Psychiatriepraktikum


Praktikumsbericht / -arbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Planung und Errichtung

2. Geschichte der Psychiatrie:

3. Die sozialtherapeutische Station:
- Aufnahmemodus
- Pflegeplanung in der Psychiatrie
- Pflegediagnose
- Pflegedokumentation in der psychiatrischen Pflege
- Stellungnahme zu Multiprofessionalität & Dokumentation
- Erstgespräch (Hospitierprotokoll)

4. Psychologischer Alltag auf der Station:
- Tätigkeiten der Psychologin/ Psychotherapeutin
- Aufgaben im Rahmen meines Praktikums
- Gesprächsprotokolle

5. Fallbeispiele:

6. Reflexion der Praktikumzeit:

Anmerkung:

Der Einfachheit halber wurde auf

die „Innen“- Form verzichtet

1. Planung und Errichtung:

Vorgeschichte:

In den 60iger Jahren bekam die Stadt den Auftrag zur Planung eines Schwerpunktkrankenhauses jenseits der Donau.

Neben der Planung von 12 Abteilungen ( Innere Medizin, Chirurgie, Unfallchirurgie für Kinder und Erwachsene, Orthopädie, Urologie, Gynäkologie, HNO, Augenheilkunde, Dermatologie, Neurologie, Kinderheilkunde und Psychiatrie) und einem Pflegeheim war es den Verantwortlichen auch wichtig eine Krankenpflegeschule und ein Personalwohnheim einzurichten. So sollte dem schon damals bestehenden Mangel an Pflegepersonal entgegengewirkt werden.

Das Personalwohnheim wurde Anfang der 80iger Jahre fertiggestellt; Pflegeheim und Krankenhaus konnten erst Mitte der 90iger Jahre in Betrieb genommen werden.

Medizinisches Konzept...

... der hier vorgestellten psychiatrischen Einrichtung war es, erstmals in einem Schwerpunktkrankenhaus eine Aufnahmestation mit der Möglichkeit einer Triage und einer Kurzzeittherapie für Patienten zu konzipieren.

Neben der herkömmlichen stationären Versorgung wurde der Intensivbehandlung besonderes Augenmerk geschenkt.

Die Erarbeitung einzelner ärztlicher Zielsetzung erfolgte für die einzelnen spezifischen Abteilungen durch ein Team erfahrener Ärzte ihres Bereichs. Neben der fachlichen Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens wurde durch die Einbeziehung an der Gestaltung und Einrichtung ihres späteren Arbeitsplatzes auch die Motivation der Mitarbeiter gefördert.

Zur psychiatrischen Abteilung:

Die psychiatrische Abteilung gehörte zu jenen Abteilungen, die von Anfang an für das Schwerpunktkrankenhaus geplant waren.

Ihre Einbindung war auch Ausdruck der Psychiatriereform, deren Ziel die Rückführung der Patienten aus zentralen psychiatrischen Institutionen in ihre Heimatregion war.

Außerdem sollte die Aufnahme der Psychiatrie in das Schwerpunktkrankenhaus einer umfassenden Versorgung der Patienten dienen.

Im 1. Planungskonzept für die psychiatrische Abteilung waren 180 Betten vorgesehen. Da in der Zwischenzeit jedoch das Kuratorium für psychosoziale Dienste eingerichtet worden war, wurde die Abteilung auf 120 Betten verringert.

2. Geschichte der Psychiatrie:

Schon während der Regierungszeit von Maria Theresia versuchte man in Österreich „Geisteskranke“ medikamentös zu behandeln. Damals versuchte man den Krankheiten mit Essig oder Moschus zu Leibe zu rücken und untersuchte den Verlauf unterschiedlichster Krankheitsbilder.

Im Zuge der Errichtung des Wiener Allgemeinen Krankenhauses 1784 wurde erstmalig in Europa auch ein eigenes Gebäude für Geisteskranke errichtet unter dem Namen: Tollhaus oder Narrenturm. Dennoch stellte die ärztliche Betreuung und Erarbeitung theoretischer Konzepte der Geisteskrankheiten bis Ende der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts keinen Schwerpunkt der Wiener medizinischen Schule dar. Erst durch Ernst von Feuchtersleuten wurde 1843 erstmals eine Vorlesung zur „ärztlichen Seelenkunde“ abgehalten; er vertrat eine ganzheitliche Auffassung im Sinne der Einheit von Körper und Seele. Etwa zur gleichen Zeit wurde auch ein Leistungsprofil über die „Irrenanstalt“ verfaßt.

Im 19.Jahrhundert gab es eine Bewegung von Medizinern, die hinter jedem Symptom eine anatomisch nachweisbare Ursache zu finden gedachten. Kritiker bemerkten, daß es um die Geistesgestörten wohl schlecht bestellt wäre, wenn man mit der Reform der Pflege und Behandlung erst beginnen wollte, bis Resultate aus der Hirnanatomieforschung vorlägen.

Die pathologisch- anatomische Auffassung der Wiener medizinischen Schule fand in den 40iger Jahren vor allem durch den Kliniker Skoda Eingang in die Psychiatrie und hatte eine entscheidende Bedeutung für die Weiterentwicklung der Psychiatrie- gekoppelt an die Hirnforschung.

Die Dominanz der organisch- biologischen Auffassung der Psychiatrie der Wiener medizinischen Schule erklärt auch die sehr späte und zögerliche Akzeptanz der Psychoanalyse Sigmund Freuds. Ab da gab es zwei Positionen- einerseits Konzentration auf Hirnanatomie, andererseits Konzentration auf Tiefenpsychologie.

Heute teilen wir in vier Hauptgruppen: Neurologie, Psychiatrie, Tiefenpsychologie und Kinder-und Jugendpsychiatrie. Nach den Errungenschaften auf dem Gebiet der „Geistesabnormalität“ kam es zu einem massiven Rückschritt während der Zeit des Nationalsozialismus. Am 14.7.1933 wurde im Dt. Reich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und der bereits im März vollzogenen Übernahme der Regierung durch Adolf Hitler das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses erlassen (Nürnberger Gesetz). Durch dieses Gesetz war der Ausgangspunkt für eine Entwicklung festgelegt worden, die einerseits zum zwangsweisen „Gnadentod“ für unheilbar Geisteskranke, andererseits während des Krieges zu den Ausmerzungen für die als minderwertig erklärten „Rassen“ führte. Das ganze Ausmaß der Tragödie der Vernichtungsaktionen wurden erst nach dem Ende des Krieges offenbar.

Heute erinnert eine Gedenktafel im Krankenhaus auf der Baumgartner Höhe an die Opfer des Nationalsozialismus und ruft zur Mahnung auf.

Die Geschichte der Psychiatrie ist eine lange und in der Arbeit in diesem Bereich auch zu beachten. Gesetzlich hat sich einiges verändert. Heute sind Einweisungen (ohne Wunsch des Patienten) nur durch Gutachten zweier unabhängiger Ärzte und einem Gerichtsbeschluß zulässig. Die Gedanken und Vorstellungen, die Menschen (Patienten selbst oder ihre Angehörigen) über die Psychiatrie haben sind daher auch sehr unterschiedlich. Während die einen Patienten sichtlich die Tatsache, auf der „Psychiatrie gelandet zu sein“ erst verarbeiten müssen, gibt es Patienten, die schon zum dritten oder vierten Mal auf der Station sind und sich gar keine Gedanken mehr machen. Daneben gibt es Patienten bei denen es scheint, als würden sie die „Auszeit“ genießen.

Nach Aussage eines erfahrenen Betreuers auf der Station kommen etwa 60-70% der Patienten mehrmals wieder. Diese Patienten haben freilich keine große Eingewöhnungsphase, bei den anderen ist ihre Unsicherheit jedoch in den ersten Tagen zu beachten.

Die sozialtherapeutische Station:

Die Station bietet jenen Patienten ein Therapieangebot, die auf Grund einer psychiatrischen Erkrankung oder einer psychosozialen Problematik intensive therapeutische Krisenintervention benötigen oder eine längere Therapie für sich in Anspruch nehmen wollen. Die Behandlung an einer sozialtherapeutischen Station erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis. An der Station werden Patienten mit allen psychiatrisch relevanten Diagnosen und Störungen behandelt. Die Behandlung erfolgt auf der Basis eines Gesamtbehandlungsplanes.

Ziel einer sozialtherapeutischen, psychiatrischen Station ist die Rückführung der Patienten in „das Leben da draußen“ (wie es viele Patienten formulieren).

Rückführung bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die Ressourcen der Patienten genau beachtet und ausgenützt werden. Es besteht daher rege Zusammenarbeit zu externen Rehabilitationseinrichtungen wie pro mente, mobile Psychotherapie, Sozial Global, Haus Bettina, den Johannitern, Haus- und Heimservice, PSD, PKH-Institut für Alkoholabhängige, Stiftung Kalksburg etc.. Viele Patienten können auch mit einer gemeinsam erarbeiteten Tages/Wochenstruktur aus dem Spital entlassen werden, z.B.: fixe Psychotherapietermine, Psychiater außerhalb für die medikamentöse Versorgung, neuer Arbeitsplatz oder Vorbereitungsprogramme bzw. Institutionen (ibi oder pro mente) die bei der Arbeitssuche helfen.

Extramurale Einrichtungen bewirken eine Reduktion der stationären Betten und sind ganz im Zeichen der heutigen Auffassung von Rehabilitation und Reintegration von psychisch erkrankten Personen.

Wer wird aufgenommen?

- Patienten, die auf eigenes Verlangen (eigeninitiativ) aufgenommen werden
- Patienten, die mittels eines Schreibens des Amtsarztes zugewiesen werden
- Patienten, die aufgrund akuter Fremd- oder Selbstgefährdung „angehalten werden“= Aufnahme ohne eigens Verlangen. Diese Patienten kommen erst auf eine sogenannte Akutstation. Zwei Fachärzte (Oberarzt und diensthabender Arzt) müssen ein voneinander unabhängiges fachärztliches Zeugnis über die Behandlungsnotwendigkeit und, ob diese gegeben ist, anfertigen. Eine Kopie dieser Zeugnisse wird an das Gericht geleitet, das innerhalb von vier Tagen über den weiteren Verlauf entscheiden muß.

Aufnahmemodus:

- Anamnese des Patienten und Information für den Patienten (erstes Aufnahmegespräch)
- Klärung des somatischen und neurologischen Status
- Bett/ Zimmer Zuweisung
- Info über Tagesablauf (individueller Therapieplan): innerhalb von 3-4 Tagen
- Info über Medikamentengabe

ereits vor der Aufnahme wird im check up (Teambesprechung) der neue Patient/neue Patientin angekündigt.

Je nachdem wie voll die Station ist geschehen Vorüberlegungen welche Betten frei ist, in welches Zimmer der neue Patient gut dazugelegt werden könnte etc..

Die eventuell bereits bestehende Patientenakte wird angefordert und Vorinformationen werden eingeholt. Nach dem Erstgespräch gibt es weitere wichtige Informationen: wie sieht der Patient selbst seine Situation, besteht compliance und Krankheitseinsicht, wie ist der Zustand des Patienten? Wie lange stellt sich der Patient selbst seinen Aufenthalt vor?

Innerhalb dieses Prozesses wird die Pflegeplanung erstellt und je nach individuellen Wünschen des Patienten, freien Therapie/Kursplätzen und zeitlichen Möglichkeiten geschieht die Einteilung zu den einzelnen Therapien= die Tagesstruktur des Patienten bildet sich heraus.

Ad. Pflegeplanung in der Psychiatrie:

Sie ist der Grundstein für den Therapieplan und sieht z.B. folgendermaßen aus:

Pflegediagnose, z.B.: 3.2.1.2.: Sexualität beeinträchtigt, 9.3.1.: Angst, 4.3.2.: Zwangsstörung

Die einzelnen Pflegediagnosebereiche werden detaillierter beschrieben und die Zielsetzungen werden angeführt. In diesem Beispiel sind die Ziele: Patient bespricht mit Bezugsperson seine Sorgen, sein Körperbild und seine Geschlechterrolle; der Patient spricht seine Angstgefühle aus; der Patient kann seine Zwangshandlungen langsam reduzieren, ohne von großer Angst überflutet zu sein.

Die Erstellung der Pflegeplanung erfolgt so nach den Kriterien des Pflegeprozesses und unter Beachtung und Verwendung von gültigen Pflegestandards. Pflegestandards können hilfreich sein bei der exakten Definition der Pflegeprobleme und eben der Festlegung der Pflegeziele. In den Pflegestandards ist somit der Ist/Soll Zustand beschrieben, wobei „Soll“ angestrebt wird. Generell dient das „Soll“ als Leitlinie der Betreuer (Ärzte, Krankenpersonal, Therapeuten etc.), werden jedoch dem Patienten nicht aufgedrängt, sondern es wird versucht den Patienten in diese Richtung zu führen, jedoch im Tempo des Patienten. Der Patient muß/soll immer das Zentrum des professionellen Handelns sein. Deshalb ist es wichtig bei der Auswahl von Standards den Patienten als Individuum anzuerkennen.

Die Besonderheit der psychiatrischen Pflegeplanung liegt darin, daß neben somatischen Ursachen und daher Interventionen auch psychische und innerdynamische Prozesse berücksichtigt und beachtet werden. So erfaßt bereits die Anamnese des Patienten neben medizinischen Inhalten besonders genau die aktuellen Pflegeprobleme, sowie zur Verfügung stehende persönliche Ressourcen des Patienten.

Im günstigsten Fall wird die Pflegeanamnese durch den OA oder behandelten Arzt, sowie dem Bezugsbetreuer(in) durchgeführt. Leider erwies sich das mit den derzeitigen Pflegpersonalkürzungen nicht immer als möglich, da in der Realität zum Zeitpunkt einer Neuaufnahme auf der Station nicht immer gerade der Pfleger/Krankenschwester im Dienst ist, die noch (oder gerade wieder) freies Kontingent zur Verfügung haben. Auf der hier beschriebenen sozialtherapeutischen Station konnten zwischen 17-21 Patienten und 1-3 Tagpatienten aufgenommen werden, dadurch hat jeder Mitarbeiter etwa 2-3 Patienten in Bezugspflege. Da die Dienste in freier Diensteinteilung angetreten werden (Nachtschicht, Frühschicht, Tagdienst, Nachmittagdienst) sind selbstverständlich nicht zu einer bestimmten Uhrzeit die Mitarbeiter greifbar.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Psychiatriepraktikum
Hochschule
Universität Wien  (Psychologisches Institut)
Veranstaltung
Praktikum
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V43675
ISBN (eBook)
9783638414203
Dateigröße
598 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der vorliegende 18 seitige Bericht thematisiert Geschichte und Wandlungen der Psychiatrie und beschreibt eine sozialtherapeutische psychiatrische Einrichtung in bezug auf Pflegeplanung, -diagnose, -dokumentation und Behandlung. Abgerundet wird die Arbeit durch Erfahrungseindrücke und Fallbeispiele. Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Psychiatriepraktikum, Praktikum
Arbeit zitieren
Evelyn Mohr (Autor:in), 2003, Psychiatriepraktikum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43675

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Titel: Psychiatriepraktikum



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