Grammatische Textmodelle anhand einer Textanalyse von "Das Wasser des Lebens" der Gebrüder Grimm


Hausarbeit, 2016

8 Seiten, Note: 2,00

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die textgrammatischen Modelle
2.1 Das Modell von Roland Harweg
2.2 Das Modell von Harald Weinrich
2.2.1 Die Pronomina
2.2.2 Die Artikel
2.3 Zusammenfassung

3. Literatur

1. Einleitung

Das Ziel dieser Textanalyse ist die Brauchbarkeit der textgrammatischen Modelle in empirische Analyse anhand eines Märchens von Gebrüder Grimm mit dem Titel Das Wasser des Lebens darzustellen. Die Forschungsfrage wäre welche Substitutionstypen weist dieses Märchen auf und wie hängen sie mit dem Gebrauch der Artikel und Pronomina zusammen. In meiner Arbeit werde ich das Modell von Roland Harweg (1968) und das Modell von Harald Weinrich (2003) miteinander vergleichen.

In dem einleitenden Teil werde ich einige wichtige Merkmale der textgrammatischen Modelle erörtern, dann befasse ich mich ausführlicher mit den Modellen von Harweg und Weinrich, die durch einige Beispiele aus dem Märchen erläutert werden. Zum Schluss werden die Ergebnisse der Analyse dargestellt.

2. Die textgrammatischen Modelle

Die textgrammatischen Modelle untersucht den Text als vorliegendes Produkt, als transphrastische (satzübergreifende) Einheit, dessen Struktur zu beschreiben ist. Früher galt der Satz als das primäre sprachliche Zeichen, aber in der textgrammatischen Modelle hat es sich verändert und der Text wurde die oberste und unabhängigste linguistische Einheit betrachtet. Im Buch Textgrammatik: Ein Einführungskurs. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für Anfänger stellen Canisius/Knipf (1996) einige Textdefinitionen dar. Eine einfache Definition von Text formulieren sie folgender: „Ein Text ist eine Folge von Sätzen, die durch syntagmatische Substitution miteinander verbunden sind“ (S.60).

Die Forschungsfrage der textgrammatischen Modelle richtet sich auf die grammatischen Abhängigkeiten, noch präziser auf die einzelnen grammatischen Einheiten, die einen Zusammenhang im Text bilden. Solche Vertextungsmittel, die die grammatischen Abhängigkeiten ausdrücken, können Einzelelemente (wie: Konjunktionen, Pronomina, Artikel, Partikel, Anredeformen, Gliederungssignale, verbale Morpheme zum Ausdruck von Temporalität und Modalität, usw.) aber auch globale Eigenschaften von Sätzen (wie: Intonation, Satzakzent, Satzgliedfolge, Thema-Rhema Gliederung, usw.) sein. Die wichtigsten Vertreter dieser Modelle sind: Roland Harweg, Frantisek Danes und Harald Weinrich zu nennen. (Heinemann/Viehweger 1991, S. 27f)

2.1 Das Modell von Roland Harweg

Harweg definiert den Text in seinem in 1968 publizierten Buch mit dem Titel Pronomina und Textkonstitution wie „ein durch unterbrochene pronominale Verkettung konstituiertes Nacheinander sprachlicher Einheiten“ (Harweg 1968, S.148). Er macht einen Unterschied zwischen Substituentia (die ersetzende Elemente) und Substituenda (die zu ersetzende Elemente), die in der Textkonstitution zusammenwirken. Des Weiteren stellt er dar, wie einen sprachlichen Ausdruck durch einen anderen ersetzt werden kann. Ein Substituendum besteht typischerweise aus einem unbestimmten Artikel und einem Nomen, Beispiele aus dem untersuchten Märchen: ein König (Z.1), ein alter Mann (Z.3), ein Mittel (Z. 5) aus unbestimmten Zahlwörtern z.B. drei Söhne (Z.2), zwei Löwen (Z.36), zwei Bergen (Z. 59-60), aber es kann auch aus einem Indefinitpronomen z.B. jedem (Z. 36), niemand (Z. 1). Ein Substituens besteht aus einem bestimmten Artikel und einem Nomen z.B.: der Alte (Z.5), der König (Z.9), der Prinz (Z.10), aber es kann auch aus attributiven Demonstrativpronomen z.B. dieser (Z. 28), aus anaphorisch verwendeten Adverbien wie z.B.: da (Z.12), danach (Z.66) oder aus anaphorisch verwendeten Pronomina er (Z. 1), die (Z. 2) usw. bestehen.

Harweg unterscheidet die paradigmatische und syntagmatische Substitution voneinander. Die syntagmatische Substitution kann entweder eindimensional (bloße Wiederholungen des gleichen Ausdrucks) oder zweidimensional (solche Ausdrücke die durch andere Ausdrücke wiederaufgenommen sind) sein. Beispiele für eindimensionale syntagmatische Substitution aus dem Beispieltext sind folgende: der König (Z.9, 10, 20 usw.) wird im Laufe des Märchens sechsmal wiederholt, der Prinz (Z.10, 13, 15, 21 usw.) wird achtzehnmal, der Zwerg (Z. 24, 40 usw.) viermal, die Königstochter zweimal (Z.113, 128), der Jäger (Z. 96, 97, 99 usw.) sechsmal, das Wasser des Lebens (im Titel, Z. 5, 8, 30 usw.) neunmal. Interessant ist, dass die Pronomen er/sie/es betrachtet er als „reinste und prägnanteste Repräsentanten der Pronominalität“ (Harweg 1968, S.25) aber auch alle ersetzenden Elemente betrachtet er als Pronominalisierungen, wie z.B.: Metaphern, Metonymien, Synonyme, usw. Harweg definiert alle Pronomina als zweidimensionale Substituentia, weil z.B. /er/ einerseits andere Wörter wiederaufnehmen kann z.B.: wie im Fall von Z.1., hier bezieht sich /er/ auf den König, andererseits weil /er/ eine ganze Klasse von Wörtern ersetzen kann z.B.: /er/ in Zeile 16 und in Zeile 17 bezieht sich auf den Prinz, /er/ in Zeile 61 bezieht sich auf den Zwerg. Weitere zweidimensionale Substitutionen sind z.B.: König (Z.1): Vater (Z.4), Zwerg (Z.12): Männchen (Z. 14) , Pferd (Z.17): Sattel (Z.18), Tor (Z.40): Schloß (Z. 41) usw.

Seine These ist, dass alle Sätze, die durch die pronominale Verkettung miteinander verknüpft sind, bilden einen Text, und wo diese Pronominalisierungskette aufhört, beginnt ein neuer Text:

Unser Textdefiniens verlangt ununterbrochene pronominale Verkettung. Eine Unterbrechung dieser Verkettung würde folglich die Grenzen, d.h. Anfang und Ende eines spezifischen Textes markieren. (Harweg 1968, S.148)

2.2 Das Modell von Harald Weinrich

Im Buch Textgrammatik der deutschen Sprache stellt Weinrich (2003) ins Zentrum seines Textbeschreibungsmodell: das Problem der Kommunikationssteuerung mit Hilfe grammatischer Mittel. Solche grammatische Mittel sind nach ihm vor allem die verschiedenen Artikelformen und die Tempusmorpheme. Diese Arbeit konzentriert sich im Weiteren auf die Artikelformen und auf die Pronominalisierungen und sie soll die verschiedenen Tempusformen wegen des Umfangs und der Forschungsfrage dieser Arbeit außer Acht lassen.

2.2.1 Die Pronomina

Pronominalisierung heißt Stellvertretung und semantische Fortführung eines Nomens durch ein referenzidentisches Pronomen. (Weinrich 2003, S.372)

Weinrich unterscheidet das thematische Pronomen vom rhematischen Pronomen. Zu der thematischen Pronominalisierung gehören er, sie, es mit dem ganzen Flexionsparadigma und sie tragen das semantische Merkmal: Bekannt und Unauffälligkeit. In dem Beispieltext herrscht vorwiegend dieser Typ der Pronomina, die ein bestimmtes Nomen vertreten. Laut Weinrich ist die rhematische Pronomina die unbekannte Information, die meist auffällig ist und trägt das semantische Merkmal: Unbekannt und Auffällig (S. 380).

Es lässt sich bemerken, dass die Nomen zuerst durch die rhematischen Pronomina wiederaufgenommen werden z.B ein König: der (Z. 1), drei Söhne: die (Z. 2), ein alter Mann: der (Z. 2), ein Mittel: das (Z. 5), ein Zwerg (Z. 12): der (Z. 13), zwei Löwen: die (Z. 36), Prinzen: denen (Z. 42), ein Brot: das (Z. 43), eine schöne Frau: die (Z. 44), eine schöne Prinzessin: die (Z. 64-65) eine Straße: die (Z. 113), aber im Weiteren werden sie durch thematische Pronomina ausgedrückt. Das Nomen König wird durch unauffällige Pronomen z.B. er in Zeile 2, ihn in Zeile 7, durch Pronomen ich in Zeile 9 ausgedrückt. Weitere thematische Pronominalisierungen zu diesem Begriff werden durch: seine (Z.85), ihm (Z.84) ausgedrückt. Wenn ein Nomen durch thematische Pronomen wiederaufgenommen wird, das bedeutet, dass im Text „die Information vom Bekannten zum Unbekannten [voranschreitet]“ (Weinrich 2003, S.373). Der König ist eine bekannte Information, die schon am Anfang des Textes als ein König (Z.1) eingeführt ist, einmal wird aber das Nomen /ein König/ in demselben Satz durch rhematisches Pronomen der (Z. 1) ersetzt, aber im Weiteren wird es nur durch thematische Pronomina ausgedrückt.

Der König hatte drei Söhne, dieses Nomen wird durch die thematischen Pronomen ihnen (Z.3), sie (Z.3), ihr (Z.4) wiederaufgenommen. Im Laufe des Märchens tauchen die drei Söhne des Königs einzelne auf: der älteste, der zweite und der jüngste bzw. die beiden ältesten zusammen. Sie werden nur durch thematische Pronomen wiederaufgenommen z.B: der älteste: er (Z. 12,16,17,18 usw.), ihm (Z. 7), der zweite Sohn: mich (Z. 19), mir (Z. 20), ihn (Z. 21), der jüngste: ihn (Z. 28), dir (Z. 32), sich (Z. 39), er (Z. 39, 40, 41 usw.)

Das Nomen der Zwerg (Z. 12) wird sowohl thematisch als auch rhematisch wiederholt: thematisch durch die Personalpronomen du (Z.14), ihm (Z. 29, 39) ich (Z. 32), rhematisch durch die Pronomen der (Z. 13 und 22), dieser (Z. 28 und 55). Das Nomen das Wasser des Lebens wird auch durch thematische und rhematische Pronomen wiederaufgenommen z.B. thematisch: es (Z. 6, 33, 84) rhematisch (Z. 8, 30). Die letzten zwei Beispiele (die Nomen: der Zwerg und das Wasser das Lebens) werden im Märchen mehrmals als die anderen Nomen durch rhematische Pronomen ausgedrückt. Laut Weinrich, wenn in einem Text mehrere auffällige Informationen zu finden sind, dann sind diese Informationen betont und interessant. Das häufige Vorkommen von rhematischen Pronomen soll die Aufmerksamkeit auf diese Information richten und erhalten. (Weinrich 2003, S. 380f) Weinrich unterscheidet noch zwei Typen von Neutral-Pronomina: es und das.

Die Form es ist ein thematisches, die Form das ein rhematisches Neutral-Pronomen. Statt dieser umständlichen Ausdrücke verwenden wir im folgenden für das Pronomen es mit seiner thematischen Funktion die Bezeichnung Horizont-Pronomen und für das Pronomen das mit seiner rhematischen Funktion die Bezeichnung Fokus-Pronomen.

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Details

Titel
Grammatische Textmodelle anhand einer Textanalyse von "Das Wasser des Lebens" der Gebrüder Grimm
Hochschule
Szegedi Tudományegyetem
Note
2,00
Jahr
2016
Seiten
8
Katalognummer
V428505
ISBN (eBook)
9783668724266
ISBN (Buch)
9783668724273
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
grammatische, textmodelle, textanalyse, wasser, lebens, gebrüder, grimm
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Grammatische Textmodelle anhand einer Textanalyse von "Das Wasser des Lebens" der Gebrüder Grimm, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/428505

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