Der Frage nachgehend, inwiefern die Entwicklung zu einer mündigen Identität im religiösen Kontext möglich ist und ob Religiosität in der modernen Gesellschaft einen nur verzichtbaren oder doch notwendigen Beitrag zur Identitätsbildung leisten kann, liegt die Aufgabenstellung dieser Arbeit:
• In der Kennzeichnung jener historisch gewachsenen Merkmale der Moderne, die die Spannung erzeugen, welche die Religion zu einem fragwürdigen Moment bei der Bildung von Identität, unter den Bedingungen der Gegenwart, macht.
• Im Aufzeigen von sozialwissenschaftlichen Theorien und philosophischen Grundlagen zum Begriff Mündigkeit. Hierbei stützt sich der Autor zum einen auf die Identitätstheorie und Diskursethik von Jürgen Habermas sowie die entwicklungspsychologischen Modelle von Erik H. Erikson und Lawrence Kohlberg, die den Wachstumsprozess zur personalen Autonomie darstellen. In Anlehnung an die Überlegungen von Jürgen Habermas, werden jene von der Religion ausgehenden störenden Momente skizziert, die in Bezug auf die Identitätsbildung im religiösen Kontext auftauchen.
• In der Darstellung und Erörterung theologischer Reflexionen zur Rezeption des sozialwissenschaftlichen Mündigkeitsbegriffs in einen zeitgemäßen christlichen Kontext. Im Hinblick auf diese Fragestellung orientiert sich der Autor vor allem an dem von Alfons Auer verfassten moraltheologischen Standardwerk „Autonome Moral und christlicher Glaube“.
• Unterdessen ist es dem Autor ein Anliegen, dass der Titel, unter dem diese Arbeit entsteht, nicht verstanden wird als: Inwieweit ist Religion brauchbar, um dem obersten pädagogischen Leitziel zu dienen. Auch nicht: Was dürfen die Sozialwissenschaften alles fordern, um den Segen der Religion nicht zu verlieren. Sondern: Gibt es eine oder gibt es keine Verträglichkeit zwischen Religiosität und Mündigkeit, aus der heraus sich die Religion aus den Humanwissenschaften und andersherum die Humanwissenschaften aus der Religion befruchten können, um einem gemeinsamen Ziel: Dem Dienst am Menschen, zur Vermenschlichung des Menschen, zur Humanisierung der Gesellschaft am ehesten gerecht zu werden? Diesem Anliegen versuchet der Autor in einer abschließenden Betrachtung gerecht zu werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsbestimmungen
- „Religiosität“ - Versuch einer Begriffsbestimmung
- Etymologische Bedeutung
- Gesellschaftliche Bedeutung von Religion und Kirche
- Die persönlich-spirituelle Dimension des Religiösen
- Konkretisierung
- Das pädagogische Leitziel „Mündigkeit“ - Versuch einer Begriffsbestimmung
- Konkretisierung
- Das Spannungsverhältnis zwischen Religiosität und Mündigkeit - ein Resultat der fortgeschrittenen Neuzeit
- Zur Begrifflichkeit von Moderne und Postmoderne
- Die Offenbarungskritik und andere Kennzeichen der Moderne
- Emanzipation
- Anthropozentrik
- Diesseitsorientierung
- Vernunftautonomie
- Zusammenfassung unter Einbezug des historischen Kontextes
- In welchem Verhältnis stehen religiöse Sozialisation und mündige Identität?
- Die Identitätstheorie von Jürgen Habermas
- Natürliche Identität
- Rollenidentität
- Die ,,Diskursethik\" als Eigenheit einer anzustrebenden kollektiven Identität
- Ich-Identität als Leitziel der Ich-Entwicklung
- Die störenden Momente religiöser Sozialisation beim Aufbau mündiger Identität
- Zum entwicklungs- und moralpsychologischen Stellenwert von Mündigkeit und Religiosität
- Die acht Phasen menschlicher Entwicklung - von Erik H. Erikson
- Epigenetisches Diagramm
- Die acht Stadien der menschlichen Entwicklung
- Ur-Vertrauen gegen Ur-Misstrauen
- Autonomie gegen Scham und Zweifel
- Initiative gegen Schuldgefühle
- Werksinn gegen Minderwertigkeitsgefühl
- Identität gegen Identitätsdiffusion
- Intimität und Distanzierung gegen Selbstbezogenheit
- Generativität gegen Stagnierung
- Integrität gegen Verzweiflung und Ekel
- Zusammenfassung
- Die Theorie der Entwicklung des moralischen Urteils - von Lawrence Kohlberg
- Was bedeutet der Untersuchungsgegenstand „moralisches Urteil“?
- Worin liegt das Universelle, das Nicht-Relative am moralischen Urteil?
- Das Modell der Moralstufen
- Die präkonventionelle Ebene
- Die konventionelle Ebene
- Die postkonventionelle Ebene
- Kohlberg und Erikson in Gegenüberstellung
- Theologische Reflexionen und Ansätze zur Rezeption des Mündigkeitsgedankens
- Zur Bedeutung der Rezeption für die Theologie
- Zur Autonomie-Vorstellung in der biblischen und theologischen Tradition
- Die philosophische Verabsolutierung der Autonomie-Vorstellung
- Die neuzeitlich-theologische Integration der Autonomie-Vorstellung
- Die „Autonome Moral\" als Grundlage christlicher Ethik
- Die ethische These
- Die theologische These
- Die lehramtliche These
- Anmerkung zum Modell der autonomen Moral im christlichen Kontext
- Die historische Entwicklung des Begriffs „Religiosität“ und seine Bedeutung in der heutigen Gesellschaft
- Der Wandel des pädagogischen Begriffs „Mündigkeit“ in der Moderne
- Das Spannungsverhältnis zwischen Religiosität und Mündigkeit im Kontext der Moderne und Postmoderne
- Die Auswirkungen religiöser Sozialisation auf die Entwicklung der Ich-Identität
- Die Rezeption des Mündigkeitsgedankens in der Theologie
- Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert die Fragestellung der Arbeit.
- Das zweite Kapitel definiert die Begriffe „Religiosität“ und „Mündigkeit“ und beleuchtet ihre historischen und gesellschaftlichen Bedeutungen.
- Das dritte Kapitel analysiert das Spannungsverhältnis zwischen Religiosität und Mündigkeit im Kontext der Moderne und Postmoderne.
- Das vierte Kapitel untersucht die Frage, inwieweit sich religiöse Sozialisation auf die Entwicklung einer mündigen Identität auswirkt.
- Das fünfte Kapitel beleuchtet die Rezeption des Mündigkeitsgedankens in der Theologie.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit sich „Religiosität“ und das pädagogische Leitziel „Mündigkeit“ miteinander vertragen. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass in der modernen Gesellschaft häufig eine Spannung zwischen diesen beiden Polen zu beobachten ist. Die Arbeit untersucht die historischen und gesellschaftlichen Hintergründe dieses Spannungsverhältnisses und beleuchtet die Frage, wie sich religiöse Sozialisation auf die Entwicklung einer mündigen Identität auswirkt.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Religiosität, Mündigkeit, Moderne, Postmoderne, Identität, Sozialisation, Theologie, Autonomie, Diskursethik, Moralentwicklung, Erikson, Kohlberg.
- Quote paper
- Klaus Itta (Author), 2000, Über die Verträglichkeit und Unverträglichkeit von Religiosität und dem pädagogischen Leitziel Mündigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43604