Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
A) Journalismus 2.0 - Partizipative Berichterstattung
B) Sprachliche Analyse von Leserkommentaren der Portale Bild.de und FAZ.net
1. Auswahl des Untersuchungsgegenstandes
2. Analyse der Kommunikationssituation
3. Sprachliche Analyse der Nutzerbeiträge
3.1 Argumentativer Aufbau
3.2 Stil und Syntax
3.3 Wortschatz und inhaltliche Korrektheit
C) Conclusion
D) Sekundärliteraturverzeichnis
E) Abbildungsverzeichnis und Anhang
Online-Lesereinträge
Bild.de-Einträge:
FAZ.net Einträge:
Transkription der Leitartikel:
Quelle 1) Transkription des Bild.de Artikels:
Quelle 2) Transkription des FAZ.net Artikels:
Statistiken:
A) Journalismus 2.0 - Partizipative Berichterstattung
„Web 2.0 steht für eine neue Ära der Massenkommunikation, Passive Konsumenten, Leser undZuschauer verwandeln sich dort in Redakteure, Rezensenten, Kritiker [...]. Mediennutzung ist vonnun an nicht mehr nur Lesen, Hören, Sehen, sondern auch Einfluss nehmen und aktiv mitwirken.“1
Mit diesen Worten beschreibt Anton Simons - seines Zeichens Lokalredakteur und Vordenker auf dem Forschungsfeld des sogenannten Journalismus 2.0 - den Paradigmenwechsel in der Welt des Onlinejournalismus.
Eine in mittlerweile sämtlichen Onlinejournalen verbreitete Möglichkeit der Rezipienteninteraktivität ist die Kommentarfunktion. Die Leser können auf diese Weise, in Bezug zu einem Leitartikel, ihre Meinung kund tun, Kritik äußern, Korrekturen oder zusätzliche Informationen anbringen. Diese Form der Rezipientenpartizipation erfreut sich großer Beliebtheit. Maßgeblicher Grund dafür ist die Möglichkeit, in den Webportalen sofort Stellung zu einem Thema beziehen zu können.
Im Zuge dessen wird die Distanz zwischen Leser und journalistischem Erzeugnis immergeringer. Vor der Revolution des Internets im Pressebereich war der Leserbrief die einzigeMöglichkeit der Rezipienten, öffentlichkeitswirksam Stellung zu einem Artikel oder zueinem Thema beziehen zu können. Die Kommentarfunktion in Onlinejournalismusportalenbietet nun allen Lesern die Möglichkeit, sofort und uneingeschränkt ihre Meinung zu äu-ßern. Ihr Beitrag wird auf diese Weise - sofern nicht gesetzeswidrig - direkt der breitenMasse zugänglich.
Ziel dieser Arbeit soll es nun sein, einen Korpus an Leserkommentaren - als ein bisher wenig erschlossenes Phänomen - sprachlich und kommunikativ zu untersuchen. Den Untersuchungsgegenstand boten Leserbeiträge des Bild.de- und FAZ.net Portals, zweier Onlineauftritte der größten deutschen Tageszeitungen.2 Im Spannungsfeld zwischen Boulevard- und Qualitätsjournalismus soll gezeigt werden, inwiefern sich die Leserbeiträge dem Sprachniveau des jeweiligen Journalismusstils anpassen. Des weiteren werden die sprachlichen und kommunikativen Besonderheiten dieser Textgattung in einem diametralen Vergleich zwischen Bild.de und FAZ.net miteinander verglichen.
B) Sprachliche Analyse von Leserkommentaren der Portale Bild.de und FAZ.net
1. Auswahl des Untersuchungsgegenstandes
Um den Anspruch von Objektivität und Reliabilität im Rahmen dieser Untersuchung zuwahren, wurden die zu untersuchenden Leserkommentare nach zuvor festgelegten Krite-rien ausgewählt. Da die Kommentare auf den Nachrichtenportalen stets an einen Leitarti-kel gebunden sind, musste zunächst eine passende Nachrichtenkategorie ausgewählt wer-den. Die Wahl fiel auf das Subgenre Politik, welches einen Großteil journalistischer Be-richterstattung einnimmt und aufgrund des thematisch streitbaren Charakters sehr großeRezeption in der Kommentar-Communitiy erfährt.3 Der zu untersuchende Artikel war ta-gesaktueller Leitartikel am 29. Januar 2015 im Bereich Politik, der sich in beiden Fällenmit dem Regierungsprogramm des am 26.1.2015 neu gewählten griechischen Ministerprä-sidenten Alexis Tsipras beschäftigt. Kernthematik beider Artikel war Tsipras’ Vorhaben,das dem griechischen Staat auferlegte Sparprogramm der EU zu beenden. WährendBild.de4 verstärkt Tsipras’ geplante Annäherung an Russland anprangerte, beruft sich derFAZ.net Artikel5 maßgeblich auf Aussagen des EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz.Aus dem Kommentarforum dieser beider Artikel wurden um 11:00 Uhr die jeweils fünfmeist diskutierten Beiträge ausgewählt. Hinzu kommt der erste Kommentar zu jedem derEinträge, um die Kommunikation innerhalb der Nutzer ebenfalls untersuchen zu können.6 Durch diese randomisierte Auswahl der Einträge soll die Objektivität gegenüber dem un-tersuchten Gegenstand gewahrt werden.
2. Analyse der Kommunikationssituation
Einleitend soll zunächst die kommunikative Situation von Nutzer-Kommentaren auf Jour-nalismus Webseiten untersucht werden. Presseerzeugnisse in gedruckter Form waren vonjeher dem Broadcasting-Modell unterworfen, also einer klassischen „One-to-Many“- Kommunikation.7 Im Zuge der Digitalisierung von journalistischen Inhalten hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Trend zur Interaktivität und Partizipation seitens der Rezipien-ten entwickelt. Diese sind nicht weiter nur Empfänger der Nachrichten, sondern habenaufgrund der Kommentarfunktion - ein Standard, den die meisten Journalismusportaleanbieten - die Möglichkeit, zugleich ebenfalls als Sender aktiv mitzuwirken.8 Auf dieseWeise kommunizieren sie über zwei Kanäle: Einerseits referenzieren sie auf journalisti-sche Inhalte, indem sie kritisieren, anmerken, verbessern, Feedback geben oder einfachihre Meinung zum Ausdruck bringen, andererseits gibt es auch die Möglichkeit, auf bereitsabgegebe Kommentare anderer Nutzer zu antworten. Daraus folgt im Falle eines Beitrageseine vom Nutzer ausgehende One-to-Many-Kommunikation, im Falle eines Kommentarsjedoch, eine auf einen eingeschränkten Personenkreis bezogene One-to-Some-Situation.Dadurch wird das sogenannte „Gatekeeper-Prinzip“ aufgebrochen, der Journalist wird zum„Gatewatcher“. Dies meint, dass die Kommentare die einseitig lineare Kommunikationssi-tuation zwischen Verfasser und Rezipient aufheben und in ein dialogisches System ver-wandeln.9 Diese Dialogizität und die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung werdenoftmals als Demokratisierungs- und Sozialtendenz des Journalismus´ 2.0 bezeichnet.10 Imdigitalen Journalismus bildeten sich die zwei Gegenpole des top-down und bottom-upKonzeptes heraus. Sowohl Bild.de als auch FAZ.net sind dem top-down System verpflich-tet, da hier professionelle Journalisten publizieren und die Rezipienten nur über Kommen-tare interagieren können.11 Portale, die nach dem bottom-up Prinzip arbeiten, veröffentli-chen nicht nur Kommentare, sondern ganze Artikel ihrer Benutzer, im Fachgenre wird diesals „Bürgerjournalismus“ bezeichnet, Publizierende sind Laien, sogenannte „Leserrepor-ter“12. Dies ist insofern von Bedeutung, weil gerade die Beiträge auf FAZ.net aufgrundihres sprachlich-inhaltlichen Anspruches diesem Laienjournalismus sehr nahe stehen, wo-hingegen die Bild.de Beiträge eher kommentierende Funktion mit dem Zweck einer sub- jektiven Meinungsäußerung aufweisen und insofern eher dem Medium des Chat zuzuord- nen sind, wie zu zeigen sein wird (siehe 3.2).13
Zusammenfassend sind die Kommentarforen auf journalistischen Websites als zeitgemäße, digitale Form von Leserbriefen zu betrachten, jedoch stellen sie nun eine synchrone Rückmeldung für journalistische Erzeugnisse dar und sind diesen aufgrund des Trägermediums Internet quantitativ bei weitem überlegen. Die Möglichkeit der sofortigen Reaktion der Nutzer auf jedweden Beitrag ist dabei gegeben.
Im Folgenden sollen nun die jeweils 5 Beiträge und 5 Kommentare beider Portale kontrastivisch einander gegenüber gestellt und hinsichtlich ihrer sprachlichen und argumentativen Struktur und Beschaffenheit analysiert werden.
3. Sprachliche Analyse der Nutzerbeiträge
3.1 Argumentativer Aufbau
Das Layout der FAZ.net Beiträge gleicht, aufgrund des Aufbaus, sehr dem eines Zeitungs-artikels. Insbesondere die Überschrift verleiht den Einträgen ein journalistisches Layout.Gerade die Überschrift von Teito Kleins Beitrag (FAZ.net Nr. 4) ähnelt sehr dem Head-line-Stil von Politkommentaren.14 Verstärkt wird der Eindruck durch die in Klammer ge-setzte Zuordnung Martin Schulz’ zur SPD. In sämtlichen FAZ.net Kommentaren wird dieintertextuelle Referenz zu den Beiträgen betont, indem die Autoren entweder ihrem Vor-redner direkt in der Überschrift zustimmen (FAZ.net Nr. 1, Nr. 2) oder aber die Kernthesedes vorausgehenden Beitrages aufgreifen, um diese zu widerlegen (FAZ.net Nr. 3, Nr. 4)oder mit eigenen Argumenten zu untermauern (FAZ.net Nr. 5). Fernerhin stützen dieFAZ.net-Nutzer ihre Argumentation auf in direkter Zitierweise wiedergegebene Aussagenvon Martin Schulz, aus dem zugehörigen Leitartikel. Diese Zitate kennzeichnen sie durcheinen korrekten Zitationsstil.15 Dieser direkte Bezug zum Quellentext zeigt sich bei denBild.de-Beitragsschreibern nicht. Ihre Einträge sind weitestgehend subjektiv-spekulativgeprägter Natur in Form eines Statements.16 Dem entgegen steht der überwiegend sach- lich-strukturierte Aufbau der Argumentation im FAZ-Kommentar Nr. 1, der durch eine dreifache Aufzählung der Argumente abgestuft ist. Alexander Straus (FAZ.net Nr. 3.2) analysiert sogar den Interviewstil von Herrn Schulz und attestiert diesem die Attribute „ausgewogen“ und „sachlich“. In derselben Sachlichkeit verhalten sich, mit Ausnahme von Kommentar Nr. 5, alle Einträge der FAZ.net-Nutzer.
3.2 Stil und Syntax
Während sich die FAZ.net-Nutzer weitestgehend betont sachlich ausdrücken, muss denBild.de Rezipienten ein häufig subjektiv-wertender Unterton attestiert werden.17 ÖzkanSam (Bild.de Nr. 1.1) beginnt direkt mit einer ahistorischen Einordnung der Wirtschafts-krise als einem 3. Weltkrieg und endet eben so pathetisch mit einem emotionalisierendenFreundschaftsvergleich.18 Auffällig ist seine völlig falsche Interpunktion und Orthogra-phie, welche ebenso, wie die des Nutzers Alexandros Apostolou (Bild.de Nr. 3.1), mög-licherweise auf einen nichtdeutschsprachigen Migrationshintergrund zurückzuführen ist.Doch auch die anderen Einträge der Bild.de-Nutzer (Nr. 1.2, Nr. 2.1, Nr. 3.2, Nr. 4.1, Nr. 5.2) weisen teils orthographische und interpunktierende Schwächen auf. Aufgrund über-wiegender parataktischer Sätze, welche eine subjektive Lesermeinung zum Ausdruck brin-gen (v.a. Bild.de Nr. 1.2, Nr. 2, Nr. 3,Nr. 4.1, Nr. 5.1), können diese Kommentare der Stil-ebene des genus humile zugeordnet werden. Dem entgegen steht der überwiegend hypo-taktische Satzbau der FAZ.net-Nutzer, die sich mit Ausnahme von Kommentar Nr. 4 ver-schiedenster Nebensatzkonstruktionen bedienen. Interpunktion und Orthographie sindhierbei in den allermeisten Fällen korrekt. Ein weiterer Gegensatz beider Portale kommtdurch die Umgangsformen zwischen Beitragsautoren und ihren Kommentatoren zum Aus-druck. Kommentator Dr. Anton Eckstein (FAZ.net Nr. 1.2) schließt sich seinem Vorredneran, indem er ihn durch die Höflichkeitsform „Ihnen“ direkt anspricht. Selbst im Falle einerargumentativen Gegenrede bleibt der Ton weiterhin sachlich, wie FAZ-Kommentar Nr. 3.2beweist.
Völlig anders verfährt Bild.de Kommentator Der blaue Planet (Nr. 4.2), der sich sich zwarzunächst der Höflichkeitsform in der 3. Person bedient, jedoch daran eine Beleidigunganschließt. Diese greift, in Form eines Wortspiels, den User-Namen des zughörigen Bei-tragsschreibers - „Fisch Brötchen“ (Nr. 4.1) - auf und verzerrt den Kontext auf diese der Faz.net Artikel wesentlich mehr und zusätzlich indirekte Zitate enthält. Die Faktizität und Authentizität der Tatsachen wird auf diese Weise zusätzlich gestützt.
Weise in eine persönlich anmaßende Beleidigung. Der Gipfel der Ausfälligkeit anderen Nutzern gegenüber ist Carmen Triers Kommentar (Bild.de Nr. 3.2) gegenüber dem ver-mutlich griechischstämmigen Nutzer Alexandros Apostolou. Sie ergießt sich in einer xeno-phobische Tirade, die im weiteren Verlauf, der im Rahmen dieser Arbeit ausgespartenKommentare, keinen Einzelfall darstellt, sondern zu einer regelrechten Zurschaustellungvon Ausländerfeindlichkeit ausartete. Hierbei sei auf den Bezug zum Bildartikel verwie-sen, welcher sich des Ausdrucks „Griechenradikalos“ bedient, einem deutlich negativ kon-notierten Ausdruck für die Koalition aus „Syriza“ und den zugegebenermaßen rechtspopu-listischen „Unabhängigen Griechen“. Die antigriechische Grundeinstellung aus dem hieruntersuchten Korpus der Bild.de Einträge lässt sich deutlich einer ausgewogenen politisch-ambivalenten Diskussion der FAZ.net Einträge gegenüberstellen. Die geringere Reflexionder Thematik in den Bild.de-Einträgen und daraus resultierend eine sprachlich wenigerausgereifte, eher mündliche Konzeption, könnte als Ad-hoc-Stil bezeichnet werden. DieVerfasser greifen in ihren Texten lediglich Kommunikationsanreize des Leitartikels oderanderer Einträge auf und nehmen dazu Stellung. Darüber hinaus kommt es zu keiner um-fassenderen oder gar dialektischen Auseinandersetzung mit dem Thema oder dem Vorred-ner.
Des weiteren lässt sich eine deutliche Parallele hinsichtlich der übermäßigen Verwendungvon Aussage und Fragesätzen im Bild-Journalismus im Allgemeinen19, dem hier unter-suchten Leitartikel (Quelle 1) im speziellen und den zugehörigen Diskussionsbeiträgenerkennen. Zuletzt sei auf das negativ konnotierte Fazit des Bild-Artikels verwiesen, wel-ches klar meinungsbildend zu verstehen ist. In selbiger Manier lesen sich dann Kommenta-re wie, „Deshalb muss Griechenland so schnell wie möglich raus aus dem Euro“(Bild.deNr. 2.1). Resümierend lässt sich festhalten, dass sowohl der Leitartikel der Bild, wie auchdie Leserbeiträge aufgrund ihrer subjektiven Färbung deutlich polarisierender sind, als esbeim Portal der FAZ der Fall ist.
3.3 Wortschatz und inhaltliche Korrektheit
In einem dritten Schritt der Analyse wird die hier durch das Artikelgenre vorgegebeneWortwahl aus dem Feld der Politik und deren sachgemäße Verwendung untersucht. Dabeisei zunächst auf die Wortwahl der beiden Leitartikel verwiesen, die sich diesbezüglichbereits deutlich voneinander abheben. Während der FAZ-Artikel durch eine breite Ver-wendung politisch-wirtschaftlicher Fachtermini gekennzeichnet ist, findet sich derlei Vo- kabular wesentlich seltener im Bild-Artikel.20 Selbige Tendenz schlägt sich fernerhin in der Wortwahl der Nutzer beider Diskussionsforen nieder. Während die FAZ-Nutzer, wiebereits in 3.2. angesprochen, auf fachlicher Ebene argumentieren, zeichnen sich die Bild-Einträge hauptsächlich durch subjektive Meinungsbekundung aus, eine politische Argu-mentation kommt gar nicht erst auf. Die Verwendung von historischen Topoi wie„Reichsprotektorat“ und „imperial auftretende Zentralmacht“ (FAZ.net Nr. 1.1), gepaartmit einem politisch-wirtschaftlichen Hintergrundwissen (Vgl. FAZ.net Nr. 2.1, Nr. 2.2, Nr. 3.2, Nr. 4.1) der Beitragsautoren, verweist auf eine themenbezogene umfangreichere Bil-dung selbiger. Geschichts- und Politikwissen im Allgemeinen21 und ein Wissen über denaktuellen politischen Diskurs22 kennzeichnen die FAZ-Debatte. Darüber hinaus bedienensich die FAZ-Nutzer lateinischer und griechischer Fremdwörter wie „Duktu[]s“ (Nr. 1.2),„demokratisch “ (Nr. 1.1, Nr. 2.1, Nr. 2.2, Nr. 3.1) und „ideologisch“ (Nr. 1.1, Nr. 3.1).Wolfgang Krug nutzt den wenig bekannten Gallizismus „antichambrieren“ (Nr. 5.1), des-sen Bedeutung er nicht weiter ausführt, sondern bei seinen Rezipienten als bekannt voraus-setzt.
Ein weiteres Spezifikum der Sprache in den FAZ-Einträgen sind metaphorische Wendun-gen und Vergleiche. Max Schmid führt das politische System Griechenlands auf den „ver-moderten Werkzeugkasten der ersten Hälfte des 20. Jhdt. zurück“ (Nr. 1.1), womit er ei-nerseits einen bildhaften Vergleich schafft und zugleich ein politisch-historisches State-ment ausdrückt. Fernerhin bemüht er mit dem „absurden Theater“ (ebd.) einen Topos ausder Literatur- und Theatergeschichte, welcher ursprünglich auf Berthold Brecht zurück-geht. Kommunikativ betrachtet verwenden die FAZ-Autoren sprachliche Wendungen,welche von den Rezipienten eine Dechiffrierung und somit ein größeres Sprachvermögenfordern.
Dementgegen steht die Wortwahl der Bild.de-Autoren, die sich kaum des politischen Vokabulars bedienen und nur wenige Anzeichen für ein tiefgreifenderes Hintergrundwissen der Schreiber zeigen, als die Informationen des Leitartikels und subjektive Erfahrungen oder Einschätzungen.
Intention der Verfasser ist vorranging eine rein subjektive Stellungnahme. Ihre einzigeReferenz stellt dabei der Leitartikel des Bild.de Portals dar. In Bezugnahme auf diesenäußern sich, mit Ausnahme des Kommentators Henri Lloyd (Nr. 5.2), sämtliche Einträgeauf pauschalisierende und zugleich wertende Weise.
[...]
1 Simons, Anton: Journalismus 2.0, Konstanz 2011, S. 100.
2 Vgl. dazu die Absatzstatistik der Statista bzgl. der gedruckten Presserzeugnisse im dritten Quartal 2014(Abb. 11) Statistik zu den meistbesuchten journalistischen Onlineauftritten im Mai 2011: Bild.de (12, 9Millionen Nutzer) Faz.net (3,5 Millionen Nutzer). Siehe dazu: Schneider, Wolf; Raue, Paul-Josef (Hrsg.): Das neue Handbuch des Journalismus und des Online-Journalismus, Reinbek 2012, S. 394.
3 Zur prozentualen Verteilung der Subgenres in den größten Digitaljournalen siehe: Quandt, Thorsten: NeuesMedium, alter Journalismus? Eine vergleichende Inhaltsanalyse tagesaktueller Print- und Online- Nach-richtenangebote, in: Quandt, Thorsten; Schweiger, Wolfgang (Hrsg.): Journalismus Online - Partizipationoder Profession?, Wiesbaden 2008, S. 131-157, hier Tabelle 7, S. 146.
4 Vgl. Quelle Nr. 1 (abgerufen am 29.01. 2015 um 11:00 Uhr); für die Einträge Vgl. Abbildungen 1-5.
5 Vgl. Quelle Nr. 2 (abgerufen am 29.01.2015 um 11:00 Uhr); für die Einträge Abbildungen 5-10.
6 Beachte: Für die Analyse ist mit einem Beitrag der auf den Leitartikel referenzierende, mit dem Kommentarein auf einen Beitrag referenzierender Eintrag gemeint. Als Einträge werden beide Formen gemeint.Zur Zitierweise der Einträge. Beiträge tragen hinter der jeweiligen Nummer eine 1 (Bspw. FAZ.net Nr. 1.1),die Kommentare eine 2 (Bspw.FAZ.net Nr. 1.2).
7 Vgl. Simons 2011, S. 8.
8 Vgl. ebd., S. 100..
9 Vgl. Bruns, Axel: Vom Gatekeeping zum Gatewatching. Modelle der journalistischen Vermittlung im In-ternet, in: Neuberger, Christoph; Nuernbergk, Christian u.a. (Hrsg.): Journalismus in Internet. Profession-Partizipation-Technisierung, Wiesbaden 2009, S. 107-129, hier S. 107, Abb. 1 S. 109, S. 112-114 incl.Abb 2.
10 Vgl. Neuberger, Christoph: Internet, Journalismus und Öffentlichkeit. Analyse des Medienumbruchs, in:Neuberger, Christoph; Nuernbergk, Christian u.a. (Hrsg.): Journalismus in Internet. Profession-Partizipation-Technisierung, Wiesbaden 2009, S. 19-107, hier S. 23.
11 Engesser, Sven: Professionell-partizipative Nachrichtensites, in: Quandt, Thorsten; Schweiger, Wolfgang(Hrsg.): Journalismus Online - Partizipation oder Profession?, Wiesbaden 2008, S. 111-129, hier S. 111-113.
12 Mast, Claudia: Zeitungsjournalismus im Internetzeitalter. Umfragen und Analysen, Berlin 2011, S. 66.3
13 Aufgrund der hohen intertextuellen Referenz zwischen Beiträgen und Kommentaren weist das Diskussi-onsforum der Bild.de Homepage eine große Ähnlichkeit mit der Kommunikationssituation in einem Chatauf. Vgl. dazu: Beißwenger, Michael: Empirische Untersuchung zur Produktion von Chat-Beiträgen, in:Sutter, Tillmann; Mehler, Alexander (Hrsg.): Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen, Wies-baden 2010, S. 47-83, hier S. 51.
14 Vgl. Schmitz, Ulrich: Sprache in modernen Medien. Einführung in Tatsachen und Theorien, Themen undThesen, Berlin 2004, S.52 f.
15 Vgl. FAZ.net Nr. 1, Beitrag: „Tacheles reden“ und FAZ.net Nr. 3 Beitrag: „keinen Bock“; Kommentar: „Bock“
16 Vgl. Bild.de Nr. 1 Kommentar Z. 1-2; Nr. 2 Beitrag Z. 1-2; Nr. 3 Beitrag Z. 4; Kommentar Z. 2-3; Nr. 4Beitrag; Nr. 5 Beitrag. Vgl. dazu ebenfalls die blauen Markierungen in Quelle 1 und 2. Es zeigt sich, dass
17 Vgl. grüne Markierungen in Quelle 1. Der Bild.de Artikel weist die eine ebenso wertend und negativ kon-notierte Sprachwahl auf, wie die Nutzerbeiträge.
18 Vgl. Weblink Nr. 1: Die Werkstatt mediensprache verweist auf die emotionalisierende Sprache der Bildar-tikel, welche der gezielten Lesersteuerung dient. (Zugriff am 3.2.2015)
19 Auf diesen appellativen und zugleich rhetorischen Stil verweist eine empirische Studie des Portals „medi-ensprache“. Vgl. Weblink Nr. 1. Vgl. auch Quelle 1, die roten Markierungen kennzeichnen diese Beson-derheit in der Interpunktion.
20 Vgl. hierzu die olivfarbenen Markierungen in Quelle 1 und 2.
21 Beispielsweise Max Schmids Rückgriff auf die Besatzung Griechenlands in der NS-Zeit (Vgl. Nr. 1.1)
22 Beispielsweise Teito Kleins Kenntnis über die Koalition aus Syriza und Anel (Vgl. Nr. 4.1)7