Freiarbeit - Lernautonomie und Prinzipien der Freiarbeit


Seminararbeit, 2001

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS:

Lernerautonomie & Prinzipien der Freiarbeit

Die Freiarbeit
Frei vs. Arbeit
Vorteile & Organisationsformen
Weitere äußere und innere Faktoren: Alter, Fächer, Themen, Rahmen, Arbeitsmittel
Verlauf

Ausklang
Freiarbeitsmaterial
Lehrerrolle

ANHANG
Gestaltung Projektmappe
Regeln für Freiarbeit I
Regeln für die Freie Arbeit II
Berichtsbogen
Aufgabenzettel
Lößnitzgymnasium Radebeul
Fächerübergreifendes Klassenprojekt "Zoo"
Zwei französische Beispiele
Anmerkungszettel

Literaturverzeichnis

Lernerautonomie & Prinzipien der Freiarbeit

Lernerautonomie ist ein natürliches, aus Erfahrung entstehendes Phänomen. In einer Zeit, in der ein lebenslang ausübbarer Beruf nicht mehr garantiert werden kann, ist diese Lernerautonomie höchst relevant, da jeder auf Veränderungen und darauf gefaßt sein muß, daß er neue Fähigkeiten zu erlernen hat, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Die Grundlagen dazu sollten bereits in der Schule geschaffen werden, denn Lernen ist ein vom Lernenden selbständig durchgeführter autonomer Prozeß. Die kognitive Psychologie und der Konstruktivismus beispielsweise raten allen Pädagogen, eine solche Lernerautonomie in den Mittelpunkt ihres didaktischen Handelns zu stellen. Begründung: Lernen wird durch Strategien gesteuert, die man von außen fördern kann. In Gruppen läßt es sich sogar besonders erfolgreich lernen. Allerdings können die Lernergebnisse für jeden anders ausfallen.[1][2]

Will man neues Wissen verstehen und lernen, bedarf es des bereits vorhandenen, um dieses umstrukturieren zu können. Danach fügt man Selbstorganisation hinzu und verbindet diese mit Eigenverantwortlichkeit. Fazit: „Der Mensch ist für das eigene Lernen verantwortlich, weil er damit sein Überleben als System sichert.“[3]

Die Freiarbeit nun entstammt dem Bereich der Reformpädagogik und ist ein Element des offenen Unterrichts, das deshalb nicht lange in einer „geschlossenen Schule“ überleben, diese dafür aber öffnen könnte.

„Offener Unterricht (open education) lebt in einer offenen Schule, die sich

nach innen (open classroom) und nach außen (street school) dem Leben der

Lernenden und Lehrenden öffnet und über die je lokal gestaltete Balance von

Freiheit und Bindung Prozesse demokratischer Entwicklung ermöglicht.“[4]

Nach dem Einzug der Freiarbeit in Grundschulen und nicht-öffentliche Gymnasien, findet sie mittlerweile mehr und mehr Verbreitung in den staatlichen Gymnasien, ob der dortigen noch kontroversen Diskussionen. Ein wenig unverständlich übrigens, birgt sie doch soviel Gutes in sich, aber jeder hat ja das Recht auf eine eigene Meinung. Bereits Schlagwörter wie: Eigenverantwortung, Selbständigkeit, soziales Lernen, Selbstbildung und Selbstkontrolle deuten etwas rein Positives an. Der im Zentrum von Lernstoff, Material, Lehrer und Schüler stehende Schüler kann entspannter Lernen und wird somit einen zufriedeneren Schulalltag genießen.

Andererseits spielen bestimmte Kriterien eine Rolle: So sollte Freiarbeit immer produktorientiert und eine Werksvollendung zwingend sein - wobei letztere gleichzeitig eine gewisse Arbeitsqualität mit sich zu bringen hat. Außerdem gestaltet es sich äußerst günstig, die Arbeitsergebnisse vor der Klasse präsentieren zu lassen. Das macht Freiarbeit zu einer erprobten Möglichkeit, für Schüler wie auch Lehrer, Schule dadurch zu popularisieren, daß eigene Interessen eingebracht und der Unterricht beeinflußt werden können - was schließlich für ein bißchen weniger Entmündigung sorgt; und obwohl sie die gebundene schulische Arbeit nicht gänzlich abzulösen vermag, ist die Freiarbeit doch, um es mit den Worten Willy Potthoffs zu sagen, die „...Form eines indirekten Lehrens, bei dem die Lehrkraft während der Unterrichtsstunde weitgehend zurücktritt, damit die SchülerInnen möglichst selbständig lernen können.“[5]

Die Freiarbeit

Frei vs. Arbeit

Analysiert man den Begriff „Freiarbeit“, so besteht er aus den Worten „frei“ und „Arbeit“, die ihrerseits die Frage aufwerfen könnten, inwiefern sie ihrer Bedeutung entsprechen. Das heißt, was ist „frei“ und was „Arbeit“ an der „Freiarbeit“?[6]

Der Schüler erhält mehrere „Freiheiten“, die er sich selbstbestimmend zunutze machen kann. Dazu gehören: das Ziel, der Weg dorthin, die Wahl der Hilfsmittel, die Arbeitsplatzanordnung, die Bewegung im Raum, die Sozialform, ja selbst die Reihenfolge, Zeiteinteilung, Platzierung von Pausen und sogar das Arbeitstempo. Da seine Arbeit aber nicht im nichts tun besteht, gibt es auch einzuhaltende Regeln: die Aufgabenstellungen und eventuelle Pflichtaufgaben sind nicht nur zu bearbeiten, sondern auch zum Ende zu führen; die Arbeitsergebnisse unterliegen der Selbstkontrolle; die Gestaltung dieser Ergebnisse hat sorgfältig zu erfolgen, und die Ordnungsprinzipien sind ebenfalls zu beachten. Außerdem ist den Mitschülern zu helfen und am Ende der Klasse das Ergebnis darzustellen.

Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, ist es also geraten, sich zu mühen, ohne sich zu quälen; ernsthaft eine Aufgabe zu bearbeiten, ohne sich in sie zu verbeißen bzw. zu wetteifern, ohne zu konkurrieren. Das intellektuell, sozial, handwerklich, vielleicht sogar mit allen Sinnen geschaffene Endprodukt kann eine Dokumentenmappe, eine fixierte Korrespondenz, ein szenisches Spiel oder ein Modell sein, wobei bei der Werksvollendung bei schwächeren Schülern auch ein weniger vollkommenes Werk akzeptiert werden sollte. Dazu beitragen könnte, daß beim Vorstellen und Besprechen aller Arbeitsergebnisse der Lehrer auch nur ein Mitglied der Gruppe ist.

Vorteile & Organisationsformen

Einige Kritiker meinen, Freiarbeit sei zu zeitaufwendig und sprenge den Zeitrahmen. Geht man mit ihr wie mit einer zusätzlichen und spielerischen Übungsform um, ist das gut möglich, doch Unterrichtserfahrungen haben gezeigt, daß bei sinnvollem Einsatz ein Zeitrahmen sehr wohl einzuhalten ist. Neben der Stoff- bzw. Wissensvermittlung sorgen dafür die pädagogischen Ziele der Freiarbeit: Reduktion der Über- / Unterforderung durch individuelles Lerntempo, Überlegenheit in Übungsphasen, Nutzung verschiedener Materialien, erleichtertes Stillsitzen im restlichen Unterricht (Bewegungsfreiheit), mögliches Eingliedern von Außenseitern, intensivere Zuwendung gegenüber Einzelschülern oder -gruppen, praktisches Lernen, Anwendung von Arbeitstechniken (Lernen lernen) und mögliches besseres Kennenlernen der Schülerpersönlichkeit. Allerdings darf bei alledem nicht vergessen werden, daß Freiarbeit zwar schön, jedoch „kein Wundermittel gegen Schulkrankheiten wie Überdruß, Aggressivität, Lernschwäche usw.“[9] ist.[7][8]

Diese positiven Aspekte hin oder her, wie organisiert man eigentlich Freiarbeit? Drei Formen stehen zur Auswahl: 1. Freiarbeit als Unterrichtsfach, 2. Freiarbeit als Arbeitsphase in einem Unterrichtsfach oder Fachbereich und 3. Freiarbeit als Arbeitsweise, die das gesamte Schulleben durchzieht.

Freiarbeit als Unterrichtsfach wird wie alle anderen Unterrichtsfächer auch organisiert, das heißt, in der Regel ist der Klassenlehrer zuständig. Die Inhalte sind frei bestimmbar und Fächer mit einer erhöhten Stundenzahl haben hierfür Stunden in einen Stundenpool abgegeben.

Wird Freiarbeit als Arbeitsphase in den normalen Unterricht eingebunden, so wird sie nicht extra im Stundenplan ausgewiesen. Der Lehrer wacht selbst über das Gleichgewicht von Freiheit und Bindung, weshalb er auch keinerlei Rücksicht auf die Gesamtschulorganisation zu nehmen braucht.

Im Gegensatz dazu die dritte Variante. Sie durchzieht das gesamte unterrichtliche Geschehen, sich damit auf die Ebene des Selbstverständnisses einer Schule hebend. Diese verändert sich daraufhin als Ganzes und wird sogar von einer geschlossenen zu einer offenen Schule, wenn sie Freiarbeit in einem dementsprechenden Maße erlaubt.

Weitere äußere und innere Faktoren: Alter, Fächer, Themen, Rahmen, Arbeitsmittel

Abgesehen von ihren Freiheiten und Regeln gibt es noch andere Faktoren, denen bei der Freiarbeit Beachtung zu schenken ist.[10]

In jedem Fall hat beispielsweise der Entwicklungsstand der Kinder Berücksichtigung zu finden. So werden in der fünften und sechsten Klasse gern Domino, Memory oder sonstige Spiele gespielt, die die Mittelstufe bereits ablehnt, weil das spielerische und „handgreifliche“ Element mit der Zeit immer mehr zurücktritt. Die älteren Schüler sind nämlich nach und nach sowohl besser im Abstrahieren als auch zielbewußteren und effektiveren Arbeiten. In den höheren Klassenstufen nimmt die Freiarbeit gar einen anderen Charakter an: den eines Lernzirkels, des fächerübergreifenden Unterrichts oder der Projektarbeit.

Apropos fächerübergreifender Unterricht. Werden das Wesen und die Intention der Freiarbeit von den Lehrkörpern richtig erkannt, dürfte für jeden von ihnen Freiarbeit in seinem Fach möglich sein. Einzige Bedingung: herauszustellen, welche Themenkomplexe sich besonders gut mit Freiarbeit aufarbeiten lassen (Wörterbucharbeit, Grammatik-Vertiefung, Übersetzen) und welche besser auf andere Art und Weise vermittelt werden sollten. Diese Themen sollten vom aktuellen Lernstoff unabhängig bzw. als Wahlmaterial jederzeit einsetzbar sein und den Wissenshorizont erweitern.

Eine weitere wichtige Rolle im Hinblick auf einen geregelten Ablauf spielen die äußeren Rahmenbedingungen. Die Rede ist von einer geeigneten Raumausstattung. Wenn möglich, sollte es sich um mehrere Räume handeln. Wenn nicht, oder selbst dann, sollte ein Freiarbeitsraum entsprechend groß sein, um z. Bsp. eine Lese- oder Stillecke zu fassen, mit Teppichboden oder -stücken auf dem Boden ausgelegt zu sein, eine variable Tischordnung zuzulassen und um genügend Bewegungsraum zwischen diesen Tischen zu gestatten. Außerdem sollten die Freiarbeitsregeln gut sichtbar an einer der Wände angebracht sein. Soll die Atmosphäre dann noch durch eine anderweitige Gestaltung verbessert werden, können Bilder, Pflanzen oder Arbeitsergebnisse ihr Übriges tun.

[...]


[1] vgl.: Krechel, Hans-Ludwig; Diemo Marx, Franz-Joseph Meißner (Hrsg.). Kognition und neue Praxis im Französischunterricht. Tübingen: Gunter Narr Verlag, 1999, S. 155, 160, 163.

[2] vgl.: Hofmann, Anton; Erich Mayer, Edith Schirok. Handreichungen für offene Unterrichtsformen in Latein - Teil 1: Freiarbeit: Einführung - Wörter - Formen. Stuttgart: Landesinstitut für Erziehung und Unterricht, 1997, S. 6. & vgl.: Peter Sehrbrock Freiarbeit in der Sekundarstufe I 1993, S. 9-10, 15.

[3] Hans-Ludwig Krechel Kognition und neue Praxis 1999, S. 160.

[4] Peter Sehrbrock Freiarbeit in der Sekundarstufe I 1993, S. 10.

[5] Anton Hofmann Handreichungen 1997, S. 6.

[6] vgl.: Anton Hofmann Handreichungen 1997, S. 7. & vgl.: Peter Sehrbrock Freiarbeit in der Sekundarstufe I 1993, S. 16.

[7] vgl.: Anton Hofmann Handreichungen 1997, S. 7-8. & vgl.: Rüdiger Kohl Verlag. Keine Angst vor Freiarbeit – Planung, Arbeitsmaterial, Kontrolle. Niederzier: Rüdiger Kohl Verlag, 4. Auflage, 1995, S. 69.

[8] vgl.: Peter Sehrbrock Freiarbeit in der Sekundarstufe I 1993, S. 11-12.

[9] Rüdiger Kohl Verlag Keine Angst vor Freiarbeit 1995, S. 69.

[10] vgl.: Anton Hofmann Handreichungen 1997, S. 9-11, 13-14.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Freiarbeit - Lernautonomie und Prinzipien der Freiarbeit
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Französische Fachdidaktik
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
22
Katalognummer
V4288
ISBN (eBook)
9783638126540
ISBN (Buch)
9783638691048
Dateigröße
597 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Freiarbeit, Schule, Alternativmethode, Unterricht
Arbeit zitieren
Silke-Katrin Kunze (Autor:in), 2001, Freiarbeit - Lernautonomie und Prinzipien der Freiarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4288

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