Die Cluniazensische Klosterreform

"Right house in the right place at the right time?"


Seminararbeit, 2018

15 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Fragestellung.. 2

2 Begriffsbedeutung „Reform“.. 3

3 Gründung, Gründungsmotive und Gründungsurkunde.. 4

3.1 Gründung und Gründungsmotive.. 4

3.2 Gründungsurkunde.. 5

4 Odos Reformthesen.. 6

5 Strukturelle/institutionelle und disziplinäre Reformen.. 7

5.1 Organisation.. 7

5.2 Ekklesiologisches Ideal.. 8

5.3 Cluny und die Feudalgesellschaf.. 9

5.4 Gemeinschaftsbewusstsein und soziale Leistung.. 10

5.5 Wirtschaft, Regierungszeit der Äbte, päpstliche Privilegien, Konfliktverhalten, strenge Achtung der Benediktsregel, Zufall, Beschaffenheit der klösterlichen Gemeinschaft.. 11

6 Fazit.. 12

7 Abkürzungsverzeichnis.. 13

8 Quellenverzeichnis.. 13

9 Literaturverzeichnis.. 14

1 Einleitung und Fragestellung

„Ihr seid das Licht der Welt“. [1] Der das Kloster Cluny 1098 so nannte, war der ehemalige Mönch und Prior von Cluny, Papst Urban II. (1088-1099). [2] Während des Niedergangs der Karolingerherrschaft im ausgehenden 9. Jahrhundert waren es insbesondere Mönche, die außerhalb des Klosters agierten, bunte weltliche Kleider trugen und teilweise analphabetische Äbte, die den Mönchen die Benediktsregel nicht nahebringen konnten, die für eine Verwahrlosung des klösterlichen Lebens verantwortlich waren und eine Reform des Christenlebens und besonders des mönchischen Lebens in Klöstern notwendig machten. [3] In dieser Zeit der Reformbedürftigkeit des Mönchtums war es die cluniazensische Reform, die mehr Erfolg gehabt hat, als jede andere benediktinische Reform des 10. und 11. Jahrhunderts [4] und Cluny damit zum Zentrum einer der wichtigsten Reformbewegungen des abendländischen Mönchtums machte. [5] Den Versuch, die Hauptursachen dafür zu ermitteln, haben etwa Wollasch „Cluny - «Licht der Welt»“ [6] , Constable mit seinem Essay „Cluniac Reform in the Eleventh Century“ [7] oder Hallinger „Gorze-Kluny“ [8] gemacht. Für einen Überblick über die Quellenlage eignet sich Wollasch „Zur Erforschung Clunys“ [9] und für eine Zusammenfassung aktueller Forschung „Les études clunisiennes dans tous leurs états. Rencontre de Cluny, 21-22 septembre 1993“ [10] . Durch eine Verbindung zwischen verschiedenen Forschungsrichtungen wird der Versuch unternommen, den besonderen Charakter der cluniazensischen Reformen genauer zu bestimmen. Insofern gilt es zu untersuchen, inwieweit, so die These, das Kloster Cluny und seine cluniazensische Reform aufgrund ihrer strukturellen/institutionellen und disziplinären Reformen mehr Erfolg hatte, als jede andere benediktinische Reform des 10. und 11. Jahrhunderts. Dazu muss zunächst auf einer Metaebene der Begriff der Reform geklärt werden und die Dimensionen, die dieser Begriff tangiert. Um die grundlegende Reformbedürftigkeit respektive den Reformwillen und mögliche Korrelationen zwischen der Gründung und dem Erfolg der Reformen Clunys festzumachen, wird diese im Folgenden thematisiert. Es folgt eine kurze Zusammenstellung der außerklaustralen Reformthesen Odos, um sich danach den Hauptursachen für Clunys Erfolg zu nähern. In einem letzten Schritt werden die Erkenntnisse resümiert.

2 Begriffsbedeutung „Reform“

Um feststellen zu können, was Cluny von anderen Reformklöstern unterschied und warum sich Clunys Klosterreform durchsetzte, muss zunächst betrachtet werden, welche Dimensionen der Begriff „Reform“ hat. Constable unterscheidet zwei Arten von Reformen; eine „forward-looking“-Reform, die disziplinär, und eine „backward-looking“-Reform, die eher strukturell und institutionell ist. [11] Man muss also unterscheiden zwischen Reformen, die eine Rückkehr zu einem früher bestehenden Zustand anstreben („backward-looking“) oder Reformen, die durch Änderungen und Umgestaltungen zu einem neuen oder anderen Zustand führen („forward-looking“). [12] Beiden Reformen kann entnommen werden, dass es sich um einen bewussten, gewollten, zielgerichteten Prozess handeln muss. Es gibt jedoch unterschiedliche Auffassungen zu den Ursachen für den Erfolg der cluniazensischen Reform; während Constable den Erfolg der cluniazensischen Reform auf strukturelle und institutionelle Aspekte zurückführt, [13] ist etwa Manselli zu entnehmen, dass sich Cluny nicht ausschließlich strukturell unterschied, sondern auch disziplinäre Differenzen aufweist. [14] Dennoch sprechen beide von einer Reform, obwohl beide hierunter etwas anderes (eine andere Dimension) verstehen. Des Weiteren gibt es Autoren, die in ihrer Deutung den Begriff Reform überhaupt nicht nennen. [15] Nach der Definition Constables müsste jedoch auch hier von Reform gesprochen werden. Hier wird also ein methodisches Problem deutlich: Bei der Ursachenfindung für Clunys Erfolg werden oft ähnliche Aspekte angeführt, jedoch nicht einheitlich benannt. Dies kann zu Missverständnissen bei der Frage nach den eigentlichen Klosterreformen führen; oft ist nicht klar, ob es bei den Klosterreformen um disziplinäre oder um institutionelle Veränderungen oder vielleicht sogar um eine Symbiose beider geht. Zudem stellt sich die Frage, ob disziplinäre Reformen überhaupt ohne strukturelle Reformen umgesetzt werden können, oder ob es sich eher um eine Symbiose beider Reformdimensionen handelt. Und eine weitere notwendige Differenzierung ist damit immer noch nicht gemacht: Waren es die Reformen an sich, die Cluny erfolgreich machten oder politisch, soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen? Um im Folgenden Unklarheiten bei der Benutzung des Begriffes Reform vorzubeugen, wird an dieser Stelle versucht, die Begriffsdefinition Constables zu übernehmen. D.h., bei den Ursachen für den Erfolg der cluniazensischen Reformen zu unterscheiden – insofern dies möglich ist - zwischen disziplinärer/struktureller und institutioneller Reform. Gleichermaßen wird versucht, die Rahmenbedingungen von den Reformen an sich abzugrenzen.

3 Gründung, Gründungsmotive und Gründungsurkunde

3.1 Gründung und Gründungsmotive

Am 11. September 910 [16] schenkte Herzog Wilhelm III. von Aquitanien seinen Besitz in Cluny dem Abt Berno von Baume zur Gründung eines Benediktinerklosters mit den Titelheiligen Peter und Paul. [17] Charakteristisch für das Mönchtum steht auch über Cluny das „Ideal eines weltabgeschiedenen Lebens im Dienste Gottes, zum Heil der eigenen Seele“. [18] Wollasch bezeichnet diese Zeit der Gründung Clunys als „keine gute Zeit für Köster“. Grund sei die Normannengefahr während des 9. und 10. Jahrhunderts, denn diese stellte sich als große Bedrohung für zahlreiche Klostergemeinschaften dar. Deutlich werde dies etwa an der Tötung des Erzbischofs Madelbert von Bourges durch Normannen, der 910 die Gründungsurkunde Clunys unterzeichnete. [19] Manselli ergänzt in diesem Zusammenhang, dass nicht nur externe Gefahren, sondern gerade die interne benediktinische monastische Struktur problematisch ist. Diese Struktur, in der jedes Kloster einen eigenen, in sich geschlossenen Organismus darstellt, „trug von vornherein den Keim einer gewissen Schwäche in sich“. [20] Für Wollasch ist der Grund für die zunächst widersprüchlich erscheinende Tatsache, dass trotz der vielfachen Gefährdung des Mönchtums um das 9. Jahrhundert herum trotzdem zahlreiche Klöster gegründet oder wiedergegründet wurden, die Überzeugung vieler weltlicher und geistlicher Zeitgenossen, das Mönchtums müsse reformiert werden. Hätte das unversehrte mönchische Leben im Kloster im Bewusstsein der damaligen Menschen und insbesondere der mächtigen Adeligen nicht als „hoher, wenn nicht gar unentbehrlicher Wert“ gegolten, so wäre es nicht zu diesen Gründungen gekommen. [21] Werner hingegen sieht das Interesse des Adels an der Gründung und Wiederherstellung von Reformklöstern in rein ökonomischen und politischen Motiven. Während der Einfälle der Normannen und den inneren Kämpfen einer immer mehr in Gruppen zerfallenden Feudalgesellschaft war es nur unter geistlichem Schutz und im wirtschaftlichen Machtbereich der Klöster möglich, die landwirtschaftliche Produktion und die gestörte soziale Ordnung wiederherzustellen. So waren Adlige, deren Macht auf dem Landbesitz beruhte, indirekt an Klosterreformen interessiert, weil diese die Macht, Ansehen und Anziehungskraft von Klöstern steigerte. [22] Für Manselli führte schon allein das Bewusstsein der internen Schwäche und der gleichzeitig drohenden schweren Krisen dazu, dass am Anfang des 10. Jahrhunderts innerhalb des benediktinischen Mönchtums verschiedene Versuche der Klosterreform begangen wurden. [23] Zusammengefasst behält Schreiner recht, wenn er sagt, dass politisch-soziale Rahmenbedingungen die Inhalte klösterlichen Reformstrebens beeinflussen und die von Reformidealen ausgehenden Wirkungen in ihrer Richtung und Reichweite steuern. [24]

3.2 Gründungsurkunde

Im Gründungsprivileg verzichtete Wilhelm III. von Aquitanien auf alle Rechte gegenüber Cluny, der Abtei wurde freie Abtswahl zugesichert und zur Sicherung gegen weltliche und geistliche Übergriffe dem Schutze des Heiligen Stuhls [25] unterstellt. [26] Hierbei handelt es sich zunächst um rein strukturelle/institutionelle Bestimmungen, deren Auswirkung auf spätere Erfolge Clunys differenziert betrachtet wird. Für Constable waren diese Bestimmungen „not exceptional in the ninth and early tenth century“; kein “contemporary” hätte sich über die Inhalte der Urkunde gewundert, obwohl sie bereits auf die spätere „immunity, exemption, and liberty“ Clunys hindeuteten. Cluny genoss zwar eine hohe Reputation und konnte „considerable success“ vorweisen, jedoch nur lokal begrenzt. [27]

[...]


[1] RpR, Nr. 5676; BsoC, S. 30f.

[2] Becker, Alfons: Art. Urban II., Papst, in: Lexikon des Mittelalters 8 (1997), Sp. 1282-1284, Sp. 1282f.

[3] Wollasch, Joachim: Cluny - «Licht der Welt». Aufstieg und Niedergang der klösterlichen Gemeinschaft, Düsseldorf 1996, S. 20-21, im Folgenden zitiert als: Wollasch: Licht der Welt.

[4] Engelbert, Pius: Art. Cluniazensische Reform, in: Lexikon für Theologie und Kirche 2 (1994), Sp. 1235-1236, Sp. 1235, im Folgenden zitiert als: Engelbert: Cluniazensische Reform.

[5] Hillebrandt, Maria: Art. Cluny/Cluniazenser, in: Religion in Geschichte und Gegenwart 2 (1999), Sp. 405-406, Sp. 405f., im Folgenden zitiert als: Hillebrandt: Cluny/Cluniazenser.

[6] Wollasch: Licht der Welt.

[7] Constable, Giles: Cluniac Reform in the Eleventh Century, in: Melville, Gert (Hg.): The Abbey of Cluny. A Collection of Essays to Mark the Eleven-Hundredth Anniversary of its Foundation (Vita regularis. Ordnungen und Deutungen religiosen Lebens im Mittelalter 43), Berlin 2010, S. 81-99, im Folgenden zitiert als: Constable: Cluniac Reform.

[8] Hallinger, Kassius: Gorze-Kluny. Studien zu den monastischen Lebensformen und Gegensätzen im Hochmittelalter (Studia Anselmiana 22-25), Rom 1950-1951.

[9] Wollasch, Joachim: Zur Erforschung Clunys, in: Frühmittelalterliche Studien 31 (1997), S. 32-45, im Folgenden zitiert als: Wollasch: Erforschung Clunys.

[10] Sapin, Christian: Les études clunisiennes dans tous leurs états. Rencontre de Cluny, 21-22 septembre 1993, in: Revue Mabillon NS 5 (1994), S. 233-258.

[11] Constable: Cluniac Reform, S. 81.

[12] Dazu interessant: Ladner, Gerhart B.: Terms and Ideas of Renewal, in: Ladner, Gerhart B.: Images and ideas in the middle ages. Selected studies in history and art, Bd. 2, Rom 1983, S. 687-726 und Constable, Giles: Renewal and Reform in Religous Life: Concepts and Realities, in: Benson, Robert L.; Constable, Giles (Hgg.): Renaissance and Renewal in the Twelfth Century, Cambridge 1982, S. 1-67.

[13] Constable: Cluniac Reform, S. 81.

[14] Manselli, Raoul: Art. Benediktiner, in: Lexikon des Mittelalters 1 (1980), Sp. 1869-1877, Sp. 1873ff., im Folgenden zitiert als: Manselli: Benediktiner.

[15] Engelbert: Cluniazensische Reform, Sp. 1235-1236.

[16] Engelbert und Wollasch halten sowohl den 11. September 909 als auch den gleichen Tag im Jahre 910 für mögliche Entstehungszeitpunkte. Das genaue Gründungsdatum lässt sich aufgrund von Widersprüchen in der Gründungsurkunde nicht genau feststellen. Siehe: Engelbert, Pius: Art. Cluny, in: Lexikon für Theologie und Kirche 2 (1994), Sp. 1237-1238, Sp. 1237 und Wollasch: Licht der Welt, S. 19. An dieser Stelle wird der von Wollasch für wahrscheinlicher gehaltene 11. September 910 übernommen.

[17] Bulst, Neithard: Art. Cluny, Cluniazenser, 1. Gründung und Privilegien, in: Lexikon des Mittelalters 2 (1983), Sp. 2172-2173, Sp. 2172f., im Folgenden zitiert als: Neithard: Cluny, Cluniazenser.

[18] Tellenbach, Gerd: Zum Wesen der Cluniacenser. Skizzen und Versuche, in: Richter, Helmut (Hg.): Cluny. Beiträge zu Gestalt und Wirkung der cluniazensischen Reform im 10. und 11. Jahrhundert (Wege der Forschung 241), Darmstadt 1975, S. 125-140, S. 129, im Folgenden zitiert als: Tellenbach: Zum Wesen der Cluniacenser.

[19] Wollasch: Licht der Welt, S. 19f.

[20] Manselli: Benediktiner, Sp. 1873f.

[21] Wollasch: Licht der Welt, S. 21.

[22] Werner, Ernst: Die gesellschaftlichen Grundlagen der Klosterreform im 11. Jahrhundert, Berlin 1953, S. 73ff.

[23] Manselli: Benediktiner, Sp. 1874f.

[24] Schreiner, Klaus: Mönchsein in der Adelsgesellschaft des hohen und späten Mittelalters. Klösterliche Gemeinschaftsbildung zwischen spiritueller Selbstbehauptung und sozialer Anpassung, in: Historische Zeitschrift 3 (1989), S. 557-620, S. 565, im Folgenden zitiert als: Schreiner: Mönchsein.

[25] Dadurch, dass das Kloster dem heiligen Petrus unterstehen sollte und ihm als einzigem Gehorsam schulde, war es jedweder weltlichen oder kirchlichen Macht untersagt, es der eigenen Herrschaft zu unterwerfen. Siehe: Manselli: Benediktiner, Sp. 1873f.

[26] RI II, 5 Nr. 241.

[27] Constable: Cluniac Reform, S. 83.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Cluniazensische Klosterreform
Untertitel
"Right house in the right place at the right time?"
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,0
Jahr
2018
Seiten
15
Katalognummer
V436765
ISBN (eBook)
9783668770713
ISBN (Buch)
9783668770720
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
cluniazensische, klosterreform, right
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Die Cluniazensische Klosterreform, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/436765

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