Die Beneš-Dekrete - Positionen zur EU-Rechtstauglichkeit


Hausarbeit, 2004

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Historischer Hintergrund
1.1. Entstehung der Beneš-Dekrete
1.2. Relevante Dekrete

2. Positionen

3. Aktuelles EU-Gutachten
3.1. Professor Frowein
3.2. Professor Bernitz
3.3. Lord Kingsland

Kommentar / Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

In der Schlussphase der Beitrittsverhandlungen zur EU-Osterweiterung gab es noch allerhand Probleme, insbesondere EU-Förderungsgelder galt es für die zukünftigen EU-Mitglieder zu ergattern. Für die Tschechische Republik kam allerdings noch ein weiteres, vermeintlich vergessenes Thema hervor:

Die Beneš-Dekrete. Tschechische Parlamentswahlen, Österreichische Nationalratswahl und Deutsche Bundestagswahl mit einem bayerischen Kanzlerkandidaten waren prädestiniert um dieses Thema in den Mittelpunkt zu rücken, wohl nicht wegen der Sache an sich, eher um Wählerstimmen zu gewinnen.

Dabei ist das Thema selbst nicht unbedeutend für die spezielle Wertegemeinschaft Europäische Union - es geht darum herauszufinden, ob die Beneš-Dekrete, jedenfalls jene die in die Kategorie Menschenrechte eingeordnet werden können, mit EU-Recht und mit der wohl zukünftigen EU-Verfassung vereinbar sind, oder ob für die Tschechische Regierung hier noch Handlungsbedarf besteht um sich – auch wenn mittlerweile EU-Mitglied – dem EU-Recht anzugleichen.

Im Folgenden wird zunächst die Entstehung der Beneš-Dekrete nachgezeichnet, die relevanten Dekrete und ihre damaligen Folgen werden vorgestellt. Anschließend werden die Positonen der Beneš-Dekretskontrahenten aufgeführt, um dann ausführlich die Argumentationskette des wohl letztlich für das EU-Parlament entscheidende EU-Gutachten, dass, durch Professor Frowein, Professor Bernitz und Lord Kingsland, im Auftrag des Europäischen Parlaments erstellt wurde, zu erläutern.

Zum Abschluss ist noch ein Kommentar über die Diskussion angefügt.

1. Historischer Hintergrund

1.1. Entstehung der Beneš-Dekrete

Die Beneš-Dekrete verdanken ihren Namen den am 18. Mai 1884 geborenen Edvard Beneš, dieser war nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zunächst tschechoslowakischer Außenminister, bevor er 1935 zum Präsidenten gewählt wurde. Nach dem Zustandekommen des Münchener Abkommen[1] vom 30.9.1938 zwischen Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien, dass eine Abtretung der von deutschen bewohnten tschechoslowakischen Gebiete (insbesondere das Sudetenland) an das deutsche Reich bestimmte, ohne dass Vertreter der Tschechoslowakei teilnehmen durften, trat Edvard Beneš am 5.10.1938 von seinem Amt zurück und emigrierte mit vielen anderen der tschechoslowakischen politischen Elite nach London, noch bevor die Rest-Tschechei am 15.3.1939 von deutschen Truppen besetzt und zum “Protektorat Böhmen und Mähren” umstrukturiert wurde. Der slowakische Teil wurde hierbei in einen deutschen Satellitenstaat umgestaltet, der südslowakische Teil an Ungarn abgegeben.[2]

Die tschechischen Exilpolitiker gründeten nicht nur eine eigene Militärtruppe, sondern auch einen Nationalausschuss und eine provisorische Regierung unter Leitung von Edvard Beneš, die sich Kontakte nach Tschechien hinein erarbeitete. Gleichzeitig bemühte man sich darum, bei den Alliierten offiziell als Exilregierung anerkannt zu werden, am 15. Oktober 1940 wurde dieses Ziel erreicht.

Als Beneš-Dekrete werden zunächst alle Rechtsnormen bezeichnet, die zwischen 1940 und 1945 durch den Präsidenten Beneš im Exil erlassen wurden, nachdem die emigrierte politische Elite – die den Großteil des tschechischen Volkes widerspiegelte, da sie aus nahezu allen politischen Spektren stammte – jene Gesetze vorbereitet hatte. Die Bezeichnung “Dekret“ stammt von der Verfassungsnot her, da eigentlich kein tschechischer Staat mehr existierte.[3]

Nach Kriegsende, dem Einmarsch der sowjetischen Truppen, wurde am 4. April 1945 ein Regierungsprogramm verkündet, dass vorher mit Moskau ausgearbeitet worden war. Im Oktober wurde ein provisorisches Parlament gewählt, dass im März 1946 nachträglich alle 143 in den Jahren von 1940 bis 1945 erlassenen Dekrete bestätigte, viele von Ihnen bedeuteten große Veränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen. Beneš verweigerte im Mai 1948 die Unterschrift unter eine neue kommunistische Verfassung und trat am 2. Juni 1948 zurück, er verstarb am 3. September 1948.

1.2. Relevante Beneš-Dekrete

Wenn es nunmehr knapp 60 Jahre lang hitzige Debatten um “Die Beneš-Dekrete” gibt, dann sind im eigentlichen Sinne nicht alle 143 gemeint, sondern in erster Linie nur jene, die sich dem allgemeinen mitteleuropäischen Verständnis von Grund -und Menschenrechten möglicherweise entgegenstellen könnten. Diese Dekrete trugen nämlich dazu bei, dass nach dem Kriegsende 1945 die in der Tschechoslowakei lebende deutsche und ungarische Bevölkerung nicht unter zivilisierten Verhältnissen zwangsausgesiedelt wurde, sondern in schlimmer und willkürlicher Art und Weise vertrieben und sogar umgebracht wurde. Die gleichzeitig vollzogene Enteignung von jeder Art Vermögen, von Besitz, Grund und Boden sowie der Entzug der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft sind die weiteren sehr umstrittenen Themen. Bei den Dekreten ist vor allem zu beachten, dass sie sich nicht gegen Einzelpersonen und ihre Vergehen richten, sondern gegen eine ganze Gruppe, die sich von ihrer Nationalität her definiert. Die Unschuldsvermutung und eine mögliche Verteidigung vor Gericht wurden damals erkennbar missachtet.

Es folgt nun die Herausstellung der relevanten Dekrete, die sich in drei Kernthemen aufteilen lassen können:

- Betreffend dem Streitpunkt Eigentum und seine Enteignung (Konfiskation) sind folgende Dekrete zu begutachten:
- Das Dekret Nummer 5 vom 19. Mai 1945 beschloss, dass staatlich unzuverlässige Personen (= deutscher oder magyarischer / ungarischer Abstammung, die sich irgendwann ab 1929 bei einer Volkszählung zu jener Nationalität bekannt haben) ihr Vermögen an den Staat abtreten müssen.

So konnten zum Beispiel innerhalb von vier Wochen ca. 10000 deutsche und ungarische Betriebe dem tschechischen Staat unterstellt werden.

- Das Dekret Nummer 12 vom 21. Juni 1945 sah die entschädigungslose Enteignung von landwirtschaftlichen Vermögen / Eigentum vor, betroffen waren wiederum alle Deutschen und Ungarn, sowie Verräter und Kollaborateure. Ausnahmen wurden nur bei jenen gemacht, welche nachweislich aktiven Widerstand gegen die Besatzer leisteten.

[...]


[1] Vgl. Informationen für Politische Bildung (bpb), Informationen zur politischen Bildung, Tschechien, Nummer 276, Bonn 2002, S.10 Sp.1/2.

[2] Vgl. ebd., S.10 Sp.2.

[3] Vgl. ebd., S.12 Sp.1.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Beneš-Dekrete - Positionen zur EU-Rechtstauglichkeit
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Geschwister-Scholl-Institut München)
Veranstaltung
Europäische Union
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V43175
ISBN (eBook)
9783638410403
Dateigröße
539 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beneš-Dekrete, Positionen, EU-Rechtstauglichkeit, Europäische, Union
Arbeit zitieren
Daniel Michel (Autor:in), 2004, Die Beneš-Dekrete - Positionen zur EU-Rechtstauglichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43175

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Beneš-Dekrete - Positionen zur EU-Rechtstauglichkeit



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden