Die vom Myxobakterium Sorangium cellulosum So ce399 im Sekundärmetabolismus produzierten Noricumazole A und B weisen bemerkenswerte biologische Aktivitäten auf. Noricumazol A konnte als starker Ionenkanal-Inhibitor des spannungssensitiven Natriumkanals Nav1.7 identifiziert werden und besitzt zudem die Fähigkeit zur Stabilisierung und Inhibierung des oligomeren Kaliumkanals (KcsA). Desweiteren zeichnet sich Noricumazol A durch seine antivirale Aktivität gegenüber dem Hepatitis-C-Virus (HCV) aus. In der vorliegenden Dissertation konnte, aufbauend auf bisherigen Studien, die Strukturaufklärung von Noricumazol A durch eine erfolgreiche Fragment- und Totalsynthese abgeschlossen werden. Das zur Synthese des Westfragments erforderliche hochfunktionalisierte aromatische System wurde durch drei aufeinanderfolgende
organometallische Reaktionen aufgebaut. Als Schlüsselschritt wurde dazu eine ortho-Lithiierung mit anschließender nukleophiler Öffnung eines Epoxids realisiert. Das nach Laktonisierung erhaltene Fragment konnte nach Abgleich der Konfiguration mit Erfolg in einer Zink-vermittelten Addition mit dem zweiten Hauptfragment gekuppelt und zum Naturstoff umgesetzt werden.
Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Totalsynthese von Noricumazol A-Derivaten, um Studien zu Struktur-Aktivitäts-Beziehungen einzuleiten. Dazu wurden unter Berücksichtigung erhaltener Nebenprodukte bemerkenswerte 20 Derivate durch diverse Leitstruktur-Variationen erzeugt. Die Substitution des Oxazols durch eine Thiazol-Einheit, sowie die Acylierung der freien Hydroxygruppen an C3 und C11 lieferten Derivate mit einer optimierten, beeindruckenden antiviralen Aktivität im nanomolaren Bereich.
Im dritten Abschnitt wird die Totalsynthese von Noricumazol B beschrieben. Da weder die Konfiguration der Verbindung, noch die Identität der Furanose-Einheit bekannt waren, erfolgte die Synthese analog der von Noricumazol A. Neben Schutzgruppen-Manipulationen konnte als Schlüsselschritt eine Glykosydierung mittels der HELFERICH-Variante der KOENIGS-KNORR-Reaktion angewandt und nach Abschluss der Totalsynthese die Identität der Glykosyl-Einheit erfolgreich als α-D-Arabinosid identifiziert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungen und Vorbemerkungen
- Abkürzungen
- Vorbemerkungen
- Einleitung
- Infektionskrankheiten
- Viren
- Hepatitis-C-Virus
- Virostatika
- Noricumazole
- Isolierung und Konstitutionsbestimmung
- Biologische Aktivität
- Einfluss auf Ionenkanäle
- Antivirale Wirkung
- Postulierte Biosynthese
- Problemstellung und Zielsetzung
- Konfigurationsbestimmung und Totalsynthese von Noricumazol A (11)
- Synthese von Noricumazol A-Derivaten
- Konfigurationsbestimmung und Totalsynthese von Noricumazol B (12)
- Beschreibung und Diskussion der Ergebnisse
- Konfigurationsbestimmung und Totalsynthese von Noricumazol A (11)
- Vorarbeiten zur Konfigurationsbestimmung
- Retrosynthese
- Retrosynthetische Hauptschnitte
- Retrosynthese des Ostfragments 30 und Vorarbeiten
- Retrosynthese des Westfragments 24 und Vorarbeiten
- Synthese des Ostfragments 30
- Synthese des Westfragments 31
- Synthese des tetrasubstituierten Aromaten durch ortho-Lithiierung
- Synthese des δ-Laktons
- Oxidation zum Westfragment 31a
- Abschluss der Totalsynthese
- Studien zur substratkontrollierten Kupplung
- Studien zur Reagenz-kontrollierten Kupplung
- Studien zur offenkettigen Synthese von 99
- Abschluss der Totalsynthese
- Konfigurationsbestimmung
- Bestimmung der relativen und absoluten Konfiguration des Westfragments 24a
- Bestimmung der absoluten Konfiguration von Noricumazol A
- Synthese von Noricumazol A-Derivaten
- Stereochemische Variation an C11
- Stereochemische Variation an C9
- Variationen der aliphatischen Seitenkette an C4
- Variation der Oxazol-Einheit
- Variationen im Bereich C11 bis C13
- Konfigurationsbestimmung
- Bestimmung der relativen Konfiguration von C11 und C9
- Kontrolle der Diastereomeren- und Enantiomerenreinheit
- Konfigurationsbestimmung und Totalsynthese von Noricumazol B (12)
- Retrosynthese
- Synthese des Ostfragments 171
- Abschluss der Totalsynthese
- Studien zur diastereoselektiven Oxidations-/Reduktionssequenz
- Studien zur diastereoselektiven Kupplung mit ProPhenol-Ligand 91
- Studien zur diastereoselektiven Kupplung des Alkins 32
- Abschluss der Totalsynthese
- Konfigurationsbestimmung
- Biologische Aktivitäten
- Zusammenfassung und Ausblick
- Zusammenfassung
- Ausblick
- Experimenteller Teil
- Allgemeine Hinweise
- Darstellung der Reagenzien und Ausgangsverbindungen
- Darstellung der Verbindungen
- Vorstudien zur Westfragmentsynthese
- Noricumazol A (11) und 11-epi-Noricumazol A (11b)
- 9-epi-Noricumazol A (110a) und 9,11-bis-epi-Noricumazol A (110b)
- 25-nor-Noricumazol A (111a) und 11-epi-25-nor-Noricumazol A (111b)
- Hydroxyisochromanon (112a) und 11-epi-Hydroxyisochromanon (112b)
- Methoxyisochromanon (113a) und 11-epi-Methoxyisochromanon (113b)
- 11-Desoxy-Noricumazol A (136)
- 12,13-Dihydro-Noricumazol A (138)
- Thia-Noricumazol A (130a) und 11-epi-Thia-Noricumazol A (130b)
- Noricumazol B (12)
- Literaturangaben
- Anhang
- NMR-Spektren
- CD-Spektren
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die Dissertation befasst sich mit der Strukturaufklärung und Totalsynthese der Naturstoffe Noricumazol A und B, die vom Myxobakterium Sorangium cellulosum im Sekundärmetabolismus produziert werden. Zielsetzung der Arbeit ist die vollständige Aufklärung der absoluten Stereochemie von Noricumazol A und B, sowie die Entwicklung von neuen, effizienten Synthesestrategien, die einen modularen Zugang zu Derivaten ermöglichen.
- Totalsynthese und Strukturaufklärung von Noricumazol A und B
- Entwicklung neuer Synthesestrategien für Noricumazole
- Synthese einer Bibliothek von Noricumazol-Derivaten
- Struktur-Aktivitäts-Beziehungen von Noricumazol-Derivaten
- Biologische Aktivität von Noricumazol-Derivaten
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Arbeit beginnt mit einer ausführlichen Einleitung, die die Bedeutung von Naturstoffen als Leitstrukturen in der Arzneimittelentwicklung beleuchtet. Im Fokus steht dabei die Beschreibung von Myxobakterien und deren Sekundärmetabolite, insbesondere die Noricumazole. Die Einleitung geht auf die besonderen biologischen Aktivitäten der Noricumazole ein, die sich durch eine Ionenkanal-Inhibition und antivirale Wirkung gegenüber dem Hepatitis C-Virus auszeichnen. Das Kapitel schließt mit der Diskussion der postulierten Biosynthese.
Die Problemstellung und Zielsetzung der Dissertation wird im dritten Kapitel vorgestellt. Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile, die sich mit der Konfigurationsbestimmung und Totalsynthese von Noricumazol A, der Synthese von Noricumazol A-Derivaten und der Konfigurationsbestimmung und Totalsynthese von Noricumazol B befassen.
Kapitel 4 beschreibt die Ergebnisse und Diskussionen der durchgeführten Forschungsarbeiten. Die Konfigurationsbestimmung von Noricumazol A erfolgte durch Vergleich der synthetisch dargestellten diastereomeren Westfragmente mit dem authentischen Spaltprodukt. Die Totalsynthese von Noricumazol A wurde über einen konvergenten Ansatz realisiert, wobei die beiden Hauptfragmente durch eine Zink-vermittelte Addition verknüpft wurden. Die Synthese einer Bibliothek von Noricumazol A-Derivaten erfolgte analog zur Synthese des Naturstoffs und erlaubte erste Struktur-Aktivitäts-Beziehungen zu ermitteln.
Das Kapitel 4 schließt mit der Beschreibung der Konfigurationsbestimmung und Totalsynthese von Noricumazol B. Die Synthese des Ostfragments erfolgte analog zur Synthese des Ostfragments von Noricumazol A. Die Glykosylierung des Akzeptors mit dem aktivierten Thio-Arabinosid wurde mittels der HELFERICH-Variante der KOENIGS-KNORR-Reaktion durchgeführt.
Kapitel 4.4 befasst sich mit den biologischen Aktivitäten der synthetisierten Noricumazol-Derivate. Die Ergebnisse zeigten, dass die Acylierung der beiden Hydroxyfunktionen an C3 und C11 in Derivat 174a eine deutliche Steigerung der antiviralen Aktivität hervorruft.
Die Dissertation wird in Kapitel 5 mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse abgeschlossen. Die Arbeit konnte einen wichtigen Beitrag zur Strukturaufklärung und Totalsynthese der Noricumazole leisten. Zudem wurden 19 Noricumazol A-Derivate synthetisiert und deren biologische Aktivität evaluiert. Zwei hochpotente Verbindungen mit einer verbesserten antiviralen Aktivität wurden identifiziert.
Kapitel 6 enthält den experimentellen Teil der Arbeit. Die Synthese von Noricumazol A, B und deren Derivate ist detailliert beschrieben.
Der Anhang enthält die NMR-Spektren und die CD-Spektren aller synthetisierten Verbindungen.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Dissertation befasst sich mit den Schwerpunkten Totalsynthese, Strukturaufklärung und biologischer Aktivität der Noricumazole. Weitere wichtige Themen sind organometallische Reaktionen, wie ortho-Lithiierung und Zink-vermittelte Addition, sowie Struktur-Aktivitäts-Beziehungen der Noricumazol-Derivate. Im Fokus steht die Entwicklung von neuen, potenziellen Leitstrukturen für die Therapie von Hepatitis-C-Infektionen.
- Quote paper
- Jenny Barbier (Author), 2013, Totalsynthese und Strukturaufklärung von Noricumazol A, B und Derivaten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/434945