In der karolingischen Buchmalerei entfalten die Evangelistenbilder ihre Blüte. In verschiedenen Werkstattzentren des Reiches, sogenannten Schulen, entstehen prachtvolle Evangeliare, die mit besonderen Evangelistenbildern ausgestattet werden. Sie stellen oft die einzigen figuralen Darstellungen innerhalb dieser Werke dar. Einen einheitlichen Stil besaßen die Evangelistenbilder der karolingischen Buchmalerei nicht. Jede Schule entwickelte ihre eigene Form der Darstellung, indem sie auf unterschiedliche Vorbilder zurückgriff und unterschiedliche Ziele mit der Darstellung verband. Bereits zu Beginn der karolingischen Buchmalerei entwickelten sich zwei Strömungen, die eine Gestaltung der Evangelistenbilder aufwiesen, die bisheriges übertraf.
Eine von ihnen ging von der Hofschule Karls des Großen in Aachen aus. Mit ihr wurde die Epoche der karolingischen Buchmalerei eingeleitet. Der Stil, der in den Evangelistenbilder dieser Schule erkennbar ist, läßt sich in Einzelheiten zwar auf alte Vorbilder zurückführen, in seiner Gesamtheit bildet er jedoch etwas völlig neues. Eines der Hauptwerke dieser Schule ist das Trier Ada-Evangeliar.
In unmittelbarer Nachbarschaft entwickelte sich ein weiterer, in seiner Ausprägung überraschender Stil, der in der Reimser Schule seinen Höhepunkt fand. Sein Ursprung ist bereits in den Evangelistenbildern der Palastschule zu finden. Die Reimser Schule übernahm ihn und entwickelte ihn mit großer Virtuosität weiter. Sehr ausgeprägt ist er vor allem in den Bildern des Ebo-Evangeliars erkennbar. Seine Beschaffenheit ließ den Stil der Hofschule mit einem Mal veraltet erscheinen. In der Forschungsliteratur findet sich bisher wenig Literatur, die sich speziell mit dieser Entwicklung auseinandersetzt. Obwohl ihre Bedeutung durchaus formuliert wird. Stellt sie doch die Wiederbelebung des antiken malerischillusionistischen Stils dar. Der Stil der Hofschule wurde dagegen mit größerer Aufmerksamkeit bedacht.
Aufgabe dieser Arbeit soll es daher sein, beide Strömungen zu untersuchen und darzulegen, daß der im Ebo-Evangeliar der Reimser Schule gipfelnden Entwicklung, eine ebenso große Bedeutung beizumessen ist.
Hierzu soll zunächst der Stil der Hofschule anhand der Lukasdarstellung aus dem Trier Ada-Evangeliar untersucht werden. Dabei werden Besonderheiten der Darstellung, Vorbilder an denen man sich bei der Entwicklung orientiert hat und das Neuartige, das sich in der Gesamtheit ergab, im Vordergrund der Betrachtung stehen.
Inhaltsverzeichnis
- Die Evangelistenbilder der karolingischen Buchmalerei
- Die Geschichte der Evangelistenbilder
- Untersuchung zweier unterschiedlicher Stile in den frühen Evangelistenbildern der karolingischen Buchmalerei
- Beschreibung des Evangelistenbildes des Lukas aus dem Trier Ada-Evangeliar
- Beschreibung des Evangelistenbildes des Lukas aus dem Ebo-Evangeliar
- Der Stil der Hofschule am Beispiel der Lukasdarstellung aus dem Ada-Evangeliar
- Der Stil der Reimser Schule am Beispiel der Lukasdarstellung aus dem Ebo-Evangeliar
- Vergleich der unterschiedlichen Stile
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der Evangelistenbilder in der karolingischen Buchmalerei. Sie untersucht die beiden unterschiedlichen Stile, die sich in der Hofschule und der Reimser Schule entwickelten, und beleuchtet die Besonderheiten beider Strömungen anhand von Beispielen aus dem Trier Ada-Evangeliar und dem Ebo-Evangeliar. Die Arbeit möchte die Bedeutung des in der Reimser Schule gipfelnden Stils, der bisher in der Forschungsliteratur weniger Beachtung fand, hervorheben.
- Entwicklung der Evangelistenbilder in der karolingischen Buchmalerei
- Vergleich der Stile der Hofschule und der Reimser Schule
- Untersuchung der Lukasdarstellungen im Trier Ada-Evangeliar und dem Ebo-Evangeliar
- Hervorhebung der Bedeutung des Reimser Stils
- Analyse der Vorbilder und des Neuartigen in den Evangelistenbildern
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel gibt einen Überblick über die Evangelistenbilder in der karolingischen Buchmalerei und zeigt die Vielfalt der Stile auf, die in verschiedenen Werkstattzentren des Reiches entstanden sind. Das zweite Kapitel zeichnet die Geschichte der Evangelistenbilder von der Spätantike bis zum frühen Mittelalter nach und betrachtet die Entwicklung in Byzanz und im westlichen Europa. In den Kapiteln drei und vier werden die Stile der Hofschule und der Reimser Schule anhand der Lukasdarstellungen im Trier Ada-Evangeliar und dem Ebo-Evangeliar untersucht. Die Arbeit endet mit einem Vergleich der beiden Stile und beleuchtet die besondere Bedeutung des Reimser Stils.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der karolingischen Buchmalerei, Evangelistenbildern, Stilentwicklung, Hofschule, Reimser Schule, Trier Ada-Evangeliar, Ebo-Evangeliar, Lukasdarstellungen, Autorenbild, Inspiration, Antike, Byzanz, irisch-angelsächsische Buchmalerei.
- Arbeit zitieren
- Bianca Siller (Autor:in), 2005, Die Evangelisten der karolingischen Buchmalerei - Von der Hofschule bis zur Reimser Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44056