Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession
2.1 Menschenrechte und ihre Merkmale
2.2 Geschichte des heutigen Menschenrechtsverständnisses
2.3 Menschenrechte als Bezugsrahmen der Profession Sozialer Arbeit
2.4 Das Tripelmandat
3 Die Menschenwürde als Basis der Menschenrechte
3.1 Vier Grundpositionen des Würdebegriffes
3.1.1 Die Position der Würde als Mitgift
3.1.2 Die Position der Würde als Potenzial
3.1.3 Die Position der Würde als Fähigkeit
3.1.4 Die Position der Würde als Leistung
3.2 Zwischenfazit - Die Relevanz von Selbstachtung und der Unterschied zwischen Würdeschutz und Würdebesitz
3.3 Der Zusammenhang zwischen den Menschenrechten und der Menschenwürde
4 Diskussion - Die Bedeutung der Menschenwürde in der Sozialen Arbeit
5 Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
Die Thematik um die Menschenrechte ist heutzutage in zahlreichen internatio- nalen, sowie nationalen und politischen Diskursen vertreten und hat eine tief- greifende Bedeutung für viele Lebensbereiche. Dabei hat die Entstehung der Menschenrechte eine lange Geschichte (vgl. Böhm, Katheder 2015, S.28ff), in der insbesondere die Menschenwürde einen wichtigen Bezugspunkt darstellt. Auch für die Soziale Arbeit sind die Menschenrechte ein wichtiger Bezugsrah- men. Dahingehend beschäftigt sich die vorliegende Arbeit damit, in wie weit Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession verstanden werden kann. Die zentrale Fragestellung bezieht sich weiterhin auf die Frage was die Bedeutung der Sozialen Arbeit für die Menschenwürde ist.
Im Hinblick darauf wird im Folgenden zunächst auf die Menschenrechte und ihre Merkmale eingegangen. Für das weitere Verständnis wird überdies Bezug auf die Geschichte des heutigen Menschenrechtsverständnisses genommen, um weiterhin Soziale Arbeit in Bezug zu diesen zu setzen. Im Rahmen dessen wird aufgeklärt in wie weit sich Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession verstehen lässt. Weiterhin wird auf das Tripelmandat eingegangen, welches die Soziale Arbeit als Profession und als Menschenrechtsprofession mit sich trägt. Nachdem aufgeklärt wurde in wie weit sich die Soziale Arbeit als solche ver- steht, wird im zweiten Teil der Arbeit zentral auf die Menschenwürde eingegan- gen, die eng mit den Menschenrechten in Verbindung steht. Dazu werden in Anlehnung an die Darstellungen von zwei Autoren insgesamt vier philosophi- sche „Grundpositionen der gegenwärtigen Würdedebatte“ (Menke, Pollmann 2008, S.133) dargestellt, um darauf bezogen nachfolgend den Inhalt der Men- schenwürde genauer zu definieren. Anknüpfend wird der Zusammenhang zwi- schen Menschenrechten und Menschenwürde erläutert.
Auf Basis der theoretischen Annahmen, wird daraufhin die Fragestellung der vorliegenden Arbeit diskutiert, die sich mit der Bedeutung der Sozialen Arbeit für die Menschenwürde beschäftigt.
In einem Fazit werden die gewonnenen Ergebnisse abschließend noch einmal pointiert dargestellt.
2 Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession
Vor dem Hintergrund der Einleitung und der vorliegenden Fragestellung wird zunächst dargestellt in wie weit Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession verstanden werden kann. Dazu wird zu Beginn auf die Merkmale und die Geschichte der Menschenrechte eingegangen, um anknüpfend die Soziale Arbeit in Bezug zu diesen zu setzen.
2.1 Menschenrechte und ihre Merkmale
Eine einheitliche Definition von Menschenrechten besteht nicht (vgl. Fritzsche 2016, S.18). Jedoch lassen sich nach Fritzsche (2016) einige Merkmale beschreiben, die den heutigen Begriff der Menschenrechte kennzeichnen (vgl. ebd.). Auf diese wird im Weiteren Bezug genommen.
Ein erstes dieser Merkmale ist, so Fritzsche, dass die Menschenrechte „ange- boren und unverlierbar“ (ebd.) sind. Das bedeutet sie können weder erworben noch aberkannt werden (vgl. Hinkmann 1996, S.10) und stehen dem Menschen allein durch das Menschsein zu (vgl. Fritzsche 2016, S.19). Angesichts dessen können sie weiterhin als „vorstaatlich“ (ebd.) beschrieben werden. Dabei wird das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern deutlich. Vor dem Hintergrund, dass Menschenrechte bereits angeboren sind, können sie nicht durch den Staat ver- liehen werden und haben daher zusätzlich Vorrang vor den staatlichen Rechten (vgl. ebd.). Somit ist der Staat dazu verpflichtet die Menschenrechte umzuset- zen und zu schützen (vgl. ebd., S.19f). Überdies können Menschenrechte als „individuell“ (ebd., S.20) verstanden werden. Dies ist damit zu argumentieren, dass nicht ein Kollektiv als Adressat im Mittelpunkt steht, sondern das Individu- um mit seinen Schutz- und Entwicklungsinteressen an sich (vgl. ebd.). Darüber hinaus lassen sich Menschenrechte als „egalitär“ (ebd., S.21) begreifen. Als einen Grund dafür benennt Fritzsche, dass sie allen Menschen trotz ihrer Ver- schiedenheit und unabhängig von beispielsweise Alter, Rasse und Geschlecht in gleichem Maße zustehen (vgl. ebd., S.21). Damit wird gleichzeitig auf den moralischen Kern der Menschenrechte verwiesen. „Die Idee der Menschen- rechte hat in der moralischen Verpflichtung, alle anderen als Subjekt von glei- chen Rechten anzuerkennen, ihren moralischen Ausgangspunkt. Es ist die mo- ralische Achtung vor der individuellen Selbstbestimmung jeder Person, die Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession ´Rechte´ im Sinne moralischer Rechte begründet“ (Lohmann 1998, S.98), so Lohmann. Damit sind Menschenrechte als eine Unterkategorie moralischer Rechte anzuerkennen (vgl. ebd.) und daraus resultierend als „moralisch“ (Fritz- sche 2016, S.21) zu beschreiben. Zusätzlich können die Menschenrechte als „rechtlich“ (ebd.) verstanden werden, da der Staat in der Verpflichtung steht diese zu schützen und zu gewährleisten (vgl. ebd.). So sind beispielsweise in Deutschland die Grundrechte in der Verfassung an die Menschenrechte ange- lehnt und damit rechtlich verankert und einklagbar (vgl. Art. 1 GG ff). Vor die- sem Hintergrund sind Menschenrechte ebenso als „politisch“ (Fritzsche 2016, S.22) zu verstehen. Dies ist, so Fritzsche, mit dem Ziel der Menschenrechte zu argumentieren, welches sich gegen eine willkürliche Macht des Staates, aber auch gegen weitere unkontrollierbaren Mächte und Kräfte richtet (vgl. ebd.). Weiterhin ist ein wesentliches Merkmal die Universalität. Das bedeutet Men- schenrechte gelten für alle Menschen und überdies in gleichem Maße (vgl. ebd.). Dazu beschreibt Fritzsche: „Die Charakterisierung der Menschenrechte als universelle Rechte markiert zunächst einen Geltungsanspruch und noch keine Beschreibung einer real existierenden Anerkennung“ (ebd.). Die Ursache dafür ist, dass Menschenrechte auf der Welt immer noch gebrochen werden. Dennoch sind sie an jedem Ort anerkennungsfähig und haben für alle Geltung, so Fritzsche (vgl. ebd.). Überdies sind Menschenrechte als „fundamental“ (ebd., S.23) zu betrachten. Das bedeutet, dass durch die Menschenrechte nur diejeni- gen Lebensbereiche geschützt sind, die als fundamental relevant eingeschätzt werden, um die Menschenwürde zu wahren. Daraus folgt, dass sie gleichzeitig entwicklungsfähig sind und beispielsweise Bedrohungen entsprechend ange- passt werden können (vgl. ebd.). Unter Bezugnahme auf das Brechen von Menschenrechten, lassen sich diese daneben als „kritisch“ (ebd.) beschreiben. Vor dem Hintergrund dieses Merkmales zielen die Menschenrechte auf Verän- derungen. So beschreibt Fritzsche: „In diesem Sinne sind die Menschenrechte sowohl Ideale wie auch politische und rechtliche Instrumente der andauernden Veränderung“ (ebd.).
Die vorliegende Definition von Menschenrechten anhand der nach Fritzsche beschriebenen Merkmale, dient der vorliegenden Arbeit als Arbeitsdefinition.
2.2 Geschichte des heutigen Menschenrechtsverständnisses
Insgesamt hat die Menschenrechtsbildung und der internationale Diskus über die Menschenrechte, wie bereits in der Einleitung deutlich wird, eine lange Ge- schichte (vgl. Böhm, Katheder 2015, S.28ff). Die Entwicklung der Menschen- rechtsidee rührt im Hinblick darauf vor allem aus unvorstellbarem menschlichen „Leiden, Not und Unrechtserfahrungen aufgrund von meist kulturell legitimierten Ungerechtigkeitsordnungen und Herrschaftsverhältnissen (Sklaverei, Inquisiti- on, Ausbeutung, Krieg, königliche Despotie u.a.m.)“ (Staub-Bernasconi 2006, S.7). Auch heute sind Menschenrechte ein wichtiger Bestandteil moralischer, sowie politischer und internationaler Diskussionen und Argumentationen, wobei eine verbindliche Verwirklichung in vielen Bereichen noch aussteht.
Das heute international vorherrschende Menschenrechtsverständnis, so Hamm, bezieht sich insbesondere auf das, was in den Dokumenten der Vereinten Nati- onen niedergelegt ist (vgl. 2003, S.26). Daraus folgend ist zunächst die „Allge- meine Erklärung der Menschenrechte“ (AEMR) zu benennen, die von den Ver- einten Nationen am 10. Dezember 1948 verabschiedet wurde (vgl. Böhm, Ka- theder 2015, S.26) und „seitdem zum Fundament und Maßstab des Menschen- rechteschutzes auf der Welt geworden“ (ebd.) ist. Der Grund für die Entstehung der AEMR ist auf die Zeit des zweiten Weltkrieges zurückzuführen (vgl. Staub- Bernasconi 2006, S.7). Insgesamt besteht die Erklärung aus 30 Artikeln und einer Präambel (vgl. ebd.). Die 30 Artikel beschreiben sowohl Schutzrechte, die politische Rechte und bürgerliche Freiheiten implizieren und den Einzelnen vor staatlicher Willkür schützen sollen, als auch Anspruchsrechte, die ein Mensch für das Leben eines würdigen Lebens braucht (Bildung, Gesundheit, Nahrung) (vgl. Hamm 2003, S.28). Weiterhin gehören zu relevanten Dokumenten für das heutige internationale Menschenrechtsverständnis der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der sogenannte Sozialpakt, und weiterhin der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der sogenannte Zivilpakt (vgl. ebd., S.26). Beide Pakte traten 1976 in Kraft. Insge- samt bilden sie die sogenannte Bill of Human Rights und erstellen damit ein „umfassendes Menschenrechtskonzept, das in weiteren Erklärungen, Pakten und Konventionen konkretisiert und ausgebaut wurde und universale Geltung beansprucht“ (ebd.), so Hamm. Dennoch sind die Dokumente keine völkerrecht- lich verbindlichen Verträge und daher nicht einklagbar (vgl. Eisenmann 2012, S.272). Insbesondere die Universalität steht vor dem Hintergrund von Men- schenrechtsverletzungen immer wieder in der Kritik. Wie zuvor dargestellt, beschreibt Fritzsche jedoch, dass es einen universellen Geltungsanspruch gibt (vgl. Fritzsche 2016, S.22).
In Bezug zum nationalen Menschenrechtsschutz in Deutschland ist zu sagen, dass das Grundgesetzt in Anlehnung an die AEMR entwickelt wurde (vgl. ebd., S.51). Damit haben ein Teil der Menschenrechte in Deutschland gültigen Rechtscharakter und „sind bindend für die Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung“ (ebd.).
Vor dem Hintergrund des Menschenrechtsbegriffes nach Fritzsche, einem groben Überblick über die Entwicklung des heutigen Menschenrechtsverständnisses sowie der Verankerung der Menschenrechte in Deutschland, wird im Weiteren der Zusammenhang zwischen Menschenrechten und der Profession Sozialer Arbeit herausgearbeitet. Dahingehend wird dargestellt, warum Soziale Arbeit nicht nur als junge Disziplin und Profession, sondern in weiten Teilen ebenso als Menschenrechtsprofession verstanden werden kann.
2.3 Menschenrechte als Bezugsrahmen der Profession Sozialer Arbeit
Soziale Arbeit ist zunächst als eine junge Disziplin und als Profession zu be- schreiben. Disziplin meint den wissenschaftlichen Anteil der Sozialen Arbeit, der den Forschungsgegenstand untersucht. Er vermittelt anhand von verschiede- nen Fragestellungen und Methoden spezifisches Wissen (vgl. Hochuli Freund, Stotz 2011, S.37). Ferner wird unter Profession „das gesamte Praxissystem der Sozialen Arbeit verstanden“ (ebd.), welches alle tätigen Personen, sowie Orte, Institutionen und Dienstleistungen umfasst. „Die Profession zeichnet sich aus durch ihre Handlungsorientierung, es geht ihr um Veränderungen von Situatio- nen und Personen. Professionelles Handeln zielt ab auf Wirksamkeit, und es muss dem Kriterium der Angemessenheit genügen“ (ebd.).
Weiterhin versteht sich Soziale Arbeit nicht nur als junge Disziplin und als Pro- fession, sondern zudem als eine Menschenrechtsprofession. Diese Ansicht der Sozialen Arbeit ist heute in weiten Teilen etabliert. Bereits vor dem Hintergrund der UN-Dekade für Menschenrechtsbildung (1995-2004) benennen die Verein- ten Nationen einige Professionen, die als besonders wichtig für die Menschen- rechtsbildung zu erachten sind (vgl. Prasad 2018, S.37). Zu diesen zählt unter anderem auch die Soziale Arbeit (vgl. ebd.). Im Rahmen dessen und unter Bezugnahme auf internationale Menschenrechtsdiskurse einigen sich die Verbände IFSW (International Federation of Social Workers) und IASSW (International Association of Schools of Social Work) im Jahr 2000 auf die folgende, normative Definition Sozialer Arbeit (vgl. Staub-Bernasconi 2004, S.235):
„Soziale Arbeit ist eine Profession, die sozialen Wandel, Problemlösungen in menschlichen Beziehungen sowie die Ermächtigung und Befreiung von Men- schen fördert, um ihr Wohlbefinden zu verbessern. Indem sie sich auf Theo- rien menschlichen Verhaltens sowie sozialer Systeme als Erklärungsbasis stützt, interveniert Soziale Arbeit im Schnittpunkt zwischen Individuum und Umwelt/Gesellschaft. Dabei sind die Prinzipien der Menschenrechte und so- zialer Gerechtigkeit für die Soziale Arbeit von fundamentaler Bedeutung.“ (ebd.)
Im letzten Teil der Definition Sozialer Arbeit wird der Menschenrechtsbezug deutlich. Dieser stellt ebenso für Silvia Staub-Bernasconi eine „zentrale ethi- sche und analytische Kategorie Sozialer Arbeit dar“ (Dreyer, Klus 2017, S.62). Staub-Bernasconi gilt als eine der bedeutendsten Vertreterinnen der Ansicht einer Sozialen Arbeit als Menschenrechtsprofession (vgl. Eckstein, Gharwal 2016, S.16) und hat die Geschichte der Bezugnahme Sozialer Arbeit auf Men- schenrechte bis ins Jahr 1902 zurückverfolgt (Prasad 2018, S.37). „Das ethi- sche Fundament der Menschenrechte verleiht der Sozialen Arbeit nach Staub- Bernasconi die für eine Profession nötige Unabhängigkeit sowohl gegenüber den gesellschaftlichen/staatlichen Forderungen als auch gegenüber den Anlie- gen der Klientinnen“ (Rohner 2013, S.117). Im Rahmen dessen verweist sie auf die bereits dargestellte, im Jahr 2000 durch die beiden Verbände IFSW und IASSW festgelegte, internationale Definition der Sozialen Arbeit, die auch der Deutsche Berufsverband Sozialer Arbeit (DBSH) vertritt. Sowohl DBSH als auch IFSW, dessen Mitglied der DBSH ist, „nutzen die Menschenrechte als ethische Grundlage für das sozialarbeiterische Handeln“ (ebd.).
Im Hinblick auf die normative Definition der Sozialer Arbeit aus dem Jahr 2000 hat die IFSW in ihrer Generalversammlung im Juli 2014 in Melbourne eine neue Fassung der Definition Sozialer Arbeit beschlossen (vgl. DBSH Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V., o.J.). Auch diese knüpft an die Menschenrechte als Bezugsrahmen für die Soziale Arbeit an:
„Soziale Arbeit fördert als praxisorientierte Profession und wissenschaftliche Disziplin gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbe- stimmung von Menschen. Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, die Men- schenrechte, die gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit. Dabei stützt sie sich auf Theorien der Sozialen Arbeit, der Human- und Sozialwissenschaften und auf indigenes Wissen. Soziale Arbeit befähigt und ermutigt Menschen so, dass sie die Her- ausforderungen des Lebens bewältigen und das Wohlergehen verbessern, dabei bindet sie Strukturen ein.
Diese Definition kann auf nationaler und/oder regionaler Ebene weiter ausgeführt werden.“ (DBSH 2016, S.2)
Innerhalb der Definition wird deutlich, dass die Menschenrechte nicht nur einen wichtigen Bezugsrahmen darstellen, sondern weiterhin als Grundlage der Sozialen Arbeit beschrieben werden.
Insgesamt lässt sich anhand der Darstellungen erkennen, dass die Ansicht der Sozialen Arbeit als Menschenrechtsprofession etabliert ist und der Bezug der Sozialen Arbeit auf Menschenrechte ein in internationalen Definitionen festgelegter Aspekt ist. Dahingehend betrachtet die vorliegende Arbeit die Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession.
Im Weiteren wird als ein Merkmal der Sozialen Arbeit das Tripelmandat beschrieben.
2.4 Das Tripelmandat
Vor dem Hintergrund eines Verständnisses der Sozialen Arbeit als Profession und als Menschenrechtsprofession hat Staub-Bernasconi das „Doppelmandat“ der Sozialen Arbeit zu einem „Tripelmandat“ erweitert (vgl. Dreyer, Klus 2017, S.62). So beschreibt Staub-Bernasconi: „Soziale Arbeit, die den Anspruch erhebt, Profession zu sein, muss das Doppelmandat zu einem Tripelmandat erweitern“ (Staub-Bernasconi 2007, S.200).
Das Doppelmandat versteht sich zunächst wie folgt: Zum einen ist die Soziale Arbeit den hilfesuchenden Klienten mit ihren Anliegen und Interessen verpflich- tet und zum anderen dem Auftraggeber, beispielsweise dem Staat oder der Kommune. Da die Gesellschaft von der Sozialen Arbeit eine Normanpassung erwartet, sollen die Fachkräfte genau dies kontrollieren. Somit steht Soziale Arbeit zwischen den Kontrollinteressen der Gesellschaft und den Bedürfnissen und Anliegen des jeweiligen Klienten in seiner Lebenswelt (vgl. Hochuli Freund, Stotz 2011, S.49). Die Professionellen sind dazu angehalten stets ein Gleich- gewicht zwischen diesen beiden Standpunkten von Hilfe und Kontrolle zu halten (vgl. ebd.). Damit hat die Soziale Arbeit ein Mandat seitens der Adressat(Inn)en und eines seitens der Gesellschaft.
Staub-Bernasconi erweitert diese beiden Mandate in Anbetracht der Sozialen Arbeit als Profession um ein Drittes. Dieses setzt sich aus drei Elementen zu- sammen. Das erste bezieht sich auf eine „- für alle Professionen geltende - in- ter- und transdisziplinäre, wissenschaftliche Beschreibungs- und Erklärungsba- sis im Hinblick auf ihren Gegenstand“ (Staub-Bernasconi 2007, S.200). Damit verpflichtet sich die Soziale Arbeit auf Seiten der Profession zu wissenschafts- begründeten Arbeitsweisen und Methoden (vgl. ebd.). Zum anderen besteht das dritte Mandat aus einer ethischen Basis, dem sogenannten Berufskodex, „auf welche sich die Professionellen in ihren Entscheidungen unabhängig vom gerade herrschenden Zeitgeist, vom Druck des Trägers wie der Adressat(inn)en berufen können und welche zentrale Fragen der Profession als solche regelt“ (ebd.). Ein letztes Element sind die Menschenrechte. Diese sind bereits im Be- rufskodex enthalten. Sie bilden die Legitimationsbasis und ermöglichen, dass Soziale Arbeit über legale Gesetze, verbindliche Aufträge, Arbeitsbündnisse und Verträge hinaus, eigenbestimmte Aufträge wahrnehmen kann. So be- schreibt Staub-Bernasconi: „Als regulative Idee bieten Menschenrechte die Möglichkeit, Probleme (Diagnose) und Auftrag nicht nur aus legalistischer oder vorgeschriebener Vertrags-, sondern zusätzlich aus menschenrechtlicher Per- spektive zu durchdenken, sich sowohl von den möglichen Machtinteressen und Zumutungen der Träger, fachfremden Eingriffen anderer Professionen wie der Vereinnahmung durch illegitime Forderungen durch die Adressat(inn)en kritisch zu distanzieren“ (ebd., S.201f).
Damit trägt die Soziale Arbeit ein zusätzliches drittes Mandat, welches als ein selbstbestimmtes Mandat seitens der Profession Sozialer Arbeit verstanden werden kann (vgl. ebd., S.201) und eine kritische Selbstreflexion der Profession einschließt (Maaser 2010, S.94).
In Bezug auf die vorangegangenen theoretischen Annahmen, wird die Soziale Arbeit in der vorliegenden Arbeit als eine Menschenrechtsprofession verstanden, welche das Tripelmandat mit sich trägt. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden auf die Menschenwürde eingegangen.
3 Die Menschenwürde als Basis der Menschenrechte
Im vorliegenden Kapitel wird im Hinblick auf die zentrale Fragestellung auf die Menschenwürde eingegangen. Bereits innerhalb der vorangegangenen Darstel- lung der Menschenrechte wurde an einigen Stellen deutlich, dass die Würde des Menschen einen besonderen Bezugspunkt für die Menschenrechte darstellt (vgl. 2.1). Im Rahmen dessen wird im Folgenden zunächst der Würdebegriff in Anlehnung an Menke und Pollmann (2008) aus Perspektive von vier verschie- denen Grundpositionen beschrieben. Ausgehend davon wird der Inhalt der Menschenwürde in Bezug zu den beiden Autoren genauer definiert und der Un- terschied zwischen Würdebesitz und Würdeschutz dargestellt. Abschließend wird der Zusammenhang zwischen Menschenrechten und der Menschenwürde erläutert.
3.1 Vier Grundpositionen des Würdebegriffes
Menke und Pollmann beschreiben vier philosophische Grundpositionen der ge- genwärtigen Würdediskussion, die von zwei Fragekomplexen ausgehen (vgl. Menke, Pollmann 2008, S.133f). Im ersten Problemzusammenhang geht es um die Frage ob zwischen Menschen und anderen menschlichen Lebensformen unterschieden werden muss. Daraus ergibt sich die Frage, ob die Würde gege- ben ist oder erworben werde muss (vgl. ebd., S.134). Im zweiten Problemzu- sammenhang geht es weiterhin darum, ob Würde abstufbar ist. Dies impliziert die Frage ob sie in einem unterschiedlichen Ausmaß vorhanden sein kann, „selbst wenn bereits jede menschliche Lebensform ausnahmslos an der Men- schenwürde partizipiert“ (ebd., S.135). Aus diesen verschiedenen Problemstel- lungen, „ergeben sich vier Grundpositionen, die in den gegenwärtigen bioethi- schen Debatten vertreten werden“ (ebd.), so Menke und Pollmann. In Abbildung 1 lassen sich sowohl die unterschiedlichen Abb . 1: Vier Grundpositionen der W ü rdediskussion (Menke, Pollmann 2008, S.138 )
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