Von Darstellungen der griechischen und römischen Antike über Werke der Frühen Neuzeit bis hin zur kontemporären Kunst – ein Thema scheint die bildenden Künste, vor allem aber die Gattungen der Malerei und Bildhauerei, seit Anbeginn ihrer selbst zu begleiten: Die Darstellung des menschlichen Körpers in seiner ursprünglichsten aller Erscheinungen. Selten wurde ein Sujet in der abendländischen Bilderwelt so zeitlos und wiederkehrend behandelt, wie die Ausführung des unbekleideten menschlichen Leibes. Doch betrachtet man die Bedeutung von der Nacktheit beziehungsweise des Nackten in der Kunst (eine Differenzierung soll an späterer Stelle vorgenommen werden), so ist festzustellen, dass die Notion im Laufe der Jahrhunderte einem Wandel unterworfen war. Von der unschuldigen Blöße der biblischen Ureltern über die einst heroischen Bildnissen antiker Regenten und mythologischer Gottheiten bis hin zur lasziv rezipierten Olympia und Courbets unverhohlenem Ursprung der Welt, fand auf Seiten der Künstler wie der Rezipienten eine Revision bezüglich des Umgangs mit dem Nackten statt. Vormals positiv konnotiert und als fester Bestandteil des Alltags (denkt man an die heroischen Bildnisse der Antike), erfuhr der bare menschliche Körper in der Öffentlichkeit scheinbar eine Entästhetisierung, welche dazu führte, dass dessen bloße Zurschaustellung einen Skandal hervorzurufen vermochte und von der Gesellschaft als nicht salonfähig – ebenso im wörtlichen Sinne – moniert wurde.
Inhalt dieser Arbeit ist es, zu eruieren, ob und – falls ja – was diese Entästhetisierung des Nackten in der abendländischen Kunst ausgelöst hat und inwiefern diese womöglich mit dem Zivilisierungsprozess in Verbindung gebracht werden kann. Um jedoch von einer Entästhetisierung sprechen zu können, muss zunächst geklärt werden, was unter der Idee des Ästhetischen zu verstehen ist. Hierzu sollen Betrachtungen zur Ästhetik von Baumgarten, Kant und Hegel herangezogen werden, welche aufeinander aufbauend den Begriff der Ästhetik formten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Begriff der Ästhetik
- Der gegenderte Blick
- Notwendigkeit des Aktes
- Legitimation des entblößten Körpers
- Ideale Nacktheit
- Fetischismus
- Entästhetisierung des Aktes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Entästhetisierung des Nackten in der abendländischen Kunst zu untersuchen und zu ergründen, welche Faktoren möglicherweise zu diesem Phänomen beigetragen haben. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Verbindung zur Zivilisation und den Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels auf die Darstellung des menschlichen Körpers.
- Die Entwicklung des Ästhetischen in der Kunst
- Der gegenderte Blick auf den Akt
- Der Einfluss des Zivilisierungsprozesses
- Die Rolle der gesellschaftlichen Normen und Konventionen
- Die Veränderungen in der Rezeption des Nackten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Darstellung des Nackten in der abendländischen Kunst wird von der Antike bis zur Moderne beleuchtet. Es wird ein Wandel im Umgang mit der Darstellung des Körpers beobachtet, der von einer unschuldigen Blöße hin zu einer kontroversen Rezeption führt.
Der Begriff der Ästhetik
Die Konzepte von Baumgarten, Kant und Hegel zum Begriff der Ästhetik werden dargestellt. Der Fokus liegt dabei auf der sinnlichen Erkenntnis und der Rolle von Zweckmäßigkeit und Schönheit in der ästhetischen Wahrnehmung.
Der gegenderte Blick
Der rezeptionsästhetische Ansatz von Kemp wird erläutert, der die Rolle des Betrachters in der Interpretation des Kunstwerks betont. Es wird die These aufgestellt, dass Bilder speziell für bestimmte Zielgruppen geschaffen werden, was auch für die Darstellung des Nackten gilt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen dieser Arbeit sind die Entästhetisierung des Nackten, der gegenderte Blick, der Zivilisierungsprozess, die Ästhetik, der Akt, die Darstellung des Körpers in der Kunst und die Veränderungen in der gesellschaftlichen Rezeption des Nackten. Weitere relevante Begriffe sind: Baumgarten, Kant, Hegel, Kemp, Olympia, Manet, Courbet.
- Arbeit zitieren
- Josef Kirschner (Autor:in), 2017, Von der Entästhetisierung des Nackten in der abendländischen Kunst, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/426607