In ihrem 1902 in Deutschland erschienenen Buch „Das Jahrhundert des Kindes“ beschreibt die, 1849 geborene, Schwedin Ellen Key ihre Vision von einer „Selbstpurifizierung“ der Menschheit, sie wünscht sich die Entstehung einer neuen Gesellschaft und eines neuen Menschen. Key wollte zwei Effekte nebeneinander erzielen, zum einen die biologische „Höherentwicklung“ des Menschen, zum anderen die erzieherische Verbesserung der kulturellen und sozialen Kompetenzen des Menschen. Insgesamt fordert sie kulturelle und soziale Reformen der Gesellschaft, sowie der Erziehung als auch die Anwendung eugenischer Restriktionen.
Key greift in ihrem Werk sowohl darwinistische Ansätze des Evolutionsgedankens als auch philosophische Ansätze Nietzsches und seiner Beschreibung des „Übermenschen“ auf und vereint beide Ansätze zu einer These: „Wer hingegen weiß, dass der Mensch unter unablässigen Umgestaltungen das geworden, was er nun ist, sieht auch die Möglichkeit ein, seine zukünftige Entwicklung in solcher Weise zu beeinflussen, dass sie einen höheren Typus Menschen hervorbringt.“
Diese Vision ist nicht nur unter Berücksichtigung der heutigen Möglichkeiten der genetischen Veränderung von embryonalen Zellen besonders kritisch zu betrachten. Auch einige der Forderungen die Key zur Verwirklichung ihrer Idee Anfang des 20. Jahrhunderts stellt, wie etwa in Bezug auf behinderte Kinder, „dass der Arzt...schmerzlos ein solches Leiden auslöscht“, dürfen nicht verharmlost werden, selbst wenn andere Forderungen ihrerseits, wie etwa die Aufhebung der strengen christlich-moralischen Wertvorstellungen und Regeln in Bezug auf uneheliche Kinder, menschlich und moralisch richtig erscheinen können.
Doch welcher Gedanke steckt bei Ellen Key hinter der Formulierung einerseits krasser, schon fast nach Züchtung anmutender Forderungen, andererseits hinter dem Willen, die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu stärken, und die Erziehung des Kindes zu reformieren? Will sie wirklich eine Rasse von „Übermenschen“ heranzüchten, in einer Welt in der der von Darwin formulierte Leitsatz des „survival of the fittest“ nicht mehr greift? Oder wählt sie ihre Formulierungen um mit ihrem Werk Aufsehen zu erregen, und sieht sie die Veränderungen, die sie bewirken möchte als logische Konsequenz einer modernen Lebenswelt?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Key als Rassistin?
- Die neue Sittlichkeit - Gesellschaftliche Reformen
- Die neue Rolle der Frau
- Die „eugenische Diskussion in emanzipatorischer Absicht und mit dem universalen Ziel der Befreiung des Individuums“?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht Ellen Keys Buch „Das Jahrhundert des Kindes“ von 1902. Ziel ist es, Keys Vision einer gesellschaftlichen und menschlichen „Selbstpurifizierung“ zu analysieren und die darin enthaltenen eugenischen Aspekte im Kontext der damaligen Zeit zu bewerten. Die Arbeit hinterfragt, ob Keys Forderungen nach einer „Höherentwicklung“ der Menschheit als rassistisch interpretiert werden müssen oder ob sie als logische Konsequenz einer modernen Lebenswelt verstanden werden können.
- Eugenik und soziale Reform bei Ellen Key
- Die Rolle der Frau in Keys Vision
- Darwinismus und Nietzscheanische Einflüsse auf Keys Werk
- Kritik an traditionellen Moralvorstellungen
- Die Ambivalenz von Fortschritt und Ausschluss in Keys Denken
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt Ellen Keys Werk „Das Jahrhundert des Kindes“ vor und skizziert deren Vision einer neuen Gesellschaft und eines neuen Menschen, die sowohl biologische „Höherentwicklung“ als auch erzieherische Verbesserung umfasst. Key fordert kulturelle und soziale Reformen, Erziehungsreformen sowie eugenische Restriktionen. Die Einleitung benennt die zentrale Frage nach dem Verhältnis von eugenischen Forderungen und dem Wunsch nach gesellschaftlicher Verbesserung und der Stärkung der Rolle der Frau.
Key als Rassistin?: Dieses Kapitel untersucht, ob Keys eugenische Ansätze als rassistisch zu bewerten sind. Es wird deutlich, dass Key zwar eine Hierarchie zwischen „höherwertigen“ und „minderwertigen“ Menschen postuliert und nur den „höherwertigen“ das Recht auf Fortpflanzung zugesteht, ihre Intention jedoch nicht auf eine Rassentrennung im Sinne des Nationalsozialismus ausgerichtet war. Sie plädiert für ein ärztliches Gutachten vor Eheschließungen, um „kranke“ Nachkommen zu vermeiden. Das Kapitel beleuchtet den Widerspruch zwischen Keys Wunsch nach gesellschaftlichem Fortschritt und ihrer Ablehnung von Menschen, die sie als „lebensuntauglich“ bezeichnet.
Die neue Sittlichkeit - Gesellschaftliche Reformen: Dieser Abschnitt beleuchtet Keys Forderungen nach gesellschaftlichen Reformen, die eng mit ihren eugenischen Vorstellungen verknüpft sind. Sie kritisiert die bestehenden Moralvorstellungen, insbesondere in Bezug auf uneheliche Kinder. Es werden hier die Auswirkungen der langen Arbeitszeiten von Müttern auf die Erziehung der Kinder thematisiert und als Begründung für Reformen im Erziehungssystem verwendet. Das Kapitel untersucht die Verbindung zwischen sozialen und biologischen Aspekten in Keys Reformvorstellungen.
Die neue Rolle der Frau: Dieses Kapitel fokussiert sich auf Keys Vision einer neuen Rolle der Frau in der Gesellschaft. Es wird dargelegt, wie Key die Emanzipation der Frau mit ihrer eugenischen Perspektive verknüpft. Die verbesserte Stellung der Frau in der Gesellschaft soll zugleich die Qualität der Nachkommen verbessern. Die Zusammenfassung zeigt auf, wie Keys Vorstellungen von der Frau und ihrer Rolle in ihr umfassenderes Konzept einer gesellschaftlichen und biologischen „Selbstreinigung“ integriert sind.
Schlüsselwörter
Ellen Key, Jahrhundert des Kindes, Eugenik, soziale Reformen, Frauenemanzipation, Darwinismus, Nietzsche, Übermensch, Höherentwicklung der Menschheit, moralische Wertvorstellungen, Erziehung, Lebenswelt, Zivilisation, „lebensuntauglich“.
Häufig gestellte Fragen zu Ellen Keys "Das Jahrhundert des Kindes"
Was ist der Inhalt der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit analysiert Ellen Keys Buch "Das Jahrhundert des Kindes" (1902) und untersucht insbesondere deren Vision einer gesellschaftlichen und menschlichen "Selbstpurifizierung" sowie die darin enthaltenen eugenischen Aspekte. Ein zentrales Thema ist die Frage, ob Keys Forderungen nach einer "Höherentwicklung" der Menschheit als rassistisch interpretiert werden müssen oder ob sie im Kontext der damaligen Zeit anders verstanden werden können.
Welche Themen werden im Buch behandelt?
Das Buch behandelt Themen wie Eugenik und soziale Reform, die Rolle der Frau in Keys Vision, den Einfluss von Darwinismus und Nietzsche auf ihr Werk, Kritik an traditionellen Moralvorstellungen und die Ambivalenz von Fortschritt und Ausschluss in ihrem Denken. Es werden gesellschaftliche Reformen, Erziehungsreformen und eugenische Restriktionen diskutiert.
Welche Kapitel umfasst die Analyse?
Die Analyse gliedert sich in eine Einleitung, die Keys Werk und deren Vision vorstellt. Weitere Kapitel befassen sich mit der Frage, ob Key als Rassistin einzustufen ist, ihren Forderungen nach gesellschaftlichen Reformen, ihrer Vision einer neuen Rolle der Frau und der Verknüpfung von Emanzipation und Eugenik.
Wie wird die Eugenik bei Ellen Key bewertet?
Die Arbeit untersucht kritisch die eugenischen Ansätze von Ellen Key. Es wird herausgestellt, dass Key zwar eine Hierarchie zwischen "höherwertigen" und "minderwertigen" Menschen postuliert, ihre Intention aber nicht auf eine Rassentrennung im nationalsozialistischen Sinne ausgerichtet war. Der Widerspruch zwischen ihrem Wunsch nach gesellschaftlichem Fortschritt und ihrer Ablehnung von Menschen, die sie als "lebensuntauglich" bezeichnete, wird beleuchtet.
Welche Rolle spielt die Frau in Keys Vision?
Key verknüpft die Emanzipation der Frau eng mit ihrer eugenischen Perspektive. Eine verbesserte Stellung der Frau in der Gesellschaft soll die Qualität der Nachkommen verbessern. Ihre Vorstellungen von der Frau und ihrer Rolle sind in ihr umfassenderes Konzept einer gesellschaftlichen und biologischen "Selbstreinigung" integriert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Ellen Key, Jahrhundert des Kindes, Eugenik, soziale Reformen, Frauenemanzipation, Darwinismus, Nietzsche, Übermensch, Höherentwicklung der Menschheit, moralische Wertvorstellungen, Erziehung, Lebenswelt, Zivilisation, "lebensuntauglich".
Welche zentrale Frage wird in der Arbeit gestellt?
Die zentrale Frage ist das Verhältnis zwischen eugenischen Forderungen und dem Wunsch nach gesellschaftlicher Verbesserung und Stärkung der Rolle der Frau. Es wird untersucht, ob Keys eugenische Ansätze als rassistisch interpretiert werden müssen oder ob sie als logische Konsequenz einer modernen Lebenswelt verstanden werden können.
- Citation du texte
- Anja Mankel (Auteur), 2005, Ellen Key: "Das Jahrhundert des Kindes" "Das Recht des Kindes, seine Eltern zu wählen" - Rassistischer Größenwahn oder logische Konsequenz der modernen Lebenswelt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43679