Welchen Einfluss hat die Work-Life-Balance auf die Mitarbeitermotivation? Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben


Fachbuch, 2018

51 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Theoretische Grundlagen zum Thema Work-Life-Balance
2.1 Entstehungsgeschichte und begriffliche Bestimmung
2.2 Gründe für die Einführung
2.3 Betriebliche Maßnahmen
2.4 Klassische Theorien

3 Empirische Erhebung zum Thema Work-Life-Balance
3.1 Methodik
3.2 Auswertung des Fragebogens
3.3 Handlungsempfehlung
3.4 Kritische Würdigung

4 Schlussbetrachtung
4.1 Zusammenfassung
4.2 Ausblick

5 Literaturverzeichnis

Anhang: Fragebogen zur Work-Life-Balance

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gründe zur Einführung der Work-Life-Balance

Abbildung 2: Kategorisierung der verschiedenen Work-Life-Balance-Maßnahmen

Abbildung 3: Die Border Theorie (Clark)

Abbildung 4: Die Spillover Theorie

Abbildung 5: Sind Sie in Ihrem Privatleben glücklich?

Abbildung 6: Halten Sie die Work-Life-Balance für wichtig?

Abbildung 7: Wie gut schätzen Sie die Balance zwischen Ihrem Arbeits- und Privatleben ein?

Abbildung 8: Privatleben vs. Gehalt

Abbildung 9: Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben

Abbildung 10: Berufliche Ziele

Abbildung 11: Ausgleich zum Beruf

Abbildung 12: Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation

Abbildung 13: Einteilung der Arbeitszeit

Abbildung 14: Geschlecht der Befragten

Abbildung 15: Geschlecht der Befragten

Abbildung 16: Berufsstand der Befragten

Abbildung 17: Schulabschluss der Befragten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

In den letzten Jahren hat das Thema Work-Life-Balance, also die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, in der Personalpolitik zunehmend an Bedeutung gewonnen. Mittlerweile ist die Work-Life-Balance in vielen Firmen zu einem festen Bestandteil der Unternehmens-Philosophie geworden.[1] Die Gründe dafür sind vielfältig: die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft, der gesellschaftliche Wertewandel, die zunehmende Globalisierung sowie der ständige technische Fortschritt. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass die von ihnen angebotenen Maßnahmen zur Erreichung der Balance zwischen Beruf- und Privatleben für ihr Image von erheblicher Bedeutung sind.[2]

In der vorliegenden Arbeit wird die Wichtigkeit der Work-Life-Balance für die Mitarbeitermotivation in Orientierung an folgender Leitfrage ergründet:

Welchen Einfluss hat die Work-Life-Balance auf die Mitarbeitermotivation?

Aufgrund der begrenzten Seitenzahl werden lediglich die wichtigsten betrieblichen Maßnahmen sowie die klassischen Theorien der Work-Life-Balance näher betrachtet.

1.2 Gang der Untersuchung

Die folgenden Ausführungen sind in zwei Abschnitte unterteilt:

Im ersten Abschnitt werden die theoretischen Grundlagen einer Work-Life-Balance aufbereitet. Dabei geht es zunächst um die begriffliche Fassung dieses Konzepts. Sodann werden Gründe erläutert, die Unternehmen zur Einführung der Work-Life-Balance veranlassen. Anschließend wird dargelegt, durch welche betrieblichen Maßnahmen Unternehmen versuchen, ihren Mitarbeitern ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben zu gewährleisten. Abschließend werden die theoretischen Grundlagen mit den Aspekten der klassischen Theorien komplettiert.

Im zweiten Abschnitt wird eine empirische Erhebung, vorgestellt, die zum Zwecke der Erkundung von Einstellungen zur Work-Life-Balance durchgeführt wurde. Zu diesem Zweck wird zunächst auf die Methodik eingegangen und anschließend der Fragebogen ausgewertet. Auf dem Hintergrund der dabei gewonnenen Erkenntnisse werden sodann Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die auf eine Optimierung der Work-Life-Balance abzielen. Im Schlussteil der Arbeit wird zum einen die eingangs gestellte Leitfrage beantwortet, zum anderen wird die empirische Erhebung einer kritischen Würdigung unterzogen. Schließlich werden in einer kurzen Zusammenfassung die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung resümiert und es werden Vermutungen über die zukünftige Entwicklung der Work-Life-Balance angestellt.

2 Theoretische Grundlagen zum Thema Work-Life-Balance

2.1 Entstehungsgeschichte und begriffliche Bestimmung

Die ersten Work-Life-Balance-Konzepte entstanden Anfang der 70er Jahre in den USA. Es waren Versuche, der immer lauter werdenden Forderung nach einer Humanisierung der Arbeit durch eine menschenwürdigere Gestaltung der Arbeitsplätze zu entsprechen. Das Ziel dabei war, eine physische und psychische Überforderung der Mitarbeiter zu verhindern.[3] Neben der Psychologie und der Soziologie befasste sich zunehmend auch die Betriebswirtschaftslehre mit der Frage, wie eine bessere Vereinbarkeit von Berufsleben und Privatleben erreichbar sei.[4] Während sich Psychologen und Soziologen hauptsächlich dafür interessierten, wie sich die Work-Life-Balance auf das Individuum und seine Umwelt auswirkt, betrachtet und analysiert die Betriebswirtschaftslehre Work-Life-Balance als ein personalpolitisches Instrument: Ihr geht es darum, praxisnahe Konzepte zur Optimierung des Verhältnisses von Beruf und Privatleben zu erarbeiten.[5] In Deutschland tauchte das Konzept der Work-Life-Balance erstmals in den 90er Jahren auf. Zu dieser Zeit drängten immer mehr gut ausgebildete Frauen auf den Arbeitsmarkt und immer mehr Männer äußerten den Wunsch nach einer „engagierten Vaterschaft“.[6]

Für den Begriff Work-Life-Balance liegen zahlreiche Definitionen vor und somit existiert keine einheitliche Definition. Eine Wort-für-Wort-Übersetzung des englischen Begriffs Work-Life-Balance ins Deutsche ergibt, dass es um das Arbeit-Leben-Gleichgewicht geht.[7] Mag diese Übersetzung auch wenig ansprechend sein, so konfrontiert sie uns doch mit drei wesentlichen Teil-Konzepten, auf die im Weiteren kurz eingegangen werden soll, um zu einem besseren Verständnis der gesamten Problematik zu gelangen.

Der Begriff Arbeit hat seinen Ursprung im Althochdeutschen und bedeutete dort „Mühe“ und „Plagen“.[8] Infolge des Strukturwandels der Arbeit wird der Begriff Arbeit inzwischen nicht mehr primär als notwendiges Übel zum Zwecke der Existenzsicherung angesehen, sondern eher mit der Möglichkeit der Selbstverwirklichung assoziiert. In der Debatte um die Work-Life Balance wird Arbeit häufig als Erwerbsarbeit verstanden.[9] Befassen wir uns kurz mit dem zweiten Teil-Konzept der deutschen Übersetzung, nämlich mit dem Begriff Leben. Gemeint ist damit zunächst die biologische Zeitspanne zwischen Geburt und Tod.[10] Im Kontext der Debatte um die Work-Life-Balance versteht man darunter alle Lebensbereiche, die außerhalb der Erwerbsarbeit angesiedelt sind, also beispielsweise Regenerationszeit oder Freizeit.[11] Kommen wir schließlich noch zum Teil-Konzept Balance. Dieser Begriff hat seinen Ursprung in der Artistensprache des 17. Jahrhunderts und wird oftmals als Gleichgewicht im Sinne einer Waage verstanden. Im Zusammenhang mit der Work-Life-Balance bedeutet dies, dass alle Lebensbereiche einen ausgewogenen Anteil an der Lebenszeit einnehmen sollten. Dabei sei darauf zu achten, dass die Gewichtung den individuellen Vorstellungen und Wünschen der Personen angepasst wird, da die subjektiven Bedürfnisse von Mensch zu Mensch variieren.[12]

Oben war bereits davon die Rede, dass in der einschlägigen Fachliteratur zahlreiche Definitionen des Begriffs Work-Life-Balance anzutreffen sind. Abschließend seien einiger dieser Begriffsbestimmungen exemplarisch angeführt, die für die sich anschließenden Ausführungen von einiger Bedeutung sind. So schreibt etwa Kerstin Freier in einer Publikation aus dem Jahr 2005:

„Work-Life-Balance heißt: den Menschen ganzheitlich zu betrachten (als Rollen- und Funktionsträger) im beruflichen und privaten Bereich (der Lebens- und Arbeitswelt) und ihm dadurch die Möglichkeit zu geben, lebensphasenspezifisch und individuell für beide Bereiche die anfallenden Verpflichtungen und Interessen erfüllen zu können, um so dauerhaft gesund, leistungsfähig, motiviert und ausgeglichen zu sein.“[13]

Diese Definition fokussiert die Rollen und Funktionen der Menschen in den Bereichen Beruf und Privatleben.[14] Im Gegensatz dazu betrachtet die folgende Begriffsbestimmung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Work-Life-Balance primär in betriebswirtschaftlicher Perspektive:

„Work-Life-Balance bedeutet eine neue, intelligente Verzahnung von Arbeits- und Privatleben vor dem Hintergrund einer veränderten und sich dynamisch verändernden Arbeits- und Lebenswelt. Betriebliche Work-Life-Balance Maßnahmen zielen darauf ab, erfolgreiche Berufsbiografien unter Rücksichtnahme auf private, soziale, kulturelle und gesundheitliche Erfordernisse zu ermöglichen.“[15]

Eine effektive Work-Life-Balance ist nach diesem Verständnis dann erreicht, wenn eine erfolgreiche Kombination des Arbeits- und Privatlebens gegeben ist.[16]

2.2 Gründe für die Einführung

Die Work-Life-Balance unterliegt den Einflüssen der permanenten Veränderungen der gesellschaftlichen und ökonomischen Situation. Beobachtbar ist, dass die täglichen Herausforderungen für Unternehmen und ihre Beschäftigten wachsen. Mitarbeiter in Unternehmen, die diesen Herausforderungen standhalten wollen, müssen ein hohes Maß an Flexibilität und Lernbereitschaft zeigen, um sich auf die aktuellen Fortschritte einzustellen.[17]

In der folgenden Abbildung sind die wichtigsten Gründe, die zur Einführung der Work-Life-Balance geführt haben, graphisch dargestellt. Anschließend werden diese Gründe im Einzelnen näher erläutert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gründe zur Einführung der Work-Life-Balance[18]

Demografische Entwicklung

Der Begriff demografische Entwicklung bezeichnet die Veränderung der Zusammensetzung der Altersstruktur einer Gesellschaft. Eine solche Entwicklung, die auch in der Bevölkerungsstruktur Deutschlands zu beobachten ist, wird im Wesentlichen von drei Faktoren beeinflusst: Erstens von der Fertilitätsrate, die die Geburtenentwicklung der Bevölkerung im reproduktiven Alter beschreibt. Zweitens von der Lebenserwartung, womit die statistisch zu erwartende Zeitspanne des Lebens gemeint ist. Drittens von der Migration, d.h. von der Bevölkerungsbewegung über Landesgrenzen hinweg. Die demografische Entwicklung beschreibt somit die Veränderungen von Bevölkerungsstrukturen und -größen durch veränderte Geburten- und Sterbezahlen sowie Wanderungen.[19] Die Unternehmen haben das Ziel, angesichts des demografischen Wandels, die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen und somit ihre Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden.[20] Den Prognosen zufolge kommt es in Deutschland bis zum Jahre 2050 zu einem Bevölkerungsrückgang von derzeit ca. 83 Millionen Einwohnern auf knapp 74 Millionen bei einer Steigerung der durchschnittlichen Lebenserwartung. Somit verringert sich die Bevölkerung beträchtlich und entsprechend die Anzahl der erwerbsfähigen Personen. Infolge der steigenden Lebenserwartung und der vergleichsweise geringen Anzahl an Geburten wird die deutsche Gesellschaft deutlich altern. Konkret heißt dies etwa, dass der Anteil der über 64-Jährigen doppelt so hoch sein wird wie der Anteil der Menschen unter 18 Jahre.[21] Durch die zunehmende Alterung der Bevölkerung wächst die Bedeutung der Pflege älterer Menschen und immer mehr Beschäftigte müssen sich um ihre pflegebedürftigen Eltern kümmern. Wenn Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Menschen bis ins hohe Alter erhalten bleiben sollen, muss über Maßnahmen zur Gewährleistung der Work-Life-Balance nachgedacht werden. Dieser Umstand ist zweifelsfrei dem demografischen Wandel in unserer Gesellschaft geschuldet.[22]

Gesellschaftlicher Wertewandel

Rolf Wunderer, seit 2002 Partner des Instituts für Führung und Personalmanagement in St. Gallen, charakterisiert den Begriff Wertewandel wie folgt:

„Von Wertewandel spricht man, wenn sich neue Werte in der Gesellschaft bilden, andere verschwinden oder wenn die Intensität bestimmter Werte zu- oder abnimmt bzw. deren Rangordnung sich verändert.“[23]

Zweifelsfrei haben sich die Einstellungen der Menschen zum Leben und zur Arbeit in den letzten Jahren und Jahrzehnten grundlegend geändert. Dieser Wertewandel wurde durch den zunehmenden Wohlstand der Gesellschaft ausgelöst; immer mehr Menschen streben nach mehr Lebensqualität und einem höheren Bildungsniveau.[24] Ein weiterer Grund für den gesellschaftlichen Wertewandel ist, dass sich die Rolle der Frau im Laufe der Zeit verändert hat. Die Anzahl der erwerbstätigen Frauen in Unternehmen steigt und diese Frauen legen großen Wert auf eine gute Berufsausbildung und Qualifikation.[25] Viele Menschen in unserer heutigen Gesellschaft identifizieren sich über ihren Beruf. Dementsprechend bildet die Erwerbsarbeit eine wichtige Basis für die Einschätzung des eigenen Selbstwertes.[26]

Globalisierung

Der Begriff Globalisierung bezeichnet die Veränderung der Weltwirtschaft, die zu mehr länderübergreifenden Verflechtungen in allen Bereichen (z.B. Kultur und Wirtschaft) führt. Beispiele für Globalisierung sind die Intensivierung weltweiter sozialer Beziehungen sowie die weltweite Verschmelzung von Märkten und Unternehmen.[27] Die zunehmende Globalisierung führt zu einer Veränderung der Wettbewerbssituation für Unternehmen und wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus. Besonders betroffen davon ist die Arbeitswelt. Durch die Nutzung neuer Kommunikationswege treten immer mehr neue Wettbewerber auf den Märkten auf. Dementsprechend steigt weltweit die Konkurrenz, was dazu führt, dass die Unternehmen einem hohen Innovationsdruck ausgesetzt sind.[28] Unternehmen sind gefordert, zielgerichtete Lösungsansätze zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie in einer globalisierten Wirtschaft zu finden. Somit präsentiert sich das Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt als ein interessanter Arbeitgeber und kann sein Personal langfristig binden.[29]

Technologischer Fortschritt

Der rasche technologische Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte ist in beträchtlichem Maße auf die soeben charakterisierte Globalisierung zurückzuführen. Vor allem in den Bereichen Kommunikation und Information hat es rapide technologische Fortschritte gegeben. Die modernen Kommunikationstechnologien entwickeln sich in rasanter Geschwindigkeit.[30] Daniel Bell, ein US-amerikanischer Soziologe, beschreibt den technologischen Fortschritt folgendermaßen:

„Einführung neuer Methoden und Verbesserung der Organisationen zur Hebung der Effizienz des alten wie des neuen Kapitals.“[31]

Obwohl Bells Definition vor mehr als 30 Jahren entstand, beschreibt sie zutreffend, was auch heutzutage in der Gesellschaft unter technologischem Fortschritt Verstanden wird. Da inzwischen nahezu jeder mit moderner Technologie (z.B. Internet, Handy und Laptop) ausgestattet ist, erwarten viele Unternehmen, dass ihre Mitarbeiter ständig erreichbar sind, und zwar auch außerhalb der Arbeitszeit. Dies hat Auswirkungen auf die Mitarbeiter, etwa in der Form, dass viele Arbeitnehmer einen andauernden Stress verspüren. Durch die Förderung der Work-Life-Balance kann zu einem der Leistungsdruck der Mitarbeiter gesenkt und auf der anderen Seite die Freizeit flexibler gestaltet werden.[32]

2.3 Betriebliche Maßnahmen

Eine Vielzahl von Unternehmen bietet unterschiedliche Maßnahmen an, um Arbeitnehmer bei der täglichen Herausforderung der Herstellung einer Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu fördern.[33] Die Einführung von Work-Life-Balance-Maßnahmen ist ein schwieriges und komplexes Vorhaben, da zunächst die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter festgestellt werden müssen. Dadurch entsteht ein erhöhter Organisations- und Koordinationsaufwand für die Arbeitgeber. Andererseits können aber durch unterstützende Programme des Unternehmens das Potential der Arbeitnehmer erhöht und der Wiedereintritt in den Beruf beschleunigt werden.[34]

Die nachfolgende Abbildung zeigt mögliche betriebliche Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life-Balance, die in primäre, sekundäre und tertiäre Maßnahmen unterschieden werden. Aus der Fülle solcher Maßnahmen werden im Weiteren einige exemplarisch herausgegriffen und näher erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kategorisierung der verschiedenen Work-Life-Balance-Maßnahmen[35]

Primäre Maßnahmen

Primäre Work-Life-Balance-Maßnahmen betreffen die Beschäftigten und ihre Arbeit direkt. Dabei geht es um Faktoren wie Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsabläufe, Arbeitsinhalte und Arbeitsorganisation.[36]

Flexible Arbeitszeit:

Zu den wichtigsten und am weitesten verbreiteten Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zählt die Arbeitszeitflexibilität. Besonders von Mitarbeitern wird eine solche Flexibilität wertgeschätzt und gewünscht. Entsprechend können flexible Arbeitszeitmodelle als ein eigenes Handlungsfeld der Work-Life-Balance angesehen werden.[37] Für die Einführung von flexiblen Arbeitszeiten spricht, dass betriebliche Abläufe optimiert und die Produktivität gesteigert werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Mitarbeiter durch flexible Arbeitszeiten einen Zuwachs an Eigenverantwortung und Motivation erfahren.[38]

Teilzeit:

Teilzeitarbeit hat in den letzten Jahren im Kontext der Work-Life-Balance zunehmend an Bedeutung gewonnen. Eine Teilzeitbeschäftigung liegt vor, wenn die Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters. Seit 2001 haben Arbeitnehmer ab einer halbjährigen Beschäftigungsdauer in Unternehmen mit mindestens 15 Beschäftigten und einer dreimonatigen Kündigungsfrist einen rechtlichen Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung.[39] Einer der Hauptgründe für das Interesse an der Halbtagsbeschäftigung ist, dass mehr Zeit für die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftiger Menschen bleibt. Durch das Angebot von Teilzeitbeschäftigungen ermöglichen Unternehmen ihren Mitarbeitern, eine bessere Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu erwirken. Nicht unwesentlich ist natürlich auch, dass durch Teilzeitarbeit mehr Menschen auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt werden.[40] Nachteilig an einer dauerhaften Teilzeitbeschäftigung ist, dass Karrieremöglichkeiten in Gefahr geraten können, da lange, kontinuierliche Arbeitszeiten eine symbolische Bedeutung in der heutigen Gesellschaft haben. Ein großer Vorteil hingegen ist, dass Mitarbeiter in Teilzeit-Beschäftigungen erholter wirken.[41]

Jobsharing:

Jobsharing ist eine Sonderform der Teilzeitarbeit, in der zwei oder mehr Arbeitskräfte eine begrenzte Anzahl an Arbeitsplätzen unter sich aufteilen. Teilzeitkräfte können somit mehr Verantwortung übernehmen, indem sie sich beispielsweise führend in Vollzeitprojekten engagieren. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass sich die Mitarbeiter regelmäßig abstimmen.[42] Ein großer Vorteil für die Mitarbeiter ist, dass sie ihren Arbeitsplan selbst bestimmen und somit das Privatleben besser organisieren können. Auch die Unternehmen profitieren von diesem Modell, da der Arbeitsplatz den ganzen Tag besetzt ist. Ein weiterer Vorteil auf der Unternehmensseite ist, dass Urlaubs- und Krankheitstage durch das Jobsharing überbrückt werden können. Ein Praxisbeispiel für erfolgreiches Jobsharing stellt die Commerzbank AG da, die ihren Teilzeitkräften viel Freiraum für Familie und Privatleben durch Jobsharing gewährt.[43]

Telearbeit:

Telearbeit ermöglicht die Flexibilisierung des Arbeitsortes. Hierbei wird die Erwerbsarbeit, die durch informations- und kommunikationstechnologische Hilfsmittel unterstützt wird, außerhalb des Unternehmens ausgeführt. Durch den technologischen Fortschritt ist das Arbeiten an diversen Orten wie beispielweise im Flugzeug, im Auto oder von zuhause aus möglich. Von Telearbeit spricht man, wenn ein Mitarbeiter mindestens 20% seiner Arbeitszeit außerhalb des Unternehmens arbeitet.[44] Ein Nachteil der Telearbeit ist, dass die Mitarbeiter durch den isolierten Arbeitsplatz nicht mehr vollständig in das betriebliche Geschehen eingebunden sind. Dies kann zur sozialen Isolierung führen. Ein wesentlicher Vorteil für die Arbeitnehmer ist, dass Zeit und Geld für Pendelfahrten gespart wird. Zudem kann ein Mitarbeiter aufgrund der ihm vertrauten Umgebung leistungsorientierter arbeiten. Unternehmen können durch Telearbeit an Büroflächen einsparen.[45]

Sabbatical:

Arbeitnehmer, die ein Sabbatical für sich in Anspruch nehmen, lassen sich für einen begrenzten Zeitraum, in der Regel zwischen drei bis zwölf Monaten, von der Arbeit freistellen. Während dieser Zeit bleiben sie weiterhin Angestellte des Unternehmens. In dieser freien Zeit haben sie die Möglichkeit, sich beispielsweise mehr um die Familie zu kümmern oder Fortbildungsangebote zu nutzen. Nach der festgelegten Zeit kehren die Mitarbeiter – so ist zumindest die Idee - erholt und mit neuer Motivation wieder in den Betrieb zurück. Beweggründe, sich für ein Sabbatical zu entscheiden, sind zu einem der steigende Stress im Beruf und zum anderen die Motivationslosigkeit im Alltag.[46] Sabbaticals bieten den Vorteil, dass Überlastungen vermindert und ein drohender Burnout verhindert werden kann. Zudem werden die Mitarbeiter stärker an das Unternehmen gebunden und sind erfahrungsgemäß motivierter, da ihnen der nötige Freiraum zur Wahrnehmung ihrer privaten Interessen und Angelegenheiten gewährt wird. Somit kann ein Sabbatical als eine gute Möglichkeit angesehen werden, die Balance von Arbeit und Privatleben wieder ausgewogener zu gestalten.[47] Ein Praxisbeispiel liefert die Deutsche Telekom AG, die ihren Beschäftigten die Möglichkeit gibt, ein Sabbatical in Anspruch zu nehmen. Indem das Unternehmen dieses Angebot unterbreitet, erhöht es seine Attraktivität und kann darauf hoffen, qualifiziertes Personal langfristig an sich zu binden.[48]

Im Weiteren werden exemplarisch einige sekundäre Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life-Balance vorgestellt und erläutert.

Sekundäre Maßnahmen

Sekundäre Work-Life-Balance-Maßnahmen fördern die Umsetzung primärer Maßnahmen und beinhalten die soziale sowie finanzielle Unterstützung der Mitarbeiter. Solche sekundären haben zweifellos einen Einfluss auf die Work-Life-Balance, betreffen aber nicht unmittelbar die Arbeit selbst.[49]

Kinderbetreuung:

Die betriebliche Kinderbetreuung stellt eines der größten Themenkomplexe innerhalb der familienorientierten Familienpolitik dar. Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich mit der Möglichkeit, eine Kinderbetreuung in ihrem Betrieb einzuführen, um den Mitarbeitern eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu ermöglichen.[50] Als Praxisbeispiel für eine gelungene betriebliche Kinderbetreuung kann die Gerhard Rösch GmbH genannt werden, die ihren Mitarbeitern eine kostenlose Ganztagskinderbetreuung durch qualifizierte Fachkräfte anbietet.[51] Ein betrieblicher Kindergarten kann meistens aufgrund der damit verbundenen vergleichsweise hohen Kosten nur durch große Konzerne angeboten und eingerichtet werden. Für mittlere und kleinere Unternehmen besteht dagegen die Möglichkeit, beispielsweise in Kooperation mit benachbarten Unternehmen eine Kinderbetreuung einzurichten. Dadurch werden die Kosten auf mehrere Unternehmen verteilt.[52] Weitere Beispiele für Angebote zur Kinderbetreuung sind die Einrichtung einer Kindernotfallbetreuung, die Eltern-Kind-Arbeitsplätze, die Förderung von Elterninitiativen und die Ferienbetreuung.[53] Durch die betriebliche Kinderbetreuung können Fehlzeiten reduziert werden und die Arbeitnehmer können sich weniger stressbelastet auf ihre Aufgaben im Unternehmen konzentrieren. Auf diese Weise entsteht für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine „Win-Win-Situation“. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern steigt, sobald deren Kinder in einer betrieblichen Kinderbetreuung untergebracht sind.[54] Unternehmen, die ein solches Angebot unterbreiten, verbessern nachweislich ihr Image und erlangen für qualifizierte Beschäftigte eine hohe Anziehung als attraktiver Arbeitgeber. Wenn man bedenkt, dass aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels die Konkurrenz zwischen den Unternehmen stetig zunimmt, so ist nachvollziehbar und sicherlich auch ratsam, dass Unternehmen versuchen, Arbeitnehmer mit Kindern durch das Angebot der Kinderbetreuung langfristig an das Unternehmen zu binden.[55] Zudem ermöglichen Kinderbetreuungen Frauen, insbesondere Frauen mit Kindern im Alter von bis zu drei Jahren, die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit. Sie können ihre Kinder mit zur Arbeit nehmen. Dies führt naturgemäß zu kürzeren Bring- und Holzeiten und senkt den organisatorischen Aufwand, den der Alltag ihnen abverlangt, erheblich.[56]

[...]


[1] Vgl. Müller (2016), S. 58.

[2] Vgl. Kruse (2009), S. 1.

[3] Vgl. Klimpel/Schütte (2006), S. 24.

[4] Vgl. Schnieder (2013), S. 36.

[5] Vgl. Binninger (2014), S. 3.

[6] Vgl. Aritürk (2013), S. 6.

[7] Vgl. Michalk/Nieder (2007), S. 21.

[8] Vgl. Kastner (2004), S. 3.

[9] Vgl. Spatz (2014), S. 9.

[10] Vgl. Zaugg (2006), S. 7.

[11] Vgl. Kruse (2009), S. 16.

[12] Vgl. Blahopoulou (2012), S. 55.

[13] Quelle: Freier (2005), S. 21.

[14] Vgl. Michalk/Nieder (2009), S. 110.

[15] Quelle: Collatz/Gudat (2011), S. 5f.

[16] Vgl. Stor (2014), S. 5.

[17] Vgl. Freier (2005), S. 74.

[18] Eigene Darstellung.

[19] Vgl. Binninger (2014), S. 13.

[20] Vgl. Aritürk (2013), S. 4.

[21] Vgl. Thiele (2009), S. 13.

[22] Vgl. Kühl (2015), S. 7.

[23] Quelle: Wunderer (2000), S. 173.

[24] Vgl. Schnieder (2013), S. 23.

[25] Vgl. Rolle (2013), S. 9.

[26] Vgl. Klimpel/Schütte (2006), S. 31.

[27] Vgl. Schnieder (2013), S. 24.

[28] Vgl. Schneider (2014), S. 5.

[29] Vgl. Thiele (2009), S. 1.

[30] Vgl. Spatz (2014), S. 2.

[31] Quelle: Bell (1985), S. 196.

[32] Vgl. Klimpel/Schütte (2006), S. 35f.

[33] Vgl. Ulich/Wiese (2011), S. 218.

[34] Vgl. Collatz/Gudat (2011), S. 56.

[35] Eigene Darstellung.

[36] Vgl. Dorniok (2014), S. 16.

[37] Vgl. Ulich/Wiese (2011), S. 219.

[38] Vgl. Rolle (2013), S. 45f.

[39] Vgl. Kruse (2009), S. 38.

[40] Vgl. Stor (2014), S. 41.

[41] Vgl. Dorniok (2014), S. 49f.

[42] Vgl. Wanger (2006), S. 14.

[43] Vgl. Klimpel/Schütte (2006), S. 65f.

[44] Vgl. Michalk/Nieder (2007), S. 100f.

[45] Vgl. Collatz/Gudat (2011), S. 57.

[46] Vgl. Spatz (2014), S. 53f.

[47] Vgl. Rudholzer (2015), S. 20.

[48] Vgl. Michalk/Nieder (2007), S. 99.

[49] Vgl. Rolle (2013), S. 35.

[50] Vgl. Schnieder (2013), S. 57f.

[51] Vgl. Klimpel/Schütte (2006), S. 107f.

[52] Vgl. Ulich/Wiese (2011), S. 222.

[53] Vgl. Collatz/Gudat (2011), S. 62.

[54] Vgl. Stor (2014), S. 47.

[55] Vgl. Honeck (2014), S. 23.

[56] Vgl. Dorniok (2014), S. 124.

Ende der Leseprobe aus 51 Seiten

Details

Titel
Welchen Einfluss hat die Work-Life-Balance auf die Mitarbeitermotivation? Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben
Autor
Jahr
2018
Seiten
51
Katalognummer
V429069
ISBN (eBook)
9783960953388
ISBN (Buch)
9783960953395
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Mitarbeitermotivation, Empirische Erhebung, Personalpolitik, Personal, Arbeitsleben, Motivation, Arbeitnehmer, Gesundheit
Arbeit zitieren
Ercüment Gök (Autor:in), 2018, Welchen Einfluss hat die Work-Life-Balance auf die Mitarbeitermotivation? Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/429069

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