In der folgenden Arbeit soll das theoretisch formulierte Widerstandsrecht des Hochmittel-alters anhand von drei ausgewählten zeitgenössischen Schriften untersucht werden. Welche Ideen und Gedanken zum Widerstand gegen einen ungerechten Herrscher hatten Manegold von Lautenbach während des Investiturstreites, Johannes von Salisbury während des Konfliktes zwischen dem Erzbischof von Canterbury und dem englischen König im 12. Jahr-hundert und Thomas von Aquin während der Blütezeit der scholastischen Lehre entwickelt? Wie stellten sie sich einen legitimen Widerstand in der Theorie vor? Auf welche Grundlagen konnten sie bei der Formulierung ihrer Gedanken zurückgreifen? Als Schwerpunkte werden die Lehre vom Gehorsam, der Treuebegriff, die Theorie der Volkssouveränität und der Ver-tragsgedanke betrachtet, die in allen drei Quellen mehr oder weniger zu verorten sind. Dabei soll die Theorie dort überschritten werden, wo es um die tatsächliche Gestaltung des staat-lichen Lebens geht. Zu Beginn wird das zeitliche Umfeld, der Lebenslauf und die Quelle des jeweiligen Autors vorgestellt. Konnten Manegold, Johannes oder Thomas persönliche Erfah-rungen mit einem schlechten Herrscher sammeln und diese in ihre Schrift einfließen lassen?
Das zeitliche Umfeld: Die sächsischen Fürsten hatten sich gegen König Heinrich IV. (1050-1106) empört, ihn der Untreue beschuldigt und deshalb als König für abgesetzt erklärt, so dass sie in Forchheim 1077 Rudolf von Schwaben († 1080) zum Nachfolger wählten. Aber Macht und Einfluss der Fürsten reichten nicht aus, um gegen die geistige Autorität der Königsidee zu wirken. Sie konnten keine überzeugenden Argumente gegen Heinrich IV. an-führen, um ihr Handeln zu rechtfertigen. In einer Zeit tiefer religiöser Überzeugung hatten sie sich daher Papst Gregor VII. (1021-1085) als Verbündeten gesucht, um in Anlehnung an das Papsttum und in der Übernahme kirchlicher Vorstellungen ein eigenes politisches Programm zu entwickeln. Ihr Ziel war die Legitimation des Fürstentums im Allgemeinen, die Rechtferti-gung ihrer Rebellion gegen Heinrich IV. im Besonderen. Der Liber ad Gebehardum entstand in einer Zeit als Heinrich mit der Berufung Wiberts von Ravenna zum Gegenpapst Clemens III. (1080), mit dem endgültigen Sieg über Rudolf und dessen Tod (1080), mit der Einnahme Roms und der Flucht Gregors (1083), schließlich mit seiner Kaiserkrönung (1084) an poli-tischer Macht gewann und die Papstpartei dadurch an Anhänger und Einfluss verlor.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Die Quellen
- 2.1 Liber ad Gebehardum von Manegold von Lautenbach
- a) Das zeitliche Umfeld
- b) Der Autor
- c) Die Quelle
- d) Die Quellenkritik
- 2.2 Policraticus von Johannes von Salisbury
- a) Das zeitliche Umfeld
- b) Der Autor
- c) Die Quelle
- d) Die Quellenkritik
- 2.3 De regimine principum von Thomas von Aquin
- a) Das zeitliche Umfeld
- b) Der Autor
- c) Die Quelle
- d) Die Quellenkritik
- 2.1 Liber ad Gebehardum von Manegold von Lautenbach
- 3 Die mittelalterliche Rechts-, Staats- und Verfassungsvorstellung
- a) Das germanisch-mittelalterliche Recht als gutes altes Recht
- b) Die mittelalterliche Staatsvorstellung
- c) Die Beziehung des guten alten Rechtes zum mittelalterlichen Verfassungsdenken
- d) Die Aufgaben des Herrschers: Rechtsbewahrung, Rechtsbindung, Rechtsfindung
- e) Das Kirchenrecht und sein Einfluss auf das mittelalterliche Recht
- 4 Die Lehre vom Gehorsam
- a) Johannes
- b) Thomas
- c) Manegold
- d) Resümee
- 5 Die Treue, die Treuepflicht und der Untertaneneid
- a) Manegold
- b) Johannes
- c) Thomas
- d) Resümee
- 6 Volkssouveränität und pactum
- 6.1 Die Theorie der Volkssouveränität
- 6.2 Das pactum – der Herrschaftsvertrag
- a) Manegold
- b) Johannes
- c) Thomas
- d) Resümee
- 7 Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das theoretisch formulierte Widerstandsrecht des Hochmittelalters anhand von drei ausgewählten zeitgenössischen Schriften. Im Mittelpunkt stehen die Ideen und Gedanken von Manegold von Lautenbach, Johannes von Salisbury und Thomas von Aquin zum Widerstand gegen einen ungerechten Herrscher.
- Lehre vom Gehorsam
- Treuebegriff
- Theorie der Volkssouveränität
- Vertragsgedanke
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 stellt die Fragestellung und die Schwerpunkte der Untersuchung vor. Kapitel 2 präsentiert die drei Quellen: den Liber ad Gebehardum von Manegold von Lautenbach, den Policraticus von Johannes von Salisbury und den De regimine principum von Thomas von Aquin. Für jede Quelle werden das zeitliche Umfeld, der Autor, die Quelle selbst und die Quellenkritik behandelt.
Kapitel 3 befasst sich mit der mittelalterlichen Rechts-, Staats- und Verfassungsvorstellung. Es werden die Grundzüge des germanisch-mittelalterlichen Rechts, die mittelalterliche Staatsvorstellung und die Verbindung zum Verfassungsdenken beleuchtet. Abschließend werden die Aufgaben des Herrschers im Hinblick auf Rechtsbewahrung, Rechtsbindung und Rechtsfindung dargestellt.
Kapitel 4 untersucht die Lehre vom Gehorsam bei Manegold, Johannes und Thomas. Die einzelnen Positionen werden analysiert und in ein Resümee zusammengefasst.
Kapitel 5 befasst sich mit der Treue, der Treuepflicht und dem Untertaneneid bei den drei Autoren. Die verschiedenen Aspekte werden detailliert untersucht und in einem Resümee zusammengeführt.
Kapitel 6 behandelt die Volkssouveränität und den Herrschaftsvertrag. Die Theorie der Volkssouveränität wird beleuchtet, und der Herrschaftsvertrag wird anhand der drei Quellen analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf das Widerstandsrecht im Hochmittelalter, insbesondere auf die Schriften von Manegold von Lautenbach, Johannes von Salisbury und Thomas von Aquin. Zentrale Themen sind Gehorsam, Treue, Volkssouveränität und der Vertragsgedanke im Kontext des mittelalterlichen Rechts- und Staatsverständnisses.
- Arbeit zitieren
- Magister Artium Astrid Klahm (Autor:in), 2010, Untersuchung über das Widerstandsrecht im Hochmittelalter anhand ausgewählter zeitgenössischer Schriften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/439427