Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des Hauptseminars „Franziska zu Reventlow und Franz Hessel – Gestalten und Beobachter der Münchner Moderne“, das im Sommersemester 2004 an der Universität Karlsruhe stattfand.
Im Mittelpunkt des Interesses steht hier der erste Roman Franz Hessels: „Der Kramladen des Glücks“. Geschrieben wurde dieses Werk in Paris, veröffentlicht wurde es zum erstenmal im Jahre 1913. Der Roman verfolgt die Entwicklung des Protagonisten Gustav Behrendt von dessen früher Kindheit bis zur Studienzeit. Auf den ersten Blick erscheint die Geschichte des Protagonisten Gustav Behrendt wie eine kaum verschlüsselte Autobiographie ihres Autors und in vielen Punkten stimmen die Lebenswege von Gustav Behrendt auch tatsächlich mit denen des Franz Hessel überein. Geboren 1880 in Stettin und aufgewachsen im Berlin des Fin de Siècle, ging der Sohn einer wohlhabenden jüdischen Bankiersfamilie zum Studium nach München, wo er zwar germanistische, kunstgeschichtliche und philosophische Veranstaltungen besuchte, ansonsten jedoch mehr vom Schwabinger Künstlerleben in Anspruch genommen wurde. Während seiner Münchner Zeit stand er in engem Kontakt zu Franziska von Reventlow, die einen Mittelpunkt der dortigen Bohème darstellte.
Stettin, Berlin und München sind sowohl in der Realität Franz Hessels, als auch in der fiktiven Welt des Gustav Behrendt die Lebensstationen. Viele weitere Übereinstimmungen lassen sich feststellen. So verbringt Gustav Behrendt seine Studienjahre ebenfalls in München und bewegt sich dort in einem Umfeld von Malern, Musikern und Schriftstellern. Die Schilderungen von Kostümfesten lassen an die Maskenbälle des Kosmiker-Kreises denken, an denen Hessel teilgenommen hatte. Die mütterliche Gerda von Broderson, die Gustav im Roman verehrt, lässt sich leicht als die Münchner Bohèmegräfin Franziska von Reventlow dechiffrieren. Eine Fülle weiterer Gemeinsamkeiten zwischen dem Autor und seiner literarischen Figur ließe sich nennen und doch ist der Roman viel mehr als reine Erinnerungsarbeit Hessels. Bei der näheren Analyse der Handlungsstruktur fällt auf, wie sehr die Romanhandlung vom wahren Leben des Franz Hessel abweicht und wie sehr die Beschreibung der Entwicklung des Gustav Behrendt vom Kind zum jungen Mann von Hessel konstruiert, geplant und stilisiert wurde. Diese Arbeit geht Gustavs Suche nach seiner religiösen und erotischen Identität als einem wichtigen Aspekt des Romans nach.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Hauptteil
- 2.1 Forschungsübersicht
- 2.2 Die Suche nach religiöser (und sexueller) Identität
- 2.2.1 Mutter und Großmutter: Die Rolle der weiblichen Figuren
- 2.2.2 Glauben und Erfahrung: religiöse Tradition und soziale Realität
- 2.2.3 Enge und Offenheit: Der „Kramladen“
- 2.2.4 Vater und Söhne: Die Rolle der männlichen Figuren
- 2.2.5 Anziehung und Angst: Gustavs Beziehung zu den Frauen
- 3. Schluss: „Der Kramladen des Glücks“, ein Bildungsroman?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Franz Hessels Roman „Der Kramladen des Glücks“ mit dem Fokus auf die Identitätsfindung des Protagonisten Gustav Behrendt. Die Untersuchung beleuchtet die Parallelen und Abweichungen zwischen Hessels Leben und dem seines literarischen Alter Egos. Der Schwerpunkt liegt auf der Erforschung von Gustavs religiöser und sexueller Identität im Kontext seiner familiären Beziehungen und seines sozialen Umfelds in München.
- Gustav Behrendts Suche nach religiöser Identität
- Der Einfluss der weiblichen Figuren auf Gustavs Entwicklung
- Die Darstellung des Münchner Künstlermilieus und seine Bedeutung für Gustav
- Die Konstruktion von Identität im Roman und die Abgrenzung zur Autobiographie
- Gustavs Beziehung zu Frauen und seine erotische Identität
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt den Roman „Der Kramladen des Glücks“ von Franz Hessel vor. Sie beschreibt die biografischen Parallelen zwischen dem Autor und seinem Protagonisten Gustav Behrendt, betont aber gleichzeitig die literarische Gestaltung und Konstruktion der Figur. Der Fokus wird auf Gustavs Suche nach religiöser und sexueller Identität gelegt, die im Mittelpunkt der folgenden Analyse stehen wird. Die Einleitung etabliert somit die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz der Arbeit.
2. Hauptteil: Der Hauptteil gliedert sich in eine Forschungsübersicht und die detaillierte Analyse von Gustavs Identitätsfindung. Die Forschungsübersicht zeigt, dass Franz Hessel zwar als Meister der kleinen Form und Flaneur bekannt ist, seine Romane jedoch weniger Beachtung fanden. Die Wiederentdeckung seines Werkes in den letzten Jahrzehnten wird skizziert, bevor die Analyse der Identitätsfindung des Protagonisten beginnt. Diese Analyse umfasst die Rolle der weiblichen Figuren (Mutter, Großmutter), die Auseinandersetzung mit religiösen Traditionen und der sozialen Realität, die Bedeutung des "Kramladens" als Metapher, die Rolle der männlichen Figuren (Vater, Söhne) und schließlich Gustavs ambivalente Beziehungen zu Frauen. Alle diese Aspekte werden verknüpft und tragen zur Gesamtdeutung von Gustavs komplexer Identitätsentwicklung bei.
Schlüsselwörter
Franz Hessel, Der Kramladen des Glücks, Identitätsfindung, religiöse Identität, sexuelle Identität, Münchner Moderne, Autobiographie, Literaturwissenschaft, Bildungsroman, Flaneur.
Häufig gestellte Fragen zu Franz Hessels "Der Kramladen des Glücks"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert Franz Hessels Roman "Der Kramladen des Glücks" mit dem Schwerpunkt auf der Identitätsfindung des Protagonisten Gustav Behrendt. Die Analyse untersucht die Parallelen und Unterschiede zwischen Hessels Leben und dem seines literarischen Alter Egos, insbesondere im Hinblick auf Gustavs religiöse und sexuelle Identität.
Welche Themen werden im Roman behandelt und in der Analyse untersucht?
Die Analyse beleuchtet Gustavs Suche nach religiöser Identität, den Einfluss weiblicher Figuren auf seine Entwicklung, die Darstellung des Münchner Künstlermilieus, die Konstruktion von Identität im Roman im Vergleich zur Autobiographie und Gustavs Beziehungen zu Frauen und seine erotische Identität.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Einleitung, Hauptteil und Schluss. Die Einleitung führt in das Thema und den Roman ein und stellt die Forschungsfrage. Der Hauptteil umfasst eine Forschungsübersicht zu Hessel und eine detaillierte Analyse von Gustavs Identitätsfindung, unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte wie seiner Familie und seines sozialen Umfelds. Der Schluss diskutiert, ob der Roman als Bildungsroman betrachtet werden kann.
Welche Kapitel werden im Hauptteil behandelt?
Der Hauptteil analysiert die Forschungsübersicht zu Hessel, die Rolle der weiblichen Figuren (Mutter, Großmutter), die Auseinandersetzung mit religiösen Traditionen und sozialer Realität, die Bedeutung des "Kramladens" als Metapher, die Rolle der männlichen Figuren (Vater, Söhne) und Gustavs ambivalente Beziehungen zu Frauen.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Roman und die Analyse?
Schlüsselwörter sind: Franz Hessel, Der Kramladen des Glücks, Identitätsfindung, religiöse Identität, sexuelle Identität, Münchner Moderne, Autobiographie, Literaturwissenschaft, Bildungsroman, Flaneur.
Welche Rolle spielen die weiblichen und männlichen Figuren im Roman?
Die Analyse untersucht die Rolle der weiblichen Figuren (Mutter, Großmutter) und der männlichen Figuren (Vater, Söhne) auf Gustavs Identitätsfindung und deren Einfluss auf seine Entwicklung.
Wie wird die religiöse und sexuelle Identität Gustavs dargestellt?
Die Arbeit analysiert Gustavs Suche nach religiöser und sexueller Identität im Kontext seiner familiären Beziehungen und seines sozialen Umfelds in München.
Wird der Roman als Bildungsroman interpretiert?
Der Schluss der Arbeit diskutiert die Frage, ob "Der Kramladen des Glücks" als Bildungsroman interpretiert werden kann.
Welche Forschungslücke schließt die Arbeit?
Die Arbeit trägt zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Franz Hessels Romanen bei, die im Vergleich zu seinen kleineren literarischen Formen weniger Beachtung fanden.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Studierende und Wissenschaftler der Germanistik und Literaturwissenschaft, die sich mit dem Werk von Franz Hessel, Identitätsfindung und dem Thema des Bildungsromans beschäftigen.
- Arbeit zitieren
- Jörg Hartmann (Autor:in), 2004, "Gebt mir Leben!" Die Identitätssuche Gustav Behrendts in Franz Hessels 'Der Kramladen des Glücks', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43738