Die Darstellung des Dreißigjährigen Krieges in der Lyrik des Barocks

Gryphius "Threnen des Vatterlandes", Weckherlin "An das Teutschland", Harsdörffer "Friedenshoffnung bey Nachschwebender Handlung zu Münster und Osnabrück"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2017

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Erläuterung der Fragestellung

2 Literaturhistorische Einordnung

3 Darstellungen des Dreißigjährigen Krieges
3.1 Andreas Gryphius: Threnen des Vatterlandes/Anno 1636 (1643)
3.2 Georg Rodolf Weckherlin: An das Teutschland (1641)
3.3 Georg Philipp Harsdörffer: Friedenshoffnung bey Nochschwebender Handlung zu Münster und Osnabrück (1648)

4 Schlussbetrachtung

5 Literaturverzeichnis

1 Erläuterung der Fragestellung

Tod, Elend, Armut, Krankheit, Zerstörung. Das sind Erscheinungen, die ein Krieg sowohl in der heutigen Zeit, als auch in früheren Jahrhunderten bedingt hat. Im 17. Jahrhundert, zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, war dies nicht anders. Dieser Krieg zählt zu den verheerendsten Konflikten in der europäischen und vor allem deutschen Geschichte. Schlachten, Zerstörung, Seuchen, Hunger und Armut forderten einen hohen Tribut und ließen die Bevölkerungszahlen in Deutschland stark sinken.

Auch wichtige Lyriker, wie Gryphius, Opitz, Weckherlin, Harsdörffer oder Hoffmannswaldau konnten sich diesem Krieg nicht entziehen. Vielmehr hat dieses Ereignis einen großen und nachhaltigen Einfluss auf ihre Werke und die Lyrik des Barock ausgeübt. Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges sind zahlreiche Gedichte entstanden, vor allem solche, die über die Schrecken des Krieges klagen:

Das sind Töne, die in der deutschen Literatur immer häufiger, immer intensiver werden, je länger der Dreißigjährige Krieg dauert, je verheerender seine Auswirkungen werden, je weniger noch ein Sinn des blutigen Unwesens auszumachen ist.[1]

Stellvertretend für eine große Anzahl an gehaltvollen Gedichten, habe ich drei Gedichte als Grundstein für meine Arbeit ausgewählt. Zum einen das bekannte Sonett Threnen des Vatterlandes von Andreas Gryphius , dass beispielhaft für die gerade erwähnten Klagen steht . Zum anderen das patriotische Gedicht An das Teutschland von Georg Rodolf Weckherlin und die Friedenshoffnung bey Nochschwebender Handlung zu Münster und Osnabrück von Georg Philipp Harsdörffer, dass einen leichten und friedvollen Ton anschlägt. Alle drei Gedichte drehen sich um die Ereignisse des Dreißigjährigen Krieges, stellen diesen aber auf eine unterschiedliche Weise dar, was meine Gedichtauswahl begründet hat.

Im Rahmen dieser Arbeit gilt es den Schwerpunkt auf den Dreißigjährigen Krieg zu legen und am Beispiel von den drei Gedichten zu klären, wie der Dreißigjährige Krieg in der Lyrik des Barock dargestellt wird. Zu diesem Zweck soll im nachstehenden Kapitel erst einmal ein grober Überblick über diesen Krieg geschaffen werden. In diesem Zusammenhang gilt es auch herauszustellen, welche Bedeutung und welchen Einfluss der Dreißigjährige Krieg auf die Lyrik des Barock genommen hat. Kapitel 3 zielt dann auf eine konkrete Darstellung des Dreißigjährigen Krieges in den drei Gedichten ab. Dabei werden nicht nur die jeweiligen Schwerpunkte der Darstellung des Krieges hervorgehoben, sondern auch ein möglicher Einfluss von politischen oder religiösen Einstellungen und persönlichen Erlebnissen der Dichter auf ihr Werk hinterfragt. Die Reihenfolge der Gedichte orientiert sich an dem Verlauf des Krieges. In den Schlussbetrachtungen werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und gegenübergestellt. Zudem wird ein abschließendes Fazit, dass auch meine persönlichen Gedanken beinhaltet, formuliert. Die übergeordnete Aufgabe, die sich durch alle Abschnitte zieht, wird die Darstellung des Dreißigjährigen Krieges in der Lyrik des Barock am Beispiel von den ausgewählten Gedichten sein.

2 Literaturhistorische Einordnung

Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) wird zu den größten Katastrophen gezählt, die Europa und vor allem Deutschland jemals heimgesucht haben. Nicht nur die lange Dauer des Krieges, sondern auch die Brutalität und die mit dem Krieg einhergehenden Seuchen und Hungersnöte lassen diesen Krieg zu einem der verherrendsten Ereignisse in der deutschen Geschichte zählen. Für ein besseres Verständnis der Darstellung des Dreißigjährigen Krieges in den drei Gedichten sind Grundkenntnisse über die Entstehung, den Verlauf und die Folgen dieses Krieges notwendig. Vor dem Hintergrund des Krieges gilt es auch herauszustellen, welche Bedeutung er für die Lyrik des Barock einnimmt.

2.1 Der Dreißigjährige Krieg

„Die Konflikte, die zum Krieg führten, hatten ihre Wurzeln in den konfessionellen Auseinandersetzungen nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555).“[2] Die Reformation spaltete die Christen in Protestanten und Katholiken. Diese Teilung sorgte für zahlreiche Unruhen und Kämpfe. Der Augsburger Religionsfrieden sollte ein gleichberechtigtes Nebeneinander beider Konfessionen garantieren und die Auseinandersetzungen beenden. Nach dem Prinzip „cuius regio eius regio“ sollte in den folgenden Jahren gehandelt werden. Der Augsburger Religionsfrieden bewirkte aber nur einen vorübergehenden Waffenstillstand und wurde nicht von allen anerkannt.[3]

Innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bildeten sich kurz darauf zwei politisch, militärische Machtblöcke. Es standen sich die Union, ein Bündnis von protestantischen Reichsfürsten und die Katholische Liga mit den kaiserlichen Truppen feindlich gegenüber.[4] Als Auslöser des Krieges gilt der Prager Fenstersturz vom 23. Mai 1618, bei dem „zwei kaiserlich-katholische Statthalter aus dem Fenster“[5] der Prager Burg geworfen wurden.

Im Dreißigjährigen Krieg ging es jedoch nicht nur um Religion, sondern auch um Macht, Einfluss und die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in Europa. Vor allem Frankreich, Niederlande, Schweden und Dänemark akzeptierten die Vorherrschaft der Deutschen in Europa nicht mehr und mischten sich in den Krieg ein. In erster Linie ging es dabei gegen die Habsburger Mächte Österreich und Spanien.[6]

Der Krieg endete nach langen Verhandlungen am 24. Oktober 1648 mit dem Westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück.[7] Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation entwickelte sich aber nicht zu einem einheitlichen Staat, wie zum Beispiel Frankreich oder England, sondern zu einem losen Staatenbund, einem sogenannten Flickenteppich.[8]

Die Folgen der Kriegshandlungen wirkten sich vor allem auf die Bevölkerung aus. Schonungslose Ausbeutung, Hunger, Armut und ein verwüstetes Land hinterließ der Krieg. Die mit dem Krieg einhergehenden Seuchen, vor allem die Pest verursachten große Bevölkerungsverluste um die 30 Prozent.[9] Es dauerte bis in das 18. Jahrhundert hinein, um die Folgen des Krieges zu überwinden.

2.2 Die Bedeutung des Krieges für die Lyrik des Barock

Die Ereignisse um den Dreißigjährigen Krieg haben nicht nur bei der Bevölkerung, sondern auch in der Lyrik des Barock ihre Spuren hinterlassen. Seuchen, Religionskonflikte, Endzeitvorstellungen, Not, Aufstände, Hungersnöte oder Verwüstungen werden auch heute immer wieder in ganz unterschiedlicher Weise mit dem Barock in Verbindung gebracht. Auch Dirk Niefanger hebt die große Bedeutung des Dreißigjährigen Krieges für den Barock hervor:

Der Krieg erscheint als die bis heute gängigste Signatur der Zeit zwischen 1600 und 1700; die Bezeichnungen der Epoche sprechen eine deutliche Sprache: 'Eißernes oder Martialisches Saeclum' [...], 'Jahrhundert des großen Krieges' [...], 'Zeitalter der Glaubenskämpfe' [...], 'Jahrhundert des immerwährenden Krieges' [...], 'Kriege und Krisen'.[10]

Im Rahmen eines kurzen Überblicks über wichtige Merkmale der Barocklyrik soll herausgestellt werden, wie diese durch die Geschehnisse des Dreißigjährigen Krieges beeinflusst wurden.

Der Barock war geprägt von vielen Gegensätzen. So spiegelte sich auch die Spaltung in Protestanten und Katholiken in der damaligen Lyrik in parteiischen Gedichten wieder. Bezeichnend für den Barock war auch die aus dem Krieg resultierende Spannung zwischen der Todesangst und dem Lebensgenuss. Die Menschen wurden in dieser Zeit ständig mit dem Tod und ihrer eigenen Vergänglichkeit konfrontiert. Vor allem der große Bevölkerungsverlust durch die Pest und die Kämpfe zeigte den Menschen ihre eigene Vergänglichkeit („vanitas“) auf. Daraus resultierte auf der einen Seite die gesteigerte Beschäftigung mit dem Thema Tod, zum anderen aber der Wunsch, trotz der Allgegenwärtigkeit des Todes, das Leben zu genießen. Es entwickelten sich die beiden gegensätzlichen Sinnsprüche „memento mori“ (Gedenke des Todes) und „carpe diem“ (Genieße den Tag) für das barocke Lebensgefühl.

Eine weitere Spannung resultierte aus dem beginnenden Territorialabsolutismus. Nach dem Westfälischen Frieden hat sich Deutschland zu einer „lose[n] Förderation einzelner Länder entwickelt.“[11] Der Territorialabsolutismus bewirkte eine uneingeschränkte Herrschaftsgewalt für die Fürsten. Dadurch entstand auch eine Spaltung der Gesellschaft in die höfische Kultur und die restliche Bevölkerung. Diese Gespaltenheit zeigte sich in dem Lebensgefühl der Menschen und fand häufig in der barocken Literatur ihren Niederschlag:

Gott – Welt, Diesseits – Jenseits, Augenblick – Ewigkeit, Höhe – Fall, Ordnung – Chaos oder Krieg – Frieden. Das dualistische Denken ergab sich dabei zu keinem geringeren Teil aus konkreten historischen Konstellationen, wie dem Dreißigjährigen Krieg und seinen Gräuelerfahrungen auf der einen Seite sowie Prunk und Reichtum der Höfe auf der anderen.[12]

Ein weiterer Aspekt der Barocklyrik, der durch den Krieg geprägt wurde, zeigt sich in einer starken Orientierung zu Regeln und Ordnung. Das durch den Krieg verursachte Chaos bewirkte, dass Ordnung, Sicherheit und auch Vernunft zu hohen Werten wurden und somit eine Möglichkeit gegen die Angst und das Chaos darstellten. Brenner betont, dass im Vergleich zu den vorherigen Jahrhunderten der Drang zur Reglementierung im Barock stark in den Vordergrund rückt.[13] Diese Feststellung wird auch durch Trunz untermauert:

Der Ordnungsgedanke des Barock bringt mit sich, daß in der Dichtung alle Gattungen an ihrem Platz stehen, Tragödie, Komödie, Elegie, Lied, Lehrgedicht, Epigramm usw., und daß dabei alle Inhalte erfaßt sind, das Ernste wie das Heitere, das Hohe wie das Niedere. Darum kann Barockdichtung so Verschiedenes enthalten und es doch zusammenspannen.[14]

[...]


[1] Ingeborg Springer-Strand: »Der Kriegsmann will ein Schäfer werden« oder: Krieg. Frieden und Poesie in Harsdörffers »Friedenshoffnung«, in: Volker Meid und Walter Hinck (Hg.): Gedichte und Interpretationen. Stuttgart 1998 (=Renaissance und Barock, Bd. 1), S. 247.

[2] Dirk Niefanger: Barock. Lehrbuch Germanistik. 3. Auflage. Stuttgart 2012, S. 29.

[3] Vgl. Volker Meid: Literatur des Barock, in: Wolfgang Beutin (Hg.): Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 8 Auflage. Stuttgart 2013, S. 103.

[4] Vgl. Niefanger: Barock, S. 29.

[5] Ebd.

[6] Ebd., S. 30.

[7] Ebd.

[8] Vgl. Meid: Literatur des Barock, S. 103.

[9] Vgl. ebd., S. 104.

[10] Niefanger: Barock, S. 23.

[11] Niefanger: Barock, S. 25.

[12] Ebd., S. 5.

[13] Vgl. Peter Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte. Vom «Ackermann» zu Günter Grass. 3. Aufl. Göttingen 2011, S. 25.

[14] Erich Trunz: Weltbild und Dichtung im deutschen Barock. Sechs Studien. München 1992, S. 35.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Darstellung des Dreißigjährigen Krieges in der Lyrik des Barocks
Untertitel
Gryphius "Threnen des Vatterlandes", Weckherlin "An das Teutschland", Harsdörffer "Friedenshoffnung bey Nachschwebender Handlung zu Münster und Osnabrück"
Hochschule
Universität Regensburg  (Germanistik)
Veranstaltung
Andreas Gryphius
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
17
Katalognummer
V429901
ISBN (eBook)
9783668737792
ISBN (Buch)
9783668737808
Dateigröße
605 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lyrik Barock, Dreißigjähriger Krieg, Gryphius, Weckherlin, Harsdörffer, Gedichte
Arbeit zitieren
Kristin Buser (Autor:in), 2017, Die Darstellung des Dreißigjährigen Krieges in der Lyrik des Barocks, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/429901

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