Warum werden Menschen süchtig? Die Bedeutung der psychoanalytischen Suchttheorie für die Soziale Arbeit


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2018

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Psychoanalytische Suchttheorie
2.1 Psychoanalyse
2.2 Triebdynamik
2.3 Objektbeziehungen
2.4 ICH psychologische Defizite
2.5 Angst und Aggression

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In Deutschland, Österreich, Frankreich und anderen Ländern dieser Erde ist ein Trend zu erkennen, der sich nicht desavou- ieren lässt. Immer mehr Kinder, Jugendliche und junge Er- wachsene nehmen Drogen zu sich. Die Kinder- und Jugend- psychiatrien sind voll mit jungen Patienten und Patientinnen, die anhand oder aufgrund ihrer Abhängigkeitsproblematik mehr oder weniger schwer erkrankt sind. Der Ruf nach einer schnellen Hilfe wird immer lauter. Trotzdem steht man Pro- jekten, wie z.B. der drogenakzeptierenden Arbeit (Cafe Nau- tilus) kritisch und mit Unverständnis gegenüber.

„Für die Fachwelt ist klar, dass die Gründe für die Entstehung einer Suchtmittelabhängigkeit nicht in der Droge oder in sonst einem Umstand allein liegen. Sie sind immer das Resul- tat des Aufeinandertreffens verschiedener Faktoren (Nieder- sächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales 1999, S. 15)“. Diese Faktoren werden im sog. Drogendreieck anschaulich dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Abhängigkeit und Sucht

Quelle: in Anlehnung an: Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales (Hrsg.): Prävention und Hilfe bei Suchtmittelmissbrauch, Hannover 1999, S. 16

Eine Menge Wissenschaftler, aus den unterschiedlichsten Wissenschaftsdisziplinen (Biologie, Soziologie, Psychoana- lyse, Psychologie, Medizin, Sozialwissenschaften), haben das Suchtverhalten als Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen ge- nommen und in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl an the- oretischen Modellen entwickelt, mit dem gemeinsamen Ziel die Sucht zu erklären bzw. transparenter darzustellen.

In dieser Arbeit möchte ich den Faktor „Persönlichkeit“ ge- nauer untersuchen. Dazu werde ich im zweiten Kapitel auf die psychoanalytische Suchttheorie eingehen und die ver- schiedenen Aspekte vorzustellen, die als entscheidende Komponenten für die Suchtentstehung angesehen werden.

2. Psychoanalytische Suchttheorie

2.1 Psychoanalyse

Die Psychoanalyse wurde von dem bekannten Wiener Psy- chiater Sigmund FREUD begründet. Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben sich die psychoanalytischen Theorie- modelle in vielen Teilen unserer Erde etabliert. Ehemalige Freudschüler, wie z.B. ADLER, JUNG oder FROMM, ha- ben die Psychoanalyse weiterentwickelt oder abgewandelt (vgl. Dörner/Plog 1996, S. 568). Ihnen verdanken wir zahl- reiche Theorien, mit denen man komplizierte, intrapsychische Vorgänge transparenter darstellen kann. Trotzdem sucht man vergeblich nach einem Patentrezept, einem roten Faden, ei- nem Reparaturleitfaden der Psyche, mit dem man seelische Vorgänge beheben oder folgerichtig definieren kann.

Dennoch stellt sich die Frage, welche psychoanalytischen Theoriemodelle dazu benutzt werden können, um die Sucht, also die Abhängigkeit von einer bewusstseinsverändernden Droge, anschaulich darzustellen?

2.2 Triebdynamik

Die in der Literatur existierenden Meinungen über die Sucht- entstehung sind umfangreich und laufen meinem Erachten nach immer wieder auf die Frage hinaus, welche Funktion die Persönlichkeit, bei der Entstehung von Sucht, einnimmt. Hin- sichtlich der Entstehung kann die Psychoanalyse dabei hel- fen, den Faktor „Persönlichkeit“ genauer zu untersuchen.

Die Sucht wird in der Psychoanalyse als Symptom einer zu- grundeliegenden Persönlichkeitsstörung angesehen (vgl. ebd.). Der frühkindlichen Entwicklung muss in diesem Zu- sammenhang eine besondere Rolle zugewiesen werden, da die Grundlagen der eigenen Individualität in der oralen Phase gelegt werden (vgl. Blackham 1979, S. 48).

Die Triebdynamik steht bei älteren psychoanalytischen Theorieansätzen im Vordergrund:

„Nach klassischer psychoanalytischer Auffassung werden mit süchtigem Trinken und Rauchen, mit Störungen des Eßver- haltens orale Triebansprüche in Zusammenhang gebracht und mit den Begriffen der Fixierung und der Regression be- schrieben. Der Alkoholiker z.B. sei auf der oralen Entwick- lungsstufe fixiert. Bei größeren Belastungen und Konflikten regrediere er auf die Bedürfnisse und Verhaltensweisen die- ser ontogenetischen Frühphase und erfülle sich im Alkohol- konsum orale Triebwünsche (Pongratz zit. nach Lind- ner/Reiners-Kröncke 1993, S. 17f.)“

Kennzeichnend für die orale Phase ist der Mund. Kleinkinder im Alter bis zu etwa einem Jahr neigen dazu, alles in den Mund zu nehmen, was ihnen in die Hände kommt. Das erste Hauptziel dieser Phase besteht darin, die Nahrung aufzunehmen. Durch die orale Reizung werden „Lustgefühle“ hervorgerufen, die das Kind als besonders angenehm empfindet (vgl. Blackham 1979, S. 47).

Erfolgt eine Fixierung in die Oralität, so BLACKHAM, werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene in späteren Belastungssituationen versuchen, ihre Probleme durch Regression auf die Oralität zu lösen. Sie werden im späteren Leben dazu neigen, ihre Probleme durch Passivität oder Abhängigkeit zu begegnen (vgl. ebd., S. 48), mit der Tendenz Unlust abzuwehren und Lust zu suchen.

2.3 Objektbeziehungen

Neben den Merkmalen der Oralität sind es insbesondere die Objektbeziehungen, denen eine wesentliche Bedeutung zu- kommt, wenn es darum geht, die unbewussten Bedingungen für die Entstehung von süchtigen Verhalten aufzuzeigen.

„Die Psychoanalyse geht davon aus, daß die in der frühen Kindheit im Beziehungsgefüge zwischen Kleinkind und El- tern entstandenen und unbewußt gewordenen dynamischen Vorgänge und Strukturen auch die Entstehung von Sucht ent- scheidend bedingen (vgl. Böllinger/Stöver 1992, S. 39).

Das Kind ist etwa ab dem 6. Monat in der Lage seine Be- zugspersonen, insbesondere aber die Mutter, als erstes Lie- besobjekt, zu erkennen, zu der es innerhalb kürzester Zeit ei- ne emotionale Beziehung aufbaut, die dem Kind das Gefühl gibt, wohlversorgt zu sein (primärer Narzissmus). Dieser Zu- stand ist aber nicht von langer Dauer und das Kind bekommt panische Ängste, wenn sich die Mutter aus dem unmittelba- ren Umfeld des Kindes entfernt oder fremde Personen auf- tauchen. Die Intensität der Ängste hängt davon ab, inwieweit die soziale Umgebung des Kindes in der Lage ist, dieses Ab- hängigkeitsbedürfnis aufzufangen bzw. zu befriedigen. Eine Störung dieser Epoche könnte verheerende Auswirkungen auf das Kleinkind haben, insofern, als „die Entwicklung des sogenannten Urvertrauens, ... das dem Kind eine sichere Verwurzelung in einer emotionalen Bindung ermöglicht und damit die Basis zum vertrauensvollen Vordringen in die Welt schafft (Schenk-Danzinger 1996, S. 206)“, davon abhängt, ob die infantilen Abhängigkeitsbedürfnisse befriedigt oder abge- lehnt wurden (vgl. Hoffman/Hochapfel 1991, S. 30f.).

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Details

Titel
Warum werden Menschen süchtig? Die Bedeutung der psychoanalytischen Suchttheorie für die Soziale Arbeit
Autor
Jahr
2018
Seiten
17
Katalognummer
V427637
ISBN (eBook)
9783668718685
ISBN (Buch)
9783668718692
Dateigröße
1033 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sucht, Drogen, Psychoanalyse, Soziale Arbeit, Bedeutung, Jugendliche
Arbeit zitieren
Doktor der Philosophie (PhDr.), Dipl.-Sozialpädagoge, Sozialjurist (LL.M.) Andreas Jordan (Autor:in), 2018, Warum werden Menschen süchtig? Die Bedeutung der psychoanalytischen Suchttheorie für die Soziale Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/427637

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