Deutsche Parteien. Begriff, rechtliche Grundlagen, Organisation, Finanzierung und Perspektiven


Seminararbeit, 2004

26 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Der Parteibegriff

3. Rechtliche Grundlagen
3.1 Verankerung der Parteien im Grundgesetz
3.2 Verankerung der Parteien im Parteiengesetz

4. Deutsche Parteienlandschaft
4.1 Definition des Parteiensystems
4.2 Die Entwicklung des Parteinsystem der BRD

5. Organisation
5.1 Die Organisationsebenen
5.2 Parteiorgane und Wahlverfahren
5.3 Vorfeldorganisationen, Arbeitsgemeinschaften und Stiftungen

6. Parteifinanzierung

7. Perspektiven und Prognosen

1. Einleitung

Parteien sind das Merkmal einer offenen pluralistischen Gesellschaft, die sich in dem politischen System der Demokratie wieder findet. Sie nehmen eine „intermediäre“ Stellung zwischen Staat und Gesellschaft ein, dienen der Regierungsbildung und der Aggregation und Vermittlung von Interessen. Die Leistungsfähigkeit von Parteien trägt darüber hinaus dazu bei politische Stabilität und Integration, sowie ökonomische Effizienz zu gewährleisten[1].

2. Parteienbegriff

Der Art. 21 GG enthält keine Aussage über den Begriff der politischen Partei. Aus der Werteordnung des Grundgesetzes kann man aber entnehmen, dass der Verfassungsgeber den Parteitypus im Auge gehabt hat, der sich in den parlamentarischen Demokratien des 19. Jahrhunderts herausgebildet hat.

Eine „amtliche“ Definition findet sich in § 2 PartG. Diese besagt, dass Parteien demnach Vereinigungen von Bürgern sind, die für längere Zeit auf Bundes- oder Landesebene die politische Willensbildung beeinflussen und an Bundes- oder Landtagswahlen teilnehmen.

Nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht der Parteienbegriff in § 2 PartG den grundgesetzlichen Vorgaben. Gemäß diesem müssen folgende Kriterien erfüllt sein, um von einer politischen Partei reden zu können: Es muss eine Vereinigung von Bürgern bestehen, die auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen will. Die Vereinigung darf nicht nur von spontaner Natur sein, sondern sie muss von Dauer sein. So soll verhindert werden, dass sog. „Eintagsfliegen“ den Rechtsstatus einer politischen Partei erlangen können.

Es muss darüber hinaus die Absicht bestehen an Bundestagswahlen oder zumindest an Landtagswahlen teilzunehmen. Des Weiteren muss die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung zu erkennen sein (Ernsthaftigkeitsklausel). Diese liegt nur vor, wenn es sich um eine Vereinigung handelt, die durch ihren Umfang und durch ihre Festigkeit der Organisation, durch ihre Zahl der Mitglieder und durch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit den Anschein der Ernsthaftigkeit erweckt.

Der Parteienbegriff ist somit auch erfüllt, wenn eine Vereinigung nur partikuläre Interessen verfolgt, wie z. B. die Autofahrerpartei. Darüber hinaus ist die Begriff Partei auch zu verwenden, wenn die Ziele verfassungswidrig verfolgt werden. Politische Parteien, die aber nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen, können nach Art. 21 II GG vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt werden[2].

3. Rechtliche Grundlagen

3.1 Verankerung im Grundgesetz

§ Historischer Abriss ab 1945: Nach 1945 setzte sich die verfassungsrechtliche Anerkennung der Parteien erst mit Verzögerung durch. Im Mai 1947 widmete die Verfassung Badens zum ersten Mal im deutschen Verfassungsrecht den deutschen Parteien einen eigenen Abschnitt. Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee bedachte die Parteien in seinem Entwurf vom August 1948 im Abschnitt „Der Bundestag“. Der Antrag enthielt das Prinzip der freien Parteibildung, ein de facto Monopol der Parteien für Wahlvorschläge , die Möglichkeit des Parteienverbots und die 5%-Klausel.

Der Parlamentarische Rat straffte den Parteienartikel des Grundgesetzes (Art. 21). Dies wurde aber aufgrund der Verfassungsberatungen in den Ländern und auf Herrenchiemsee als Rückschritt gesehen. Der Redaktionsausschuss des Parlamentarische Rat schlug im Dezember 1948 die Formulierung vor, dass die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken vor und fügte den wichtigen Satz hinzu dass die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen muss. Durch die Anregung des Zentrumsabgeordneten Brockmann wurde außerdem in den Grundgesetztext eingefügt, dass über die Herkunft der Mittel, die Parteien zur Verfügung gestellt werden, öffentlich Rechenschaft gegeben werden muss. Des Weiteren behielt der Parlamentarische Rat die Möglichkeit eines Parteiverbots durch das Bundesverfassungsgericht bei. Die detailiertere Ausgestaltung des Parteienrechts vertraute er aber dem zukünftigen Bundesgesetzgeber an.

Es dauerte aber noch 18 Jahre bis das Parteiengesetz verabschiedet werden konnte. Dies gelang im Jahre 1967 durch die Große Koalition von CDU/CSU und der SPD, nachdem das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber durch die Entscheidung zur Parteifinanzierung in Zugzwang gebracht hatte[3].

- Parteien im Art 21 GG: Die politischen Parteien haben durch den Art 21 GG eine besondere verfassungsrechtliche Stellung erhalten. Sie haben durch Art 21 GG im Abschnitt „Der Bund und die Länder“ eine eigenständige Regelung erfahren. Durch den Art 21 Art. I1 GG sind sie ausdrücklich dazu verpflichtet an der politischen Willensbildung mitzuwirken[4]. Das Grundgesetz unterwirft die Parteien aufgrund ihrer politischen Macht und ihrer Nähe zum Staat zu besonderen Regeln und Pflichten, die für andere Verbände und Vereinigungen nicht in gleicher Form gelten. Die Gründung von Parteien sind frei, die innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen, über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen müssen die Parteien öffentlich Rechenschaft abgeben und bei verfassungswidrigen Zielen kann vom Bundesverfassungsrecht ein Parteiverbot ausgesprochen werden[5].
- Das Parteienverbot: Seine Einführung in das Verfassungsrecht ist nach 1945 nur vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der Weimarer Republik verständlich. Damals hatten sich rechts- und linksextreme Parteien an der demokratischen Willensbildung bei Wahlen beteiligt und in den Parlamenten das Ziel verfolgt die Demokratie abzuschaffen[6].

Das im Art. 21 Abs. 2 GG vorhandene Parteienverbot kann politische Parteien für verfassungswidrig erklären. Diese Grundrechtsbestimmng ist Ausdruck des Grundsatzes der streitbaren bzw. wehrhaften Demokratie. Dieser besagt, dass Grundrechte nicht dafür missbraucht werden dürfen die freiheitliche Ordnung des Grundgesetzes abzuschaffen. Parteien sind verfassungswidrig, wenn ihre Ziele oder das Verhalten ihrer Mitglieder darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen, zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden[7].

Das Parteienverbot ist ein Antragsverfahren, das bedeutet, dass das Bundesverfassungsgericht gegen extremistische Parteien nicht selbstständig tätig werden kann, sondern dass es von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat beauftragt werden muss. Es kann also festgestellt werden, dass dem Verbotsverfahren eine politische Entscheidung vorausgeht. Der Parlamentarische Rat wollte mit dieser Regelung vermeiden, dass es zu unsinnigen Verbotsverfahren kommt und in Folge dessen radikalen Splittergruppen öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt wird. Des Weiteren ermöglicht die Regelung den demokratischen Parteien sich in der offenen Diskussion durchzusetzen und auf das Verbot zu verzichten. Darüber hinaus enthält das Parteienverbot das Parteienprivileg. Es sagt aus, dass verfassungswidrige Vereine durch eine Verfügung vom Parlament, von der Regierung und von sonstigen Verwaltungsstellen aufgelöst werden können, während politische Parteien nur durch ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht verboten werden können.

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist es erst zu zwei Verboten durch das Bundesverfassungsgericht gekommen. 1952 wurden die rechtextremistische „Sozialistische Reichspartei“ (SRP) und vier Jahre später die „Kommunistische Partei Deutschlands“ (KPD) untersagt.

Im Jahre 2001 stellt die derzeitige Bundesregierung beim Karlsruher Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die wieder aktiv gewordene NPD. Der Erfolg dieses Antrags hängt maßgeblich von den Materialien des Verfassungsschutzes ab. Hauptsächlich wird es darum gehen, ob der der NPD eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung“ nachgewiesen werden kann, die eine Beseitigung der demokratischen Ordnung zum Ziel hat[8].

3. 2 Verankerung der Parteien im Parteiengesetz

Das Parteieingesetz versucht mit seiner Formulierung eine Antwort darauf zu geben, wie das Verhältnis zwischen Staat und Partei zu definieren ist. Während das Bundesverfassungsgericht ursprünglich einmal nicht ausschloss, dass auch Parteien Staatsorgane sein könnten, bezeichnete es die Parteien aber 1954 im Unterschied zu den Staatsorganen als Verfassungsorgane[9].

- Aufgaben der Parteien: Ziel und Aufgabe der Parteien ist es, die unterschiedlichen politischen Ansichten und Interessen in der Gesellschaft in Worte fassen und diese anschließend zu politischen Konzepten und Programmen zusammenfassen, um so geeignete Lösungsvorschläge für Probleme zu finden. Ferner ist es die Aufgabe von Parteien sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren und in einem angemessenen Rahmen die öffentlichen und politischen Meinungen der Bevölkerung zu beeinflussen. Darüber hinaus sollen Parteien den Bürgern die Möglichkeit eröffnen sich aktiv am Parteileben zu beteiligen und Erfahrungen zu sammeln, damit sie später einmal selbst politische Verantwortung übernehmen können. Des Weiteren liegt der Auftrag der Parteien darin, Kandidaten für die Volksvertretungen in Bund, Länder und Gemeinden und die Führungsebene aufzustellen. Als Regierungspartei sollen sie die politische Führung unterstützen und als Oppositionspartei sind Parteien dafür verantwortlich die regierenden Parteien zu kontrollieren, zu kritisieren und politische Alternativen zu entwickeln[10].

- Weitere Festlegungen: Das Parteiengesetz legt im §2 Art 2 PartG fest, dass Vereinigungen ihre Rechtsstellung verlieren, wenn sie sechs Jahre lang weder an Bundes- noch Landtagswahlen teilgenommen haben.

Kontrovers bis in die Gegenwart blieb zum Beispiel der auch der §5 PartG. Hier geht es um die „Gleichbehandlungen“ der Parteien bei der Gewährung öffentlicher Leistungen. Damit sind vorwiegend die Sendezeiten im öffentlichen Rundfunk und Fernsehen gemeint. Das Parteingesetz versucht hier eine Abstufung nach der „Bedeutung der Parteinen“ vorzunehmen. Bestimmt wird dies nach dem Abschneiden der Wahlen und ihren Vertreter im Bundestag.

Nach dem Parteiengesetz muss außerdem jede Partei ein schriftliches Programm und eine Satzung vorweisen können. Ferner können sie über die Aufnahme von Mitgliedern selbst entscheiden. Ein Parteiausschluss ist aber nur möglich, sollte das betreffende Mitglied der Partei erheblichen Schaden zugefügt haben. Dieser Ausschluss muss von einem Schiedsgericht ausgesprochen werden.

Der zweite Abschnitt des Gesetzes betrifft die innere Ordnung der Parteien, die im Abschnitt 5 näher behandelt werden[11].

4. Die deutsche Parteienlandschaft

4.1 Definition des Parteiensystems

Der Wirkungszusammenhang zwischen allen Parteien wird als Parteiensystem bezeichnet. Bei einer engen Definition wird der, durch Wahlen erzeugter Wettbewerbsaspekt, hervorgehoben. Dies stellt eine Abhebung von totalitären Regimen dar. Das Parteiensystem setzt voraus, dass mehrere Parteien in einem Staat etabliert sind, die über eine gewisse Art organisatorische Stabilität verfügen und in gegenseitiger Konkurrenz zueinander stehen. Darüber hinaus sollte dies rechtlich und politisch-kulturell verankert sein.

In modernen demokratischen Systemen übernimmt der Wettbewerb zwischen den Parteien die Mobilisierung der Wähler und die Verwertung von gesellschaftlichen Meinungsverschiedenheiten und Interessensunterschieden. Des Weiteren werden Bürger durch den Parteienwettbewerb integriert, Interessen werden aggregiert, Legitimation für staatliches Handeln wird beschafft und er ermöglicht die Aus- und Abwahl von politischen Führungspersonen und Programmen. Das Parteiensystem, welches historisch und international variabel Strukturen und Verfahren besitzt, erbringt deshalb zwei unterschiedliche Leistungen. Zum einen sorgt es für Stabilität und zum anderen macht es den politischen Wandel möglich.

4.2 Die Entwicklung des Parteiensystem der BRD bis 1998

Nach einer einflussreichen Typisierung von G. Sartoris kann die BRD als „gemäßigter Pluralismus“ dargestellt werden. Dies wird in einem skeptischen Fall auch als „Verfall der Opposition“ bezeichnet. Das bedeutet es existieren im Wesentlichen drei bis fünf Parteien, die in einem mäßigen Wettbewerb stehen und eine verhältnismäßig geringe ideologische Distanz zeigen. Ferner weisen sie eine „bipolare Koalitions-Konfiguration“, aber keine Antisystemhaltung auf. Die Entwicklung der Parteinsystems der BRD lässt sich grob in sieben Phasen darstellen[12].

[...]


[1] Vgl. Anderson/Woyke: Handwörterbuch des politischen Systems, S. 462.

[2] Vgl. Kremser/Leisner: Verfassungsrecht III, S. 158-161.

[3] Vgl. Niclauß: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 17-18.

[4] Vgl. Kremser/Leisner: Verfassungsrecht III, S. 158.

[5] Vgl. Mintzel/Oberreuter: Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, S. 35.

[6] Vgl. Niclauß: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 17-19.

[7] Vgl. Kremser/Leisner: Verfassungsrecht III, S. 166-167.

[8] Vgl. Niclauß: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 19-21.

[9] Vgl. Niclauß: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 18.

[10] Vgl. Pötzsch: Die deutsche Demokratie, S.38.

[11] Vgl. Niclauß: Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, S. 18-19.

[12] Vgl. Anderson/Woyke: Handwörterbuch des politischen Systems, S. 472- 473.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Deutsche Parteien. Begriff, rechtliche Grundlagen, Organisation, Finanzierung und Perspektiven
Hochschule
Hochschule für Politik München
Veranstaltung
Das politische System der Bundesrepublik Deutschland
Note
2,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
26
Katalognummer
V42974
ISBN (eBook)
9783638408790
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Parteien, System, Bundesrepublik, Deutschland
Arbeit zitieren
Laura Weiß (Autor:in), 2004, Deutsche Parteien. Begriff, rechtliche Grundlagen, Organisation, Finanzierung und Perspektiven, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42974

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