Die Entstehung von Komik in "Le Mariage de Figaro" und "Le Barbier de Séville" von Beaumarchais


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Komödien
2.1. Allgemein
2.2. Die Komödie im 18. Jahrhundert

3. Die Entstehung von Komik
3.1. Titel
3.2. Figurenkonstellation
3.3. Konflikte und Intrigen
3.4. Handlungskomik
3.5. Wortkomik
3.6. Situationskomik
3.7. Charakterkomik
3.8. Fröhlichkeit und Lustigkeit als Charaktereigenschaft
3.9. Die Komödie in der Komödie
3.10. Komik durch Verwechslung
3.11. Komik durch Wiederholungen
3.12. Informationsvergabe
3.13. Kritik an den Machtverhältnissen
3.14. Komik der Gestik
3.15. Gegenstände
3.16. Tempo und Dynamik

4. Schlußbemerkung

Bibliographie

1. Einleitung

Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit den ersten zwei Teilen der sogenannten Figarotrilogie von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais. Le Barbier de Séville ou la Précaution inutile (1775) und La Folle Journée ou le Mariage de Figaro (1784) werden auch als „Spanische Komödien“[1] bezeichnet. Beide spielen in bzw. in der Nähe von Sevilla in Spanien. Der dritte und letzte Teil, das Drama L’Autre Tartuffe ou la Mère Coupable (1792) spielt sich in Paris ab. Da es durch die Figuren und die Handlung, die aufeinander aufbaut, eine Verbindung zwischen diesen drei Werken gibt, werden sie von Beaumarchais selbst auch als „Roman der Familie Almaviva“[2] bezeichnet. So kommt der Großteil der Figuren, wie zum Beispiel Figaro, der Graf und die Gräfin, in allen drei Stücken vor, obwohl man sie auch unabhängig voneinander lesen kann. Wie schon erwähnt, handelt es sich bei den ersten zwei Stücken um Komödien, beim dritten Teil um ein Drama. Aus diesem Grund soll im nächsten Abschnitt kurz auf die Komödie allgemein und im 18. Jahrhundert eingegangen werden, um den Hauptteil der Arbeit, die Entstehung von Komik, besser einordnen zu können.

2. Komödien

2.1. Allgemein

Eine Definition von Komik zu geben, ist auf Grund der vielen Faktoren und Arten von Komödien schwierig[3]. So kann man zum Beispiel, um nur ein paar Arten von Komik zu nennen, zwischen Charakterkomik[4], Handlungskomik[5], Wortkomik[6], Situationskomik[7] und Sittlichkeitskomik[8] etc. unterscheiden. Einfach ausgedrückt ist alles, was zum Lachen provoziert, komisch[9], obwohl dabei, um zum Beispiel eine bestimmte Situation komisch erscheinen zu lassen, der Kontext nicht außer Acht gelassen werden darf[10]. So werden manch typische Themen[11] von Komödien, wie zum Beispiel Betrug, Missverständnisse, Ehebruch, Berufsprobleme und Charaktereigenschaften erst komisch im Gegensatz zu anderen Personen oder anderen Situationen, was oft mit Hilfe von Unter- und Übertreibungen geschieht[12]. So hat schon in der Antike Aristoteles festgestellt, dass ein harmloser und unschädlicher Fehler komisch wirken kann[13], wenn er nur im richtigen Kontext präsentiert wird. Durch die Auswahl an typischen Themen kommt man aber auch oft in die Nähe des Tragischen[14]. So ist es die Kunst des Autors, mit Hilfe bestimmter komischer Mittel, auf die später noch eingegangen wird, diese tragischen Themen zu entschärfen. Auch wenn es allgemein komische Handlungen oder Verhaltensweisen gibt, so ist Komik aber dennoch auch an eine bestimmte Zeit und Nation gebunden[15].

Jede Komödie hat eine ambivalente Funktion. Ihr Ziel und Aufgabe ist es, gleichzeitig sowohl zu unterhalten, als auch lehrreich zu sein[16]. So hat sie einerseits den didaktischen Nutzen, Laster bloßzustellen, zu provozieren[17] und dadurch zum Nachdenken anzuregen, andererseits aber auch ihr Publikum bzw. ihre Leserschaft zu vergnügen, ohne aber jemanden direkt anzugreifen bzw. zu verletzen[18]. Laut Bergson soll eine Schwäche oder ein Missstand korrigiert werden, um das soziale Leben harmonischer zu gestalten[19]. Das Ende der Komödien besteht in der Regel aus einer unerwartet heiteren Lösung eines Problems oder Konflikts[20]. Am Ende ist man wieder am Ausgangspunkt der Handlung angelangt[21].

2.2. Die Komödie im 18. Jahrhundert

Die damaligen Komödien hatten zur Aufgabe, Machtverhältnisse, das Rechtssystem, die soziale Ordnung oder die Stellung der Frauen in der Gesellschaft satirisch darzustellen und implizit etwas Moralisches, Vorwürfe oder Tadel auszudrücken[22]. Es handelte sich also beim Großteil der Themen um Gesellschaftskritik[23] und Ständesatiren[24], wobei das Absolute in Frage gestellt wird[25]. Aufgabe der Komödien im 18. Jahrhundert war es, möglichst „aktuell“[26] zu sein und die tatsächlichen Zustände aufzuzeigen[27]. Deshalb wurden sie auch als Gesellschafts- oder Sittenkomödien bezeichnet[28]. Auch die beiden comédies gaies[29] von Beaumarchais gehören zu diesen Gesellschaftskomödien, die zwar kritisieren, denen aber anhand der komischen Elemente an Schärfe entzogen wird.

Doch wie wird aus diesen doch sehr ersten Themen dieser Zeit eine lustige und unterhaltsame Komödie? Dies ist das Thema der folgenden Kapitel dieser Arbeit.

3. Die Entstehung von Komik

3.1. Titel

Der Titel, genauer gesagt der erste Teil des Titels von La Folle Journée ou Le Mariage de Figaro[30] deutet schon darauf hin, dass es zu einigen „lustigen“ Schwierigkeiten und Problemen kommen wird bzw. dass sich viele “verrückte“ und lustige Dinge ereignen werden[31]. Der Titel läßt aber nicht erschließen, wen Figaro am Ende heiraten wird. Es wird dadurch eine Finalspannung erzeugt, der Leser will wissen, was passiert und wen Figaro letztendlich heiratet. Der zweite Teil des Titels ist typisch für Komödien. Er ist sehr allgemein und ziemlich neutral[32] und weist auf ein Fest, genauer gesagt auf eine Hochzeit hin[33]. Themen wie Hochzeiten, Spiele, Betrug oder Kuppeleien waren typisch für die damaligen Komödien[34], genauso wie Hindernisse zum Beispiel vor einer geplanten Hochzeit[35], was der erste Teil des Titel ja schon implizit andeutet. Ungewöhnlich ist aber die Tatsache, dass es sich bei der Hochzeit nicht um die Hochzeit eines Adligen, sondern um die eines Dieners handelt, was nicht den klassischen Komödien entspricht[36].

Auch der erste Teil des Titels Le Barbier de Séville ou la Précaution inutile ist sehr allgemein gefasst, wobei der zweite Teil aber schon auf eine Komödie anspielt.

3.2. Figurenkonstellation

Nach Greimas’ Aktantenmodell[37] lassen sich in Le Mariage de Figaro die Figuren in sechs Aktanten einteilen. Subjekt der Handlung ist Figaro. Dieser begehrt Suzanne, die Kammerfrau der Gräfin, sie ist also Objekt. Da Figaro Suzanne liebt und sie heiraten möchte, ist der Sender die Liebe. Empfänger sind Suzanne und Figaro, da beide die Liebe des anderen empfangen. Gegen diese Liebe und die daraus folgende Hochzeit ist der Graf. Er ist in Suzanne verliebt und besteht auf das ius primae noctis, er hat also die Rolle des Opponenten. Auch Bartholo und Marceline sind Opponenten der Hochzeit. Sie will durch einen Schuldschein erzwingen, dass Figaro sie heiratet. Am Ende des Stücks wird sie aber zur Adjuvantin, nachdem sich herausgestellt hat, dass Figaro ihr Sohn ist. Auch die Gräfin ist Adjuvantin. Sie steht auf der Seite ihrer Diener und will die Liebe des Grafen zurückgewinnen.

Auf den ersten Blick scheinen die Relationen des Begehrens nach dem Aktantenmodell einfach und leicht verständlich zu sein, doch sind sie weitaus komplizierter, da noch weitere Figuren eine wichtige Rolle spielen. Marceline, die Wirtschafterin, wird von Bazile, dem Musiklehrer der Gräfin, verehrt. Diese will aber Figaro heiraten, wenn Bartholo, ein Arzt aus Sevilla, sie nicht heiratet, was er zunächst auch nicht will. Die beiden haben ein Kind zusammen, Emmanuel, das entführt worden ist. Letztendlich stellt sich heraus, dass Figaro der verlorene Sohn ist und er somit Marceline gar nicht heiraten kann, da sie seine Mutter ist. Bartholo ist nicht gut auf Figaro zu sprechen, da dieser die Hochzeit zwischen ihm und der Gräfin verhindert hat und die Gräfin den Grafen geheiratet hat. Suzanne ist die Nichte von Antonio, der der Schlossgärtner und Vater von Fanchette ist. Diese wiederum liebt den ersten Pagen des Grafen, Chérubin, der aber die Gräfin liebt. Schließlich liebt aber der Graf die Gräfin wieder, Chérubin hat keine Chancen bei ihr und nimmt mit Fanchette vorlieb. Chérubin liebt eigentlich alle Frauen, er ist ein Spiegel des Grafen, da dieser auch von jeder Frau sehr angetan ist. Die Gräfin ist die Patin von Chérubin. Alle Figuren sind untereinander verwandt oder durch Liebesbeziehungen miteinander verknüpft.

[...]


[1] Vgl. Violaine Géraud, Beaumarchais, L’Aventure d’une Ecriture, Paris: Honoré Champion Editeur 1999, S. 15.

[2] Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, Figaros Hochzeit. Der Barbier von Sevilla. Ein zweiter Tartuffe, Frankfurt am Main: Inselverlag 1981, S. 1.

[3] vgl. Jean-Marc Defays, Le Comique. Principes, Procédés, Processus, Paris: Editions du Seuil 1996, S. 13.

[4] vgl. Jürgen Schoormann, Komik und Komödie. Maerialien für die Sekundarstufe II. Deutsch: Reihe A, Hannover: Hermann Schroedel Verlag KG 1976, S. 10.

[5] vgl. Schoormann 1976: 10

[6] vgl. Schoormann 1976: 10

[7] vgl. Schoormann 1976: 10

[8] vgl. Defays 1996: 13

[9] vgl. Defays 1996: 9

[10] vgl. Defays 1996: 39

[11] vgl. Schoormann 1976: 12

[12] vgl. Schoormann 1976: 12

[13] vgl. Gottfried Müller, Theorie der Komik. Über die komische Wirkung im Theater und Film. Würzburg: Konrad Triltsch Verlag 1964, S. 9.

[14] vgl. Schoormann 1976: 12

[15] vgl. Schoormann 1976: 13

[16] vgl. Müller 1964: 43

[17] vgl. Defays 1996: 13

[18] Thomas Klinkert, Einführung in die französische Literaturwissenschaft, Berlin: Erich Schmidt Verlag 2000, S. 164.

[19] vgl. Defays 1996: 16

[20] vgl. Schoormann 1976: 13

[21] vgl. Henri Bergson, Le Rire. Essai sur la Signification du Comique, Paris: Librairies Félix Alcan et Guillaume Réunies 1910, S. 86.

[22] vgl. Defays 1996: 11

[23] vgl. Dietmar Rieger, 18. Jahrhundert, Theater, Conte Philosophique und Philosophisches Schriftentum, Tübingen: Stauffenberg Verlag 2001, S. 11.

[24] vgl. Rieger 2001: 11

[25] vgl. Defays 1996: 26

[26] Rieger 2001: 11

[27] vgl. Defays 1996: 25

[28] vgl. Schoormann 1976: 10

[29] Rieger 2001: 191

[30] Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, Le Barbier de Séville. Le Mariage de Figaro. La Mère Coupable, Paris: Garnier – Flammarion 1965.

[31] vgl. Rieger 2001: 193

[32] Bergson 1910: 16

[33] vgl. Defays 1996: 91

[34] vgl. Müller 1964: 39

[35] vgl. Rieger 2001: 200

[36] vgl. Rieger 2001: 194

[37] vgl. Klinkert 2000: 164ff.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Entstehung von Komik in "Le Mariage de Figaro" und "Le Barbier de Séville" von Beaumarchais
Hochschule
Universität Regensburg  (Romanistik)
Veranstaltung
Von Le Mariage de Figaro zu Le Nozze di Figaro
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V42821
ISBN (eBook)
9783638407625
ISBN (Buch)
9783638731713
Dateigröße
774 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entstehung, Komik, Mariage, Figaro, Barbier, Séville, Beaumarchais, Mariage, Figaro, Nozze, Figaro
Arbeit zitieren
Sylvia Hadjetian (Autor:in), 2004, Die Entstehung von Komik in "Le Mariage de Figaro" und "Le Barbier de Séville" von Beaumarchais, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42821

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