Unterrichtsplanungen Mathematik für das Berufskolleg


Fachbuch, 2010

114 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Unterrichtsentwürfe Mathematik
Konsequenzen einer Mehrwertsteuererhöhung für uns als Endverbraucher
Kriterien des Kurvenverlaufs Ganzrationaler Funktionen
Rückgabe einer Klassenarbeit lernwirksam nutzen
Stationenlernen Lineare Funktionen
Modellieren – die richtige Auswahl eines Handytarifs
Stationenlernen Lineare Gleichungen

Zusammenfassung

Literatur

Einleitung

Dieses Buch beinhaltet sechs Unterrichtsentwürfe für das Fach Mathematik. Die Unterrichtsentwürfe sind während meiner Referendariatszeit und meiner Zeit als Lehrer am Berufskolleg in den Jahren zwischen 2005 – 2010 entstanden. Aus eigener Erfahrung weiß ich noch gut wie schwer es zu Beginn war, eine sinnvolle Struktur für die Entwürfe zu finden. Das hat mich auf die Idee gebracht, einige meiner Unterrichtsentwürfe in einem Buch zusammenzufassen. Ich wünsche mir, dass es seinen Zweck erfüllt und Referendarinnen und Referendaren hilfreich beim Niederschreiben der Unterrichtsentwürfe ist.

Die Unterrichtsentwürfe sind in Klassen einer vollzeitschulischen Berufsausbildung zum staatlich geprüften Sozialhelfer und zur staatlich geprüften Sozialhelferin sowie in der höheren Berufsfachschule Elektrotechnik mit dem Ziel der Fachhochschulreife entstanden. Die Sozialhelfer/-in Ausbildung führt zusätzlich zum Erwerb der Fachoberschulreife, d.h. inhaltlich wird der Stoff aus der Sekundarstufe I behandelt. Die SuS der höheren Berufsfachschule Elektrotechnik erwerben nach zweijähriger Schulzeit die Fachhochschulreife. Im Fach Mathematik liegen die Schwerpunkte in der Kurvenanalyse und der Integralrechnung. Die gesamte Bandbreite der unterrichteten Inhalte in beiden Bildungsgängen umfasst somit den Stoff von Klasse 5 – 12.

In den folgenden Absätzen möchte ich die lerntheoretischen Grundlagen, die meinen Unterrichtsentwürfen zugrunde liegen kurz zusammenfassen.

Sehr bedeutsam für die Entwicklung verschiedener Lerntheorien im 20. Jahrhundert, war die Entwicklungstheorie von Jean Piaget[1]. Sie grenzt sich klar von dem bis dahin dominierenden Behaviorismus ab. Nach Jean Piaget strebt jeder Mensch kognitiv einen ausgeglichenen Zustand an. Auf das Lernen bezogen, besitzt jeder Mensch eine intrinsische Motivation ein Problem zu lösen oder eine Aufgabe zu bewältigen. Die intrinsische Motivation ist am größten, wenn es der Lehrperson gelingt die SuS mit einer Problemstellung zu konfrontieren, die einen kognitiven Konflikt auslöst. Bei einem kognitiven Konflikt widerspricht das beobachtete Phänomen dem Weltbild der SuS. Die Prozesse, durch die die Lernenden wieder ins Gleichgewicht kommen, bezeichnet Piaget als Assimilation und Akkommodation. Bei der Assimilation werden die neuen Erkenntnisse lediglich an das bestehende Weltbild adaptiert. Bei der Akkommodation ist die Adaption nicht möglich. Hier muss das Weltbild des Lernenden sich soweit verändern, bis eine Adaption möglich wird.

Die kritisch-konstruktive Didaktik[2] von Wolfgang Klafki bildet die didaktische Grundlage für die Unterrichtsentwürfe. Zu Beginn des Entwurfs steht eine Bedingungsanalyse, in der u.a. die soziokulturellen Hintergründe der SuS untersucht werden. Gemeint sind z.B. Religion, Alter, Weltanschauungen, Lernausgangs­voraussetzungen etc. Aus diesen lassen sich erste Konsequenzen für die Inhalte oder die Unterrichtsgestaltung ableiten.

An die Bedingungsanalyse schließt die didaktische Analyse an. Hierzu schlägt W. Klafki ein Perspektivenschema vor, das sich aus sieben Blickwinkeln zusammensetzt, aus denen die Unterrichtsstunde durchleuchtet werden soll.

1. Gegenwartsbedeutung
2. Zukunftsbedeutung
3. exemplarische Bedeutung
4. thematische Struktur
5. Erweisbarkeit und Überprüfbarkeit (anhand der epochalen Schlüsselprobleme)
6. Zugänglichkeit bzw. Darstellbarkeit
7. Lehr-Lern-Prozessstruktur (als methodische Struktur)

Die Auseinandersetzung mit den sieben Perspektiven führt zur Klärung der Fragen: Warum sollen die SuS den Inhalt lernen? Was genau sollen die SuS lernen? Wie sollen die SuS den Inhalt lernen?

Die ersten drei Perspektiven beziehen sich auf die Legitimation des Inhalts, also auf die Frage: Warum sollen die SuS den Inhalt lernen? Die Perspektiven 4 und 5 beziehen sich auf Thema und Inhalt der Unterrichtsstunde, also auf die Frage: Was gelernt werden soll? Die letzten beiden Fragen sollen den Lernprozess klären, also die Frage: Wie sollen die SuS den Inhalt lernen?

Wolfgang Klafki hat im Rahmen seiner kritisch konstruktiven Didaktik drei übergeordnete Lernziele formuliert, die sich in jeder Unterrichtsstunde wiederfinden sollten:1) Selbstbestimmungsfähigkeit, 2) Mitbestimmungsfähigkeit und 3) Solidaritäts­fähig­keit. Kurz gefasst beziehen sich diese Fähigkeiten auf ein eigen­ver­antwortliches und sozialverträgliches Verhalten in allen Lebenssituationen.

Am Ende einer erfolgreichen Gesamtanalyse sollte das Thema der Unterrichtsstunde konkret gefasst in einem Satz niedergeschrieben werden können.

Das Thema stellt somit das Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem Inhalt und dem Lernziel dar. Bestenfalls beinhaltet der Wortlaut des Themas bereits Inhalt und Lernziel.

Die Entwürfe dieses Buches sind an die konstruktivistische Lerntheorie angelehnt. Im Konstruktivismus wird das Lernen als individuellen, selbstständigen und selbst organisierten Vorgang beschrieben, der von der Umwelt beeinflusst wird.

Die vorgestellten Unterrichtseinheiten sind didaktisch so gestaltet, dass die SuS in offenen Unterrichtsarrangements so arbeiten können, dass Sie ihr Lernen selbst planen, strukturieren und durchführen. Offene Unterrichtsarrangements sind z.B. die Gruppenarbeit (Partnerarbeit oder Kleingruppenarbeit), das Gruppenpuzzle, das Stationenlernen, die Wochenplanarbeit, die Projektarbeit und die Freiarbeit. Diese Arbeitsformen sind bekannt und in einschlägiger Literatur[3] beschrieben.

Nachdem in den 90-er Jahren neurobiologische Untersuchungen das konstrukti­vistische Lernen bestätigten[4], ist in der Lehrerausbildung die Unterrichtsgestaltung stärker auf konstruktivistische Merkmale ausgerichtet worden. Begriffe wie handlungsorientierter Unterricht, offener Unterricht, eigen­ver­antwortliches Lernen, selbstorganisiertes Lernen, Kompetenzerwerb etc. dominieren seitdem die Didaktik. Das Ziel dieser Unterrichtsformen liegt darin, die SuS in einen ganzheitlichen, selbstständigen und aktiven Lernprozess zu führen, d.h. weg vom rein instruktiven Frontalunterricht, indem die SuS lediglich Rezipienten sind. Es sei hier an der Stelle darauf hingewiesen, dass Frontalunterricht nicht schlecht ist. Im Gegenteil, er ist erforderlich in vielen Unterrichtssituationen, z.B. bei der Einführung in ein neues Thema, bei Reflexionsrunden, in Klassen die besonders viel Anleitung benötigen bzw. in Klassen, die eine Lehrperson benötigen, die als Modell dient, um nur einige zu nennen D.h. moderner Unterricht wird nie nur aus einer Unterrichtsform bestehen, sondern eine Mischung aus verschiedenen sich ergänzenden Arrangements sein.

Im Zuge der Unterrichtsentwicklungen der vergangenen 20 Jahre sind vor dem Hintergrund der konstruktivistischen Lerntheorie Kompetenzen formuliert worden, die die SuS während ihrer Schulzeit erwerben sollen und die, die lediglich inhalts­bezogenen Lernziele ergänzen sollen. Für das Fach Mathematik ist das:

1. Mathematisches Argumentieren und Kommunizieren
2. Mathematisches Problemlösen
3. Mathematisches Modellieren
4. Funktionale Zusammenhänge darstellen und interpretieren
5. Umgang mit mathematischen Symbolen und Hilfsmitteln (Algebra)

Da die ersten drei Kompetenzen sich auf einen Lern- bzw. Arbeitsprozess beziehen, bezeichnet man sie auch als prozessbezogene Kompetenzen und die beiden letzten als inhaltsbezogene Kompetenzen.

In den aktuellen Bildungsplänen werden für alle Fächer die Kompetenzen vorangestellt und die Inhalte, die dazu beitragen sollen diese Kompetenzen zu erwerben, werden diesen zugeordnet.

Das wird mittel- bis langfristig dazu führen, dass in zumindest berufsbezogenen Bildungsgängen am Berufskolleg die herkömmliche Fächerstruktur aufgelöst und stattdessen Kompetenzen und Inhalte treten.

Vergleicht man die Gliederungen der ersten Unterrichtsentwürfe mit den späteren, stellt man fest, dass ich mich zu Beginn sehr akribisch an das Perspektivenschema von Klafki gehalten habe. In den späteren Entwürfen habe ich nicht mehr zu jeder Perspektive etwas geschrieben, sondern diese mehr ineinanderfließen lassen.

Aktuell stehen besonders die reformpädagogischen Umwälzungen aus den 90-er Jahren durch die Metaanalyse von John Hattie[5] in der Kritik. Besonders vorangetrieben wird die Kritik von konservativen Pädagogen, die sich wieder eine stärker führende Rolle der Lehrperson im Klassenraum wünschen. Der aktuelle Diskurs wird mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass eine Symbiose aus offenem und lehrerzentriertem Unterricht propagiert wird, also eigentlich das, was zumindest hier an unserem Berufskolleg seit ich hier unterrichte, praktiziert wird.

Unterrichtsentwürfe Mathematik

Thema der Stunde:

Konsequenzen einer Mehrwertsteuererhöhungfür uns als Endverbraucher

Unterrichtsentwurf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Bedingungsanalyse

1.1.Lerngruppe

Der Bildungsgang Sozialhelfer umfasst eine zweijährige Ausbildung. Die Schüler/innen sind nach bestandener Abschlussprüfung staatlich geprüfte Sozialhelfer/innen. Die Lernenden haben innerhalb dieser zwei Jahre die Möglichkeit ihre Fachoberschulreife nachzuholen. Außerdem haben Sie drei mehrwöchige Praktika abzuleisten. Das erste in einer Kindertageseinrichtung, das zweite in einem Altenpflegeheim und das dritte in einem Behindertenheim. Dort werden sie von Praxisanleiterinnen in pflegerischen und betreuenden Tätigkeiten ausgebildet.

Die Klasse SO1A ist eine Unterstufenklasse mit anfangs 19 Schülerinnen und 8 Schülern. Drei Schülerinnen erscheinen seit mehreren Wochen nicht mehr zum Unterricht und werden durch Beschluss der nächsten Bildungsgangkonferenz ausgeschult. Bis auf einen Schüler der die Fachoberschulreife hat, besitzen die übrigen Lernenden den Hauptschulabschluss. Für die meisten ist die Sozialhelferausbildung ein Sprungbrett. Sie streben danach einen Ausbildungsberuf im pflegerischen Dienst an, der die Fachoberschulreife voraussetzt.

Die Klassenführung der SO1A unterliegt mir gemeinsam mit der Bildungsgangleiterin. Die Schülerinnen und Schüler haben, so merkt man, ihre anfängliche Zurückhaltung abgelegt. Beschwerden von Kolleginnen über die Klasse oder einzelne Schüler oder Schülerinnen kamen schon vor, sind aber nicht die Regel. Einige Schüler und Schülerinnen zeigen Verhaltensauffälligkeiten wie Hyperaktivität und Konzentrationsschwierigkeiten bei Lehrer- oder Schülervorträgen. Außerdem zeigen zwei Schüler/innen ein starkes Bedürfnis sich vor der Klasse zu profilieren. Diese Faktoren werden noch durch die Tatsache verstärkt, dass der Mathematik­unterricht in der 6. und 7. Schulstunde donnerstags stattfindet. Im Abschnitt 2.9 werden Maßnahmen beschrieben, die diese Verhaltensauffälligkeiten auffangen sollen.

1.2.Lernausgangslage

Obwohl die Prozentrechnung zum Lehrplan der Sekundarstufe I zählt, beherrschte nur ca. ein Drittel der Schüler/innen die Grundlagen. In den letzten beiden Doppelstunden sind Fortschritte bei einigen Schüler/innen erkennbar geworden. Jedoch hat sich die praktische Bedeutung der drei wichtigen Grundgrößen (Grundwert, Prozentwert und Prozentsatz) der Prozentrechnung noch nicht allen erschlossen. Bei konkreten Sachaufgaben (Textaufgaben) haben einige Schüler/innen Probleme zu erkennen, welche der Angaben zum Grundwert, Prozentwert oder Prozentsatz gehören. Vielleicht gelingt es in dieser Einheit durch die relativ offenen Problemstellungen Denkprozesse auszulösen, die die mathematischen Größen mit Leben füllen.

Fast allen Schüler/innen ist grundsätzlich bekannt, dass sich der Verkaufspreis einer Ware oder Dienstleistung aus der Addition von Nettopreis und Mehrwertsteuer ergibt. Außerdem haben sie schon mal in einer Aufgabe die Mehrwertsteuer aus dem Nettopreis berechnet, um dann den Gesamtpreis zu bestimmen. Bei der Problemstellung dieser Unterrichtseinheit ist neu, dass die Lernenden von einem vermehrten Grundwert ausgehen müssen. Diese Tatsache wird bei einigen oder vielleicht sogar vielen zu Fragen und Problemen führen. An dieser Stelle wird dann gegebenenfalls vom Lehrer eine Hilfestellung gegeben. Vielleicht genügt den Schüler/innen aber schon der Tipp auf dem Arbeitsblatt.

2. Didaktische Analyse

2.1.Sachstruktur

[6] Die Sachstruktur begrenzt sich nicht nur auf die Formeln

- G = W*100%/p
- W = G*p/100%
- p = W*100%/G

mit denen der Grundwert G, Prozentwert W oder Prozentsatz p berechnet werden können. Vielmehr ist hierbei wichtig, eine Vernetzung zu anderen Rechenarten herzustellen. Prozentangaben können z.B. auch in Form eines Bruchs (Anteils) oder Dezimalbruchs geschrieben und berechnet werden. Den SuS sind auch Darstellungsweisen in Diagrammen (Kreisdiagramm, Säulendiagramm) bekannt. Ein Ziel dieser Unterrichtsreihe ist es diese vielfältigen Rechenwege und Darstellungsweisen aufzuzeigen.

2.2.Thematische Struktur

Das Thema Mehrwertsteuer trägt mathematische, politische und ökonomische Bedeutungen in sich. In dieser Unterrichtseinheit wird aus der Perspektive der Schüler auf eine mögliche Mehrwertsteuererhöhung geblickt, d.h., was für finanzielle (ökonomische) Konsequenzen hat eine Mehrwertsteuererhöhung für den Geldbeutel der Schüler/innen?

2.3.Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung

Die Prozentrechnung gehört zur Allgemeinbildung. Sie spielt in vielen alltäglichen und beruflichen Kontexten eine wichtige Rolle, z.B. beim Kauf einer Ware (Rabatt, Mehrwertsteuer). Das Thema Mehrwertsteuer trifft direkt den Geldbeutel der Schüler/innen. Deshalb ist es wichtig, dass die Lernenden zu diesem Thema (bzw. Mehrwertsteuererhöhung) eine Personalkompetenz entwickeln, um z.B. bei beruflichen oder politischen Entscheidungen handlungskompetent zu sein.

2.4.Exemplarische Bedeutung

Die exemplarische mathematische Bedeutung in der Thematik Mehrwertsteuer, liegt darin, dass z.B. mit dem vermehrten Grundwert gerechnet werden muss. Außerdem lassen sich an diesem Beispiel unterschiedliche Rechenwege und Darstellungsweisen von Prozenten aufzeigen (das trifft aber auch auf viele andere Problemstellungen zu).

Das Thema Mehrwertsteuer ist außerdem ein fächerübergreifendes Thema, mit dem man Vernetzungen zum Fach Politik oder Wirtschaftslehre herstellen kann.[7]

2.5.Kompetenzen

- Fachkompetenz (Aspekt Selbst- und Methodenkompetenz): Die Lernenden sind fähig, die persönlichen finanziellen Konsequenzen einer Mehrwertsteuererhöhung zu berechnen.

- Sozialkompetenz (Aspekt Kommunikationskompetenz): Die Schülerinnen sind fähig und bereit Problemstellungen konstruktiv im Team zu bearbeiten. Sie hören einander zu, argumentieren sachlich und sind kompromissfähig.

2.6.Lernziele

- Stundenziel: Die Lernenden können bei einer Mehrwertsteuererhöhung den neuen Verkaufspreis einer Ware bestimmen.

- Reihenziel: Die Lernenden sind in der Lage Informationen oder Nachrichten in denen Prozentangaben vorkommen richtig zu deuten, zu verstehen und kritisch zu hinterfragen. Sie können außerdem Problemstellungen aus ihrem Alltag oder ihrem Berufsleben lösen.

2.7.Zugänglichkeit

Der Zugang in die Thematik soll über eine aktuelle Meldung aus der Politik geschaffen werden. Und zwar werden die Schülerinnen mit zwei Zeitungsmeldungen konfrontiert, die besagen, dass die neue designierte Bundesregierung eine Mehrwertsteuererhöhung von 16% auf 18% plant. Vielleicht sogar auf 20%. An dieser Stelle ist es wichtig, dass die Schüler erkennen, wo es sie persönlich trifft und welche finanziellen Konsequenzen es hat.

3. Methoden

Die Klasse ist mit den Sozialformen Gruppenarbeit und Präsentationen vertraut. Diese Sozialformen haben sich bisher in dieser Lerngruppe bewährt. Da die Lernenden die Möglichkeit haben rege miteinander zu kommunizieren, kreativ tätig zu werden und sich zu bewegen, werden die in Abschnitt 1.1 angesprochenen Verhaltensauffälligkeiten einiger Schüler/innen aufgefangen.

Zunächst werden die Lernenden in Vierergruppen die Problemstellung analysieren und einen Lösungsvorschlag erarbeiten. Diesen werden sie auf einem Plakat festhalten.

Für die Präsentationsphase wird eine Form gewählt („Markt der Möglichkeiten“), in der alle Schüler aktiv sein müssen. Die sechs Plakate werden in großen Abständen zueinander an Wänden (oder Stellwänden) im Klassenraum befestigt. Es werden 6-er Teams gebildet, in denen aus jeder der vorherigen Gruppen eine Schüler/in ist. Diese vier Teams (bei 24 Schüler/innen) platzieren sich jeweils vor einem Plakat. Durch diese Aufteilung ist nun folgende Situation gegeben, und zwar dass eine Schüler/in aus dem 6-er Team an der Erstellung der Problemlösung und des Plakats, vor dem die Gruppe steht, beteiligt war. Diese Schüler/in hat nun den Auftrag den anderen fünf ihre Lösung zu präsentieren. Dafür hat er/sie 2 Minuten Zeit. Nach Ablauf der Zeit geht jede Gruppe ein Plakat weiter und ein neuer Lösungsvorschlag von einer anderen Schüler/in wird präsentiert.

Die Präsentationsform die in dieser Unterrichtseinheit gewählt wurde („Markt der Möglichkeiten“) ist jedoch neu für die Lernenden. Offene Problemstellungen, die verschiedene Lösungswege und unterschiedliche Ergebnisse zulassen, wurden schon zuvor in der Bruchrechnung bearbeitet.

Anlagen

- Stundenverlaufsplan
- Folie
- Arbeitsblatt

Stundenverlaufsplan

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten8

Folie

Folgende Nachrichten waren vor kurzem im Kölner Stadtanzeiger zu lesen:

(Texte wurden aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion geändert)

02-NOV-05

Union und SPD einig über höhere Mehrwertsteuer

Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 18%.

04-NOV-05

20% Mehrwertsteuer drohen

Erhöhung der Mehrwertstuer eauf 20%

Problem: Sie sparen Geld für einen neuen DVD-Player. Dieser kostet 79,-€ inklusive 16% Mwst. Wie viel Euro müssten Sie mehr sparen, wenn die Mwst. 18% oder sogar 20% betragen würde?

1. Überlegen und diskutieren Sie innerhalb Ihrer Gruppe was es für Sie als Endverbraucher bedeutet, wenn die Mehrwertsteuer von 16% auf 18% oder sogar auf 20% angehoben wird.
2. Suchen Sie sich aus dem vorliegenden Prospekt einen Artikel aus, an dem Sie die Mehrwertsteuererhöhung exemplarisch berechnen wollen. Versuchen Sie unterschiedliche Rechenwege zu finden!
3. Stellen Sie Ihre Lösungen bzw. Rechenwege übersichtlich auf einem Plakat dar.
4. Präsentieren Sie Ihre Lösungen Ihren Mitschülern.

Tipp: Die Preise im Prospekt beinhalten schon die 16% Mehrwertsteuer. Wie viel Prozent entspricht dann der Verkaufspreis von 79,-€: 84%, 100% oder 116%?

Thema der Stunde:

Kriterien des Kurvenverlaufs Ganzrationaler Funktionen

Unterrichtsentwurf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Bedingungsanalyse

Lerngruppe

Die Klasse gehört zum Bildungsgang Fachoberschule für Technik mit Schwerpunkt Elektrotechnik und schließt mit der allgemeinen Fachhochschulreife ab. Im ersten Jahr, also in der 11. Klasse, sind die Schüler nur an zwei Tagen der Woche in der Schule. An den verbleibenden Tagen besuchen sie ein Unternehmen, in dem sie ein Praktikum ableisten. Im zweiten Jahr (12. Klasse) sind die Schüler von Montag bis Freitag in der Schule.

Die Klasse besteht aus 18 männlichen Schülern. Der Großteil der Klasse zeigt eher mäßiges Interesse am Mathematikunterricht. Die Klasse ist insgesamt gesehen als leistungsschwach einzustufen. Die mündliche Mitarbeit im Unterricht ist mangelhaft. Die Schüler wirken oft müde und unmotiviert, möglicherweise durch die Arbeitsbelastung im Praktikum. Unterrichtsdialoge kommen nur sehr behäbig in Gang. Hieraus leitet sich ein Ziel der heutigen Unterrichtsstunde ab, und zwar eine breite Schüleraktivierung zu erreichen.

Positiv zu erwähnen ist jedoch, dass die Schüler bei der selbstständigen Bearbeitung von Aufgaben die meiste Zeit gewissenhaft und diszipliniert sind.

Lernausgangslage

Aufgrund der schulischen Randbedingungen, stehen wöchentlich nur zwei Stunden Mathematik zur Verfügung. Durch die zusätzliche Belastung im Praktikum sind die Schüler anscheinend nicht in der Lage, die Inhalte noch einmal zuhause zu vertiefen und zu wiederholen. Lernfortschritte sind daher nur sehr langsam zu erzielen und auch zu erkennen. Bisher wurden lediglich Inhalte aus der Sekundarstufe I wiederholt. Diese Wiederholung schloss vor drei Wochen mit dem Inhalt quadratische Funktionen ab. Vor dem Hintergrund einer Einführung in die Kurvenanalyse ist es nun sinnvoll mit den ganzrationalen Funktionen[9] (GF) höherer Ordnung fort zufahren, um auf das vorher erlernte Grundwissen aufbauen zu können.

Die Schüler besitzen die nötigen Grundfertigkeiten, um die gestellte Aufgabe zu bewältigen. Die Nullstellen könnten sie z.B. durch raten bzw. ausprobieren herausfinden. Die Methode der Linearfaktorzerlegung oder Polynomdivision ist bisher noch nicht thematisiert worden und somit den Schülern noch nicht bekannt, abgesehen vielleicht von den drei Wiederholern in der Klasse.

Didaktische Analyse

Sachanalyse

Die allgemeinen Kriterien des Kurvenverlaufs GF sind Basiswissen der Kurvenanalyse und stellen daher ein geeignetes Thema für den Einstieg dar. Hierbei sind folgende Kriterien gemeint:

1. Schnittpunkt des Graphen mit der y-Achse
2. Schnittpunkte des Graphen mit der x-Achse
3. Verlauf des Graphen für große |x|-Werte
4. Symmetrie des Graphen

Die Kriterien Extremwerte und Wendepunkte sind hier nicht aufgelistet, da sie erst im Rahmen der Differentialrechnung rechnerisch bestimmt werden können. Nichtsdestotrotz kann man die Extremwerte und Wendpunkte zumindest am Graphen erkennen und ablesen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass auch diese Kriterien zumindest namentlich in die Diskussion einfließt.

Didaktische Reduktion

Der Schwerpunkt des heutigen Unterrichts wird auf die Kriterien 1, 2 und 3 gelegt. Diese sind den Lernenden bekannt und werden daher bei der Kurvenanalyse und der Diskussionen innerhalb der Gruppen im Wesentlichen betrachtet werden. Der Verlauf des Unterrichts wird darüber entscheiden, ob es darüber hinaus in dieser Unterrichtsstunde noch sinnvoll ist auf die Symmetrie hinzuweisen.

Legitimation des Themas und thematische Struktur

Die Inhalte GF und Kurvenanalyse sind wesentliche Schwerpunkte des Mathematiklehrplans für die Fachoberschule. Das Thema der heutigen Stunde wurde aus Lehrersicht gewählt, um den Lernenden die Möglichkeit zu bieten, ein Gefühl dafür entwickeln, wie Kurven vorgegebener Funktionsgleichungen verlaufen und wie man diese mit einfachen Mitteln grob abschätzen kann. Diese Fähigkeit ermöglicht es den Schülern ihr eigenes Handeln zu reflektieren und führt somit zu einem Aufbau von Lernkompetenz. Sie sind nämlich dann in der Lage, selbstständig durch eine kurze Analyse einen berechneten Kurvenverlauf auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Diese Fachkompetenz wird den Schülern auch in den darauffolgenden Themenkomplexen der Gebrochen Rationalen Funktionen, der Differential und Integralrechnung sehr hilfreich sein, aber auch in mathematischen Zusammenhängen aus dem Bereich der Elektrotechnik.

Diese Unterrichtsreihe von drei Doppelstunden stellt eine Einführung in die Kurvenanalyse dar. Zunächst werden hierbei GF höheren Grades analysiert.

Angestrebte Kompetenzen und Ziele

Kompetenzen

Fachkompetenz: Die Schüler sind fähig die wichtigen Kriterien des Kurvenverlaufs einer GF zu nennen. Mithilfe dieser Kriterien sind sie in der Lage Kurvenverläufe abzuschätzen aber auch auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Aspekt Kommunikationskompetenz: Die Lernenden sind fähig mit Mitschülern in einen mathematischen Diskurs zu treten und darin fachlich und sachlich zu argumentieren.

Lernziele

Reihenziel: Die Lernenden kennen die allgemeinen Kriterien des Kurvenverlaufs GF und können diese anwenden, um einen beliebigen Kurvenverlauf abschätzen zu können.

Stundenziel: Die Schüler sollen Funktionsgleichungen GF ihren Funktionskurven Kriterien geleitet zuordnen können.

Methodisches Vorgehen

Die Schüler werden relativ früh mit der Aufgabe konfrontiert, die sie in Vierergruppen zu bearbeiten haben. Bei dieser Aufgabe soll jede Gruppe vier Funktionsgleichungen vorgegebenen Kurven zuordnen. Die Gleichungen und Graphen sind jeweils auf ein DIN A4 Blatt gezeichnet (s. Anhang) und werden den Gruppen ausgehändigt. Innerhalb der einzelnen Gruppen soll nun diskutiert werden, welche Gleichung zu welcher Kurve passt. Hier sind unterschiedliche Vorgehensweisen möglich die zum Ziel führen. Jede Gruppe muss sich auf ein Ergebnis einigen und das auch vor dem Plenum begründen können. Durch diese Vorgehensweise wird intendiert eine breite Schüleraktivierung zu erreichen.

Im Anschluss an die Gruppenarbeitsphase wird jede Gruppe ihre Ergebnisse vorstellen. Diese Phase dient der Ergebniskontrolle sowie der Ergebnissicherung.

Anlagen

- Stundenverlaufsplan
- Arbeitsauftrag
- Funktionsgraphen
- Funktionsgleichungen
- Tafelbild

Literatur

[1] W.Klafki Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik, Beltz (1985)
[2] T. Leuders Mathematik Didaktik, S. 119-134, Cornelsen (2003)
[3] Mathematik zur Fachhochschule, Fachrichtung Technik, Cornelsen (2005)
[4] Mathematik für Fachoberschulen, 10. Auflage, Bildungsverlag E1NS (2002)
[5] R. Bader R. Bader et al., Leitziel der Berufsbildung: Handlungskompetenz (KMK Handreichungen 1996, S.8)

Stundenverlaufsplan

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Arbeitsauftrag

Ordnen Sie den vier Kurvenverläufen jeweils eine Funktionsgleichung zu. Beachten Sie dabei folgendes:

- Versuchen Sie systematisch vorzugehen (z.B. suchen Sie sich markante Punkte aus den Kurvenverläufen heraus).
- Diskutieren Sie innerhalb ihrer Gruppe, welche Kurve zu welcher Funktion gehört und führen Sie eine Entscheidung herbei.
- Begründen Sie Ihre Entscheidungen mathematisch.
- Halten Sie Ihre Begründungen schriftlich auf einem Plakat fest.
- Präsentieren Sie den anderen Gruppen ihr Ergebnis.

[...]


[1] siehe Jean Piaget

[2] siehe Wolfgang Klafki

[3] siehe Herbert Gudjons

[4] siehe Manfred Spitzer

[5] siehe John Hattie

[6] In Anlehnung an das Perspektivenschema von W. Klafki

[7] Kompetenzschema nach R. Bader und M. Müller

[8] Dialogformen im Frontalunterricht nach R. Dubs (Lehrerverhalten)

[9] Im Folgenden Text wird der feststehende Begriff ganzrationale Funktion mit GF abgekürzt.

Ende der Leseprobe aus 114 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsplanungen Mathematik für das Berufskolleg
Autor
Jahr
2010
Seiten
114
Katalognummer
V432799
ISBN (eBook)
9783668749627
ISBN (Buch)
9783668749634
Dateigröße
4443 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unterrichtsplanungen, mathematik, berufskolleg
Arbeit zitieren
Dr. Ricardo Scherer (Autor:in), 2010, Unterrichtsplanungen Mathematik für das Berufskolleg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/432799

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