Zensuren - Allgemeine und fachspezifische Überlegungen zu Bewertungs- und Benotungsverfahren


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort / Einleitung

2. Leistungsbeurteilung durch Lehrer
2.1. Zwei Arten des Diagnostizierens
2.2. Die Beeinflussung einer Leistungsmessung

3. Die Note
3.1. Die Grundfunktion der Schulzensur
3.2. Inhalte einer Zensur

4. Probleme der Notengebung
4.1. Notengebung – Ein Beispiel

5. Bewertungsmöglichkeiten – Bedeutung und Probleme
5.1. Das Diktat
5.2. Der Aufsatz
5.2.1. Sorgenkind Aufsatz
5.2.2. Ein taugliches Prüfungsinstrument?

6. Möglichkeiten der Aufsatzkorrektur
6.1. Veröffentlichung und prozessorientiertes Korrigieren von Schüleraufsätzen
6.2. Der Kriterienkatalog – Eine Möglichkeit der Bewertung
6.2.1. Bewertung einer Fantasieerzählung

7. Abschließende Bemerkung des Verfassers

8. Literatur

1. Vorwort / Einleitung

Folgenden Text fand ich in einem aktuellen Livestylemagazin[1]:

Frühkapitalismus

Im neuen China üben Kinder das Kreditwesen mit Hypotheken auf Schulnoten

China ist Volksrepublik, Hu Jintao und Genossen herrschen mit eiserner Kommunistenfaust. Die kleinen Chinesen aber werden auf Kapitalismus getrimmt: In einer Grundschule in Shanghai können die Kinder Hypotheken auf ihre Schulnoten aufnehmen. War die Klassenarbeit ein Desaster, leihen sich die Kleinen Zusatzpunkte vom Kredithai, andernorts »Lehrer« genannt. Das treibt die Noten nach oben und erspart ein Donnerwetter zu Hause. Aber die Rezession ist vorprogrammiert: Die Zinsen sind happig, trotz Weltmarktkrise 100 Prozent, und so müssen die Schüler in der nächsten Arbeit doppelt so viele Punkte zurückzahlen, wie sie sich geliehen hatten. Die zehnjährige Cai Wenyi, berichtet die Nachrichtenagentur Xinhua, habe sich beim Mathetest in die Schuldenfalle locken lassen: »Ich habe mich immer gefühlt, als sei ich dem Lehrer irgendwie verpflichtet, nachdem ich den Kredit genommen hatte«, sagt sie. […]

Kredit auf Schulnoten? Diese Information aus Fernost löst bei den meisten wohl Kopfschütteln und Unverständnis aus. Dieses vielleicht abstruse Extrembeispiel zeigt, wie Notengebung realisiert werden kann. Zwar handelt es sich hierbei nicht um Artikel einer pädagogischen Fachzeitschrift, aber der Grundgedanke „Notengebung“ wird auf glossenartige Weise dem Leser vor Auge geführt.

Aber auch in Deutschland steht die Notengebung schon seit Jahren im Brennpunkt der Kritik. Hierbei gehen die Meinungen der Pädagogen teilweise weit auseinander. Auf der einen Seite praktizieren reformpädagogische Schulen, wie z.B. Waldorfschulen einen eher offenen Umgang mit Noten, andererseits wird eine strenge, klassische Notengebung gefordert.

Was ist eine Note? Wie kommt eine Note zustande? Wo liegen Probleme und wie kann man diese Probleme, die bei einer Bewertung (die dann zu einer Note führt) entstehen, verringern? Diese Fragen sind in etwa die Leitgedanken, mit deren Hilfe ich diese Arbeit verfasst habe.

Zu Beginn der Arbeit stelle ich allgemeine Themen in den Mittelpunkt, die sich mit dem Diagnostizieren und der damit verbundenen Notengebung befassen. Dieser Teil der Arbeit ist allgemeiner Natur, das heißt, ich werde zu Beginn die Thematik noch nicht fachspezifisch erläutern um vorerst Grundlagen zu legen, die für das „Notenverständnis“ notwendig sind.

Anhand von Beispielen werde ich dann spezifische Überlegungen zum Fach Deutsch anstellen. Ich beziehe mich auf Überlegungen der Fachliteratur, die Vorschläge zur Verbesserung von Bewertungs- und Benotungspraktiken macht.

Mit dieser Arbeit wollte ich einen, sowohl allgemeinen, als auch fachspezifischen Überblick geben. Dies ist also nur ein „Ausschnitt“ vieler Überlegungen, die mittlerweile im pädagogischen Kontext diskutiert werden.

2. Leistungsbeurteilung durch Lehrer

„Die Beurteilung von Schülerleistungen ist integraler Bestandteil der beruflichen Tätigkeit von Lehrkräften“[2][3]. Mit diesem Zitat wird die Wichtigkeit von Leistungsmessungen in Schulen verdeutlicht. Leistungsmessungen sind ein integraler Bestandteil, machen also den Beruf einer Lehrkraft erst vollständig.

In diesem Kapitel werde ich verdeutlichen, wie eine Beurteilung im Allgemeinen zustande kommt und welche Formen des diagnostischen Urteils diskutiert werden.

2.1. Zwei Arten des Diagnostizierens

Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten professioneller Beurteilungsleistungen: (A) explizite und (B) implizite Urteile.

(A) Explizite Urteile gleichen einer Diagnose, die von der Lehrkraft, also des Diagnostikers, mit Hilfe geeigneter Daten abgegeben wird. Solche Diagnosen werden „eigens zum Zwecke der Beurteilung erhoben (Klassenarbeiten; mündliche Prüfungen; informelle Tests; usw.)“[4].

Daten → Diagnose → Urteil

Ein solches Urteil kommt zustande, indem man die gewonnenen, zu beurteilenden Informationen mit einer Bezugsnorm vergleicht: Eine Leistungsmessung fällt gut aus, wenn sie besser ist als der Durchschnitt (soziale Norm). Hat sich die Leistung der Lernenden im Vergleich zum vorherigen Leistungstand verbessert, spricht man von individueller Norm. Die sachbezogene oder kriteriale Norm kommt zum Tragen, wenn ein angestrebtes Ziel erreicht wurde.

Explizite Urteile werden dann gefällt, wenn die Lehrperson ihre Aufmerksamkeit gezielt und intensiv auf die diagnostische Aktivität richtet, wie z.B. das Bewerten eines Deutschaufsatzes.

(B) Bei impliziten Beurteilungsleistungen wird kein ausdrückliches Urteil verlangt. Die Leistungen der Schüler werden von der Lehrperson wahrgenommen und dann intuitiv eingeschätzt Solche Beurteilungsleistungen können selten intensiv reflektiert werden. Sie laufen beispielsweise während einer Unterrichtsstunde ab. Entscheidungen werden oft schnell und kurzfristig getroffen. (Beispiel: Die spezifische Reaktion und Bewertung eines Schülerbeitrags während einer Unterrichtsstunde). Hier handelt es sich um Mikrodiagnosen:

„Solche Mikrodiagnosen kommen dadurch zustande, dass allgemeine Erwartungen an die Leistung der Klasse oder einzelner Schüler mit aktuellen Beobachtungen abgeglichen und verknüpft werden; sie erfolgen eher unsystematisch, ungezielt und beiläufig neben der eigentlichen Unterrichtstätigkeit. […] Es werden intuitive und subjektive Einschätzungen vorgenommen, die beim erfahrenen Lehrer eng mit bestimmten Handlungsentwürfen und –routinen verknüpft sind.“[5]

2.2. Die Beeinflussung einer Leistungsmessung

Die Beurteilung einer Leistung wird von vielerlei Faktoren beeinflusst. Eine Beurteilung ist selten unvoreingenommen und neutral. Verschiedene Voreinstellungen und Erwartungen sind oft für eine Verzerrung des Urteils verantwortlich.

Welche Faktoren eine Beurteilung beeinflussen können, zeigt folgendes Schaubild (natürlich handelt es sich hier nur um eine kleine Auswahl; auch andere weitere Faktoren sind denkbar):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Leitungserwartungen, Unterricht und diagnostisches Urteil (vgl. ², Seite 47)

3. Die Note

Punkt (10, Abb.1) zeigt das Ergebnis eines diagnostischen Urteils – die Note. In diesem Kapitel werde ich die „Note“ genauer betrachten, und zwar welche Aufgabe eine Schulzensur übernimmt und welche Wirkung sie auf verschiedene Zielpersonen ausübt.

3.1. Die Grundfunktion der Schulzensur

Die allgemeine Grundfunktion der Zensur ist die „rangmäßig einstufende Beurteilung und Bewertung“³. Die Zensur stuft also den zu Zensierenden ein. Die Zensur an sich erscheint als mathematische Zahl, die sich hauptsächlich (zumindest in Schulen) auf Leistungen oder Verhaltensweisen (hier v.a. mündliche Noten und Kopfnoten in Zeugnissen) beziehen. Dieser Dienst, der die Note leistet, hat nicht nur einen Zweck, sondern zielt auf mehrere Aufgaben ab. Folgende Grafik soll eine kurze Übersicht über Grundfunktionen der Schulzensur darstellen. Eine anschließende Erklärung wird die einzelnen Punkte verdeutlichen:[6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Dela Kienle (Verfasser). NEON, S.41. Heft 05/04. Neon Magazin GmbH: Hamburg, 2004.

[2] Schrader und Helmke. Alltägliche Leistungsbeurteilung durch Lehrer. In: Franz E. Weinert (Hrsg.). Leistungsmessungen in Schulen. S. 45 ff. Beltz Verlag: Weinheim/Basel, 2002²

[3] Vgl. Anm.1

[4] Vgl. Anm1

[5] vgl. Schrader und Helmke. Alltägliche Leistungsbeurteilung durch Lehrer. In: Franz E. Weinert (Hrsg.). Leistungsmessungen in Schulen. S. 46. Beltz Verlag: Weinheim/Basel, 2002²

[6] Ingenkamp, Karlheinz. Die Fragwürdigkeit der Notengebung. S. 46 ff. Beltz Verlag: Weinheim, 1972.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Zensuren - Allgemeine und fachspezifische Überlegungen zu Bewertungs- und Benotungsverfahren
Hochschule
Pädagogische Hochschule Weingarten
Veranstaltung
Sprachliche Leistungen und ihre Messung
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V43581
ISBN (eBook)
9783638413435
Dateigröße
758 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zensuren, Allgemeine, Bewertungs-, Benotungsverfahren, Sprachliche, Leistungen, Messung
Arbeit zitieren
Christoph Mahlberg (Autor:in), 2004, Zensuren - Allgemeine und fachspezifische Überlegungen zu Bewertungs- und Benotungsverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43581

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