Die deutsche Verfassung sieht eine herausragende und starke Stellung des Bundeskanzlers vor, um eine Instabilität der Regierungen der Weimarer Republik zu vermeiden.
Die Stärke des Bundeskanzlers ergibt sich in erster Linie aus dem Grundgesetz und der Geschäftsordnung der Bundesregierung (BRegGO).
Ohne das Bundeskanzleramt wäre der Regierungschef wie Wilhelm Hennis in seinem Aufsatz Richtlinienkompetenz und Regierungstechnik vortrefflich formulierte:
„…ein bedauernswerter Vollinvalide: Er könnte nicht sehen, hören noch schreiben, geschweige denn Richtlinien bestimmen.“
Diese sehr prägnanten und überaus exakt den Kern treffenden Worte zeigen, dass das Bundeskanzleramt das Instrument des Bundeskanzlers, ja des Kanzlers Amt ist.
Erst durch das Bundeskanzleramt schöpft der Bundeskanzler Macht und Durchschlagskraft.
Bei der Durchführung seiner Aufgaben nimmt das Bundeskanzleramt eine zentrale Stellung ein und ist eine Art Schaltzentrale, die dem Kanzler in jeder politischen Lage zur Seite steht, seine Entscheidungen vorbereitet und ihre Durchführung überwacht. Zusätzlich übernimmt es die Koordination der Arbeit der Bundesministerien. Auch fungiert es als Verbindungsstelle zu den Bundestagsfraktionen, den Parteien sowie verschiedenen Interessens- und gesellschaftlichen Gruppen.
Das Bundeskanzleramt macht es erst möglich, dass der Regierungschef sein Augenmerk auf das Wesentliche und Wichtige richtet und somit überhaupt regierungsfähig ist.
Auch, wenn die Kernaufgaben des Bundeskanzleramtes in den letzten fünf Jahrzehnten im Wesentlichen gleich geblieben sind, so reflektiert die Arbeitsweise des Bundeskanzleramtes stets den Führungsstil des jeweiligen Bundeskanzlers. Jeder Kanzler nutzte das Bundeskanzleramt nicht in der gleichen Weise und auch nicht im gleichen Umfang.
Ziel dieser Arbeit ist es, heraus zu arbeiten, wie das Bundeskanzleramt als Machtressource vom amtierenden Kanzler genutzt wurde und wie effektiv die Arbeit desselben war. Um eine Vergleichsmöglichkeit zu schaffen, wird die Kanzlerschaft Konrad Adenauers und Willy Brandts untersucht.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Stellung des Bundeskanzlers
1. Verfassungsrechtliche und politische Stellung des Bundeskanzlers
1.1. Kanzlerprinzip
1.2. Ressortprinzip und Kollegial- oder Kabinettsprinzip
1.3. Grundsatz der Rücksichtsnahme auf den Koalitionspartner
2. Kanzlerdemokratie und ihre Merkmale
III. Bundeskanzleramt allgemein
1. Bedeutung und Funktion des Bundeskanzleramtes
2. Organisation und Arbeitsweise des Bundeskanzleramtes
3. Stellung des Chefs des Bundeskanzleramtes (ChBK)
IV. Bundeskanzleramt als Regierungszentrale unter Konrad Adenauer und Willy Brandt – ein Vergleich
1. Aufbau und Reorganisation des Bundeskanzleramtes
2. Personalpolitik und Vertraute der Bundeskanzler innerhalb des Bundeskanzleramtes
3. Führungsstile der Bundeskanzler
4. Einfluss und Effektivität des Bundeskanzleramtes
V. Resümee
VI. Literaturverzeichnis
I. Einführung
Die deutsche Verfassung sieht eine herausragende und starke Stellung des Bundeskanzlers vor, um eine Instabilität der Regierungen der Weimarer Republik zu vermeiden.
Die Stärke des Bundeskanzlers ergibt sich in erster Linie aus dem Grundgesetz und der Geschäftsordnung der Bundesregierung (BRegGO).
Ohne das Bundeskanzleramt wäre der Regierungschef wie Wilhelm Hennis in seinem Aufsatz Richtlinienkompetenz und Regierungstechnik vortrefflich formulierte:
„…ein bedauernswerter Vollinvalide: Er könnte nicht sehen, hören noch schreiben, geschweige denn Richtlinien bestimmen.“[1]
Diese sehr prägnanten und überaus exakt den Kern treffenden Worte zeigen, dass das Bundeskanzleramt das Instrument des Bundeskanzlers, ja des Kanzlers Amt ist.
Erst durch das Bundeskanzleramt schöpft der Bundeskanzler Macht und Durchschlagskraft. Bei der Durchführung seiner Aufgaben nimmt das Bundeskanzleramt eine zentrale Stellung ein und ist eine Art Schaltzentrale, die dem Kanzler in jeder politischen Lage zur Seite steht, seine Entscheidungen vorbereitet und ihre Durchführung überwacht. Zusätzlich übernimmt es die Koordination der Arbeit der Bundesministerien. Auch fungiert es als Verbindungsstelle zu den Bundestagsfraktionen, den Parteien sowie verschiedenen Interessens- und gesellschaftlichen Gruppen.
Das Bundeskanzleramt macht es erst möglich, dass der Regierungschef sein Augenmerk auf das Wesentliche und Wichtige richtet und somit überhaupt regierungsfähig ist.
Auch, wenn die Kernaufgaben des Bundeskanzleramtes in den letzten fünf Jahrzehnten im Wesentlichen gleich geblieben sind, so reflektiert die Arbeitsweise des Bundeskanzleramtes stets den Führungsstil des jeweiligen Bundeskanzlers. Jeder Kanzler nutzte das Bundeskanzleramt nicht in der gleichen Weise und auch nicht im gleichen Umfang.
Ziel dieser Arbeit ist es, heraus zu arbeiten, wie das Bundeskanzleramt als Machtressource vom amtierenden Kanzler genutzt wurde und wie effektiv die Arbeit desselben war. Um eine Vergleichsmöglichkeit zu schaffen, wird die Kanzlerschaft Konrad Adenauers und Willy Brandts untersucht.
Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig, die verfassungsrechtliche und politische Stellung des Bundeskanzlers zu bestimmen, die seine zentrale Stellung erst begründet. Dabei spielt der Artikel 65 des Grundgesetzes (GG) die entscheidende Rolle, da er erst die Grundlage für die Errichtung des Bundeskanzleramtes darstellt. Ferner ist für die Untersuchung auch die Bedeutung der Kanzlerdemokratie und ihrer Merkmale wichtig. Dies alles wird im Kapitel I „Stellung des Bundeskanzlers“ erläutert.
Das Kapitel II „Bundeskanzleramt allgemein“ beschäftigt sich mit Aufgaben sowie der Organisation und Arbeitsweise des Amtes im Einzelnen. Auch die Rolle des Chefs des Bundeskanzleramtes (ChBK) wird an dieser Stelle dargestellt.
Das Kapitel III „Bundeskanzleramt als Regierungszentrale unter Adenauer und Brandt“ widmet sich explizit dem Vergleich der beiden Bundeskanzler. Untersuchungsschwerpunkte sind die Organisation bzw. die Reorganisation des Bundeskanzleramtes, der jeweilige Führungsstil der Kanzler, die Einflussnahme des Bundeskanzleramtes auf die Regierung sowie die Effektivität des Amtes.
II. Stellung des Bundeskanzlers
1. Verfassungsrechtliche und politische Stellung des Bundeskanzlers
Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Stellung des Bundeskanzlers sind im Abschnitt VI „Die Bundesregierung“ des GG verankert. Gemäß Art. 62 GG bildet der Bundeskanzler mit den Bundesministern die Bundesregierung.[2] Die herausragende Rolle des Bundeskanzlers innerhalb des Kabinetts findet ihre Grundlage im Art. 65 GG und wird durch die Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg) ergänzt. Die sich daraus ergebenden Kompetenzen werden im Anschluss näher definiert.
1.1. Kanzlerprinzip
Das Kanzlerprinzip sichert dem Regierungschef eine bedeutende und führende Stellung zu. Der Bundeskanzler besitzt als einziges Mitglied des Kabinetts eine direkte Legitimation des Bundestages und ist von seinem Vertrauen abhängig.
Zum Kanzlerprinzip gehört in erster Linie das Kabinettsbildungsrecht. Er bestimmt allein, wer in seinem Kabinett mit ihm arbeiten wird. In seiner Ministerwahl ist er vollkommen frei. Niemand darf ihm Minister aufzwingen. Rechtlich gesehen ist das Kabinettsbildungsrecht Angelegenheit des Bundeskanzlers, de facto ist es im politischen Leben nicht allein des Kanzlers Angelegenheit. Durch Koalitionsabsprachen ist er in seiner Wahl durchaus eingeschränkt. Der Bundespräsident muss den Wünschen des Kanzlers (und des Koalitionspartners) entsprechen und die Vorgeschlagenen ernennen.
Das wichtigste Merkmal des Kanzlerprinzips ist die Richtlinienkompetenz. Sie ist im Art. 65 Satz 1 GG und im § 1 Absatz 2 GOBReg niedergelegt. Die Richtlinienkompetenz ist weder im GG noch in anderen Geschäftsordnungen ausdrücklich definiert, sie soll lediglich den Kurs der zu gestaltenden Gesamtpolitik bestimmen.[3] Ferner obliegt dem Bundeskanzler die Leitungskompetenz und die sich daraus hergeleitete Organisationsgewalt. Der Bundeskanzler entscheidet im Rahmen geltender Gesetze über die Gliederung der Regierung, die Anzahl der Bundesministerien und über ihre Zuständigkeitsbereiche.[4]
Das Kanzlerprinzip bildet erst die Grundlage für die Errichtung des Bundeskanzleramtes. Seine Errichtung muss im Kontext des Kabinettsbildungsrechtes des Bundeskanzlers gesehen werden.[5]
1.2. Ressortprinzip und Kollegial- oder Kabinettsprinzip
Das Ressortprinzip ist im Art. 65 Satz 2 GG geregelt und besagt, dass der jeweilige Bundesminister selbständig und eigenverantwortlich seinen Geschäftsbereich – innerhalb der vom Bundeskanzler bestimmten Richtlinien – leitet.[6]
Das Kabinetts- oder Kollegialprinzip als drittes Prinzip ist im Art. 65 Satz 3 GG verankert. Kommt es zu Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern, muss die Bundesregierung als Kollegialorgan entscheiden.[7]
Von großer Bedeutung ist, dass das Kollegialprinzip sowohl der Richtlinien- als auch der Ressortkompetenz Grenzen setzt.
1.3. Grundsatz der Rücksichtsnahme auf den Koalitionspartner
Ein viertes, unbeschriebenes jedoch im politischen Leben sehr wichtiges und gewichtiges Prinzip ist der Grundsatz der Rücksichtsnahme auf den Koalitionspartner.[8]
Bundeskanzler a. D. Helmut Kohl formuliert hierzu die folgende „goldene“ Regel frei nach Kant: „Mute deinem Koalitionspartner niemals zu, was du nicht selber zugemutet bekommen möchtest“[9]
Zu diesem Prinzip gehört die Bereitschaft, seinem kleinen Partner auch einige Prestigeerfolge oder darstellungspolitische Triumphe zu gönnen.[10]
Dieser Grundsatz schränkt das Kanzlerprinzip im Hinblick auf die Organisationsgewalt ein. Der Bundeskanzler muss sich in erster Linie an die im Koalitionsvertrag vereinbarten Bestimmungen halten und somit auf seinen „alleinigen Machtanspruch“ innerhalb der Regierung. Das Koalitionsprinzip prägt zusätzlich die Verfassungswirklichkeit gleich stark wie die im Art. 65 GG verankerten Prinzipien.[11]
2. Kanzlerdemokratie und ihre Merkmale
Die Bezeichnung „Kanzlerdemokratie“ hat sich als Fachbegriff relativ spät in der politikwissenschaftlichen Terminologie etabliert. Der Begriff der „Kanzlerdemokratie“ kam in den 50-er Jahren auf, weichte allerdings von der föderalistischen Intention ab, da er die Effektivität und Stabilität der Regierung Adenauers hervorhob. Er bezeichnete auch das neu gewonnene Selbstbewusstsein der jungen Bonner Demokratie, die sich von den schwachen Regierungen der Weimarer Republik unterschied.
Im Laufe der Zeit gab es eine ganze Vielfalt an Untersuchungen zur Kanzlerdemokratie, die verschiedene Thesen vertraten. Viele Wissenschaftler vertraten die Ansicht, dass die Kanzlerdemokratie mit dem Ende der Adenauer-Ära endete. Andererseits wurde wiederum von anderen Kollegen die Kanzlerdemokratie als ein Regierungstyp verstanden, der zwar unter Adenauer, als ersten Bundeskanzler, entstand, jedoch bis heute einen Orientierungsrahmen für die Amtsführung seiner Nachfolger darstellt.
Einer der wichtigsten Verfechter der „Regierungstyp-These“ ist Karlheinz Niclauß. Er vertritt ferner die Meinung, dass sobald die Grundprinzipien der Kanzlerdemokratie vernachlässigt werden, diese zu Machtverlust und schließlich zum Rücktritt oder Sturz des Kanzlers führten. Nach Niclauß gehört zur Kanzlerdemokratie zunächst einmal die Regierungstechnik. Damit ist insbesondere seine Fähigkeit gemeint, im Kabinett und in der Regierungsfraktion seine Vorstellungen durchzusetzen. Auch umfasst der Begriff die politische Willensbildung.
Die Kanzlerdemokratie zeichnet sich außerdem durch bestimmte Erwartungen und Orientierungsmuster der Wähler aus.[12]
Sie ist also, wie Niclauß formulierte „…keineswegs als der ´Regierungsstil´ der Kanzlers zu interpretieren, sondern zeichnet bestimmte Formen des Zusammenwirkens zwischen den Ebenen der Regierung des Parteiensystems und der Wählerschaft“.[13]
Seine generellen Verstellungen zur Kanzlerdemokratie hat Niclauß zu fünf Merkmalen konkretisiert:
1. Dominanz des Kanzlerprinzips und seiner Richtlinienkompetenz gemäß Art. 65 GG sowie deren dominante Durchsetzung gegenüber dem Ressort- und Kabinettsprinzip.
2. Das persönliche Prestige des Bundeskanzlers, zumindest im Regierungslager und bei der Mehrheit der Wähler (der sogenannte „Kanzlerbonus“) sowie eine starke Personalisierung der politischen Auseinandersetzung, die im Bundestagwahlkämpfen ihren Höhepunkt erreicht (Amtsinhaber versus Kanzlerkandidat)
3. Enge Verbindung zwischen dem Amt der Bundeskanzlers und der Führung der größten Regierungspartei.
4. Der Gegensatz (nicht die Kooperation) zwischen dem Regierungslager und der Opposition bestimmen die politische Auseinandersetzung. Eine bewusst inszenierte Abgrenzung zwischen beiden Lagern und die Reduktion der Politik auf die Standpunkte „pro und contra“ als Herrschaftsmittel in der Kanzlerdemokratie.
5. Starkes Engagement des Bundeskanzlers in der Außenpolitik als typisches Merkmal der Kanzlerdemokratie.[14]
Man muss allerdings eines bedenken: die Kanzlerdemokratie bedeutet seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland auch stets eine Koalitionsregierung. Diese wichtige Feststellung hat essentielle Folgen für die Position des Kanzlers: seine Richtlinienkompetenz, das Ressort- und Kabinettsprinzip sowie das Bundeskanzleramt als Machtressource, als Kennzeichen der Kanzlerdemokratie, können ausschließlich für die Minister der eigenen Partei gelten. Bei Ministern der anderen Koalitionspartei/-en bedarf der Regierungschef der Einwilligung des Koalitionspartners. Hierzu wird bereits vor der Koalitionsbildung die Koalitionsvereinbarung festgelegt, die eine Art „Richtlinie“ für den Kanzler darstellt und an die er sich halten muss.[15]
III. Bundeskanzleramt allgemein
1. Bedeutung und Funktion des Bundeskanzleramtes
Das Bundeskanzleramt hat eine dreifache Bedeutung für das deutsche Regierungssystem:
- Es bietet die Voraussetzung als Machtquelle, ist aber keineswegs von sich selbst aus eine Machtressource des Bundeskanzlers.
- Entscheidend für seine Bedeutung sind die Konstruktion der Leitungsebene, die Person des ChBK sowie sein Verhältnis zum Bundeskanzler.
- Der Bundeskanzler muss sich den Sachverstand durch einen hierarchieunabhängigen aktiven Zugriff erschließen.[16]
Das Bundeskanzleramt ist allerdings keine Behörde, die den einzelnen Ressorts übergeordnet ist, auch darf sie ihnen keine Weisungen erteilen. Ferner hat es keine eigene Ressortzuständigkeit. Ein ChBK, der kein beamteter Staatssekretär ist, gehört der Bundesregierung an und ist immer ein „Bundesminister für besondere Aufgaben“. Er ist ein Regierungsmitglied, aber ohne einen Ressortbereich.[17]
Angesichts der persönlichen Zuordnung zum Regierungschef ist die erste Hauptfunktion des Bundeskanzleramtes die politisch-administrative Unterstützung des Bundeskanzlers.
Im Verhältnis zum Bundeskanzler ist die wichtigste Funktion, dem Bundeskanzler zuzuarbeiten und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und zu entlasten. Auf Grund der Menge und Komplexität der Informationen der allgemeinen Politik sowie der Bundesministerien, ist es von höchster Wichtigkeit, die Informationen so aufzuarbeiten und ausführliche Sachverhalte so zu komprimieren und zu bündeln, dass im Ergebnis nur das Wesentliche herausgearbeitet werden soll. Der Bundeskanzler muss alles für seine Arbeit Bedeutende schnell den zur Verfügung gestellten Informationen entnehmen können. Ferner muss das Bundeskanzleramt überprüfen, ob die Darstellung der Ressorts zu Ergänzungen, Änderungen oder Fragen Anlass gibt. Diese Prüfungen erstrecken sich schwerpunktmäßig darauf zu überwachen, ob sich das Ressort an die gesetzlichen Vorlagen (GeschBReg und Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien [GGO]) gerichtet hat und die daraus erforderliche Beteiligung anderer Ressorts und Stellen außerhalb der Bundesregierung vorgenommen hat. Falls Streitigkeiten festgestellt werden, hat das Bundeskanzleramt zu vermitteln und gegebenenfalls Vorschläge zur Lösung zu entwickeln.
Das Bundeskanzleramt hat nicht nur die Aufgaben, die im den Ressorts erarbeiteten Sachverhalten aufzuarbeiten, sondern muss zusätzlich prüfen, ob politische Impulse oder die Entwicklung neuer Konzeptionen angebracht sind. Werden neue Anregungen erarbeitet, ist –je nach politischer Brisanz - schnellstmöglich eine Entscheidung vom Bundeskanzler einzuholen. Es reicht gelegentlich aus, Gespräche mit den zuständigen Ressorts zu führen. Die Ressorts haben dann zu prüfen, ob sie im Rahmen ihrer Ressortverantwortung die Anregungen aufgreifen.
Eine ebenfalls sehr wichtige Aufgabe des Bundeskanzleramtes besteht darin, bei der Vorbereitung und Umsetzung von Kanzlerentscheidungen mitzuwirken.[18]
Das Verhältnis des Bundeskanzleramtes zum Kabinett ist im § 7 GOBReg geregelt und besagt Folgendes: „… der Staatssekretär Bundeskanzleramtes nimmt zugleich die Geschäfte eines Staatssekretärs der Bundesregierung wahr“.[19] Dies gilt auch dann, wenn der ChBK Bundesminister ist. Das bedeutet, dass dem Bundeskanzleramt die Sekretariatsgeschäfte für die Bundesregierung als Kollegialorgan obliegen. Es muss eine neutrale Stellung wahren und bei Konsensfindungen innerhalb des Kabinetts behilflich sein.[20]
Das Bundeskanzleramt ist zwar gegenüber den Ressorts kein „Überministerium“ und hat auch kein Weisungsrecht, aber durch seine zuarbeitende Funktion zum Bundeskanzler und zur Bundesregierung hat es eine besondere Stellung ihnen gegenüber.
Für die Funktionsfähigkeit und Autorität des Kabinetts ist es von existenzieller Bedeutung, dass Entscheidungen erarbeitet werden, die vom Kabinett getragen werden. Gemäß § 2 GOBReg und § 70 GGO I (Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien, Allgemeiner Teil) hat das Kabinett auf die Einheitlichkeit der Maßnahmen hinzuarbeiten. Die Prämisse dafür ist eine enge und gute Zusammenarbeit aller Ministerien. Bei Streitigkeiten kann das Bundeskanzleramt ebenfalls wie beim Kabinett konsensbildend wirken. Durch das Zusammenwirken mit den Fachministerien trägt das Bundeskanzleramt zu einer insgesamt abgestimmten Haltung der Bundesregierung bei.[21]
Folgende Funktionen hat das Bundeskanzleramt im Verhältnis zum Bundestag und Bundesrat:
Gesetzesentwürfe der Bundesregierung sind dem Bundesrat zur Stellungnahme zuzuleiten. Diese Stellungnahme ist an Fristen gebunden. Um diese Fristen einhalten zu können, gibt es zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Bundesrat eine abgesprochene Staatspraxis, dass der Bundesrat im Vorfeld die Bundesregierung über seine Sitzungstermine informiert und das Bundeskanzleramt, im Auftrag des Bundeskanzlers, diese Gesetzesentwürfe dem Bundesrat vor seiner nächsten Sitzung zuleitet. Nachdem ein Gesetz zustande gekommen ist, wird der Bundeskanzler darüber formell vom Bundestag und Bundesrat informiert. Das Bundeskanzleramt unterrichtet das federführende Ministerium. Die anschließend vom zuständigen Bundesminister unterzeichnete Urschrift wird wieder ans Bundeskanzleramt zur Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler weitergeleitet und danach vom Bundeskanzleramt ans Präsidialamt geschickt.[22]
Um zur Verständigung beizutragen, ist ein Vertreter des Bundeskanzleramtes (in der Regel der Staatsminister) im Vermittlungsausschuss ohne Stimmrecht anwesend. Auch ist das Bundeskanzleramt Leitstelle für das Beantwortungsverfahren bei parlamentarischen Fragen (große und kleine Anfrage sowie mündliche und schriftliche Fragen).[23]
Wichtig ist vor allem, Kontakte zu unterhalten, die bedeutende Informationen geben können. Dies geht naturgemäß über die Ressorts als zunächst wichtigste Informationsquelle hinaus. Aus diesem Grund werden Kontakte zu Landesverbänden, gesellschaftlichen Gruppen, Wissenschaftlern und insbesondere zu Parteien und ihren Fraktionen gepflegt.[24]
[...]
[1] Hennis, Wilhelm: Richtlinienkompetenz und Regierungstechnik, Tübingen 1964, S. 19
[2] vgl. Art. 62 GG
[3] vgl. König, Klaus/Knoll, Thomas: Bundeskanzler, Regierungsfunktionen, Regierungszentrale, in: von Westphalen, Raban Graf (Hrsg.): Deutsches Regierungssystem, München/Wien/Oldenburg 2001, S. 290 ff
[4] vgl. Carstens, Karl: Politische Führung, Stuttgart 1971, S. 62 ff
[5] vgl. Müller-Rommel, Ferdinand/Pieper, Gabrielle: Das Bundeskanzleramt als Regierungszentrale, in: APuZ B 21-22/1991, S. 5
[6] vgl. Art. 65 Satz 2 GG
[7] vlg. Art. 65 Satz 3 GG
[8] vgl. Mertens, Michael: Führen, Koordinieren, Strippen ziehen: Das Bundeskanzleramt als Kanzlers Amt, in: Korte, Karl-Rudolf/Hirscher, Gerhard (Hrsg.): Darstellungspolitik oder Entscheidungspolitik, München 2000, S. 67
[9] Kohl, Helmut, zitiert nach: ebd.
[10] vgl. ebd.
[11] vgl. ebd.
[12] vgl. Niclauß, Karlheinz: Kanzlerdemokratie – Bonner Regierungspraxis von Konrad Adenauer bis Helmut Kohl, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1988, S. 133 ff
[13] ebd., S. 135
[14] vgl. ebd., S. 133ff
[15] vgl. Wewer, Göttrik: Richtlinienkompetenz und Koalitionsregierung: Wo wird die Politik definiert?, in: Hartwich, Hans-Hermann/Wewer, Göttrik: Regieren in der Bundesrepublik 1, Opladen 1990, S. 146
[16] vgl. Groß, Jürgen: Das Kanzleramt im Machtgefecht von Bundesregierung, Regierungsparteien und Mehrheitsfraktionen, in: Korte, Karl-Rudolf/Hirscher, Gerhard (Hrsg.): Darstellungspolitik oder Entscheidungspolitik?, München 2000, S. 87
[17] vgl. Mertens: Michael: Führen, Koordinieren, Strippen ziehen: Das Kanzleramt als Kanzlers Amt, a. a. O., S. 68
[18] vgl. Busse, Volker: Bundeskanzleramt und Bundesregierung: Aufgaben, Organisation, Arbeitsweise, 2. überarbeitete Auflage, Heidelberg 1997, S. 53f
[19] § 7 GOBReg
[20] vgl. Busse, a. a. O., S. 54f
[21] vlg. ebenda
[22] vgl. ebenda, S. 55ff
[23] vgl. ebenda
[24] vgl. ebenda, S. 63f
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