Die Kommunikationsgemeinschaft zwischen Politik und Medien in der BRD - Politische Selbstmediatisierung und mediale Einflusssphären


Hausarbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

1 Öffentlichkeit und Demokratie
1.1 Bedeutung des Begriffes „Öffentlichkeit“
1.2 Parteiendemokratie oder Mediokratie? Problematisierung des Verhältnisses zwischen Politik und Medien

2 Selbstmediatisierung der Politik
2.1 Politikvermittlung als Legitimationsgrundlage
2.2 Zwischen Images, Theatralisierung und Inszenierung
2.3 Politik als Kommunikationsprozess: Die Rolle der Sprache

3 Einfluss der Medien
3.1 Funktion und Rolle der Massenmedien
3.2 Massenmedien als vierte Gewalt?
3.3 Medienpflichten und Medienverantwortung

4 Symbiotische Kommunikationsgemeinschaft zwischen Politik und Medien
4.1 Gegenseitige Einflusssphären
4.2 Spannungsfelder und Probleme für die Demokratie
4.3 Chancen/Ausblick

5 Zusammenfassung

6 Quellenverzeichnis

0 Einleitung

Das Verhältnis zwischen Politik und Medien stellt nicht nur in der Bundesrepublik einen zentralen Punkt der wissenschaftlichen Betrachtung dar, sondern auch in allen anderen Demokratien. Öffentlichkeit, Legitimation, der Akt der demokratischen Willensbildung durch das Volk stellen in der sich ausdifferenzierenden Gesellschaft eine besondere Herausforderung für die politische Sphäre dar. Massenmedien werden unumgänglicher und gewichtiger Akteur bei der Verteilung von Aufmerksamkeits- und damit Legitimationskriterien. Das Massenmedium ist daher nicht von vornherein als ‚Störfaktor’ für die Kommunikation zwischen Volksvertretern und Staatsbürgern zu betrachten, sondern als Determinante für das Funktionieren einer jeden Demokratie. Natürlich kommt es zu konflikthaften und konsensbedürftigen Spannungen; ob sie jedoch in einem unausweichlichen Dilemma für die Demokratie resultieren bleibt ein erörterungsbedürftiger Punkt meiner Hausarbeit. Zum Abschluss meiner Abhandlung möchte ich einen Ausblick und auch eine Einschätzung dazu liefern.

Dafür gehe ich einleitend auf die Wichtigkeit von Öffentlichkeit in der Demokratie ein. Was bedeutet Öffentlichkeit für das Funktionieren einer jeden Demokratie? Und kann man von einem Übergang von der Parteiendemokratie in eine Mediokratie, wie es Thomas Meyer (2002, S.7-14) in seinem Aufsatz beschreibt, überhaupt sprechen? Dass Medien zunehmend meinungsbildende und -bestimmende Funktionen wahrnehmen, scheint eine Begleiterscheinung des Mediatisierungsprozesses zu sein, doch auch nach der Legitimation dieser Rollenwahrnehmung muss gefragt werden.

Daher ist weiterer Punkt dieser Abhandlung die Anpassung der Politik an diese neuen Tendenzen: Zentrale Fragen sind hierbei der Grund für die neue Öffentlichkeitsbedürftigkeit und Politkvermittlung, Art und Weise der Anpassung, sowie die Ausprägung der neuartigen Politikvermittlung.

Auch die Massenmedien verdienen einen näheren Blick auf ihre scheinbar gewachsenen Machtpotentiale, Einflusssphären und Funktionen. Wichtig erscheint es mir ebenfalls, die Ausprägung des Verantwortungsbewusstseins der Medienakteure bezüglich ihrer Vermittlungsrolle und -gewalt kritisch zu hinterfragen und zu beleuchten. Wie nahe liegt also die Vermutung, dass die gewachsene Gewalt auch sinnbringend zum Einsatz kommt?

In einer Synthese im weiteren Punkt werden die Überlegungen bezüglich der Öffentlichkeitsbedürftigkeit, der neuen Rolle der Politik und Medien bezugnehmend auf meine Fragestellung zusammengeführt. Wo liegen nun genau gegenseitige Einflusssphären, wo die Spannungsfelder? Ist der Gedanke, dass die Demokratie unmittelbar vor einer Krise steht hinfällig oder reell? Gibt es Chancen für konsensuelle Auswege oder läuft alles unaufhaltsam auf eine Katastrophe für das Parteiensystem, schlimmer noch, auf eine Krise der Demokratie durch die anwachsende Öffentlichkeits- und Meinungsbildungsgewalt der Massenmedien hinaus? Oder steuern wir auf einen ‚Italienkomplex’ auf deutschem Boden zu, auf dem mediale Gewalt durch wenige politische Eliten okkupiert wird, um Willensbildung zugunsten eigener Interessen gestalten zu können? Diese Fragen möchte ich zusammenfassend zumindest umreißend beantworten können. Sicherlich könnte man mit diesen Fragen ein komplettes Seminarthema füllen.

1 Öffentlichkeit und Demokratie

1.1 Bedeutung des Begriffes „Öffentlichkeit“

Öffentlichkeit dient zunächst dazu, „Vorgänge von allgemeiner Bedeutung transparent zu machen“ (Bergsdorf, 1980, S. 15), die zum Gegenstand der Diskussion in der Öffentlichkeit werden. Nach demokratischen Gesichtspunkten bedeutet dies Mündigkeit für den Bürger, der in der Lage ist, sich ein eigenes Urteil zu bilden und nach diesem am Willensbildungsprozess partizipiert. Da in einer stark differenzierten Gesellschaft kein einheitlicher Volkswille entstehen kann, muss Öffentlichkeit als bedingender Faktor für die politische Willensbildung verstanden werden. Hieraus resultiert auch die Quelle der Legitimität der Politik und der Regierung in jeder Demokratie: Denn erst, wenn der Bürger weiß, was er erfahren wollte, wird er am Willensbildungsprozess partizipieren und die Chance wahr nehmen, ihn mitzugestalten. Hernach bedeutet Öffentlichkeit im Grunde auch, das Wissen über Kommunikation in einer demokratischen Gesellschaft zu transportieren, also den Austausch zwischen politischer und privater Sphäre zu gewährleisten. Dies birgt die Öffentlichkeit des politisch-privaten Diskurses, der in einem Input-Outpu-Input-Schema sinnbildlich wiedergegeben werden kann. Denn Kommunikation wirkt dabei nicht nur in eine, sondern in mehrere Richtungen, die durch Rückkopplungsprozesse begleitet wird.

Öffentlichkeit in einer stark differenzierten demokratischen Gesellschaft setzt allerdings die „Institutionalisierung eines Themas in der Öffentlichkeit“ voraus (ebd. S. 29). Und hierbei kommen die Massenmedien zu ihrer Bedeutung. Oberreuter (1982, S. 22) schreibt dazu:

„Die Massenmedien schaffen jenen Raum gesamtgesellschaftlicher Öffentlichkeit, in welchem die unterschiedlichen Gruppen miteinander kommunizieren, ihre Positionen austauschen, ihre Konflikte austragen, Lösungen finden, begründen und vertreten können und in dem sich – wenn es gut geht – auch Zustimmung zu diesen Lösungen vermitteln lassen.“

Demokratien lassen Öffentlichkeit als kritische Instanz zu, da Macht keine Konstante, sondern stets erneuerungsbedürftig ist. Öffentlichkeit muss also funktionsfähig sein, um das politische System korrekturfähig zu machen. Diese Legitimation und Existenzberechtigung durch Kommunikation wird durch entsprechende Leistungen der Massenmedien gewährleistet (vgl. Sarcinelli 2003, S. 39). Sie müssen sich diesbezüglich auch an „ihrer vermittelnden Funktion, die Gesellschaft buchstäblich miteinander ins Gespräch zu bringen“ (Oberreuter 1982, S. 17) orientieren, wobei die Meinungsvielfalt zum Tragen kommt. Sie fungieren daher als Mittler zwischen staatlicher und privater Sphäre und repräsentieren an dieser Stelle die Öffenlichkeit.

Zu betrachten wären dabei zwei Seiten: Einerseits „kann nur zustimmungsfähig werden, was auch öffentlich wird“ (Sarcinelli 1992, S. 43), das heißt mit Barbara Baerns (1987, S. 147) Worten: „Ein freies Volk muss sicher sein, angemessen informiert zu werden, will es eine freie Regierung erfolgreich kontrollieren können.“ Hierbei ist die Verteilungsgewalt der Aufmerksamkeitskriterien durch die Medien bemerkenswert. Denn an dieser Schnittstelle zwischen dem, was auf politischer Ebene wirklich geschieht und dem, was an die Öffentlichkeit gelangt ergeben sich erste Konfliktfelder.

Die andere Seite zeigt eine anwachsende Relevanz politischer Öffentlichkeitsarbeit, um für das Ziel des Machterhalts und Machterwerbs Informations- und Kommunikationsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen und mediale Aufmerksamkeit auf politische Akteure zu lenken. Dies bedeutet:

„[…] den Strom an Informationen nicht abreißen zu lassen, heißt Themen besetzen, Kompetenz demonstrieren, Schlagzeilen liefern, Aufmerksamkeit erzeugen, und das alles, um nicht zuletzt eine permanente Medienpräsenz zu gewährleisten.“(Sarcinelli 1987, S.24)

1.2 Parteiendemokratie oder Mediokratie? Problematisierung des Verhältnisses zwischen Politik und Medien

Die Selbstmediatisierung der Politik und die scheinbare Unterwerfung unter die Funktionslogiken der Massenmedien können zu Spannungen führen.

„Es scheint, als ob die Übergänge zwischen dem legitimen Versuch, offensiv die Themen politischer Diskussion zu bestimmen und zu strukturieren dem anrüchigen Bemühen, sie zu manipulieren und der illegitimen Absicht, das Kommunikationssystem nach parteilichen Zweckmäßigkeiten zu gestalten, fließend geworden sind.“ (Oberreuter 1982, S. 16)

Vor diesem Kippen in eine Mediokratie, in dem das Mediensystem durch die politischen Akteure mit dem Fokus auf die Maximierung des Publikumsinteresses instrumentalisiert wird, warnt auch Thomas Meyer (vgl. 2002, S. 7-14). Medien fungieren an diesem Punkt nicht mehr als kritische Instanz, sondern verlieren vor dem Hintergrund der politischen Inszenierung und Kontruktion von Realtitäten ihren informatorischen Wert. Dabei wird die pluralistische Meinungsbildungsfunktion zugunsten von theatralischer Konstruktion von Schein-Realitäten aufgegeben, was beträchtliche Probleme für die Demokratie aufwerfen könnte. Schließlich wird die Mündigkeit des Bürgers billigend in Kauf genommen, aufgedrängten Images wird in einer Mediokratie der Vorzug vor der argumentativen Artikulation von Standpunkten gegeben. Meyer (ebd.) spricht von einer divergierenden Schwerpunktsetzung von Politik und Medien. Die Politik muss die Legitimation durch die Öffentlichkeit ihrer Praxis suchen und stößt dabei auf das Problem der Langwierigkeit der politischen Wirkweise, da sie auf die Vermittlung durch die Massenmedien zur Beeinflussung der Öffentlichkeit angewiesen ist. Die Selbstmediatisierung der Politik geschieht daher mehr oder weniger freiwillig.

Die Medien müssen die (erwünschte) Vermittlung der Inhalte allerdings zugunsten ihrer Funktionslogiken, die weiter unten behandelt werden, stark reduzieren. Dabei wird den Informationen recht häufig nicht in dem Ausmaß Rechnung getragen, wie es nötig wäre um dem Bürger eine ausreichende und vor allem eigenständige Urteilsbildung zu garantieren. Vielmehr ist eine Besetzung von Werturteilen durch die Massenmedien und im verstärkten Maße durch die privaten Massenmedien beobachtbar. Der Verlust an Informationsqualität ist rückführbar auf die „Medienexpansion“ (Schulz 1987, S.130), die in der Verdichtung der Medienkapazitäten durch Informations- und Bilderflut im Zuge der Globalisierung, der Privatisierung menschlicher Belange (Säkularisierung) und der Demokratisierung, ihre Ursache findet.

Im Zuge dieser Modernisierung lockerten sich die Organisationsbindungen (vgl. Sarcinelli 2003, S.40) in Richtung der Zunahme von Wechselwählerverhalten - Ansprüche an Politikvermittlungskompetenz stiegen, um möglichst viele potentielle Wähler anzusprechen. Das politische Kalkül richtet sich vor diesem Hintergrund zur medialen Präsentation eigener Entscheidungsfähigkeit zunehmend an kurzfristigen Erfolgen aus, um im Kampf um Aufmerksamkeit zu bestehen. Die Mediatisierung der Parteien erscheint folglich als „organisationsblind und prominenzlastig“ (ebd. S.41) und reduziert die eigene Organisations- und Prozesskomplexität auf ein Minimum. Dabei sind langfristige Ziele, die dennoch weiterhin existieren, eher unpopulär und für die massenmediale Verbreitung ungeeignet. Geboten werden vielmehr komplexitätsreduzierte Ausschnitte politischer Wirklichkeit, sowohl von der Politik als auch von den Medien. Ob dieses reduzierte Informationsangebot dem Bürger Entscheidungen erleichtert oder ob dieser zum Opfer nicht wertfreier Medien wird, ist diskussionswürdig. Daher geht Sarcinelli (1987, S. 23) zur Bewertung dieser Frage auf den normativen Bezugsrahmen demokratischer Politikvermittlung ein: Die Einspeisung einer Vielzahl an politischen Informationen in den Vermittlungsprozess, eine Wiedergabe pluralistischer Richtungstendenzen durch die Medien, Beachtung unterschiedlicher Adressaten, Anspruchsniveaus und Teilöffentlichkeiten, sowie ein durch Rückkopplungseffekte begleiteter Informationsaustausch zwischen Politk und Bürger wären Orientierungspunkte, die für ein rein objektives Verhältnis zwischen Politik und Medien sprechen würden.

Häufig werden die Werbemittel oft vom Bezugsobjekt, also der Politik per se abgelöst. Das Resultat sind weniger objektive Imagekampagnen durch die Politik und Personalisierung durch die Medien, und damit ein nahezu entpolitisiertes Ringen um Wählerstimmen (vgl. ebd. S. 36), da Ereignisse nicht selten direkt für die mediale Präsentation inszeniert werden.

Fraglich bleibt dabei, ob diese Argumente ausreichen, um von einer Mediokratie zu sprechen.

Offenbar sorgen die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland neben dem elitären Printmedium ‚Zeitung’ für einen Ausgleich zum informationsreduzierten, vereinfachenden Skandal- und Quotendruck der privaten Medien. Dafür spricht vor allem die Ungebundenheit der Öffentlich-Rechtlichen von Quoten durch Gebühren und der vorgeschriebene Bildungs- und Objektivitätsauftrag. Von einem Absterben der Parteiendemokratie und der kopflosen Unterwerfung unter massenmediale Logiken kann daher nicht die Rede sein. Allein die Notwendigkeit der Öffentlichkeit, Publizität, sorgt für genügend Kritikpunkte an der neuen Rollenwahrnehmung von Politik und Medien, die im Folgenden zu beleuchten wäre.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Kommunikationsgemeinschaft zwischen Politik und Medien in der BRD - Politische Selbstmediatisierung und mediale Einflusssphären
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Politikwissenschaften)
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V43590
ISBN (eBook)
9783638413503
ISBN (Buch)
9783638657198
Dateigröße
527 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Verhältnis zwischen Politik und Medien stellt nicht nur in der Bundesrepublik einen zentralen Punkt der wissenschaftlichen Betrachtung dar, sondern auch in allen anderen Demokratien. Öffentlichkeit,Legitimation,der Akt der demokratischen Willensbildung durch das Volk stellen in der sich ausdifferenzierenden Gesellschaft eine besondere Herausforderung für die politische und mediale Sphäre dar.
Schlagworte
Kommunikationsgemeinschaft, Politik, Medien, Politische, Selbstmediatisierung, Einflusssphären
Arbeit zitieren
Adeline Kerekes (Autor:in), 2005, Die Kommunikationsgemeinschaft zwischen Politik und Medien in der BRD - Politische Selbstmediatisierung und mediale Einflusssphären, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43590

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