Für viele Menschen ist der Aspekt, der uns von den Tieren unterscheidet, unser Vermögen, Sprache zu verstehen und zu produzieren. Die Fähigkeit des Sprechens als Medium zur Verbreitung und Aufbewahrung von Information wird jedem Einzelnen von uns in die Wiege gelegt, wenngleich der Erwerb dieser Kompetenz ein bisher unenthülltes Mysterium bleibt. Das wirklich Faszinierende an Sprache ist jedoch, dass mindestens 4000 verschiedene Ausformungen dieser Fähigkeit existieren, obwohl wir prinzipiell ein und derselben Spezies angehören. Vom linguistischen Standpunkt aus sind all diese Sprachen gleich wichtig und verdienen es untersucht zu werden, jedoch verfügen nicht alle Sprachen über ein eigenes Verschriftungssystem zur Bewahrung der Geschichte und der Tradition einer sozialen Gemeinschaft. Dies macht die Arbeit für Linguisten nicht gerade einfach, aber nicht weniger interessant.
Die Munda-Sprache Santali verfügte bis vor wenigen Jahrzehnten über keine eigene Schriftform. Darüber hinaus stammen die wenigen linguistischen Publikationen, die sich mit dieser Sprache beschäftigen, vorwiegend aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und enthalten daher stark veraltete Texte. Nichtsdestotrotz wurde auf Basis dieser schriftlichen Überlieferungen mein Interesse am Santali geweckt, das in einer Exkursion nach Indien zur Feldforschung mit Muttersprachlern des Santali und der Darstellung der gesammelten Ergebnisse innerhalb dieser Ausarbeitung gipfelt. In der vorliegenden Arbeit werde ich nun die grammatischen Relationen in den Applikativkonstruktionen der Munda-Sprache Santali untersuchen. Genauer gesagt, werde ich bestimmte grammatische Merkmale untersuchen, die gemeinhin als charakteristisch für das direkte Objekt im Santali betrachtet werden. Auf ihrer Basis soll dann argumentiert werden, ob eine NP in den Applikativkonstruktionen des Santali existiert, die unzweifelhaft als das direkte bzw. primäre Objekt identifiziert werden kann. Um es gleich vorweg zu nehmen, die Existenz einer solchen NP innerhalb der unterschiedlichen Applikativkonstruktionen im Santali wird nicht in Frage gestellt. Ich möchte jedoch beweisen, dass in Applikativkonstruktionen mit zwei Objekten nur eine einzige NP die typischen Merkmale aufweist, die im Santali mit einem primären Objekt verbunden werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Übersicht der linguistischen Grundlagen
- Semantische Rollen
- Grammatische Relationen
- Zur Definition des Applikativs
- Der Applikativ im Kichaga
- Der Applikativ im Chichewa
- Allgemeine Einführung ins Santali
- Grammatische Relationen im Santali
- Applikativkonstruktionen im Santali
- Der benefaktive Applikativ
- Der Applikativ mit der semantischen Rolle Rezipient
- Applikativ-Objekte mit der semantischen Rolle des Stimulus.
- Der Applikativ mit der semantischen Rolle Ziel_
- Was ist Lexical Functional Grammar ?
- Zu den Prinzipien der Lexical Mapping Theory (LMT)
- Der Applikativ im Santali aus Sicht der LFG
- Zusammenfassung der Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die grammatischen Relationen in den Applikativkonstruktionen der Munda-Sprache Santali. Der Fokus liegt auf der Identifizierung des direkten Objekts in diesen Konstruktionen. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, ob eine Nominalphrase (NP) in den Applikativkonstruktionen des Santali als eindeutiges direktes Objekt betrachtet werden kann.
- Grammatische Relationen im Santali
- Definition und Funktion des Applikativs
- Analyse von Applikativkonstruktionen im Santali
- Anwendung der Lexical Functional Grammar (LFG) zur Analyse
- Identifizierung des direkten Objekts in Applikativkonstruktionen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Leser in die Thematik der Sprachwissenschaft und insbesondere in die Bedeutung der Analyse von Sprachen wie Santali einführt. Im zweiten Kapitel werden die linguistischen Grundlagen, insbesondere semantische Rollen und grammatische Relationen, erläutert. Anschließend wird im dritten Kapitel die Definition des Applikativs anhand von Beispielen aus dem Kichaga und dem Chichewa vorgestellt. Kapitel vier bietet eine allgemeine Einführung in die Sprache Santali und erläutert die grammatischen Relationen in dieser Sprache. In Kapitel fünf werden die Applikativkonstruktionen im Santali detailliert untersucht, wobei verschiedene semantische Rollen der NP im Applikativ betrachtet werden. Das sechste Kapitel gibt eine Einführung in die Lexical Functional Grammar (LFG) und die Prinzipien der Lexical Mapping Theory (LMT). Kapitel sieben wendet die LFG auf die Analyse des Applikativs im Santali an.
Schlüsselwörter
Applikativ, Santali, Munda-Sprache, grammatische Relationen, direkte Objekt, Lexical Functional Grammar (LFG), Lexical Mapping Theory (LMT), semantische Rollen, Sprachwissenschaft, Nominalphrase (NP).
- Arbeit zitieren
- Vivien Göken (Autor:in), 2004, Der Applikativ im Santali im Rahmen der Lexical Functional Grammar (LFG), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43739