Organmangel und Lösungsmodelle


Seminararbeit, 2005

25 Seiten, Note: 14 Punkte


Leseprobe


Gliederung

I. Vorwort

II. Einführung

III. Das Deutsche Transplantationsrecht – TPG

IV. Lösungsmodelle ?
1. Lebendspende
a) Cross-over-Spende
aa) Cross-over in Deutschland
bb) Zukunft für Cross-over
b) Anonyme altruistische Lebendspende
c) Transplantation von suboptimale Organen
aa) Am Beispiel Leber
bb) suboptimale Organe – als Lösung ?
2. Postmortale Organspende
a) Widerspruchslösung
b) Bezahlung, Vergütung oder Aufwandsentschädigung Übernahme der Bestattungskosten
(1) Organhandel
(2) Gesetzgeberische Motive
(3) Körperspende und Organspende im Vergleich
3. Alternativen

V. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

I. Vorwort

In der folgenden Arbeit soll das Problem des Organmangels und möglicher Lösungen betrachtet werden. Dabei soll es nicht darum gehen, völlig neue Lösungsansätze zu finden, sondern möglicherweise schon vorhandene Lösungsmodelle auf ihre Durchsetzbarkeit zu untersuchen. Außerdem geht es darum, Diskussionen darüber voranzutreiben, wie aus ethisch, moralischer und rechtlicher Sicht mit dem Problem des Organmangels gegebenenfalls umzugehen ist.

II. Einführung

Seit am 23. Dezember 1954 J. Murray und J. Merick in Boston die erste klinisch erfolgreiche Nierentransplantation durchführten[1], entwickelte sich die Organtransplantation zu einem heute allgemein anerkannten medizinischen Behandlungsverfahren.

Doch mit den immer besser werdenden Möglichkeiten, eine Transplantation erfolgreich durchzuführen, stieg auch die Nachfrage an Spenderorganen.

Das Organtransplantationswesen ist ganz stark von der Akzeptanz und der Spendebereitschaft der Bevölkerung abhängig, d.h., nur wenn Menschen bereit sind, nach ihrem Tod[2] ihre Organe zu spenden, können diese auch transplantiert werden.

Die Organspendequote lag 2003 im Bundesdurchschnitt jedoch bei 13,8 pro Million Einwohner[3].

Laut einer Untersuchung der Universität Köln[4] besitzen nur etwa 7% der Bundesbürger einen Organspendeausweis, obwohl im Falle des Todes mehr als drei Viertel zur Organentnahme bereit wären. Gründe für die hohe Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage[5] liegen unter anderem darin, dass 62 Prozent der Bevölkerung den Hirntod als „richtigen“ Tod nicht akzeptieren[6]. Die Angst ist einfach noch sehr groß, dass nicht alles Menschenmögliche für den Patienten getan wird, wenn dieser Organspender ist.

Dieses Problem könnte mit umfangreicheren Aufklärungsmaßnahmen möglicherweise einfach geregelt werden.

III. Das Deutsche Transplantationsrecht – TPG

Auf Grund der großen Rechtsunsicherheit bzgl. der Organtransplantation hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das Transplantationsgesetz am 5. November 1997 verabschiedet[7].

Damit sollte Rechtsklarheit und Rechtsdeutlichkeit gerade für die Transplantationsmediziner geschaffen werden. So wurde auch der Hirntod als „nicht manipulierbare, nicht mehr rückgängig zu machende definitive Grenze des Lebens des Menschen, des Organismus“ gesetzlich festgelegt[8].

Im deutschen Transplantationsrecht wurde sich nach langem Ringen[9] für die erweiterte Zustimmungslösung entschieden, welche im Großteil von Europa[10] und den USA[11] zur Anwendung kommt.

Demgemäß muss der potenzielle Spender vor seinem Tod der Organentnahme zugestimmt haben (§ 3 I Nr.1 TPG) oder wenn dieser weder zugestimmt noch widersprochen hat, wird den Angehörigen ein eigenständiges subsidiäres Entscheidungsrecht zuerkannt (§ 4 I TPG).

Danach wird eine fehlende Erklärung des Verstorbenen weder als Ablehnung noch als Zustimmung gewertet, sondern als bloße Nichterklärung. In diesem Fall werden deshalb die Angehörigen i.S. § 4 II TPG vom Arzt eingeschaltet und befragt[12].

Obwohl gegen eine erweiterte Zustimmung spricht, dass es eine schwere Entscheidung für die Angehörigen ist, und diese meist gar nicht in der Lage sind, kurz nach dem Verlust des Angehörigen eine Entscheidung von solch einer Reichweite überlegt zu treffen, sieht das Bundesverfassungsgericht in der erweiterten Zustimmungslösung keine verfassungsrechtlichen Bedenken[13].

Trotz der Schaffung des Transplantationsgesetzes ist die Hoffnung auf eindeutige Rechtssicherheit und auf deutliche Verringerung des Organmangels bisweilen jedoch nicht erreicht worden.

So macht der Bremer Hirnforscher Prof. Gerhard Roth auf den moralischen Konflikt „Ein Hirntoter ist keine Leiche, sondern ein Sterbender“ aufmerksam[14].

Ebenso problematisch ist, dass Verstöße gegen das Transplantationsgesetz nicht sanktioniert werden, sondern nur einen bloßen „Appellcharakter“ besitzen[15].

Jedoch ist dieser Konflikt und die Angst der möglichen Organspender nicht das einzige Problem, welches zu lösen ist, denn auf Grund der immer mehr voranschreitenden technischen Möglichkeiten in der Medizin ist die Frage nach anderen Organgewinnungsmöglichkeiten zu stellen.

Denn Aufklärung allein kann den eklatanten Mangel an Spenderorganen auf lange Sicht sicher nicht lösen.

Schon deswegen nicht, weil ein Mensch im Vergleich zu den letzten Jahren heute leicht 100 Jahre alt werden kann.

IV. Lösungsmodelle?

Wegen des Bedarfs an menschlichen Organen wirft die Organtransplantation zahlreiche rechtliche, moralische, ethische und ökonomische Fragen auf.

Scheinbar zahlreiche Lösungsmöglichkeiten für den weltweiten Organmangel werden momentan und in den nächsten Jahren wohl auch noch lange diskutiert werden.

Wobei zwischen der Lebendspende und der postmortalen Organspende unterschieden werden muss.

1. Lebendspende

Bei der Lebendspende in Deutschland wird eine verwandtschaftliche Beziehung oder zumindest ein besonderes persönliches Näheverhältnis zwischen Spender und Empfänger gefordert.

Dadurch soll sichergestellt werden, dass eine Spende frei von Zwängen oder finanziellen Anreizen geschieht.

Auf dem Gebiet der Lebendspende kommen zum Beispiel die Cross-Over-Spende[16], die anonyme altruistische Lebendspende[17] und die Transplantation von suboptimalen Organen[18] als mögliche Lösungen in Frage.

a) Cross-over-Spende

Die Cross-over-Spende ist die in der Schweiz als unproblematisch angesehene und praktizierte[19] Lebendspende.

Sie ist ein besonderer Fall der Lebendspende, da sich zwei Personenpaare gegenüberstehen, die jeweils aus einem potenziellen Organempfänger und einem potenziellen Organspender bestehen. Die Voraussetzung der engen persönlichen Beziehung zwischen Spender und Empfänger wird erfüllt, die Spende an den eigenen Partner ist jedoch aus medizinischen Gründen ausgeschlossen.

Aus medizinischer Sicht wäre es jedoch möglich, dass die Spender ihre Organe dem jeweiligen Empfänger des anderen Paares, also über Kreuz – cross-over – zu geben.

aa) Cross-over in Deutschland

Die Cross-over-Spende ist in Deutschland durch § 8 I S. 2 TPG nicht zulässig.

Für eine Lebendspende ist eine – abgesehen vom Verwandtheitsgrad – besondere Verbundenheit zwischen Empfänger und Spender notwendig.

Dies soll durch innere und äußere Merkmale deutlich werden[20].

In Deutschland wird die Cross-over-Spende sehr kontrovers beurteilt, da sich die Personen meist nur in Folge ihrer Krankheit kennen lernen und nach der hier zu Lande vertretenen Meinung zwischen dem medizinisch geeigneten Empfänger und Spender kein persönliches Näheverhältnis besteht.

Dagegen spricht jedoch, dass zwischen dem aus medizinischer Sicht geeigneten Spender und dem Empfänger eine gewisse, wenn auch nicht auf persönliche Zuneigung beruhende Beziehung besteht

bb) Zukunft für Cross-over

Eurotransplant plant zur Zeit einen Organpool für die „indirekte“ Cross-overSpende aufzubauen.

Danach kann, wenn innerhalb einer Familie ein Verwandter seinem kranken Verwandten ein Organ grundsätzlich spenden würde, dies aber aus medizinischen Gründen – etwa wegen mangelnder Gewebeverträglichkeit – nicht möglich ist, der Spender das Organ dem Organpool überlassen. Im Gegenzug würde der kranke Verwandte ein kompatibles Organ aus dem Pool erhalten[21]

[...]


[1] Land, Historie, S. 3.

[2] In erster Linie nach dem Tod, da die Lebendspende in Deutschland subsidiär hinter die postmortaler Organspende zurücktritt.

[3] von Lehn, in „Die Welt“, 17. 1. 05.

[4] von Lehn, in „Die Welt“, 17. 1. 05.

[5] Siehe Anhang.

[6] von Lehn, in „Die Welt“, 17. 1. 05.

[7] In Kraft getreten am 1. Dezember 1997.

[8] Joo, Organtransplantation und Strafrecht, S. 9.

[9] Spickhoff, Buchbesprechung, 23. 6. 05.

[10] Dänemark (Gesetz Nr. 402 vom 13.6.1990; § 14 II, III); Irland („code of practice“); Türkei (§14 des Transplantationsgesetzes (Gesetz Nr. 2238) vom 29.5.1979)

[11] 33,2 Uniform Anatomical Gift Act 1987 Uniform Law Annotaled 2-27; darüber hinaus wird in vielen Bundesstaaten das Requires - Request - Modell praktiziert, wonach der Bürger in bestimmten Situationen, insbesondere bei der in den USA vorgeschriebenen Verlängerung des Führerscheins oder auch bei der Aufnahme in ein Krankenhaus, nach den Wünschen hinsichtlich der Organentnahme gefragt.

[12] Nickel, Die Entnahme von Organen und Gewebe bei Verstorbenen zum Zweck der Transplantation, S. 28.

[13] BVerfG NJW 1999, 858.

[14] von Lehn, „Die Welt“, 17.1.05.

[15] Rixen, § 6, Achtung der Würde des Organspenders, Rn. 8.

[16] Siehe unten.

[17] Siehe unten.

[18] Siehe unten

[19] Hohmann, Das Transplantationswesen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, S. 171ff..

[20] LSG L10 VS 28/00, Urteil vom 31.1.01.

[21] Zylka-Menhorn, BT- 1460.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Organmangel und Lösungsmodelle
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
14 Punkte
Autor
Jahr
2005
Seiten
25
Katalognummer
V42927
ISBN (eBook)
9783638408387
ISBN (Buch)
9783638656894
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Organmangel, Lösungsmodelle
Arbeit zitieren
Katharina Sell (Autor:in), 2005, Organmangel und Lösungsmodelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42927

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