Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Begriffsklärung
2.1 Der Kunde
2.2 Der Klient
3. Kritische Gegenüberstellung der Akteure Kunde und Klient
3.1 Unterschiede zwischen Kunde und Klient
3.2 Gemeinsamkeiten zwischen Kunde und Klient
4. Vom Klienten zum Kunden
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der Sozialen Arbeit gewinnt die wirtschaftliche Denk –und Steuerungslogik zunehmend an Einfluss. Qualitätsmanagement, Controlling und Evaluation sind nur einige wenige Beispiele für wirtschaftliche Methoden, die bereits in der Sozialen Arbeit angewandt werden. Die Ökonomisierung Sozialer Arbeit ist derzeit ein stark diskutiertes Thema. Im Rahmen dieser Diskussion geht es vor allem darum, inwiefern die Ökonomie mit ihrem Fokus auf Markt –und Profitlogik, Gewinnstreben und Kostenersparnisse, das Anliegen Sozialer Arbeit, die Unterstützung Benachteiligter und bedarfsgerechte Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, beeinflusst oder sogar dominiert.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich mit den Begrifflichkeiten beider Disziplinen auseinanderzusetzen. Der Kundenbegriff scheint sich in einigen Einrichtungen und Institutionen der Sozialen Arbeit, wie beispielsweise den Sozialversicherungsträgern, bereits zu etablieren. Kritiker der Ökonomisierung sehen hierbei bereits eine Grenzüberschreitung wirtschaftlicher Einflüsse.
Im Rahmen dieser Arbeit soll thematisiert werden, welche Bedeutung der Kunde in der Ökonomie und der Klient in der Sozialen Arbeit haben und inwiefern beide Begriffe miteinander vereinbar sind.
In Kapitel 2 erfolgt zunächst eine kurze Begriffsklärung. Hierbei werden zentrale Merkmale und Einstellungen herausgearbeitet. In Kapitel 3 werden die beiden Begriffe hinsichtlich ihrer Unterschiede und Gemeinsamkeiten kritisch betrachtet. Anschließend soll die Frage geklärt werden, ob Klienten in der Sozialen Arbeit zu Kunden werden können.
2. Begriffsklärung
2.1 Der Kunde
Personen, die auf dem Markt bei Anbietern Leistungen nachfragen, werden in den Wirtschaftswissenschaften als Konsumenten, Verbraucher, Käufer oder Kunden bezeichnet. Um einen späteren Bezug zur Sozialen Arbeit zu ermöglichen, wird im Folgenden der Begriff Kunde weiterverwendet.
Kunden zeichnen sich unter anderem durch ihre Kaufkraft und ihre Wahlfreiheit aus. Die Kaufkraft impliziert, dass Kunden für die nachgefragten und erhaltenen Leistungen zahlen. Sie ist abhängig von den Einkommens –und Vermögensverhältnissen der Kunden, die in unserer Gesellschaft stark divergieren. Dementsprechend verfügen Kunden über unterschiedliche Kaufkraft. Wahlfreiheit bedeutet, dass Kunden die Möglichkeit haben, zwischen unterschiedlichen Anbietern und Angeboten zu wählen. Auch die Entscheidung, ein Produkt oder einen Anbieter abzulehnen, beispielsweise im Falle eines Monopols, ist Teil der Wahlfreiheit. Mittels dieser Entscheidungsspielräume können Kunden Einfluss auf Qualität und Preis der angebotenen Leistung Einfluss nehmen (Becker 2017, S. 79).
Das Idealbild eines Kunden in den Wirtschaftswissenschaften ist der homo oeconomicus. Dieses Modell beschreibt den Kunden als ökonomisch und rational handelnden Menschen, der vollständig über Güter und Märkte informiert ist. Diese Informationen befähigen ihn, rational zu handeln und sowohl seine Kaufkraft als auch seine Wahlfreiheit optimal einzusetzen. Sein Ziel ist die Nutzenmaximierung, das heißt, mittels Vergleiche aller Produkte und Anbieter, die die von ihm gewünschte Leistung anbieten, kann er die für sich günstigste und beste wählen. Der homo oeconomicus ist auch auf die Anbieter übertragbar. Er ist über die Bedürfnisse der Kunden informiert, kennt alle Wettbewerber und Konkurrenten, handelt rational und versucht seinen Gewinn zu maximieren (ebd. S. 25). Das Modell des homo oeconomicus setzt die Transparenz der Märkte und rationales Handeln der Akteure voraus, beides ist sicherlich in der realen Wirtschaft selten gegeben, dennoch verdeutlicht das Modell wirtschaftliches Denken und die Ziele der beteiligten Akteure. Das Ziel der Akteure, ihre Gewinne zu maximieren impliziert, zumindest in der Privatwirtschaft, dass die Anbieter an der Zufriedenheit ihrer Kunden und deren Kaufkraft interessiert sind. Ein zufriedener Kunde kauft erneut Produkte oder Dienstleistungen und steigert so den Gewinn des Anbieters. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Kunden, die über wenig oder kein Geld verfügen, für Anbieter uninteressant sind, da eine Kundenbindung in diesem Fall nicht rentabel ist.
Ziel der Anbieter ist nicht immer Gewinnmaximierung. Ändern sich die Bedingungen am Markt und der Preis ist nicht mehr das einzige Kriterium, das wirtschaftliches Handeln bestimmt, so können auch andere Ziele im Vordergrund stehen, beispielsweise wenn Unternehmen auf Rendite verzichten oder es einen Qualitätswettbewerb gibt (Schellberg 2013, S. 119). Ein Ziel, dass im Zuge der Ökonomisierung der Sozialen Arbeit von Bedeutung ist, ist daher auch, bei Ressourcenknappheit effizient und rentabel zu wirtschaften.
Zusammenfassend können folgende Merkmale von Kunden hervorgehoben werden: Die Kunden wollen ihre Bedürfnisse mittels der Leistungen der Anbieter befriedigen, sie sind freiwillige und souveräne Nachfrager bestimmter Produkte oder Dienstleistungen, wobei sie zumeist eine Wahl zwischen unterschiedlichen Leistungen und Anbietern haben und über die notwendige Kaufkraft verfügen.
2.2 Der Klient
Die Adressaten der Sozialen Arbeit sind die Klienten. In einigen Arbeitsfeldern werden sie auch Besucher, Betroffene oder Hilfebedürftige genannt. Der Begriff des Klienten hat sich im Laufe der letzten Jahre als zentrale Bezeichnung durchgesetzt und soll im Folgenden weiterverwendet werden.
Klienten befinden sich in einer finanziellen, sozialen oder gesundheitlichen Notlage. Sie sind oft nicht in der Lage, sich selbst zu helfen und ihre Bedürfnisse zu äußern, beispielsweise im Falle einer Behinderung oder psychischen Krankheit. Klienten kommen häufig aus den unteren Schichten der Gesellschaft, so dass sie nicht nur bei der Problembewältigung sondern auch bei der Finanzierung auf die Hilfe Dritter angewiesen sind. Die Hilfsangebote werden von Klienten zumeist freiwillig in Anspruch genommen. Es gibt allerdings auch Eingriffe der Sozialen Arbeit, die Klienten ablehnen, aber dennoch zulassen müssen, da ihnen sonst Strafen oder Zwangsmaßnahmen drohen. Beispiele hierfür sind gerichtlich verordnete Sozialstunden, Anti-Aggression Trainings oder Maßnahmen der Jugendhilfe bei Kindeswohlgefährdung. Klienten sind zudem unzureichend informiert. Oft sind sie in ihrer Notlage festgefahren, sehen keine Lösungen für ihre Probleme oder erkenne nicht, dass sie sich in einer Notlage befinden, kennen keine oder nur wenige Anlaufstellen für Hilfsangebote. (Becker 2017, S. 78).
Ziel der Sozialen Arbeit ist es in der Regel, Klienten zu befähigen, ihre Probleme zukünftig selbst zu lösen, so dass sie auf weitere Hilfsangebote nicht mehr angewiesen sind. Die Soziale Arbeit hat ein klares Menschenbild: jeder Mensch ist Experte seiner Lebenswelt und bestimmt selbst über sein Leben. Dies setzt bei der Arbeit mit Klienten die Partizipation dieser voraus. Im Zuge der Mitwirkung wird bei Hilfsangebote gemeinsam über Ziele und Methoden entschieden, ausgenommen sind hierbei Zwangsmaßnahmen, wie beispielsweise in der Jugendhilfe, bei Herausnahme eines Kindes aus der Familie.
Zusammenfassend zeichnen sich Klienten durch folgende Merkmale aus: sie sind hilfebedürftig, können ihre Bedürfnisse nicht immer klar äußern, sie sind unzureichend informiert, lehnen in einigen Fällen Hilfsangebote ab und bedürfen der finanziellen Unterstützung Dritter.
3. Kritische Gegenüberstellung der Akteure Kunde und Klient
In Kapitel 2 wurde deutlich, dass die Wirtschaftswissenschaften und die Soziale Arbeit ein unterschiedliches Verständnis ihrer Zielgruppen haben. Es stellt sich die Frage, inwiefern die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive auf die Soziale Arbeit übertragen werden kann. Um dies zu klären bedarf es einer Klärung, worin genau die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Perspektiven liegen.
3.1 Unterschiede zwischen Kunde und Klient
Kunden haben eine Wahlfreiheit, sie können zwischen verschiedenen Angeboten und unterschiedlichen Anbietern wählen. Klienten haben diese Möglichkeit nur selten. Sie werden zu Klienten, wenn sie sich in einer Notlage befinden. Ihre Bedürfnisse nach Unterstützung ergeben sich erst durch soziale Probleme, Krankheit, finanzielle Schwierigkeiten, Unfall oder aufgrund einer Behinderung. Welches Hilfeangebot sie wählen, wenn sie dazu in der Lage sind, ist abhängig von der Infrastruktur, der räumlichen Verteilung der Angebote. Sie haben zudem selten die Wahl, welcher Berater oder Betreuer ihnen zugeteilt wird. Klienten haben, nicht wie Kunden, durch ihr Kaufverhalten und ihre Wahlfreiheit die Macht, über Qualität und Quantität der Hilfeangebote zu bestimmen. Kunden können sich freiwillig für ein Angebot entscheiden. Diese Freiwilligkeit ist bei Klienten nicht immer gegeben. Einige sind nicht in der Lage Hilfe anzufordern, andere lehnen Angebote oder sogar eine Unterstützung ganz ab. Für eine gelingende Hilfe braucht es in der Sozialen Arbeit aber die Partizipation der Klienten, daher ist es besonders in Zwangskontexten wichtig, die Unterstützung und Mitwirkung der Klienten zu gewinnen. Um dem Auftrag sozialer Arbeit gerecht zu werden, Benachteiligte zu unterstützen, kann sie nicht warten, bis die Klienten kommen, um Hilfeangebote einzufordern. Oftmals müssen Klienten erst befähigt werden, Hilfe anzunehmen und diese letztlich als hilfreich erkennen (Seithe 2010, S. 155).
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