgl. S. 83, Z. 25 ff.

[25] Vgl. S. 53, Z. 9 ff.

[26] Vgl. S. 56, Z. 33 ff.

[27] Vgl. S. 74, Z. 18 ff.

[28] Vgl. S. 84, Z. 8 ff.

[29] Vgl. S. 74, Z. 32 ff.

[30] Vgl. unter II.

[31] Vgl. S. 85, Z. 33 ff.

[32] Vgl. S. 83, Z. 33 ff.

[33] Vgl. Brigitte Feldges und Ulrich Stadler, E. T. A. Hoffmann: Epoche – Werk – Wirkung, München 1986, S. 104.

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
E. T. A. Hoffmanns "Klein Zaches genannt Zinnober": Verwandlungen der Wirklichkeit
Untertitel
Feenreich - Aufklärung - "Entzauberung":
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Germanistisches Seminar)
Veranstaltung
E. T. A. Hoffmann
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
11
Katalognummer
V42655
ISBN (eBook)
9783638406475
ISBN (Buch)
9783638772693
Dateigröße
4854 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hoffmanns, Klein, Zaches, Zinnober, Feenreich, Aufklärung, Entzauberung, Verwandlungen, Wirklichkeit, Hoffmann
Arbeit zitieren
Dr. phil. Ass. iur. M.A. Reiner Scheel (Autor:in), 2001, E. T. A. Hoffmanns "Klein Zaches genannt Zinnober": Verwandlungen der Wirklichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42655

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