Standpunkt meiner Arbeit sind die chronotopischen Beziehungen in Thomas Manns ersten Roman, "Buddenbrooks. Verfall einer Familie". Der Raum und die Zeit als Begriffe sind Forschungsgegenstand in verschiedenen Wissenschaften und stellen ein Thema von besonderer Aktualität vor, da in allen Epochen und implizit in der Gegenwart bleiben sie von zentralen Relevanz - desto mehr in der Literatur, wo die Begrenzungen der Seite ihm eine Reihe von spezifischen Eigenheiten verleihen.
Thomas Mann selbst hat sich viel mit naturwissenschaftlichen Themen in seinen Werken beschäftigt, nämlich auch mit der seit Einstein entwickelten Problematik der Relativität von Zeit und Raum. Wenn aber in anderen Werken, wie Der Zauberberg, zum Beispiel, dieses Thema einen Vorrang hat, wurde es in Manns ersten Roman noch nicht genug geforscht. Und zwar geht es hier weder um einen metaphysischen oder philosopischen Kontext, wie im Roman Der Zauberberg, noch um eine reale, begrenzte Chronotopik, wie im Fall anderer Werken, sondern um eine ganz besondere Verknüpfung dieser Beziehungen im Rahmen einer neuen Art von Chronotopos – der der Familie, was diese Arbeit veranschaulichen und beweisen will.
Das bedeutet nicht nur eine Analyse der Zeit- und Raumkomponenten innerhalb der Familie, sondern auch ein Zusammenhangsversuch zwischen Manns Roman und anderen Theorien: von Bachtins vereinzelten Chronotopoi zu Aleida Assmanns Ideen über kollektives Gedächtnis, Kulturtypologien oder dem Verhältnis des modernen Menschen zum Chronotopos, also zu seiner Zeit und zu seinem Raum. Alle Bezugnahmen und dargestellten Theorien haben als Zweck den Beweis der Tatsache, dass Zeit und Raum immer noch von groβer Relevanz sind und als Instrument betrachtet werden können – Instrument des Verstehens und des Entdeckens einer Kultur, einer Denkweise, einer Gruppe von Menschen. Die Wahrnehmungen und Formen des Chronotopos werden auf Basis des Romans "Buddenbrooks. Verfall einer Familie" aufgezeigt, damit man eine Umwertung des "Saga"-Begriffs mit Hilfe der modernen Theorien schafft.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung, Motivation und teoretischer Hintergrund
- I. 1. Ziel und Gegenstand der Arbeit. Romanauswahl
- I. 2. Begrifferklärung
- I. 3. Die Familie als System - Chronotopos. Begründung und Einrahmung. Anwendung auf Thomas Manns Buddenbrooks
- II. Eine Frage der Zeit – eine, unplötzliche Geschichte oder die „kalte Kultur“ der Buddenbrooks
- III. Chronotopos des Weges
- III. 1. Individuelle Wege – Merkmale der Generationen
- III. 1. 1. Individuelle Wege als Zeitpunkte der Familiengeschichte
- III. 1. 2. Individuelle Wege als Räume
- III. 2. Die Familie als Weg
- III. 2. 1. Die Familie als Zeit
- III. 2. 2. Die Familie als Raum
- IV. Chronotopos der Idylle
- IV. 1. Die Familienidylle
- IV. 2. Die Liebesidylle
- V. Chronotopos des Archivs oder eine Biographisierung des Lebens
- V. 1. Das Familienbuch zwischen Erinnerung und Gedächtnis
- V. 2. Die Familie selbst als Archiv
- VI. Chronotopos des Todes. Eine Linie des Verfalls
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die chronotopischen Beziehungen im Roman "Buddenbrooks. Verfall einer Familie" von Thomas Mann. Der Fokus liegt dabei auf der Familie als Chronotopos und der Untersuchung, wie Zeit und Raum im Kontext dieser familiären Konstellation gestaltet und miteinander verwoben werden.
- Die Familie als System - Chronotopos und seine Anwendung auf "Buddenbrooks"
- Die Verknüpfung von Zeit und Raum in "Buddenbrooks" und ihre Bedeutung für die Darstellung des Familienverfalls
- Analyse verschiedener Chronotopoi im Roman, wie des Weges, der Idylle, des Todes und des Archivs
- Die Rolle der Hauptcharaktere im Verhältnis zu Zeit und Raum sowie ihre Auswirkungen auf den Verlauf der Familiengeschichte
- Die Einbindung von Theorien von Bachtin, Assmann, Lefebvre und anderen zur Erläuterung der chronotopischen Strukturen in "Buddenbrooks"
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet den theoretischen Hintergrund und die Zielsetzung der Untersuchung. Es wird eine Begriffsdefinition von Raum und Zeit gegeben, die sowohl allgemeine Aspekte als auch die Besonderheiten in der Literatur betrachtet. Der Fokus liegt dabei auf dem Begriff des Chronotopos, der als Verbindung von Zeit und Raum im Werk "Buddenbrooks" verstanden werden kann.
Kapitel zwei befasst sich mit der Familie als System - Chronotopos und ihrer Einbettung in das Werk "Buddenbrooks". Hier werden verschiedene Theorien, wie etwa die von Bachtin, Assmann und Lefebvre, herangezogen, um die Familie als ein bestimmtes chronotopisches Gebilde zu verstehen.
Die folgenden Kapitel befassen sich mit verschiedenen Formen von Chronotopoi im Roman "Buddenbrooks", wie zum Beispiel dem Chronotopos des Weges, der Idylle, des Todes und des Archivs. Die einzelnen Kapitel analysieren die spezifischen Ausprägungen dieser Chronotopoi im Kontext der Familie Buddenbrooks und ihrer Bedeutung für die Darstellung des Familienverfalls.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter der Arbeit sind Chronotopos, Familie, Zeit, Raum, Thomas Mann, "Buddenbrooks. Verfall einer Familie", Generationen, Verfall, Familienidylle, Archiv, Gedächtnis, Tod, Literaturtheorie, Bachtins Chronotopos, Aleida Assmanns kollektives Gedächtnis.
- Arbeit zitieren
- Alexandra Patrau (Autor:in), 2018, Die Familie als Chronotopos. Formen und Funktionen in Thomas Manns "Buddenbrooks. Verfall einer Familie", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/433541