Obwohl die zugrundeliegenden Differentialgleichungen von Strukturproblemen weitestgehend bekannt sind, lässt sich das Verhalten der meisten Körper für gewöhnlich nicht analytisch bestimmen. Für die numerische Simulation physikalischer Problemstellungen müssen diese deshalb zunächst mit geeigneten mechanisch-mathematischen Idealisierungen abgebildert werden. In den letzten Jahrzehnten ist das Interesse nach immer besseren und effizienteren Methoden zur Untersuchung und Berechnung von physikalischen Phänomenen bedeutend gestiegen. Der klassische Ansatz zur numerischen Lösung von kontinuierlichen Strukturproblemen führt über eine räumliche Diskretisierung des zugrundeliegenden Bauteils, welches über die Zeit hinweg simuliert werden soll.
Dabei ist die Finite-Elemente-Methode (FEM) heutzutage wohl das am weitesten verbreitete Näherungsverfahren zur Lösung von Variationsproblemen und Differentialgleichungen in den Ingenieurwissenschaften und der mathematischen Physik und ist deshalb ein unverzichtbares Werkzeug, um Randwertprobleme in der Strukturdynamik berechnen zu können. Die Leistungsfähigkeit der Methode liegt darin begründet, dass die FEM die Vorteile besitzt, systematische Regeln für die Erzeugung stabiler numerischer Schemata bereitzustellen, und es relativ einfach ist, komplizierte zwei- und dreidimensionale Gemeotrien zu berücksichtigen.
Mit zunehmender Leistungsfähigkeit moderner Computer wird die detaillierte numerische Simulation von immer größeren und komplexeren Systemen möglich. Diese Entwicklung stellt ganz neue Herausforderungen an Hard- und Software, Algorithmen und Analysemethoden. Eine dieser Herausforderungen betrifft die Frage, auf welche Art und Weise die zum Teil sehr großen Gleichungssysteme, die aus der räumlichen Diskretisierung einer partiellen Differentialgleichung hervorgehen, sinnvoll und effizient gelöst werden können.
Mit einer Zerlegung des Rechengebiets in kleinere Teilgebiete ermöglichen die in den letzten Jahrzehnten entwickelten Gebietszerlegungsverfahren den unabhängigen Einsatz von Modellierungsansätzen, Diskretisierungstechniken in Raum und Zeit, sowie Lösungsalgorithmen, die an die jeweiligen Anforderungen und speziellen Eigenschaften einzelner Teilbereiche des Gesamtgebiets optimal angepasst sind. Aufgrund der vielen Vorteile erfreuen sich diese Verfahren heutzutage großer Beliebtheit bei der Simulation von physikalischen Modellproblemen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Gleichung der Strukturdynamik
- 1.1 Kinematik und Verzerrungen
- 1.2 Bilanzgleichungen und Gleichgewicht
- 1.3 Spannungsmaße und konstitutives Gesetz
- 1.4 Grundgleichungen der linearen Elastodynamik
- 1.5 Schwache Form des Gleichgewichts
- 1.6 Räumliche Diskretisierung
- 2 Zeitintegrationsverfahren
- 2.1 Newmark-ß Methode
- 2.2 Alpha Schemen
- 2.2.1 HHT-a Verfahren
- 2.2.2 WBZ-a Verfahren
- 2.2.3 CH-a Verfahren
- 2.3 Einheitliches Format für die Zeitintegration
- 2.4 Vergleich der Dissipationseigenschaften
- 3 Gebietszerlegungsverfahren
- 3.1 Statisches FETI-Verfahren
- 3.1.1 FETI-Interfacebedingungen
- 3.2 Dynamisches FETI-Verfahren
- 3.3 GC-Verfahren
- 3.3.1 Stabilität der Geschwindigkeitskopplung
- 3.4 PH-Verfahren
- 3.5 BGC-Makro-Verfahren
- 3.1 Statisches FETI-Verfahren
- 4 Erweiterung auf mehr als zwei Teilgebiete
- 4.1 Betrachtung gleicher Zeitschrittweiten
- 4.1.1 GC- und PH-Methode
- 4.1.2 BGC-Makro-Methode
- 4.2 Betrachtung unterschiedlicher Zeitschrittweiten
- 4.2.1 GC-Methode
- 4.2.2 BGC-Makro-Methode
- 4.1 Betrachtung gleicher Zeitschrittweiten
- 5 Erweiterung auf nichtlineare Systeme
- 5.1 Newton-Raphson-Verfahren
- 5.2 Kopplungsmethoden für nichtlineare Modellprobleme
- 6 Implementierung
- 6.1 Parallele Implementierung
- 6.1.1 Modifizierte PH-Methode
- 6.1.2 Kopplungspunkte der Gebietszerlegungsverfahren
- 6.1 Parallele Implementierung
- 7 Ergebnisse
- 7.1 Einmassenschwinger
- 7.1.1 Validierung der Gebietszerlegungsverfahren und weiterführende Untersuchungen
- 7.1.2 Phasenverschiebung
- 7.1.3 Nichtlinearer Van-der-Pol-Oszillator
- 7.2 Cooksche Membran in 2D mit heterogenen Koeffizienten
- 7.3 Kragarm in 3D und Laufzeitvergleich zwischen serieller und paralleler Implementierung
- 7.1 Einmassenschwinger
- 8 Fazit und Ausblick
- A Die Bibliothek MFEM
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit widmet sich der Entwicklung und Analyse von Gebietszerlegungsverfahren für zeitabhängige Probleme in der Strukturdynamik. Das Ziel ist es, effiziente und skalierbare Lösungsansätze für komplexe Strukturprobleme mit vielen Freiheitsgraden und kleinen Zeitschrittweiten zu entwickeln. Dabei stehen die parallele Implementierung und die Behandlung von Problemen mit unterschiedlichen Zeitschrittweiten im Vordergrund.
- Entwicklung von Gebietszerlegungsverfahren für die Simulation von dynamischen Strukturproblemen
- Analyse der Stabilität und Genauigkeit verschiedener Verfahren
- Parallele Implementierung von Gebietszerlegungsverfahren
- Anwendung der Verfahren auf verschiedene Modellprobleme
- Bewertung der Effizienz und Skalierbarkeit der entwickelten Verfahren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert eine kurze Einführung in die Thematik der Strukturdynamik und erläutert die Bedeutung von Gebietszerlegungsverfahren für die Simulation komplexer Probleme. Kapitel 1 behandelt die grundlegenden Gleichungen der Strukturdynamik, inklusive der kinematischen Beschreibung, Bilanzgleichungen und des konstitutiven Gesetzes.
Kapitel 2 befasst sich mit verschiedenen Zeitintegrationsverfahren, die zur Approximation der zeitlichen Entwicklung des Systems eingesetzt werden können. Dazu gehören die Newmark-ß Methode und verschiedene Alpha Schemen. In Kapitel 3 werden die wichtigsten Gebietszerlegungsverfahren, wie das statische und dynamische FETI-Verfahren, das GC-Verfahren, das PH-Verfahren und das BGC-Makro-Verfahren, vorgestellt.
Kapitel 4 erweitert die Diskussion auf den Fall, dass das Rechengebiet in mehr als zwei Teilgebiete zerlegt wird, und untersucht die Verwendung unterschiedlicher Zeitschrittweiten in den einzelnen Teilgebieten. In Kapitel 5 wird die Anwendung der Gebietszerlegungsverfahren auf nichtlineare Systeme behandelt, wobei das Newton-Raphson-Verfahren eine zentrale Rolle spielt.
Kapitel 6 beschreibt die Implementierung der Gebietszerlegungsverfahren, insbesondere die parallele Implementierung und die Kopplung der verschiedenen Verfahren. Die Ergebnisse der Simulationen mit verschiedenen Modellproblemen werden in Kapitel 7 diskutiert und anhand von Validierungstests und Laufzeitvergleichen analysiert.
Das Fazit und der Ausblick in Kapitel 8 fassen die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und diskutieren mögliche zukünftige Forschungsrichtungen. Schließlich wird in einem Anhang die Bibliothek MFEM vorgestellt, die für die Implementierung der Gebietszerlegungsverfahren verwendet wurde.
Schlüsselwörter
Strukturdynamik, Gebietszerlegungsverfahren, Finite-Elemente-Methode, Zeitintegration, Newmark-ß Methode, Alpha Schemen, FETI-Verfahren, GC-Verfahren, PH-Verfahren, BGC-Makro-Verfahren, parallele Implementierung, nichtlineare Systeme, Modellprobleme.
- Quote paper
- Manuel Müller (Author), 2018, Gebietszerlegungsverfahren für zeitabhängige Probleme mit Anwendungen in der Strukturdynamik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/436484