Demokratie lernen in der Grundschule. Veranschaulicht anhand des "Service Learning"-Ansatzes


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

29 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung, Herleitung des Themas

2 Begriffsbestimmungen

3 Demokratie und Pädagogik
3.1 Kinderrechte und Demokratie
3.2 Kinderrechte in der Schule
3.3 Demokratie im Schulgesetz
3.4 Warum Demokratie Lernen in der Grundschule?

4 Praktische Demokratiepädagogik: Demokratiepädagogische Konzepte in Deutschland, den USA und Europa - Beispiele

5 Zum Ansatz des Service Learning
5.1 Die Entwicklung des Service Learning
5.2 Qualitätssicherung des Service Learning
5.3 Wirkungen von Service Learning

6 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung, Herleitung des Themas

Mein Praxissemester absolvierte ich von September 2017 bis Januar 2018 an einer Grundschule in der Kölner Innenstadt im Bereich der Schulsozialarbeit.

Angeleitet von meiner Praxisanleiterin bekam ich einen Einblick in die Vielseitigkeit dieses Berufs. Meine Aufgaben waren unter anderem:

- Elterngespräche führen
- Kindergespräche führen
- Antragstellung für das Bildungs- und Teihabepaket nach § 28 des SGB II bzw. Unterstützung der Eltern diese Anträge auszufüllen
- Sozialtrainings in den Klassen durchführen
- Vernetzung mit dem OGS-Team/den Lehrer*innen
- Einzelbetreuung und -förderung von Kindern
- Begleitung des DaZ-Unterrichts (Deutsch als Zweitsprache)
- Durchführung des Schülerparlaments etc.

Im Kontakt mit den Kindern und durch deren Beobachtung in ihrem Schulalltag, fiel mir auf, dass die Schüler*innen oft nicht hinterfragen, was von den Erwachsenen, seien es Lehrer*innen oder OGS-Mitarbeiter*innen, bestimmt oder verändert wird.

Am deutlichsten war dies sichtbar hinsichtlich der Gestaltung der OGS-Räume. Passend zu jeder Jahreszeit wird von den jeweiligen Betreuer*innen überlegt, wie welcher Raum gestaltet werden sollte und was den Kindern gefallen könnte. Dabei kommt niemand auf die Idee, die Kinder miteinzubeziehen und sie nach ihren Vorschlägen und Ideen zu fragen, obwohl sich ja primär die Kinder in den Räumen wohlfühlen sollen. Bei dem AG-Angebot sieht es ähnlich aus. Es gibt viele tolle AGs, die den Kindern angeboten werden, jedoch wird da auch lediglich nach den Fähigkeiten und Interessen der OGS-Mitarbeiter*innen geschaut, welche die AGs anbieten.

Ich habe mich gefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, den Kindern mehr Raum zu geben, sich in die Gestaltung des Schulalltags einzubringen.

Im Rahmen des Studienprojektes habe ich aus diesem Grunde die Leitung des Schülerparlaments übernommen.

Meine Idee war, die Kinder zu ermutigen, sich Gedanken zu machen zu den Dingen und Vorgängen, die sie unmittelbar betreffen und sich mithilfe der Äußerung dieser Gedanken und Ideen anschließend mehr zu beteiligen und diese Beteiligung auch einfordern zu können.

Die Umsetzung dieser Idee gestaltete sich allerdings etwas schwierig, weil durch die zeitliche Begrenzung meines Praxissemesters ein enger zeitlicher Rahmen gesteckt war.

Mir ist deutlich geworden, dass Erziehung zur Demokratie einen langen Prozess erfordert und nicht innerhalb eines kurzen Projektes abschließend erarbeitet werden kann.

Deshalb möchte ich mich in dieser Hausarbeit mit dem Thema “Demokratie lernen” beschäftigen. Anhand des “Service Learning”-Ansatzes werde ich eine Methode der Demokratiepädagogik genauer betrachten, welche Kinder dazu befähigen soll für ihre Bedürfnisse einzutreten und sich in der Schule, und dann auch in der Gesellschaft, zu engagieren.

Zwar sollte Demokratie lernen ein Bestandteil aller Schulformen sein, doch werde ich mich im Folgenden ausschließlich mit der Grundschule beschäftigen, da ich dort nun einige Erfahrungen sammeln konnte und den Eindruck gewann, dass die Beteiligung und Partizipation hier noch zu wenig gefördert wird.

2 Begriffsbestimmungen

Demokratie

Der Begriff Demokratie stammt aus dem Griechischen und lässt sich wortwörtlich mit “Herrschaft des Volkes” übersetzen. Bei einem Blick in die Fachliteratur wird jedoch schnell deutlich, dass der Begriff sehr facettenreich ist und viele Deutungen und Spezifizierungen zulässt, “es gibt nicht die Demokratie, sondern verschiedene Demokratien; es gibt nicht nur eine Demokratietheorie, sondern verschiedene” (Schmidt 2006, S. 307).

Da ich mich in dieser Hausarbeit mit pädagogischen Aspekten der Demokratie und der Demokratieerziehung beschäftigen werde, beziehe ich mich bei der Begriffsbestimmung auf den amerikanischen Sozialwissenschaftler und Pädagogen John Dewey (1859 - 1952), der sich unter anderem mit der Bedeutsamkeit von Demokratieerziehung bei Kindern und der zentralen Rolle der Schule diesbezüglich beschäftigte.

Dewey versteht unter Demokratie “mehr als eine Regierungsform” (Dewey 1993, S. 121), vielmehr eine Form des Zusammenlebens, die sich aus den Erfahrungen der einzelnen Bürger*innen einer Gesellschaft zusammensetzt. Demokratie soll alle Menschen einer Gesellschaft erreichen “und zur Stärkung der Zivilgesellschaft beitragen” (Eikel 2007, S. 14).

Zusätzlich spricht er von der Aufgabe aller Bürger*innen, an der Entwicklung einer Gesellschaft mitwirken zu dürfen, aber auch zu müssen, um den Fortbestand der Demokratie zu sichern.

An dieser Stelle wird der Auftrag der Erziehung deutlich; im Elternhaus, aber auch in der Schule, die Dewey als “soziales Organ” begreift. Einerseits soll die Institution Schule den Schüler*innen eine vereinfachte Umwelt zur Verfügung stellen, um ihnen komplexe Sachverhalte näher zu bringen. Andererseits muss sie Aspekte mit “ablenkendem, wertlosen Charakter” von den Schüler*innen fernhalten. Somit entsteht ein “Erfahrungs- und Schonraum” zugleich (vgl. Beutel, Fauser 2001, S. 29 f).

Um Deweys Verständnis von Erziehung und Demokratie nachzuvollziehen, ist es wichtig die Erfahrung zu betrachten: “Jede Erfahrung ist das Resultat einer Interaktion zwischen einem Lebewesen und irgendeinem Aspekt in seiner Umwelt” (Dewey 1986, S. 230). Des weiteren beschreibt Dewey die Erfahrung wie folgt:

Die Erfahrung hat immer zugleich eine aktive und eine passive Seite: Die aktive Seite ist Ausprobieren, Versuch - man macht Erfahrungen. Die passive Seite ist ein Erleiden, ein Hinnehmen. Wenn wir etwas erfahren, so wirken wir auf dieses Etwas zugleich ein, so tun wir etwas damit, um dann die Folgen unseres Tuns zu erleiden. Wir wirken auf den Gegenstand ein, und der Gegenstand wirkt auf uns zurück. (Dewey 1993, S. 186)

Je enger das aktive und passive Erfahren miteinander verknüpft ist, desto größer ist auch die Wirkung. Die Erfahrungen müssen also besprochen und reflektiert werden, damit ein Lerneffekt entsteht.

Auf dieser Annahme des Handelns und der anschließenden Reflexion beruht auch der Ansatz des Service Learnings, auf den ich später eingehen werde.

Dewey verwendet den Begriff community, um damit eine heterogene Gemeinschaft zu beschreiben, die durch ihre Unterschiedlichkeit geprägt ist. Er stellt zwei Kriterien auf, die eine demokratische community gestalten sollen.

(1) Unterschiedliche, aber bewusst geteilte Interessen und Meinungen in einer Gemeinschaft führen zu Kommunikation und Diskussion und dadurch zu einem demokratischen Aushandeln von Ideen (vgl. Reich 2005, S. 52)

(2) Freier Austausch mit anderen sozialen Gruppen, wodurch die Gemeinschaft offen bleibt für Veränderungen und Einflüsse von außen (ebd.).

Diese beiden Grundsätze der community sind für die demokratische Erziehung von maßgeblicher Bedeutung. Es entsteht ein Zusammenleben, das durch die Kommunikation und den Austausch geprägt ist. Hier weist er auf den semantischen Zusammenhang zwischen community und communication hin. Die community ist also die “Gemeinschaft derjenigen, die miteinander sprechen”; unabhängig von der ethnischen oder kulturellen Herkunft, dem Geschlecht oder dem Alter der Bürger*innen. Wichtig ist nur, dass sie sich am Dialog der Gemeinschaft beteiligen (vgl. Sliwka, Frank 2004, S. 10).

Die Individuen müssen ihre eigenen Interessen mit denen der anderen abgleichen und berücksichtigen, um ggf. ihre eigenen Einstellungen zu überdenken oder anzugleichen. Aus dieser Grundhaltung heraus ist die Entstehung von Rassismus, von Klassentrennung und eines Nationalismus laut Dewey überwindbar (vgl. Reich 2005, S. 53). Erst durch Kommunikation und Austausch wird ein demokratisches Leben möglich.

Demokratiepädagogik

Als Leitsätze der Demokratiepädagogik könnte man: “Demokratie muss gelernt werden, um gelebt werden zu können!” (Kurt Georg Fischer), aber auch “Demokratie muss gelebt werden, um gelernt werden zu können!” (Gisela Behrmann) nennen. Diese beiden Thesen beschreiben sehr anschaulich den erforderlichen Zusammenhang zwischen Lernen und Erleben bzw. Ausleben des Demokratiegedankens.

Im Allgemeinen beschreibt Demokratiepädagogik die Aufgabe bzw. die Zielsetzung sämtlicher Institutionen - sei es die Schule oder der Kindergarten oder Träger der freien Jugendhilfe etc. - die Erziehung zur Demokratie zu fördern, festgehalten in “Initiativen, Konzepten, Programmen und Aktivitäten in Praxis und Wissenschaft” (Beutel, Fauser 2001, S. 25).

Die “Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik” (DeGeDe) spricht auf ihrer Internetseite von der Notwendigkeit, Bildung für eine demokratische Gesellschaft “langfristig, nachhaltig und flächendeckend” zu verankern, da das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft gelernt werden muss (vgl. Bündnis für eine demokratische Gesellschaft).

Auch für die amerikanische Pädagogin und Philosophin Maxine Greene ist Demokratie “weder Besitz noch stabile Errungenschaft. Die Demokratie wird immer im Zustand ihres Werdens bleiben, man sollte sie sich am besten als Möglichkeit vorstellen, [...]” (Greene 1985, S. 4). Sie befindet sich stets im Wandel und ist nur zukunftsfähig, wenn Generation für Generation lernt und spürt, wie Demokratie funktionieren kann.

Die Qualitätssicherung der Demokratie in der Gegenwart und in der Zukunft kann also als Aufgabe der Demokratiepädagogik verstanden werden.

Außerdem kann durch die Partizipation der Schüler*innen ein aktiver Beitrag zur Gewaltprävention geleistet werden. Wer in einem demokratischen Prozess mitgewirkt hat, weiß, dass Zugehörigkeit, Mitwirkung, Anerkennung und Verantwortung eine Rolle spielen. Solche Selbstwirksamkeitserfahrungen zeigen den Kindern, dass es Alternativen zur Gewalt gibt und wie diese wahrgenommen und gewählt werden können (vgl. Beutel, Fauser 2001, S. 35).

Zu diesen Erfahrungen zählt auch die Fähigkeit sich von einer Gruppe abgrenzen zu können, ohne sie abzuwerten und sich zu einer Gruppe zugehörig zu fühlen, ohne ihr blind zu folgen.

Es ist also wichtig, die Kinder früh aufzuklären und mit ihnen gemeinsam zu erarbeiten, was Rassismus, Fremdenhass etc. bedeutet und wie man diese und andere undemokratischen Tendenzen von vornherein verhindern kann.

Zusätzlich sind Erziehende/Pädagog*innen mithilfe der Demokratiepädagogik in der Lage die Schüler*innen auf ihre Rolle als aktive Bürger*innen vorzubereiten, die einen Beitrag zur Entwicklung der Demokratie leisten und dadurch einen Gewinn für jede demokratische Gesellschaft darstellen können.

[...]

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Demokratie lernen in der Grundschule. Veranschaulicht anhand des "Service Learning"-Ansatzes
Hochschule
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
29
Katalognummer
V435125
ISBN (eBook)
9783668762947
ISBN (Buch)
9783668762954
Dateigröße
564 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
demokratie, grundschule, veranschaulicht, service, learning
Arbeit zitieren
Lotta Heimes (Autor:in), 2018, Demokratie lernen in der Grundschule. Veranschaulicht anhand des "Service Learning"-Ansatzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/435125

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