Zeiterleben und Musik. Der beste Sound für Telefonwarteschleifen unter dem Aspekt von Zufriedenheit und subjektiver Zeitwahrnehmung


Hausarbeit, 2018

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Gründe für den Einsatz von Musik in Telefonwarteschleifen

3 Zeitwahrnehmung
3.1 Zeitwahrnehmung und Körpergefühl
3.2 Zeitwahrnehmung und musikalisches Tempo
3.3 Zeitwahrnehmung und Tonalität

4 Reaktionen auf verschiedene Wartezeit-Füller
4.1 Erste Studie
4.2 Zweite Studie

5 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Schrifttum

Internetquellen

1 Einleitung

Trotz neuer Möglichkeiten der Kundenhotlines haben die klassischen Telefonwarteschleifen noch immer Relevanz. Laut Abb. 1 beträgt die durchschnittliche Wartezeit in den berühmten Branchen wie TV & Vo D-Provider oder Festnetz & Internet jeweils 02:08 und 02:50 Minuten. Daraus entstehen folgende zwei Hauptziele dieser Arbeit. Es soll einmal herausgearbeitet werden, wie und wodurch die Musik in der Lage dazu ist, die Wartezeit der Anrufer am Telefon zu beeinflussen. Ferner soll in diesem Kontext im Fokus stehen, unter welchen Gegebenheiten man die Zeit kürzer einschätzt. Ein anderes Ziel besteht darin zu erkunden, wodurch man die höchstmögliche Zufriedenheit der Anrufer während der Wartezeit erreichen kann. Aufgrund des Umfangs dieser Arbeit werden die verschiedenen Altersklassen und Geschlechter in dieser Ausarbeitung nicht berücksichtigt. Vielmehr sollen grundlegende Anhaltspunkte gefunden werden, durch die man die Zufriedenheit und die subjektive Zeiteinschätzung der Anrufenden beeinflussen kann.

Zu Beginn dieser Arbeit sollen zunächst Gründe dargelegt werden, weshalb man so oft Musik in einer Telefon-Warteschleife hört. Im nachfolgenden Teil soll der Begriff der Zeitwahrnehmung in einen verständlichen Rahmen gebracht werden. Darauf aufbauend schließt sich dann das erste Thema zur Zeitwahrnehmung an. Hier wird herausgearbeitet, ob das Körpergefühl für die Zeitempfindung eine Rolle spielt. Ferner wird untersucht, inwieweit verschiedene musikalische Tempi eine Rolle für die Zeitwahrnehmung spielen. Im nachfolgenden Abschnitt sollen diese Untersuchungen auch auf die unterschiedlichen Tongeschlechter wie Dur, Moll und Atonalität angewendet werden. Dann steht anhand ausgewählter Studien im Mittelpunkt, wie man die Zufriedenheit der wartenden Anrufer durch bestimmte Aspekte beeinflussen kann. Den Abschluss dieser Erhebung bildet dann eine Zusammenfassung der gesammelten Ergebnisse.

2 Gründe für den Einsatz von Musik in Telefonwarteschleifen

Die Technik schreitet immer weiter voran. Es sind immer unterschiedliche Dinge möglich um den Kunden eine möglichst angenehme Wartezeit zu bereiten. Man muss nicht mehr nur auf eine ständig sich wiederholende einfache Melodie setzen. Es existiert sogar die Möglichkeit sich das gewünschte Musikgenre für die Warteschleifenmusik auszuwählen. Weiterhin haben Firmen es auch für sich entdeckt dem Kunden Werbung in der Telefonwarteschleife zu präsentieren.

Die Musik soll in erster Linie den Anrufer unterhalten und verhindern, dass die Person frühzeitig auflegt. In einer Studie wurde deutlich gemacht, dass die Teilnehmer, die in der Stille warteten, schneller auflegten als die Probanden, die Musik hörten.[1] Außerdem kann man mit Hilfe der Musik ein bestimmtes Image ausdrücken. Dazu kommt, dass Musik in einer Warteschleife das Unternehmen professioneller erscheinen lässt. Die Anrufenden empfinden das als einen umfassenden Service. Ein weiterer Grund für den Einsatz von Musik besteht darin, dass Musik dem Anrufenden signalisiert, dass das Unternehmen noch nicht aufgelegt hat.

Eine Studie testete drei verschiedene Möglichkeiten um eine Telefonwarteschleife zu füllen. Dabei hörte eine Gruppe der Probanden Lieder der Beatles. Eine andere Gruppe hörte Panflötencover von den gleichen Liedern und schließlich bekamen andere eine Nachricht in 10 Sekunden Intervallen zu hören. Das Ergebnis dieser Studie war, dass die zwei musikalischen Möglichkeiten den Testpersonen deutlich besser gefielen als die Sprachnachricht.[2]

3 Zeitwahrnehmung

Die herkömmliche Art Dinge wahrzunehmen beruht auf den menschlichen Sinnesorganen, deshalb kann man die Zeit nicht direkt wahrnehmen. Diese Organe vermitteln Personen gewisse Eindrücke. Man kann jedoch die Zeit weder hören, riechen, schmecken noch fühlen. Es existiert kein spezielles Sinnesorgan für die Zeit, somit ist die Zeitwahrnehmung etwas Außergewöhnliches. Außerdem ist die Zeitwahrnehmung immer etwas sehr Subjektives.

Ein Erklärungsansatz besteht darin, dass sich die Zeitwahrnehmung aus der Wahrnehmung von Veränderungen konstatiert. Man macht somit die Zeit an Veränderungen und Bewegungen fest. Beispielsweise nimmt man im großen Maßstab die eigene Veränderung des Körpers wahr. Die einzelne Person sieht, wie sie sich über die Jahre optisch verändert hat. Im musikalischen Kontext beispielsweise erkennt man Veränderungen und Bewegung in Form von Rhythmen.[3]

3.1 Zeitwahrnehmung und Körpergefühl

Das Körpergefühl einer Person spielt eine Rolle in ihrer individuellen Zeitwahrnehmung. Um dieser Aussage nachzugehen, wurde ein Experiment aufgebaut, indem Probanden vorgegebene Tonlängen reproduzieren mussten. An ihrer Haut wurden Sensoren und Elektroden angeschlossen um Körperfunktionen wie Herzschlag, Hautleitfähigkeit und Atemfrequenz zu erfassen.[4] Es stellte sich heraus, dass die Atemfrequenz und die Hautleitfähigkeit mit zunehmender Tondauer geringer wurden. Außerdem wurde deutlich, dass, je stärker die Abnahme des Herzschlags war, desto genauer war die zeitliche Reproduktion der Probanden. Die subjektive wahrgenommene Zeit bildet demnach die Zeit des Körpers, die sich aus der Wahrnehmung der veränderten Körpervorgänge ergeben. Daraus wird deutlich, dass die körperlichen Zustände von Entspannung und Erregung dafür verantwortlich sind, wie man die Zeit wahrnimmt. Dabei bilden die Körpervorgänge eine Grundlage für weitere aufbauende Stufen, aus denen sich das Gefühl der Zeit konstatiert.[5]

In einer Studie hörten insgesamt 10 Probanden jeweils abwechselnd ihre Lieblingslieder und neutrale Stücke. Dabei wurden jeweils die Herzfrequenz und die Atmung der Personen gemessen. Das Ergebnis war, dass bei ihrer Lieblingsmusik die Atmung schneller und der Puls erhöht gewesen ist.[6] Diese physiologischen Auswirkungen sind eng mit den auftretenden Emotionen verbunden. Demnach spielt dieser Aspekt auch eine Rolle, wenn sich das Körpergefühl einer Person ändert. Man muss hierbei beachten, dass in dieser Studie ausschließlich bekannte Lieblingsmusik vorgestellt wurde und es ebenfalls wichtig wäre, wie sich die Atmung und die Herzfrequenz der Probanden auf unbekannte Musik auswirkt.

Eine Studie von Bigand (2013) untersuchte, ob es einen Zusammenhang zwischen Musik, Emotionen und der Zeitwahrnehmung gibt. 40 Probanden hörten dabei verschiedene musikalische Stücke mit verschiedenen Tempi. Die Studie hat gezeigt, dass angenehm beurteilte Musik dazu geführt hat, dass die Testpersonen die Zeit kürzer einzuschätzen. Mit anderen Worten: Die Zeit verging schneller, wenn die Personen angenehme Musik hörten. Man hat in dieser Studie jedoch auch herausgefunden, dass erregende Musik dazu geführt hat, dass die Zeit von den Personen länger empfunden wurde. Die Unterschiede entstehen dadurch, dass einmal die angenehme Musik den Hörer von der Zeitverarbeitung abgelenkt hat. Ein andermal führt aufwühlende Musik dazu, dass sich automatisch die innere Uhr beschleunigt und man dadurch eine Zeitdehnung erfährt.[7]

Kellaris und Kent (1992) haben in diesem Kontext untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen gefühlsbedingter, positiver Musik und der subjektiven Zeitwahrnehmung gibt. Dafür hörten die Testpersonen in der Studie jeweils Dur, Moll oder atonale Musik. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass das Zeitgefühl beim Hören der Dur-Musik am längsten eingeschätzt wurde, obwohl sie gleichzeitig am positivsten von den drei Möglichkeiten gewertet wurde.[8] Kürzer wurde die Zeit bei den anderen beiden Tongeschlechtern eingeschätzt. Dies kann dadurch erklärt werden, dass die Dur-Musik als erregender empfunden wurde und die anderen beiden Möglichkeiten nicht diesen Effekt hervorbrachten.

Zusammen beweisen diese vorangegangenen Studien, dass veränderte Körpervorgänge eng mit den auftretenden Emotionen einer Person zusammenhängen. Man kann diese Ergebnisse in Zusammenhang bringen, da sowohl Lieblingsmusik positiv gewertet wird und in der Studie von Bigand (2013) die Musikstücke ebenfalls als angenehm empfunden wurden. Diese auftretenden Veränderungen der Körpervorgänge, wie beispielsweise eine veränderte Herz- oder Atemfrequenz, wirken sich infolgedessen auf die Zeitwahrnehmung aus.

In den zwei vorherig genannten Studien wurde herausgearbeitet, dass das musikalische Tempo einen maßgeblichen Einfluss auf die Zeitverzerrungen der Personen hat. Dieser Behauptung wird im folgenden Abschnitt nachgegangen.

3.2 Zeitwahrnehmung und musikalisches Tempo

Es gibt zahlreiche Studien, welche die möglichen Auswirkungen des Tempos auf die Zeitwahrnehmung in verschiedenen Kontexten untersuchten. Eine Studie von Mailov (2011) testete, wie sich keine, schnelle oder langsame Musik in einem Werbevideo auf die Zeitwahrnehmung der Probanden auswirkte. Die Ergebnisse waren, dass die Zeit bei schneller Musik kürzer eingeschätzt wurde als unter den anderen beiden Konditionen.[9]

Eine andere Studie testete die Effekte von musikalischem Tempo während einer Registrierung in einem Themenpark. Dabei wurde festgestellt, dass die Hintergrundmusik mit dem langsamen Tempo positive Reaktionen hervorbrachte. Die Probanden empfanden die wahrgenommene Zeit kürzer, als sie tatsächlich war. Außerdem führte die langsame Musik zu erhöhten Werten in den Bereichen Zufriedenheit und Erholung der Probanden verglichen mit der Musik mit dem schnellen Tempo.[10]

Aus diesen zwei Studien wird deutlich, dass es nicht eine musikalische Geschwindigkeit gibt, die zu einer kürzeren oder längeren subjektiven Zeitwahrnehmung führt. Wird die Musik eher passiv wahrgenommen, dann erreicht man eine verkürzte Zeitwahrnehmung durch die Wahl eines langsamen Tempos für die Musik. Wird die Musik aber bewusst wahrgenommen, dann wird die Zeit bei langsamer Musik länger eingeschätzt.

In der Regel nimmt man die Musik, die während des Wartevorganges bei einem Telefonat erklingt, aktiv wahr. Das optimale Tempo der Musik in einer Telefonwarteschleife muss dann so gewählt werden, dass man die positiven Effekte, die durch ein langsames Tempo erreicht werden mit einbezieht. Gleichzeitig muss das Tempo aber auch so hoch gewählt werden, dass die Personen die Zeit kürzer wahrnehmen.

3.3 Zeitwahrnehmung und Tonalität

Im Folgenden wird untersucht, inwieweit sich verschiedene Tongeschlechter auf die subjektive Zeitwahrnehmung auswirken. In einer Studie hörten Probanden das gleiche Stück jeweils in einer Dur-, Moll und atonalen Variante. Dabei wurde festgestellt, dass die Musik mit dem Dur-Charakter, verglichen mit den anderen beiden Varianten, in ihrer Dauer am längsten eingeschätzt wurde. Folglich erzeugte Dur-Musik die größte Dispersität zwischen wahrgenommener Zeit und der aktuellen Zeit. Dagegen führte Moll-Musik zu einer kürzeren Zeiteinschätzung. Atonale Musik führte zu der kürzesten Zeiteinschätzung.[11] Es wurde in diesem Zusammenhang auch herausgefunden, dass die geläufigen Dur-Moll-Tonalität positiver gewertet wurde als die Atonalität. Demnach wird in diesem Fall die geläufige Annahme, dass die Zeit „wie im Fluge“ vergeht, wenn man sich amüsiert, nicht gestützt.

Diese zwei Beobachtungen lassen sich dadurch erklären, dass für die Mehrheit der Personen in der westlichen Welt die konventionelle Dur und Moll-Musik bekannt ist. Dadurch, dass sie diese Musik gut kennen, ist dieser akustische Reiz für sie nichts Neues. Atonale Musik führt dazu, dass ein neuwertiger Reiz wahrgenommen wird und dadurch die Zeit im Moment kürzer wahrgenommen wird.

Es ist aber auch mit Hilfe eines kognitiven Models zur psychologischen Zeit erklärbar. Das relative Gefallen an den konventionellen Tongeschlechtern Dur und Moll im Gegensatz zu der Atonalität motivierte den Hörer dazu mehr Aufmerksamkeit dieser Musik zu schenken. Die Aufteilung größerer kognitiver Ressourcen für die Verarbeitung der angenehmeren Musik hat zwei Auswirkungen. Einmal werden weniger Ressourcen für die interne Uhr verwendet, die die Dauer von Ereignissen beurteilt. Ein andermal wird die Wahrnehmung geschaffen, dass mehr stimulierende Informationen gehört wurden. „Ornstein’s storage size model“ sagt aus, dass bekannte Ereignisse länger empfunden werden, wenn mehr Informationen dazu im Gedächtnis vorhanden sind. Sozusagen war es leichter, die abgespeicherte konventionale Dur-Moll-Tonalität abzurufen als die Atonalität.[12] Der unterschiedliche Bekanntheitsgrad der Tongeschlechter führte also maßgeblich zu den differenzierten Zeiteinschätzungen der Probanden.

[...]


[1] Vgl. Gail, Your Life on Hold, 1997, S. 29.

[2] Vgl. North, On-hold Waiting Time, 1999, S. 161.

[3] Vgl. Wittmann, Gefühlte Zeit, 2013, S. 141f.

[4] Vgl. Ebd., S. 73.

[5] Vgl. Ebd., S. 75.

[6] Vgl. Zatorre, Pleasureable Responses to Music, 2001, S. 11818.

[7] Vgl. Bigand , Music, Emotion, 2013, S. 10.

[8] Vgl. Kellaris, Influence of Music, 1992, S. 365.

[9] Vgl. Mailov, Effects of Musical Tempo, 2012, S. 2.

[10] Vgl. Oakes, Musical Tempo, 2003, S. 685.

[11] Vgl. Kellaris, Influence of Music, 1992, S. 372f.

[12] Vgl. Kellaris, Influence of Music, 1992, S. 372f.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Zeiterleben und Musik. Der beste Sound für Telefonwarteschleifen unter dem Aspekt von Zufriedenheit und subjektiver Zeitwahrnehmung
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Musikwissenschaft)
Veranstaltung
Musikhören und Interpretationsforschung
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
16
Katalognummer
V432723
ISBN (eBook)
9783668747821
ISBN (Buch)
9783668747838
Dateigröße
614 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zeiterleben, musik, sound, telefonwarteschleifen, aspekt, zufriedenheit, zeitwahrnehmung
Arbeit zitieren
Richard Nieding (Autor:in), 2018, Zeiterleben und Musik. Der beste Sound für Telefonwarteschleifen unter dem Aspekt von Zufriedenheit und subjektiver Zeitwahrnehmung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/432723

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